TE Vwgh Beschluss 2022/10/20 Ra 2019/07/0022

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Veröffentlicht am 20.10.2022
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Norm

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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der H GmbH in L, vertreten durch die Holter - Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in 4710 Grieskirchen, Uferstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. November 2018, Zl. LVwG-551227/8/Wim/DA, betreffend Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechts (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die Revisionswerberin ist Eigentümerin und Betreiberin des Schlachthofes L.

2        Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. April 1966 wurde die wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser zwecks Versorgung des Schlachthofes der Stadt L mit Nutzwasser sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hierfür dienenden Anlagen erteilt. Der Auflagenpunkt 12. dieses Bescheides lautet:

„Hinsichtlich der Grundwasserentnahme für jene Wassermengen, welche für den Zweck der Kühlanlagen verwendet werden, wird die w.r. Bewilligung befristet erteilt bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Kläranlage L-Mitte. Bis zu diesem Zeitpunkt ist für eine auch nach Inbetriebnahme der Kläranlage als einwandfrei anzusehende Beseitigung der Kühlwässer zu sorgen.“

3        In der am 29. März 1966 in diesem Bewilligungsverfahren protokollierten Verhandlungsschrift wurde unter A) Befund unter anderem Folgendes festgehalten:

„... Sämtliche im Bereich des Schlachthofes anfallenden Abwässer und Niederschlagswässer werden derzeit noch in die D abgeleitet. In längstens 6 Monaten wird jedoch der Anschluss an die städtische Kanalisation hergestellt sein. Mit der Inbetriebnahme der Kläranlage L-Mitte ist voraussichtlich in etwa vier Jahren zu rechnen ...“

4        In der Begründung des Bewilligungsbescheides vom 13. April 1966 führte die Wasserrechtsbehörde unter anderem aus:

„... Was die Befristung (Pkt. 12) anlangt, so ist dazu Folgendes zu bemerken: Gemäß § 21 WRG. 1959 kann die Bewilligung zur Benutzung eines Gewässers mit Beschränkung auf eine bestimmte Zeitdauer erteilt werden. Gemäß § 104 lit. d WRG 1959 ist die Wasserrechtsbehörde zur Überprüfung verpflichtet, ob und wie für die einwandfreie Beseitigung der anfallenden Abwässer vorgesorgt wird. Auf Grund der Stellungnahme des zur Wahrung seiner Interessen verpflichteten Kanalisationsunternehmens (§ 32 Abs. 4 WRG 1959) - d.i. die Stadtgemeinde L, vertreten durch das Kanalamt - ist aber die Frage der ordnungsgemäßen Beseitigung der Kühlwässer nur bis zur Inbetriebnahme der Kläranlage L-Mitte gelöst. Die Wasserrechtsbehörde musste daher auch die w.r. Bewilligung für die Entnahme jener Wassermengen, welche für den Betrieb der Kühlanlage verwendet werden, vorderhand befristen. Diese Befristung hat also mit einer Rücksichtnahme auf den Grundwasserhaushalt, wie vom Bezirksverwaltungsamt des Magistrates L erwähnt, nichts zu tun. Diese Frage wird im vorliegenden Falle erst aktuell werden, wenn sich die Konsenswerberin - wie sie in ihrer Schlussäußerung bei der Verhandlung vom 29.3.1966 erwähnt hat - über das endgültig beanspruchte Maß der Wasserentnahme Klarheit verschafft hat, ebenso über die Beseitigung der Kühlwässer. Die Wasserrechtsbehörde begrüßt daher die Absicht der Konsenswerberin, die notwendigen Ermittlungen und Planungen einzuleiten. Dazu wird schon jetzt bemerkt, dass vom Standpunkt der wasserwirtschaftlichen Planungen und der Rücksichtnahme auf den Grundwasserhaushalt einer künftigen Versickerung der Kühlwässer - soferne dies technisch möglich ist - bzw. einem geschlossenen Kreislauf gegenüber einer allfälligen Ableitung in die D eindeutig der Vorzug zu geben ist.“

5        Mit Spruchpunkt II. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 3. Oktober 2017 wurde gemäß § 27 Abs. 1 lit. c Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) festgestellt, dass das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. April 1966 verliehene Wasserbenutzungsrecht für die Grundwasserentnahme zum unter Punkt 3) des angeführten Bescheides genannten Zweck der Verwendung als Kühlwasser in der Kühlanlage und der dazu dienenden Anlagen mit Ablauf des 7. Juli 1982 erloschen sei.

