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Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der Steiermärkischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 28. Jänner 2021, LVwG 41.18-490/2020-14, betreffend eine Angelegenheit nach dem Steiermärkischen Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murtal; mitbeteiligte Partei: L GmbH in G), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Schreiben vom 20. November 2019 meldete die mitbeteiligte Partei bei der belangten Behörde einen „Geschicklichkeitsspielapparat“ der Type „PICK A PICTURE - Shuffle“ an einem näheren Standort an. Dieser Meldung waren Befund und Gutachten des Sachverständigen T. beigeschlossen.
2 Über Ersuchen der belangten Behörde erstellte in der Folge unter Berücksichtigung dieses Gutachtens der Sachverständige F. ebenfalls ein Gutachten hinsichtlich dieser „Geschicklichkeitsapparate“, das der Mitbeteiligten zur Stellungnahme übermittelt wurde.
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 2020 wurde der Mitbeteiligten das Aufstellen und der Betrieb des gemeldeten „Spielapparates“ am näher bezeichneten Standort gemäß § 29 Steiermärkisches Glücksspielautomaten- und Spielapparategesetz 2014 (StGSG) untersagt. Die belangte Behörde folgte dabei den Ausführungen des Sachverständigen F. und führte u.a. aus, dass Spiele gegen Einsatzleistung ermöglicht würden, bei denen ein vermögenswerter Gewinn in Aussicht gestellt werde. Diese Spiele seien aus näher angeführten Gründen als Glücksspiele zu qualifizieren. Dagegen erhob die Mitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht).
4 In der Folge holte das Verwaltungsgericht ein weiteres Gutachten des Sachverständigen für Glücksspiel L. ein, welches nach den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis zu denselben Schlussfolgerungen wie das von der Mitbeteiligten vorgelegte Gutachten des Sachverständigen T. kam.
5 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 28. Jänner 2021 wurde der Beschwerde der Mitbeteiligten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge gegeben und der Bescheid behoben. Unter einem erklärte das Verwaltungsgericht die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass es sich bei den „ChangePoints Pick a Picture“-Spielen laut eigener Spielbeschreibung um Spiele handle, deren Resultate nicht zufallsabhängig seien. Auffindbar seien die Spiele u.a. auf einer bestimmten Website. Der Aufruf der Spiele erfolge sowohl bei den Spielterminals als auch auf der Website über Betätigung eines auf einem Startbildschirm befindlichen Symbols mit der Aufschrift „Changepoints Weltneuheit“. Sodann gelange der Spieler auf die Startseite der „PICK A PICTURE - Shuffle“-Spiele, auf der die Schaltflächen „HOME“, „PICK A PICTURE - Shuffle“ und „KASSA“ zu finden seien. Durch Betätigung des „PICK A PICTURE“-Symbols werde eine englischsprachige Informationsseite aufgerufen, die beschreibe, dass die Spiele nicht zufallsabhängig seien und stets eine Vorhersage ermöglichten, wobei bezüglich genauerer Informationen über diese Prognosemöglichkeit auf den Punkt „Info“ im Spiel verwiesen werde. Diese Informationsseite müsse vom Spieler bestätigt werden, bevor er zur Spielauswahlseite weitergeleitet werde. Der Spieler habe die Möglichkeit zwischen insgesamt elf Spielen zu wählen. Neben der Spielauswahl werde auf dieser Seite auch das Spielguthaben des verwendeten Accounts im oberen Bereich des Bildschirms unter „Balance“ ausgewiesen. Der Start des Spiels beginne mit Betätigung des entsprechenden Symbols auf dieser Spielauswahlseite.
Die „ChangePoints Pick a Picture-Shuffle“-Spiele basierten auf einer vordefinierten Reihe von 319.784 bis 500.000 Bildern, wobei jedes Bild eine Kombination aus 15 Symbolen darstelle, die aus insgesamt 10 verschiedenen Symbolen gewählt würden. Das Bild ergebe sich aus der Anordnung der 15 Symbole in einem Raster aus drei Reihen (als „Positionen“ bezeichnet) und fünf Spalten (als „Kolonnen“ bezeichnet). Die Reihenfolge, in der diese 319.784 bis 500.000 Bilder abliefen, sei stets gleich, wobei jedoch der Startpunkt in dieser Reihenfolge vom Spieler beeinflusst werden könne. Jedes Bild werde bei einem kompletten Durchlauf aller 319.784 bis 500.000 Bilder nur einmal angezeigt, sofern der Spieler nicht eingreife. Durch eine Vorschaumöglichkeit solle dem Spieler die Möglichkeit gegeben werden, zu entscheiden, ob er sich ein konkretes (potentiell gewinnbringendes) Bild in dieser Reihe anzeigen lassen möchte. Durch die Auswahl des Spiels werde das erste Spiel kostenlos gestartet.
