TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/28 96/07/0012

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Veröffentlicht am 28.02.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs3;
AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15 Abs6;
AWG 1990 §15 Abs8;
GewO 1994 §87;
GewO 1994 §91 Abs2;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der R-GesmbH in X, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt vom 27. November 1995, Zl. 06 3526/310-III/6/95-Eb, betreffend Entziehung der Erlaubnis gemäß § 15 AWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die Beschwerdeführerin betreibt im Standort R.-str. 45 in W. eine Leuchtstoffröhrenrecyclinganlage, für welche der Bundesminister für Umwelt mit Bescheid vom 3. April 1995 die Genehmigung zur Durchführung des Versuchsbetriebes für die Dauer von acht Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides mit einer Verwertungsmenge von 400.000 Stück Leuchtstoffröhren erteilt hat. Mit Bescheiden vom 26. Februar 1991, 21. Juni 1991 und 8. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführerin für das Sammeln und Behandeln der Leuchtstoffröhren die Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von gefährlichen Abfällen erteilt.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. August 1995 wurde der Beschwerdeführerin diese Erlaubnis entzogen, da ihr abfallrechtlicher Geschäftsführer Dipl.-Ing. K. R. wegen vier Übertretungen nach dem AWG und dem WRG 1959 bestraft worden ist, und zwar auf Grund des Straferkenntnisses vom 19. März 1993 nach § 39 Abs. 1 lit. b Z. 17 i.V.m. § 29 Abs. 2 AWG, des Straferkenntnissses vom 22. Februar 1994 gemäß § 39 Abs. 1 lit. b Z. 18 i.V.m. § 29 Abs. 2 AWG, des Straferkenntnissses vom 4. April 1995 gemäß § 39 Abs. 1 lit. c Z. 6 i.V.m. § 14 AWG und des Straferkenntnissses vom 30. Juli 1991 gemäß § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 wegen konsenslosen Errichtens und Betreibens einer nach § 29 AWG bewilligungspflichtigen Anlage und wegen Nicht- oder nur teilweisen Einhaltens von Auflagen des Genehmigungsbescheides gemäß § 29 AWG vom 3. April 1995 (Genehmigung des Versuchsbetriebes).

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung erhoben. Im Zuge des Berufungsverfahrens teilte die Beschwerdeführerin in einem an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung Abteilung R/4 gerichteten Schreiben vom 19. Oktober 1995, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung eingelangt am 16. November 1995, folgendes mit:

"Betrifft: Abfallrechtliche Geschäftsführung

Ungeachtet eventuell noch anstehender Strafverfügung im obgenannter Sache machen wir als künftigen

a b f a l l r e c h t l i c h e n G e s c h ä f t s f ü h r e r

namhaft:

Dipl.-Ing. G. T., geboren am (Geburtsdatum), K.-g. 3/20, A-1030 Wien

Herr D.-I. T. sollte in dieser Funktion ab 1.12.1995 tätig sein."

In der Beschwerde wird hiezu behauptet, daß dieses Schreiben bei der belangten Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eingelangt sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid, der Beschwerdeführerin zugestellt am 7. Dezember 1995, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. August 1995 keine Folge gegeben. Gemäß § 15 Abs. 3 AWG liege bei drei rechtskräftigen Verurteilungen wegen Übertretungen von Bundes- und Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt keine Verläßlichkeit im Sinne des § 15 AWG mehr vor. Auf Grund der viermaligen rechtskräftigen Bestrafungen des abfallrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sei anzunehmen, daß dieser eine Geistes- und Sinneshaltung aufweise, die keine Gewähr dafür biete, daß in Zukunft die notwendigen öffentlichen Rücksichten gewahrt werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ihrem Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtentziehung der Erlaubnis gemäß § 15 AWG verletzt. Die Beschwerdeführerin habe vor Erlassung des angefochtenen Bescheides einen neuen abfallrechtlichen Geschäftsführer namhaft gemacht; dies sei der belangten Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides bekannt gewesen. Die belangte Behörde hätte daher der Berufung der Beschwerdeführerin stattgeben oder doch zumindest das anhängige Berufungsverfahren unterbrechen müssen, um den Landeshauptmann von Niederösterreich zur Einleitung des nach § 15 AWG durchzuführenden Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis an die Beschwerdeführerin zur Bestellung des Dipl.-Ing. T. als neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers aufzufordern. Die Namhaftmachung eines neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers durch die Beschwerdeführerin sei jedenfalls als Antrag auf Erlassung eines Bescheides zu werten, mit welchem der Beschwerdeführerin die Erlaubnis zur Bestellung des neuen abfallrechtlichen Geschäftsführers erteilt werden sollte. Die Frage, ob Dipl.-Ing. T. als abfallrechtlicher Geschäftsführer geeignet und seine Bestellung der Beschwerdeführerin zu erlauben gewesen war bzw. wäre, sei im anhängigen Berufungsverfahren eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, zu deren Entscheidung die belangte Behörde aber auf Grund des vorgeschriebenen Instanzenzuges nicht zuständig gewesen sei. Gemäß § 38 zweiter Satz AVG wäre das anhängige Verfahren daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieser Vorfrage auszusetzen gewesen. Aus dem angefochtenen Bescheid sei nicht ersichtlich, ob die belangte Behörde überhaupt Ermittlungen gepflogen, ob der Landeshauptmann von Niederösterreich auf Grund des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 19. Oktober 1995 ein Verfahren eingeleitet habe und ob zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht schon Dipl.-Ing. Georg T. als abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt bzw. genehmigt gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der im Beschwerdefall anzuwendende § 15 AWG lautet

auszugsweise:

"(1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt) bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.

...