6        Als Folge des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes wurden der Revisionswerberin folgende letztmalige Vorkehrungen aufgetragen:

„Die Zuspeisleitung zum Zwischenbehälter im Technikraum der Betriebsanlage für die die gegenständliche Nutzwasserentnahme ursprünglich bewilligt wurde, ist abzutrennen und dauerhaft zu verschließen.

Die Durchführung der vorgeschriebenen Maßnahmen ist der Wasserrechtsbehörde bis spätestens 30. November 2017 schriftlich anzuzeigen.“

7        Ferner wurde festgehalten, dass hinsichtlich der übrigen mit Bescheid vom 13. April 1966 wasserrechtlich bewilligten Wassernutzung und Anlagenteile die wasserrechtliche Bewilligung weiterhin unverändert aufrecht bleibe.

8        Mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG) wurde die von der Revisionswerberin gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde vom 3. Oktober 2017 (Teilerlöschen der Kühlwasserversorgung) erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass unter den letztmaligen Vorkehrungen die physische Trennung von Leitungen und nicht nur die Errichtung von Absperreinrichtungen zu verstehen sei und „die Frist für die Durchführung und Meldung der letztmaligen Vorkehrungen neu mit 31.01.2019 festgesetzt wird.“

Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.

9        Das LVwG stellte im angefochtenen Erkenntnis unter anderem fest, im Jahr 1966 bzw. in dieser Zeit habe es für den Zentralraum von L zwar schon eine zentrale Kanalisation gegeben, die allerdings ohne besondere Vorreinigungsmaßnahmen - maximal sei hier ein Grobrechen vorgesehen gewesen - in die D ausgeleitet worden sei. Im Zuge der Überlegungen zur Errichtung einer Abwasserreinigung seien ursprünglich für die Stadt L drei Kläranlagen (Nord, Mitte, Süd) geplant gewesen. Alle drei Kläranlagen sollten nach Vorreinigung die Abwässer an verschiedenen Einleitungsstellen in die D bzw. die Kläranlage Süd in die T ableiten. Der städtische Schlachthof sei in den Einzugsbereich der geplanten Kläranlage Mitte gefallen.

10       Da sich im Zuge der Projektierung gezeigt habe, dass speziell bei der Kläranlage Mitte eine Ableitung in den Staubereich der D aufgrund des Kraftwerkes A-A erfolge und dies wasserwirtschaftlich unerwünscht gewesen sei, sei schließlich die Regionalkläranlage A mit Einleitung in die D nach dem Kraftwerk errichtet worden. Die Kläranlagen Mitte und Nord seien nicht zur Ausführung gelangt, die Kläranlage Süd sei schließlich mit Inbetriebnahme der Regionalkläranlage A geschlossen worden. Im Bereich der geplanten Kläranlage Mitte befinde sich heute noch eine Regenentlastung. Im Bereich Nord bestehe ebenfalls eine Regenentlastung und es sei zusätzlich ein Abwasserpumpwerk errichtet worden. Bei der Kläranlage Süd sei der Ableitungskanal umgebaut worden und es erfolge die Ableitung in Richtung Regionalkläranlage A im freien Gefälle.

11       Im Bereich der Abwasserentsorgung L-Zentrum sei das bestehende Kanalsystem schon so ausgerichtet gewesen, dass in Zukunft vor der direkten und praktisch ungeklärten Ableitung in die D die Kläranlage Mitte hätte errichtet werden können. Da diese Kläranlage aus den erwähnten Gründen nicht ausgeführt worden sei, seien die zugeleiteten Abwässer schließlich in den Umleitungskanal zur Regionalkläranlage A eingebunden worden. Die offizielle Eröffnung der Regionalkläranlage A habe am 7. Juni 1982 stattgefunden.

