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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, in der Revisionssache der Ö AG in W, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Mai 2021, Zlen. W214 2226349-1/12E und W214 2226350-1/17E, betreffend Datenschutzbeschwerde wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde, Barichgasse 40-42, 1030 Wien; mitbeteiligte Partei: Dr. H S in W, vertreten durch Thurnher Wittwer Pfefferkorn & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Messestraße 11), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid vom 6. September 2019 gab die Datenschutzbehörde (belangte Behörde) der gegen die Revisionswerberin als Beschwerdegegnerin gerichteten Datenschutzbeschwerde der Mitbeteiligten vom 15. Dezember 2018 teilweise statt und stellte fest, die Revisionswerberin habe die Mitbeteiligte in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt, indem sie Daten betreffend die Parteiaffinität der Mitbeteiligten verarbeitet habe (Spruchpunkt 1). Unter einem wurde der Revisionswerberin aufgetragen, die Daten zur Parteiaffinität längstens binnen zwei Wochen zu löschen (Spruchpunkt 2). Die weiteren Spruchpunkte (3 bis 5) dieses Bescheides sind für die vorliegende Revisionssache nicht von Relevanz.
2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 20. Mai 2021 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der Beschwerde der Revisionswerberin teilweise Folge und behob Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides ersatzlos (Spruchpunkt A)II.1.); im Übrigen wurde die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt A)II.2.). Die weiteren Spruchpunkte (A)I.1. A)II.3.) betrafen die Behandlung der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen die Spruchpunkte 1, 4 und 5 des angefochtenen Bescheides und sind für die vorliegende Revisionssache nicht von Relevanz. Die Revision gegen die Spruchpunkte A)II.1. und A)II.2. erklärte das BVwG gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt B)1.).
3 Das BVwG stellte (ua.) fest, dass die Revisionswerberin sämtliche Parteiaffinitäten und auch sämtliche sonstige, dem Datensatz der Mitbeteiligten zugeschriebenen Marketingklassifikationen gelöscht habe.
4 In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das BVwG (auf das Wesentliche zusammengefasst) - unter Verweis insbesondere auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 18. Februar 2021, 6 Ob 127/20z, sowie auf ein näher bezeichnetes Erkenntnis des BVwG vom 20. August 2020 -, dass es sich bei den gegenständlich verarbeiteten Daten zur Parteiaffinität um personenbezogene Daten, und zwar um eine besondere Kategorie derartiger Daten im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), handle. Ein Erlaubnistatbestand für die Verarbeitung derartiger Daten liege nicht vor, insbesondere stelle § 151 Abs. 6 GewO 1994 keinen Rechtsakt dar, der im Sinn des Art. 9 Abs. 2 lit. g DSGVO aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich sei.
5 Dem Vorbringen der Revisionswerberin, es bestehe kein Anspruch auf Feststellung mehr, weil die Daten betreffend die Parteiaffinität gelöscht worden seien, hielt das BVwG (unter Verweis auf das hg. Erkenntnis VwGH 23.2.2021, Ra 2019/04/0054) entgegen, dass im Fall einer behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung - im Gegensatz zu den Leistungsrechten (auf Auskunft und Löschung) - auch für die Vergangenheit ein Feststellungsanspruch bestehe. Demgegenüber sei die Grundlage für einen Löschungsauftrag mit der erfolgten Löschung weggefallen, weshalb Spruchpunkt 2 des Bescheides der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen sei.
6 Das BVwG erachtete die Revision als zulässig, weil es (zusammengefasst) an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob aus Durchschnittswerten ermittelte Einschätzungen des (politischen) Interesses natürlicher Personen besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinn des Art. 9 DSGVO seien.
7 3. Gegen Spruchpunkt A)II.2. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. In der Zulässigkeitsbegründung verweist die Revisionswerberin zum einen auf die vom BVwG aufgeworfene Rechtsfrage und bringt zum anderen vor, aus dem vom BVwG herangezogenen Erkenntnis VwGH 23.2.2021, Ra 2019/04/0054, lasse sich kein subjektives Recht auf Feststellung einer in der Vergangenheit liegenden Verletzung im Recht auf Geheimhaltung ableiten. Vielmehr ergebe sich aus mehreren näher zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, dass kein Recht auf Feststellung einer in der Vergangenheit erfolgten Rechtsverletzung bestehe.
8 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.
9 Die belangte Behörde sah von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung ab.
10 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
13 5. Die hier zugrundeliegende Konstellation, das diesbezügliche Vorbringen und die als grundsätzlich aufgeworfenen Rechtsfragen gleichen dem Ausgangssachverhalt und den Ausführungen der Revisionswerberin in dem zu hg. Ro 2022/04/0001 protokollierten Verfahren. Insoweit kann - jeweils gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG - zur Frage der Parteiaffinität auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag Ro 2022/04/0001, Rn. 14 f, sowie auf die dort verwiesenen Ausführungen im hg. Erkenntnis VwGH 14.12.2021, Ro 2021/04/0007, Rn. 25-53, bzw. zu den Fragen Feststellungsanspruch und mündliche Verhandlung auf die Ausführungen im genannten hg. Erkenntnis Ro 2022/04/0001, Rn. 16-37, verwiesen werden.
14 6. Da somit nunmehr Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den geltend gemachten Rechtsfragen besteht und das angefochtene Erkenntnis davon nicht abgewichen ist, kommt den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG mehr zu.
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
16 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
17 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021040023.J00Im RIS seit
14.11.2022Zuletzt aktualisiert am
14.11.2022