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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Asylstatus betreffend einen Staatsangehörigen von Nigeria, mangelhafte Auseinandersetzung mit der Fehlbildung der Lippe eines Minderjährigen im Hinblick auf die Situation von Kindern mit BehinderungRechtssatz
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) führt zunächst unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Länderinformationen aus, dass die ihm vorliegende Beschwerde richtigerweise unter Bezugnahme auf die Lippenspalte des Beschwerdeführers auf die teilweise sehr problematische Lage unter anderem von Kindern, die eine Behinderung haben, hinweist. Die Würdigung des BVwG, wonach die Fehlbildung der Lippe des Beschwerdeführers als im Hinblick auf "Art und Sichtbarkeit" lediglich aus "kosmetischer Sicht störend", nicht aber geeignet, eine asylrelevante Verfolgung zu begründen, stützt das BVwG offensichtlich auf ein im Verwaltungsakt einliegendes 3 x 4 cm großes Foto des Beschwerdeführers, das sich am Speicherauszug über die Gewährleistung der vorrübergehenden Grundversorgung vom 07.12.2021 befindet. Weder ist in den Verfahrensakten eine andere Abbildung des Beschwerdeführers, die die maßgebliche Fehlbildung zeigt, noch sind sonstige Beschreibungen oder Erläuterungen zu dieser Fehlbildung dokumentiert. Auch einen persönlichen Eindruck etwa in einer mündlichen Verhandlung hat sich das BVwG nicht verschafft. Das BVwG stellt auch keine Überlegungen oder Ermittlungen dazu an, wie sich die sichtbare Fehlbildung bei dem im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG drei Monate alten Beschwerdeführer entwickeln wird.
Damit fehlte dem BVwG die erforderliche Tatsachenbasis, um eine willkürfreie Beurteilung vornehmen zu können, ob dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht. Auch der Verweis des BVwG darauf, dass die in Rede stehenden Gefahren, die dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat drohen könnten, (auch bereits) bei der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dem Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, berücksichtigt worden seien, kann die gebotene Prüfung, ob eine asylrelevante Verfolgung vorliegt und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist, nicht ersetzen.
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Kinder, Ermittlungsverfahren, Entscheidungsbegründung, Verhandlung mündlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E374.2022Zuletzt aktualisiert am
14.11.2022