12       Ferner führte das LVwG aus, generell seien sogenannte Fremdwässer, wie z.B. Grundwassereintritte, aber auch nur thermisch belastete Kühlwässer, in einer Kläranlage unerwünscht, weil sie den Wirkungsgrad und die Wirkungsweise der Kläranlage beeinträchtigten. Durch die Verdünnung werde die Effektivität der Kläranlage eingeschränkt und es führe dies auch zu einem größeren Einsatz von Hilfsmitteln, wie z.B. Fällungsmitteln, um eine entsprechende Reinigung zu erreichen.

13       Die Regionalkläranlage A sei von der Dimension wesentlich größer ausgeführt als die Kläranlage L-Mitte, weil sie praktisch drei Kläranlagen aus dem städtischen Raum ersetze und zudem auch auf die Abwasserentsorgung von Umlandgemeinden ausgelegt worden sei. Sie umfasse auch eine biologische Reinigungsstufe. Die Reinigung von kommunalen Abwässern mache nur ein Drittel des gesamten Abwasseranfalles dort aus, weil die Kläranlage auch für die Reinigung von industriellen Abwässern konzipiert worden sei.

14       Allgemein komme eine größere Anlage mit Fremdwassereinleitungen besser zurecht als eine kleinere. Allerdings sei es Aufgabe des Kläranlagenbetreibers, auch nach den generellen Richtlinien, dafür zu sorgen, dass der Fremdwasseranteil möglichst minimiert werde.

Generell könne die Einleitung von Kühlwässern auch Einfluss auf die Dimensionierung des Kanalsystems haben bzw. zu einem vermehrten, allerdings unerwünschten Anspringen der Regenentlastungen führen.

Allgemein führe ein erhöhter Fremdwasseranteil zumindest auch zu höheren Betriebskosten einer Kläranlage, weil im Regelfall die zugeleiteten Wässer gehoben werden müssten, um dann die Stationen der Kläranlage zu durchlaufen. Eine erhöhte Menge bedeute auch einen erhöhten Aufwand (wird näher ausgeführt).

Grundsätzlich stelle nicht „die eine Einleitung“ der Kühlwässer unbedingt das Problem für die Kläranlage dar, sondern es sei hier auch auf Folgewirkungen zu achten, weil verschiedene Einleiter im Grunde nicht ungleich behandelt werden könnten.

15       Zu diesen Feststellungen verwies das LVwG auf den behördlichen Verwaltungsakt, das Ergebnis der durchgeführten mündlichen Verhandlung, insbesondere auch auf die Ausführungen der einvernommenen Auskunftsperson des Kläranlagenbetreibers sowie die Angaben des beigezogenen Amtssachverständigen und des Vertreters des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans.

16       In seinen rechtlichen Erwägungen hielt das LVwG nach Zitierung der hier maßgeblichen Rechtsvorschriften fest, die Befristung (eines Wasserbenutzungsrechtes) könne durch Festsetzung eines kalendermäßig bestimmten Zeitpunktes, durch Bestimmung eines Zeitraums (ab Rechtskraft der Bewilligung) oder durch Hinweis auf irgendein Ereignis erfolgen; der Eintritt dieses Ereignisses müsse aber gewiss sein. Die Erteilung eines Wasserbenutzungsrechtes mit der Befristung „bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine systematische Ortskanalisation (mit zentraler Abwasserreinigung)“ sei zulässig (Verweis auf VwGH 22.12.2011, 2010/07/0211).

17       Im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. April 1966 sei eine Befristung für die dort bezeichnete Grundwasserentnahme festgelegt worden. Es handle sich dabei nicht um eine bloße Bedingung, wie von der Revisionswerberin angeführt worden sei. Dass eine Kläranlage errichtet werden solle, sei schon zum damaligen Zeitpunkt gewiss gewesen, wenngleich diese dann in anderer Form ausgeführt worden sei.

