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Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des Ing. J S in K, vertreten durch Mag. Christian Posch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürstenallee 17/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 13. Juli 2022, 405-2/333/1/5-2022 und 405-2/334/1/5-2022, betreffend Zurückweisung von Einsprüchen gegen Strafverfügungen nach dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit zwei Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Hallein (in der Folge: BH) vom 24. November 2020 wurden über den Revisionswerber wegen Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs. 3 Z 1 iVm. § 21 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zwei Geldstrafen von jeweils € 150 (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 30 Stunden) verhängt. Die Strafverfügungen wurden dem Revisionswerber am 27. November 2020 zugestellt.
2 Am 11. Dezember 2020 brachte der Revisionswerber mit zwei E-Mails um 20:29 Uhr und 20:32 Uhr Einsprüche gegen diese Strafverfügungen bei der BH ein.
3 Die BH erließ daraufhin am 7. April 2022 zwei Straferkenntnisse, mit denen sie den Revisionswerber - wie in den Strafverfügungen - wegen Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs. 3 Z 1 iVm. § 21 Abs. 3 AWG 2002 mit jeweils einer Geldstrafe von € 150 (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 30 Stunden) bestrafte.
4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hob das Landesverwaltungsgericht Salzburg aufgrund von Beschwerden des Revisionswerbers die Straferkenntnisse ersatzlos auf und wies die Einsprüche gegen die Strafverfügungen vom 24. November 2020 als verspätet zurück. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, auf der Homepage der BH sei im Sinn von § 13 Abs. 2 AVG als organisatorische Beschränkung des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten bekannt gemacht worden, dass ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gelte. Die Einsprüche des Revisionswerbers vom 11. Dezember 2020 seien am letzten Tag der Einspruchsfrist nach Ende der von der BH kundgemachten Amtsstunden eingebracht worden. Die Einsprüche gegen die Strafverfügungen vom 24. November 2020 seien daher verspätet gewesen.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, ausgehend von der Zustellung der Strafverfügungen an den Revisionswerber am 27. November 2020 habe die zweiwöchige Frist zur Erhebung von Einsprüchen im Sinn des § 32 Abs. 2 AVG mit Ablauf des 11. Dezember 2022, somit um 24 Uhr dieses Tages, geendet. Auch durch § 13 Abs. 2 AVG werde § 32 Abs. 2 AVG hinsichtlich der Berechnung der Fristen nicht „außer Kraft“ gesetzt. Es entspreche daher nicht dem Gesetz, wenn eine Behörde die nach § 32 Abs. 2 AVG nach Wochen zu berechnende Frist eigenmächtig verkürze. Im Übrigen habe die BH in den Rechtsbelehrungen der Strafverfügungen nicht auf eine organisatorische Beschränkung des elektronischen Verkehrs nach § 13 Abs. 2 AVG hingewiesen.
10 Gemäß § 13 Abs. 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen. Nach § 13 Abs. 5 AVG ist die Behörde nur während der Amtsstunden verpflichtet, schriftliche Anbringen entgegenzunehmen oder Empfangsgeräte empfangsbereit zu halten. Die Amtsstunden und die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit sind im Internet und an der Amtstafel bekanntzumachen.
11 Es entspricht im Sinn dieser Bestimmungen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein Anbringen noch am selben Tag (und damit als rechtzeitig) als eingebracht anzusehen ist, wenn die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit hält und das Anbringen nach dem Ende der Amtsstunden (aber noch am letzten Tag einer Frist) bei ihr einlangt. Anderes gilt aber, wenn die Behörde von der ihr nach § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht und ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekundet, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (vgl. etwa VwGH 18.5.2022, Ra 2022/10/0044, mwN).
12 Die Revision bestreitet nicht, dass die BH im vorliegenden Fall im Sinn des § 13 Abs. 2 letzter Satz AVG eine organisatorische Beschränkung kundgemacht hat, wonach außerhalb der Amtsstunden übermittelte Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gelten. Davon ausgehend erweisen sich die am letzten Tag der Frist nach Ende der Amtsstunden eingebrachten Einsprüche des Revisionswerbers gegen die Strafverfügungen vom 24. November 2020 als verspätet.
13 Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Revision ist festzuhalten, dass die zweiwöchige Frist nach § 49 Abs. 1 VStG zur Erhebung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung nicht verkürzt wurde, sondern am letzten Tag der Frist - somit am 11. Dezember 2022 - geendet hat. Bis zu welcher Tageszeit Eingaben im elektronischen Weg - insbesondere auch mit E-Mail - eingebracht werden können, um noch als am selben Tag eingelangt zu gelten, ergibt sich aber gemäß § 13 Abs. 2 AVG gegebenenfalls - unter den dargestellten Voraussetzungen - aus der Kundmachung der Behörde im Internet. Eine (neuerliche) Angabe dieser Beschränkungen in einer Rechtsmittelbelehrung bzw. hier einer Belehrung über den Einspruch (§ 48 Z 7 VStG) ist nicht erforderlich (vgl. VwGH 23.5.2012, 2012/08/0102). Auch ein Hinweis auf die Amtsstunden ist kein erforderlicher Bestandteil einer Rechtsmittelbelehrung (vgl. VwGH 14.4.2016, Ra 2014/02/0167, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070162.L00Im RIS seit
14.11.2022Zuletzt aktualisiert am
14.11.2022