(3) Verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Person, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, daß sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verläßlich gilt eine Person, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbaren Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, solange die Verurteilungen noch nicht getilgt sind, die mindestens dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der Gewerbeordnung 1973 oder des Wasserrechtsgesetzes 1959 oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften (§ 42 Abs. 1) bestraft worden ist oder die gemäß der Gewerbeordnung 1973 von der Ausübung der betreffenden Tätigkeit ausgeschlossen ist.

...

(5) Wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen. Zum Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer die Verläßlichkeit sowie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die ausübende Tätigkeit besitzt, seinen Wohnsitz im Inland hat und in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4.

(6) Scheidet der gemäß Abs. 5 bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekannt zu geben. Erfolgt diese Bestellung und Namhaftmachung nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustellen.

...

(8) Die Erlaubnis ist zu entziehen, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 oder 5 nicht mehr vorliegen. Es ist regelmäßig zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 oder 5 vorliegen."

Für die Frage der Zulässigkeit der Entziehung der einer juristischen Person erteilten Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von Abfällen ist nach dem Wortlaut des Abfallwirtschaftsgesetzes ausschlaggebend, ob der mit Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestellte Geschäftsführer - noch - im Sinne des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle verläßlich ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0065).

§ 15 AWG enthält keine § 91 Abs. 2 GewO 1994 vergleichbare Regelung. Nach der letztgenannten Gesetzesstelle hat die Behörde dem Gewerbetreibenden, der eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, eine Frist bekanntzugeben, innerhalb der er die natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht und auf welche sich die im § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe beziehen, zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen. § 15 AWG trifft hingegen im Abs. 6 nur eine Regelung für den Fall des Ausscheidens des gemäß Abs. 5 bestellten Geschäftsführers aus dem Betrieb. Im Zeitraum zwischen Ausscheiden des bisherigen abfallwirtschaftsrechtlichen Geschäftsführers und der Erteilung einer Erlaubnis zur Bestellung eines neuen abfallwirtschaftsrechtlichen Geschäftsführers kommt eine Entziehung der Abfallsammler- und Abfallbehandler- Erlaubnis wegen mangelnder Verläßlichkeit gemäß § 15 Abs. 8 i.V.m. § 15 Abs. 5 AWG nicht in Betracht. Die Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 AWG ist vielmehr dann einzustellen, wenn die Bestellung und Namhaftmachung des abfallwirtschaftsrechtlichen Geschäftsführers nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Ausscheiden des bisherigen Geschäftsführers erfolgt. Auf die Erlaubnis dieser Geschäftsführerbestellung kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0084).

Unstrittig steht fest, daß der Beschwerdeführerin die Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 1 und Dipl.-Ing. K. R. die Erlaubnis gemäß § 15 Abs. 5 letzter Satz AWG erteilt worden ist. Die Beschwerdeführerin sieht eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde die ihr vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zugekommene Mitteilung vom 19. Oktober 1995 nicht beachtet hat.

Diese Mitteilung der Beschwerdeführerin - mag sie auch der belangten Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zugekommen sein - ist jedoch aus folgenden Gründen im gegenständlichen Beschwerdefall ohne Bedeutung:

Aus der Textierung des Schreibens vom 19. Oktober 1995 "... machen wir als künftigen abfallrechtlichen Geschäfsführer namhaft ..." ist weder erkennbar, ob die in diesem Schreiben angeführte natürliche Person auf Grund eines zivilrechtlichen Vertrages mit der Beschwerdeführerin zum abfallrechtlichen Geschäftsführer gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestellt worden ist und ab wann eine tatsächlich erfolgte Bestellung wirksam ist. Die Formulierung im vorzitierten Schreiben "... sollte in dieser Funktion ab 1.12.1995 tätig sein" läßt - abgesehen von dem im § 15 Abs. 5 und 6 AWG geforderten Nachweis der weiteren Voraussetzungen - den Schluß auf einen Bestellungsakt im Sinne des § 15 Abs. 5 oder 6 AWG nicht zu.

Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers im Sinne des § 15 Abs. 6 AWG erfordert das Ausscheiden des gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle bestellten Geschäftsführers. Zur Vermeidung der Entziehung der Abfallsammler- und Abfallbehandler-Erlaubnis wegen mangelnder Verläßlichkeit ihres Geschäftsführers Dipl.-Ing. G. T. gemäß § 15 Abs. 8 i.V.m. § 15 Abs. 5 AWG hätte die Beschwerdeführerin diesen als abfallrechtlichen Geschäftsführer abberufen und sodann gemäß § 15 Abs. 6 AWG unverzüglich einen neuen Geschäftsführer bestellen müssen. Im Schreiben vom 19. Oktober 1995 wird auf das Ausscheiden des bestellten Geschäftsführers

Dipl.-Ing. K. R. nicht hingewiesen. Die belangte Behörde konnte daher ohne Rechtsirrtum davon ausgehen, daß der gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb der Beschwerdeführerin noch nicht ausgeschieden ist. Auch in der Beschwerde wird ein diesbezügliches Vorbringen nicht erstattet. Allein auf Grund des Schreibens vom 19. Oktober 1995 bedurfte es daher keiner weiteren Erhebungen darüber, ob der Landeshauptmann der in diesem Schreiben namhaft gemachten Person bereits eine Erlaubnis erteilt hat. Vielmehr konnte die belangte Behörde davon ausgehen, daß der bestellte Geschäftsführer Dipl.-Ing. K. R. weiterhin abfallwirtschaftsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ist. Daß dieser nicht mehr verläßlich im Sinne des § 15 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 AWG ist, wird auch in der Beschwerde nicht angezweifelt. Aus den unstrittig feststehenden Bestrafungen ergibt sich zweifelsfrei, daß es sich hiebei um Übertretungen von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt handelt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/07/0230).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996070012.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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