18       Das gegenständliche Wasserbenutzungsrecht sei vom Wortlaut her befristet „bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Kläranlage L-Mitte“ erteilt worden. Eine solche Kläranlage sei allerdings nie errichtet, sondern, wie der Vertreter des Kanalisationsunternehmens angegeben habe, stattdessen die dafür vorgesehenen Abwässer in die Regionalkläranlage A umgeleitet worden, weil ansonsten eine Einleitung in den Staubereich der D erfolgt wäre, was wasserwirtschaftlich nicht erwünscht sei.

19       Die Regionalkläranlage A sei an einem anderen Ort und wesentlich größer dimensioniert in qualitativer und quantitativer Hinsicht, mit einer biologischen Reinigungsstufe ausgeführt worden. Die Revisionswerberin vermeine daher, dass das für die Befristung maßgebliche Ereignis nicht eingetreten sei, wobei der reine Wortlaut für ihre Auffassung spreche. Eine derart enge Interpretation erscheine aber nicht zulässig, weil in einem solchen Fall sogar bereits bei einer andersartigen Bezeichnung der Kläranlage „die Befristung nicht eintreten“ würde. Vielmehr müsse auf den Zweck der Anordnung abgestellt werden.

20       Schon aus den zitierten Stellungnahmen in der Bewilligungsverhandlung sowie vor allem aus der Begründung des Bewilligungsbescheides, in dem diese Befristung angeordnet worden sei, lasse sich ableiten, dass die Einleitung der Kühlwässer in eine Kläranlage verhindert werden sollte. Primär sei einer Wiederversickerung der Vorrang vor einer Direkteinleitung in die D in Aussicht gestellt worden, keinesfalls aber die Einleitung in eine Kläranlage. Die wasserwirtschaftlichen Gründe seien damals wie auch heute noch in der Verminderung der Reinigungsleistung und einer Erhöhung von Bau- und Betriebskosten gelegen gewesen. Der Vertreter des Kanalisationsunternehmens habe anschaulich dargelegt, dass auch bei der nunmehrigen Regionalkläranlage A Fremdwasserzuleitungen unerwünscht seien und, wenngleich diese bei einer größeren Anlage nicht so massiv ins Gewicht fielen, trotzdem schon aufgrund der Gleichbehandlung der Einleiter und der Beispielswirkung solche zu unterbinden bzw. gar nicht zuzulassen seien.

21       Diese Umstände seien nach wie vor zutreffend und hätten sich seit der Festlegung der Befristung dem Grunde nach auch nicht verändert. Somit sei der Sinn und der Zweck der Befristung nach wie vor gegeben und diese daher auch als rechtswirksam anzusehen.

22       Da die wasserrechtliche Bewilligung der Revisionswerberin bis zur Inbetriebnahme der Kläranlage (L-Mitte bzw. des Ersatzprojektes Regionalkläranlage A) befristet gewesen sei und mit 7. Juli 1982 die offizielle Eröffnung der Regionalkläranlage A erfolgt sei, sei die gegenständliche wasserrechtliche Bewilligung für die Grundwasserentnahme zur Verwendung als Kühlwasser in der Kühlanlage spätestens mit 7. Juli 1982 ex lege erloschen. Die belangte Behörde sei daher zu Recht vom Erlöschen des befristeten Wasserbenutzungsrechtes gemäß § 27 Abs. 1 lit. c WRG 1959 durch Ablauf der Zeit ausgegangen.

23       Unter der im Bescheid der belangten Behörde erfolgten Formulierung der letztmaligen Vorkehrungen sei entsprechend den Ausführungen des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik in der mündlichen Verhandlung eine physische Trennung von Leitungen und nicht nur die bloße Verwendung von Absperreinrichtungen zu verstehen. Die Anordnung sei daher diesbezüglich zu konkretisieren gewesen.

24       Ebenso sei die Frist für die Durchführung der letztmaligen Vorkehrungen entsprechend dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den Bestimmungen des WRG 1959 um die Dauer des Beschwerdeverfahrens vor dem LVwG und den zur Umsetzung vom Amtssachverständigen als notwendig erachteten Zeitraum zu verlängern gewesen. Auch unter Berücksichtigung eines entsprechenden Zeitraums für die Zustellung sei mit dem nunmehr festgesetzten Termin auf jeden Fall ausreichend Zeit für die Umsetzung.