Ein Gewinn ergebe sich bei diesen Spielen aus der Anordnung der Symbole in dem 5x3 Raster. Hiefür müssten gleiche oder gleichwertige Symbole entlang gewisser Gewinnlinien in dem Raster platziert sein, wobei desto höhere Gewinne erzielt würden, je mehr gleiche oder gleichwertige Symbole sich auf dieser Gewinnlinie befänden. Pro angezeigtem Bild könnten auch mehrere verschiedene Gewinnlinien gleichzeitig gewinnbringend realisiert werden.
Der Einsatz werde dem Spieler von seinem Guthaben abgezogen, sobald er sich ein Bild potentiell gewinnbringend anzeigen lasse, der Einsatz werde jedoch unabhängig davon geleistet, ob das Bild auch tatsächlich gewinnbringend sei. Potentiell gewinnbringend werde ein Bild dann angezeigt, wenn in dem Fall, dass ein gewinnbringendes Bild vorliege, auch tatsächlich ein Gewinn dem Guthaben des Spielers gutgeschrieben werde.
Bei Betätigung der Starttaste werde das nächstkommende Bild nach einer kurzen Verzögerung zur Gänze (d.h. alle 15 Symbole gleichzeitig) angezeigt, ein virtueller Walzenlauf finde nicht statt. Der Spieler werde beim Start des Spieles aufgefordert, seine Startposition und sein Level zu wählen. Hierzu befinde sich im mittleren Bildschirmbereich ein virtuelles Stellrad, das um das Changepoints-Logo angeordnet sei. Durch Bewegen eines Kreises auf diesem Stellrad könne der Spieler seine Startposition in der Bildreihe wählen. Der Level hingegen entspreche dem Einsatz pro Spiel und könne über vier mittig-rechts angeordnete Buttons auf 0.01, 0.02, 0.05 oder 0.1 gesetzt werden; der Mindesteinsatz (Level 0.01) entspreche € 0,10; der maximal mögliche Einsatz (Level 0.1) € 1,--. Durch Betätigung der Fläche „Click to Set“ werde der Hauptspielbildschirm mit dem Startbildschirm angezeigt, welches der gewählten Position am Stellrad entspreche. Der Spieler könne durch Veränderung der Position des virtuellen blauen Stellrades auf ein anderes Bild in der Reihe der hinterlegten Bilder zeigen. Werde „Click to Set“ gedrückt, gelange man wieder zur Spieleseite. Im grünen Bereich des Kreises werde die Nummer des aktuell gewählten Bildes angezeigt. Der Kreis stelle die Reihe der in der Software hinterlegten Bilder dar.
Am unteren Rand dieser Anzeige befänden sich die Schaltflächen, die benötigt würden, um das Spiel zu bedienen, und ein mittig angeordneter Counter, an dem das momentane Guthaben ausgewiesen werde, sowie der zuletzt erhaltene Bonus und der Gesamtgewinn. Ebenso sei in dem Feld dieses Counters eine Vorschaumöglichkeit des nächsten Bildes durch Darstellung einer Reihe an Codes abgebildet.
Bei Betätigung der Start-Taste werde das nächste Bild potentiell gewinnbringend unter Abzug des Einsatzes angezeigt und das neue Guthaben im Counter ausgewiesen. Dieses Bild diene sodann als neuer „Startpunkt“ und der Vorgang könne mittels neuerlicher Betätigung der Start-Taste wiederholt werden. Das Programm verfüge daneben auch über eine Auto-Spielfunktion, die über die Schaltfläche „Auto“ ausgelöst werden könne. In diesem Modus habe man die Wahl, sich die nächsten 6, 12, 24, 48 oder 96 Bilder automatisch anzeigen zu lassen.
In dem Feld „Level Start Position“ werde dem Spieler sein momentaner Level angegeben. Durch Anklicken dieses Feldes erreiche der Spieler wieder jenen Bildschirm, der es ihm ermögliche, die Startposition in der Bildreihe und seinen Einsatz zu ändern. Bei laufendem Spiel bestehe über diese Anzeige ferner die Möglichkeit, durch Aktivierung des Buttons „Position + 1“ das nächstfolgende Bild nicht anzeigen zu lassen, um dieses als Startbild zu wählen.
