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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander jeweils durch Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz betreffend einen Staatsangehörigen von Afghanistan und eine Staatsangehörige des Irans; Mangelhaftigkeit der Begründung zur Untersagung jedweder Musikausübung durch die Taliban; Aufhebung auch der Entscheidung betreffend die iranische Staatsangehörige im Hinblick auf die Untersagung der Eheschließung im IranRechtssatz
Das BVwG anerkennt, dass die Lebensführung und Identität des Zweitbeschwerdeführers wesentlich durch seine Aktivität insbesondere im Metal- und Hiphop-Bereich geprägt ist. Eine Bedrohungssituation für den Zweitbeschwerdeführer in Afghanistan verneint das BVwG allerdings von vornherein schon deswegen, weil die Taliban jedwede Musikausübung unterdrückten, sodass eine spezifische Verfolgung auf Grund der konkreten Aktivitäten des Zweitbeschwerdeführers gar nicht möglich sei. Indem das BVwG damit eine Verfolgungsgefahr für den Zweitbeschwerdeführer allein schon deshalb ausschließt, weil die staatliche Herrschaftsgewalt durch die Taliban jedwede Musiktätigkeit verfolge und unterdrücke und es somit auf die spezifische Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers im Musikbereich nicht ankomme, belastet es das den Zweitbeschwerdeführer betreffende Erkenntnis mit Willkür: Der Argumentation des BVwG folgend würde asylrelevante Verfolgung auf Grund spezifischer Verhaltensweisen immer dann nicht bestehen, wenn der Staat nur möglichst weitgehend jede freie Persönlichkeitsentfaltung unterdrückte.
Vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und insbesondere des Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin, dass eine offizielle Ehe zwischen einer iranischen Frau und einem afghanischen Mann im Iran nicht möglich gewesen sei, wird im Hinblick auf Art8 EMRK zu prüfen sein, ob der Mangel im Erkenntnis des Zweitbeschwerdeführers gemäß §34 AsylG 2005 auf die Entscheidung betreffend die Erstbeschwerdeführerin durchschlägt, weshalb auch das die Erstbeschwerdeführerin betreffende Erkenntnis - im selben Umfang wie das betreffend den Zweitbeschwerdeführer ergangene Erkenntnis - aufzuheben ist.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Privat- und Familienleben, Entscheidungsbegründung, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E1227.2022Zuletzt aktualisiert am
14.11.2022