25       Gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

26       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

27       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

28       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

29       In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, bereits aus der Formulierung der „Auflagenbestimmung 12.“ (des Bewilligungsbescheides vom 13. April 1966) ergebe sich, dass keine Befristung vorliegen könne. Ansonsten wäre eine Befristung formuliert worden, die das Außerkrafttreten des Bescheides an den Zeitablauf knüpfe. Hier sei der Ablauf des Konsenses an ein ungewisses Ereignis in der Zukunft geknüpft worden, sodass nicht von einer Befristung, sondern in einer für die Revisionswerberin denkbar schlechtesten möglichen Sichtweise von einer sehr undeutlich formulierten auflösenden Bedingung gesprochen werden könnte.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung könne die Nebenbestimmung 12. weder als Befristung noch als Bedingung, sondern als Auflage verstanden werden, wobei allerdings die Verletzung einer Auflage nicht zum Erlöschen des Entnahmekonsenses führen könne.

Die formale Beschreibung im Text als „Befristung“ schade einer anderen rechtlichen Einordnung nicht, weil sich die Rechtsnatur der Nebenbestimmung nicht nach der Bezeichnung im Bescheid, sondern nach ihrem Inhalt bzw. ihrem Zweck bestimme. Echte Bedingungen seien dem WRG 1959 fremd. Im Zweifel sei daher davon auszugehen, dass eine Nebenbestimmung eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides als Auflage und nicht als Bedingung (im eigentlichen Sinn) zu werten sei.

30       Nach den Feststellungen des LVwG sei das Wasserbezugsrecht bereits seit 7. Juli 1982 erloschen. Die belangte Behörde habe sich erstmals in der Besprechung vom 2. Juli 2012 auf den durchaus überraschenden Standpunkt gestellt, dass aufgrund der Formulierung der Nebenbestimmung 12. des Bescheides vom 13. April 1966 der gesamte Konsens der Revisionswerberin zur Entnahme von Grundwasser erloschen sei. Die belangte Behörde habe letztendlich zugestehen müssen, dass selbst nach der eigenen Darstellung nicht der gesamte Entnahmekonsens, sondern lediglich der Konsens zum Zweck der Entnahme von Kühlwasser erloschen sein könne. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde nicht bereits seit Sommer 2012 das Erlöschen festgestellt habe, sondern sich bis Ende 2017 Zeit gelassen habe.

31       Außerdem sei die Nebenbestimmung 12. derart unbestimmt gefasst worden, dass sie einer Exekution nicht zugänglich sei, sodass es letztendlich egal sein könne, ob man sie als (unwirksame) Auflage, als (unwirksame) Bedingung oder als (unwirksame) Befristung ansehe. Selbst wenn aber der Nebenbestimmung 12. ein wie immer gearteter normativer Wert zukomme, müsse doch gesagt werden, dass bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Kläranlage L-Mitte der Entnahme-Konsens aufrecht sei. Die Kläranlage L-Mitte sei bislang nicht in Betrieb genommen worden, weil es eine solche Kläranlage nicht gebe. Die ausdehnende, auf die Regionalkläranlage A abstellende Interpretation durch das LVwG greife in die Rechtsposition der Revisionswerberin massiv ein. Auflagenpunkt 12. sei eben nicht so abgefasst worden, dass der Konsens erlöschen solle, wenn irgendeine Kläranlage in Betrieb gehe, sondern nur dann, wenn die Kläranlage L-Mitte in Betrieb genommen werde. Die vom LVwG vorgenommene Interpretation des Bescheides verstoße gegen die ständige Rechtsprechung zur Auslegung von Bescheiden, die sich primär am Wortlaut zu orientieren habe.

