TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/27 96/05/0022

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Veröffentlicht am 27.02.1996
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1;
BauO Wr §128 Abs1;
BauO Wr §135 Abs1;
BauRallg;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 6. Juli 1995, Zl. UVS-04/02/490/94, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 128 Abs. 1 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 27. April 1994 erging gegenüber der Beschwerdeführerin folgender Spruch:

"Sie haben als Miteigentümer der Liegenschaft und der Baulichkeit Wien, G-Gasse 53, die baulich abgeänderten Räume des im Erdgeschoß (rechts von der Straßenseite aus gesehen) gelegenen Geschäftslokales in der Zeit vom 13.9.1993 bis zum 6.4.1994 benützen lassen, ohne daß eine Benützungsbewilligung vorlag.

Verwaltungsübertretung nach § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 128 Abs. 1 Bauordnung für

Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930 in der geltenden Fassung.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 30.000,--, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, gemäß § 135 dieses Gesetzes.

..."

Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß die Beschwerdeführerin Miteigentümerin der Liegenschaft und der Baulichkeit in Wien, G-Gasse 53, sei. Im baurechtlichen Bewilligungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 28. Juli 1981, sei im Spruch unter Punkt 20 angeordnet, daß nach Fertigstellung der Bauarbeiten gemäß § 128 Bauordnung für Wien unter Vorlage eines Rauchfangbefundes bei der Behörde um die Benützungsbewilligung anzusuchen sei. Dem Bauakt sei zu entnehmen, daß die mit diesem Bescheid bewilligten baulichen Änderungen auch die Räumlichkeiten im Erdgeschoß, somit auch die Geschäftsräumlichkeiten, betroffen hätten. Die Erteilung der Benützungsbewilligung sei daher Voraussetzung für die rechtmäßige Benützung des verfahrensgegenständlichen Hauses bzw. des im Erdgeschoß gelegenen Geschäftslokales gewesen. Unbestritten sei, daß im Verfahrenszeitraum eine Benützungsbewilligung nicht erteilt worden sei. Für die Einhaltung der Verpflichtung gemäß § 128 Abs. 1 erster Satz Bauordnung für Wien seien die Eigentümer (alle Miteigentümer) und der Bauwerber verantwortlich. Die Beschwerdeführerin sei nicht nur als Miteigentümerin für diese Verpflichtung verantwortlich, sondern auch als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Komplementärin der Kommanditgesellschaft, die Hauptmieterin des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokales sei. Der Umstand, daß das Ansuchen um Benützungsbewilligung bereits am 18. Dezember 1992 gestellt worden sei, könne daran nichts ändern, daß das genannte Geschäftslokal ohne Vorliegen einer Benützungsbewilligung benützt worden sei. Es handle sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs. 1 VStG. Es treffe also die Beschwerdeführerin die Beweislast dafür, daß ihr die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen sei. Dies könne nur dann angenommen werden, wenn der Miteigentümer glaubhaft mache, alles in seinen Kräften stehende unternommen zu haben um den gesetzmäßigen Zustand in kürzester Frist herbeizuführen. Dies könne nicht angenommen werden, da die Beschwerdeführerin, die gewußt habe, daß keine Benützungsbewilligung für den Umbau erteilt worden sei, nicht einmal behaupte, irgend eine Handlung zur Verhinderung der bauordnungswidrigen Benützung gesetzt zu haben. Die Tat habe in nicht unerheblichem Maße das Interesse an der Hintanhaltung der Benützung von Geschäftsräumlichkeiten ohne erforderliche Benützungsbewilligung und der damit verbundenen Gefahr für Leben und Gesundheit geschädigt. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat sei somit nicht gering. Auch das Verschulden der Beschwerdeführerin sei nicht als geringfügig zu qualifizieren und es sei nicht anzunehmen, daß die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder daß die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Bei der Strafbemessung sei darauf Bedacht genommen worden, daß die Beschwerdeführerin bis jetzt unbescholten gewesen sei. Zum langen Tatzeitraum sei auszuführen, daß ein urlaubs- oder krankheitsbedingtes Geschlossenhalten eines Geschäftslokales nichts an einer durchgehenden Benützung und auch nichts an dem Erfordernis einer durchgehenden Benützungsbewilligung ändere, weshalb der Tatzeitraum nicht einzuschränken gewesen sei. Die beantragte Einvernahme des Zeugen K.H. habe daher unterbleiben können.