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L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Dolp und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Februar 1994, Zl. 9052/3-1994, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Das Kostenbegehren der belangten Behörde wird
zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid der Tiroler Landesregierung (der belangten Behörde) vom 10. Februar 1994 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen einen vom Beschwerdeführer als Bescheid aufgefaßten Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Baumkirchen vom 13. November 1992, die Öffentlichkeit bei der Beschlußfassung über den einzigen zu behandelnden Tagesordnungspunkt auszuschließen, als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß zufolge § 112 Abs. 1 Tiroler Gemeindeordnung 1966 (TGO 1966) Vorstellungen nur gegen Bescheide eines Gemeindeorganes in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung nach Erschöpfung des Instanzenzuges bei der Landesregierung erhoben werden könnten. Gegenstand einer Vorstellung könne daher ausschließlich die Anfechtung eines Bescheides sein. Beim Ausschluß der Öffentlichkeit nach § 34 TGO 1966 handle es sich um keinen Bescheid, weil ein solcher Beschluß nicht, wie dies für einen Bescheid unerläßlich sei, an eine oder mehrere bestimmte Personen sondern an die Öffentlichkeit gerichtet sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (zunächst beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte, nach Ablehnung der Behandlung durch diesen und Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzte) Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird und über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht lediglich in Streit, ob der Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Baumkirchen vom 13. November 1992, die Öffentlichkeit bei der Beschlußfassung über den einzigen in dieser Sitzung zu behandelnden Tagesordnungspunkt auszuschließen, als Bescheid iS des Art. 119a Abs. 5 B-VG bzw. 112 TGO 1966 zu werten ist oder nicht.
Nach § 34 Abs. 1 TGO 1966 sind Gemeinderatssitzungen öffentlich. Dies bedeutet, daß grundsätzlich jedermann - nicht nur Gemeindebewohner - das Recht hat, nach Maßgabe räumlicher Möglichkeiten bei den Sitzungen des Gemeinderates als Zuhörer und Zuseher anwesend zu sein (vgl. Widder in Fröhler-Oberndorfer, Das österreichische Gemeinderecht, 2, 3.5.3.4.1). Demgemäß bedeutet der zufolge § 34 Abs. 2 TGO 1966 ausnahmsweise zulässige Beschluß, die Öffentlichkeit auszuschließen, daß dann dieses Recht niemandem mehr zukommt. Bei einem derartigen Beschluß handelt es sich daher um eine Anordnung, die sich an einen unbestimmten Adressatenkreis richtet und solcherart einen generellen Verwaltungsakt darstellt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß im vorliegenden Fall vom erwähnten Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Baumkirchen nur der Beschwerdeführer und eine weitere Person als einzige Zuhörer praktisch betroffen waren. Dieser Bescheid stellt also keinen individuellen Verwaltungsakt dar, weshalb ihm Bescheidcharakter nicht zukommt (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 352 f, angeführte Judikatur).
Es ergibt sich daher zusammenfassend, daß die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, daß der vom Beschwerdeführer mit seiner Vorstellung vom 25. November 1992 bekämpfte Verwaltungsakt keinen Bescheid iS des Art. 119a Abs. 5 bzw. 112 TGO 1966 darstellt, und die belangte Behörde diese daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Das Kostenbegehren war zurückzuweisen, weil einerseits die Erstattung einer Gegenschrift und der Kostenersatz hiefür die - im vorliegenden Verfahren nicht erfolgte - Einleitung des Vorverfahrens über die Beschwerde vorausgesetzt hätte und andererseits eine Aktenvorlage durch die belangte Behörde an den Verwaltungsgerichtshof nicht stattgefunden hat.
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995010108.X00Im RIS seit
11.07.2001