32       Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

33       Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur Befristungen von wasserrechtlichen Bewilligungen, etwa mit den Formulierungen „bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine systematische Ortskanalisation“ (vgl. VwGH 22.12.2011, 2010/07/0211, mwN) oder „bis zur Möglichkeit des Anschlusses an das öffentliche Wasserleitungsnetz“ (vgl. VwGH 24.10.2013, 2012/07/0180, mwN) als zulässig beurteilt.

34       Die hier in Rede stehende Nebenbestimmung 12. des Bescheides vom 13. April 1966 enthielt die Formulierung „... befristet erteilt bis zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Kläranlage L-Mitte.“ mit dem Zusatz: „Bis zu diesem Zeitpunkt ist für eine auch nach Inbetriebnahme der Kläranlage als einwandfrei anzusehende Beseitigung der Kühlwässer zu sorgen.“

35       Nach der ständigen hg. Rechtsprechung stellen Bescheidauslegungen in aller Regel einzelfallbezogene Rechtsfragen dar, die nicht revisibel sind (vgl. etwa VwGH 14.6.2022, Ra 2022/07/0049, mwN). Für die Deutung eines auslegungsbedürftigen Begriffs in einem Bescheidspruch ist neben dem Wortsinn der jeweilige Bescheid als Ganzes, wie etwa der Kontext mit dem übrigen konkreten Spruchinhalt und der Bescheidbegründung, wesentlich. Die Auslegung eines Bescheidspruchs hängt somit jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. zum Ganzen VwGH 21.10.2021, Ra 2021/07/0087, mwN).

36       Das LVwG hat die Nebenbestimmung 12. des Bescheides vom 13. April 1966 - vor dem Hintergrund der zitierten hg. Judikatur in nachvollziehbarer Weise - als zulässige Befristung beurteilt und in diesem Zusammenhang - unter Darstellung der seinerzeitigen Planungen und der historischen, schließlich zur Errichtung der Regionalkläranlage A geführt habenden Entwicklung - hervorgehoben, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt gewiss gewesen sei, dass eine Kläranlage errichtet werden solle. Darauf geht das von der Revisionswerberin erstattete, allein auf den Begriff „Kläranlage L-Mitte“ abstellende Vorbringen, wonach der Ablauf des Konsenses an ein ungewisses Ereignis in der Zukunft geknüpft worden sei, nicht näher ein. Im Übrigen geht auch aus dem Wortlaut der Nebenbestimmung, aber auch aus der Begründung des Bewilligungsbescheides ohne Zweifel hervor, dass die Wasserrechtsbehörde das erteilte Wasserbenutzungsrecht befristen wollte.

37       Im Sinne der zitierten hg. Judikatur hat das LVwG bei der Auslegung der genannten Nebenbestimmung 12. neben dem Wortsinn auch die Bescheidbegründung und die damaligen Umstände, unter denen die wasserrechtliche Bewilligung vom 13. April 1966 erteilt wurde, einbezogen. Die vom LVwG daraus gezogene und auf den Zweck der Anordnung abstellende Schlussfolgerung, dass die Einleitung der Kühlwässer in eine Kläranlage verhindert werden sollte und auch bei der nunmehrigen Regionalkläranlage A Fremdwasserzuleitungen (nach wie vor) unerwünscht seien, wurde nachvollziehbar belegt.

38       Es begegnet daher keinen Bedenken, dass das LVwG die Nebenbestimmung 12. als ausreichend bestimmt und den Umstand, dass zwar (unter anderem) nicht die in der Nebenbestimmung 12. genannte „Kläranlage L-Mitte“, jedoch die größer dimensionierte Regionalkläranlage Asten (in die die für die Kläranlage L-Mitte vorgesehen gewesenen Abwässer umgeleitet worden seien) errichtet und in Betrieb genommen wurde, als für das Teilerlöschen des Wasserbenutzungsrechtes maßgeblich angesehen hat.

39       Eine Unvertretbarkeit der Auslegung der Nebenbestimmung 12. und der daran geknüpften Beurteilung durch das LVwG liegt fallbezogen nicht vor und wird auch von der Revisionswerberin nicht dargelegt.

40       Daran vermag auch der vorgebrachte Umstand, dass die belangte Behörde nicht bereits im Jahr 2012 das Erlöschen festgestellt hat, nichts zu ändern.