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 128 Abs.1 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 48/1992 (im folgenden: BO), dürfen Neu-, Zu- und Umbauten (§ 60 Abs. 1 lit. a), bewilligungspflichtige sonstige bauliche Anlagen (§ 60 Abs. 1 lit. b), von einer bewilligungspflichtigen Bauabänderung (§ 60 Abs. 1 lit. c) betroffene Bauteile, Motoren und Maschinen (§ 60 Abs. 1 lit. i) und bewilligungspflichtige Anlagen (§ 61) vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht benützt werden. Für die Einhaltung dieser Verpflichtung sind der Bauwerber und der Eigentümer (alle Miteigentümer) der Baulichkeit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Von dieser Verpflichtung kann im Baubewilligungsbescheid abgesehen werden, wenn keine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen zu besorgen ist. Gemäß § 135 BO sind Übertretungen dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geld bis zu S 300.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Wenn die Beschwerdeführerin zunächst geltend macht, daß die Aufforderung zur Nachreichung des Rauchfangbefundes bzw. zur Vorlage der Ausführungspläne nicht an sie, sondern an die Hauptmieterin des Geschäftslokales ergangen sei, so ist ihr entgegenzuhalten, daß für die Verwaltungsübertretung gemäß § 128 Abs. 1 in Verbindung mit § 135 Abs. 1 Bauordnung für Wien maßgeblich ist, daß die bewilligungspflichtige bauliche Anlage vor Erteilung der Benützungsbewilligung nicht benützt wird. Die Antragstellung auf Erteilung der Benützungsbewilligung und der weitere Verlauf des Verwaltungsverfahrens bis zur Erteilung der Benützungsbewilligung ändern daran nichts.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters die Rechtmäßigkeit des angenommenen Tatzeitraumes insbesondere in bezug darauf in Frage stellt, daß nicht von einer durchgehenden Dauer der Tathandlung ausgegangen werden könnte, da das Geschäftslokal an Sonn-, Feier-, Ruhetagen und bei Inventur geschlossen gehalten und somit nicht benützt worden sei, so hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, daß das vorübergehende Geschlossenhalten des Geschäftslokales nichts an dessen durchgehender Benützung ändert. Ein eingerichtetes und in den Zeiten des Offenhaltens betriebenes Geschäftslokal muß auch in der Zeit des Geschlossenhaltens als "benützt" angesehen werden. Es handelt sich bei dem Verwaltungsstraftatbestand des Benützens von Räumlichkeiten ohne Benützungsbewilligung um ein Dauerdelikt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1983, Zl. 05/2896/80, BauSlg. Nr. 147). Daß aber der Betrieb des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokales überhaupt erst später als zu dem von der belangten Behörde angenommenen Beginn des Tatzeitraumes (dem 13. September 1993) aufgenommen worden wäre oder der Betrieb des Geschäftslokales vor dem angenommenen Ende des Tatzeitraumes aufgegeben worden sei, wird von der Beschwerdeführerin selbst nicht ausdrücklich behauptet. Es kommt daher auch der Rüge, aufgrund der Zeugenaussage des Zeugen P.H. könne nicht auf eine DURCHGEHENDE Benützung des verfahrensgegenständlichen Geschäftslokales geschlossen werden, keine Bedeutung zu. Abgesehen davon hat die Zeugin M.H., eine Angestellte des Betriebes, das immer nur vorübergehende Geschlossenhalten des Geschäftslokales bestätigt, weshalb die Beweiswürdigung der belangten Behörde vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens auch nicht als unschlüssig erkannt werden kann. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Einvernahme des weiteren Miteigentümers der Liegenschaft zu dieser Frage nicht als erforderlich erachtet. Auch der Umstand, daß nach Auffassung der Beschwerdeführerin für das Geschäftslokal eine Teilbenützungsbewilligung von der Baubehörde hätte erteilt werden müssen, ändert nichts daran, daß das verfahrensgegenständliche Geschäftslokal ohne Erteilung einer Benützungsbewilligung benützt wurde.

Der Umstand, daß der Sachbearbeiter der Behörde erster Instanz erst sieben Monate nach seiner ersten Wahrnehmung der bauordnungswidrigen Benützung des Geschäftslokales ein Straferkenntnis erlassen hat, ist nicht als ein sonstiger wichtiger Grund gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG zu qualifizieren, der geeignet ist, die Unbefangenheit dieses Organwalters in Zweifel zu ziehen. Abgesehen davon wird die Mitwirkung eines befangenen Organs im Rahmen der erstinstanzlichen Entscheidung durch eine unbefangene Berufungsentscheidung gegenstandslos (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Februar 1969, Zl. 1307/68, vom 11. Jänner 1984, Zl. 83/03/0070, und vom 21. Jänner 1987, Zl. 86/01/0055, Slg. Nr. 12.378/A - nur der Rechtssatz veröffentlicht). Die Unbefangenheit der belangten Behörde wird von der Beschwerdeführerin nicht bezweifelt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung Baurecht Einfluß auf die Sachentscheidung Verhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050022.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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