Index
41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks mangels hinreichender Auseinandersetzung mit der innerstaatlichen FluchtalternativeRechtssatz
Für den VfGH ist nicht nachvollziehbar, weshalb das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) annimmt, dass Erbil bzw die "Autonome Region Kurdistan" als Herkunftsregion des Beschwerdeführers anzusehen sei, obwohl er dort infolge interner Vertreibung lediglich für eineinhalb Jahre in einem Flüchtlingslager gelebt habe und nie einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dahingegen sei er in Mossul im Familienverband aufgewachsen, habe dort die Schule besucht und gearbeitet. Im Rahmen der Prüfung der Möglichkeit der Rückkehr in eine vom Herkunftsgebiet verschiedene Region des Herkunftsstaates sind aber Erwägungen dahingehend anzustellen, ob die Ansiedelung in diesem Gebiet für den Betroffenen zumutbar ist.
Vor diesem Hintergrund hat das BVwG übersehen, dass der UNHCR eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Region Kurdistan vor dem Hintergrund der dort vorherrschenden humanitären Lage nur unter eng begrenzten Voraussetzungen als gegeben erachtet. Ebenso führen die - dem Erkenntnis zugrunde liegenden Länderberichte - aus, dass nach dem Vormarsch des IS auf Mossul und das umliegende christliche Kernland zehntausende Christen die Flucht überwiegend in die Kurdische Region im Irak ergriffen hätten und ein Großteil davon noch immer in Vertriebenen- und Flüchtlingslagern unter "schwierigen und unmenschlichen Bedingungen" lebe.
Indem das BVwG den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht mit der einschlägigen Berichtslage in Bezug gesetzt und sich insbesondere nicht damit befasst hat, ob dem aus Mossul stammenden Beschwerdeführer die Einreise und Ansiedelung in Erbil möglich und zumutbar ist, erweist sich die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf die Beurteilung einer dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr drohenden Verletzung seiner gemäß Art3 EMRK gewährleisteten Rechte als verfassungswidrig.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E1948.2022Zuletzt aktualisiert am
14.11.2022