41       Ferner wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vorgebracht, der vor dem LVwG angefochtene Bescheid der belangten Behörde habe noch keine Frist für die Durchführung der letztmaligen Vorkehrungen enthalten, es sei nur eine Frist zur Meldung der Durchführung der letztmaligen Vorkehrung vorgesehen gewesen. Erstmals im angefochtenen Erkenntnis sei nun eine Frist auch zur Durchführung der letztmaligen Vorkehrung vorgeschrieben worden. Dadurch werde die Revisionswerberin inhaltlich belastet, „da sie ansonsten für die Durchführung der letztmaligen Vorkehrung unbefristet Zeit hätte“.

Die Nichtvorschreibung einer Frist zur Durchführung der letztmaligen Vorkehrung sei von der Revisionswerberin vor dem LVwG nicht bekämpft worden. Mangels Beschwerde und Beschwerdelegitimation habe sich daher die Entscheidungsbefugnis des LVwG nicht auf die Frage der Vorschreibung einer Frist zur Durchführung der letztmaligen Vorkehrung erstrecken können. Es liege keine Rechtsprechung zur Frage, ob eine Abänderung des angefochtenen Bescheides auch ohne Beschwerde und vor allem ohne Beschwerdelegitimation im Rahmen der Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichts gemäß § 28 VwGVG zulässig sei, vor. Bei der hier gegenständlichen Konstellation handle es sich nicht um einen Fall der reformatio in peius im allgemeinen Verwaltungsrecht, sondern um das Thema, ob auch abseits der Beschwerde in Bereichen, in denen keine Beschwerdelegitimation bestehe, eine Abänderung durch das Verwaltungsgericht zu Lasten der Beschwerdeführerin erfolgen könne.

Das LVwG habe eine idente Frist für die Durchführung und für die Meldung der letztmaligen Vorkehrung gesetzt. Da für die Meldung der Durchführung der letztmaligen Vorkehrung ein gewisser Zeitraum einzuplanen sei, sei es unzulässig, den Zeitraum für die Durchführung und die Meldung der letztmaligen Vorkehrung gleichzusetzen. Üblicherweise werde für die Meldung der Durchführung der letztmaligen Vorkehrung ein Zeitraum von einem (zusätzlichen) Monat festgesetzt.

42       Dem Vorbringen der Revisionswerberin, sie hätte - wenn nur eine Frist für die Meldung der Durchführung der letztmaligen Vorkehrung, jedoch keine ausdrückliche Frist für die Durchführung der letztmaligen Vorkehrung vorgeschrieben wäre - für die Durchführung der letztmaligen Vorkehrung „unbefristet“ Zeit, liegt im Ergebnis die Annahme zugrunde, dass die fristgerechte Meldung der Durchführung auch inhaltlich unrichtig (weil sie trotz noch nicht durchgeführter letztmaliger Vorkehrung erginge) sein könne.

43       Dies ist jedoch mit dem Sinn der in Rede stehenden Anordnung nicht vereinbar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bereits die (alleinige) Vorschreibung, die Durchführung einer vorgeschriebenen Maßnahme bis zu einem bestimmten Termin anzuzeigen, selbstredend auch beinhaltet, dass die letztmalige Vorkehrung bis zu diesem Termin durchgeführt worden sein muss, andernfalls eine unrichtige Meldung an die Behörde erstattet werden würde.

44       Insoweit stellt die Anordnung des LVwG („... Frist für die Durchführung und Meldung der letztmaligen Vorkehrung ...“) gegenüber der Anordnung der belangten Behörde („Die Durchführung der vorgeschriebenen Maßnahmen ist der Wasserrechtsbehörde bis ... schriftlich anzuzeigen.“) keine Erweiterung der der Revisionswerberin aufgetragenen Verpflichtungen dar.

45       Auf die von der Revisionswerberin aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der Kognitionsbefugnis des LVwG kommt es daher im gegenständlichen Fall von Vornherein nicht an.

46       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019070022.L00

Im RIS seit

14.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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