Über die Info-Taste im Haupt-Spielbildschirm könne ein gesondertes Informationsfenster aufgerufen werden, in dem zunächst der Gewinnplan des Spieles abgebildet werde. Die dazugehörigen Gewinnlinien könnten unter dem Feld „show bonus lines“ eingesehen werden. Per Klick auf die Fläche „show status & next picture“ werde die Vorschaumöglichkeit des Spieles für die in der Bildreihe folgenden sechs Bilder geöffnet. Die abgebildete Vorschau sei hierbei durch Codes verschlüsselt und die Darstellung bestehe aus einer Matrix mit fünf Spalten („Col 1“ bis „Col 5“) und drei Reihen, repräsentativ für die kommenden sechs Bilder. Pro Feld in dieser Matrix befänden sich drei Codes, die, getrennt durch einen Leerraum, nebeneinander stünden. Jeder dieser Codes sei dreistellig und bestehe aus einer Kombination aus Buchstaben und Zahlen. Die einzelnen Codes stünden stellvertretend für ein bestimmtes Symbol, wobei die dazugehörige Legende, die jedem Symbol einen Code zuweise, unterhalb der dargestellten Matrix abgebildet sei. Jedem Symbol sei definitiv nur ein bestimmter Code zugewiesen. Anhand der Positionierung dieser Codes im konkreten Feld könne abgelesen werden, in welcher Reihe („Position“) sich das Symbol im Bild befinde. Über den Button „Next 6“ könne der Spieler die Vorschau-Matrix der darauffolgenden Bilder kostenlos aufrufen. Der Vorgang könne beliebig oft wiederholt werden. Die Vorschau des nächsten Bildes, die bereits im Counter des Haupt-Spielbildschirmes dargestellt sei, sei auf dieselbe Weise kodifiziert wie die Matrix im Info-Fenster.
Nach dem Klick auf „Info“ erscheine „show bonus lines“. Es würden dann die Boni im Fall der richtigen Anordnung der Symbole laut „Bonuslines“ angezeigt werden. Ziel der Spiele sei es, gewinnbringende Bilder in den vordefinierten Reihen von je 319.784 - 500.000 Bildern zu finden und diese anzeigen zu lassen. Ein Zufallsgenerator werde nicht verwendet. Es würden nach der Spielbeschreibung Fähigkeiten auf dem Gebiet der Kombinatorik, Logik und Mathematik verlangt sowie Merkfähigkeit, um gewinnbringend prognostizieren zu können. Die Auswahl des Startpunkts solle dem Spieler erlauben, besonders günstige Sequenzen zu finden, die Gewinnbilder enthielten. Die Anwendung der Vorschaumatrix verlange Fähigkeiten im Decodieren, wozu das erste Zeichen des dreistelligen Codes ausreiche. Die Merkfähigkeitskomponente liege dahingehend, dass der Gewinnplan nicht gleichzeitig angezeigt werde. Es stehe dem Spieler aber auch frei, Hilfsmaterial zu verwenden, wie Papier und Schreibgerät oder ein Tablet. Ergebe sich für den Spieler aus diesem Vorgang, dass das in der Vorschau als nächste beschriebene Bild gewinnbringend sei, so könne er sich dies über Betätigung des „Start“-Buttons anzeigen lassen. Sei die Evaluierung richtig gewesen, werde ihm der Bonus gemäß Gewinnplan ausgewiesen und er könne ihn über Betätigung der dann aufscheinenden „Take“-Taste unter Abzug des Einsatzes seinem Guthaben hinzuschreiben. Ergebe die Voreinschätzung des Spielers, dass das nächste Bild nicht gewinnbringend sei, so könne er über die Funktion „Position +1“ oder durch Wahl eines komplett neuen Startpunktes ein neues Ausgangsbild in der Bildreihe aufrufen.
Mit Geschick könne mit der „Shuffle“-Taste das Ergebnis nochmals verändert werden. Diese Taste ermögliche es dem Spieler, Kolonnen paarweise zu vertauschen, um so Boni zu erlangen. In einem Zeitrahmen könne die Anordnung von fünf Kolonnen geändert werden. Dabei könne ein „Shufflebonus“ erzielt werden. Der Bonus sei von den Gewinnlinien unabhängig und könne 10% bis 100% des Anzeigepreises für ein Bild betragen.
Das Verwaltungsgericht führte beweiswürdigend aus, dass es den nachvollziehbaren und exakten Ausführungen des von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens folge, welches das von der Mitbeteiligten vorgelegte Typengutachten vollinhaltlich bestätige und die Ausführungen des Sachverständigen F., welche für das Gericht auch nicht nachvollziehbar seien, klar widerlege.
In seiner rechtlichen Beurteilung kam das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen Geschicklichkeitsspielapparat handle, da der Spieler auf das Ergebnis jederzeit Einfluss nehmen könne, nämlich einerseits durch die Suche nach Bonusbildern und andererseits durch das „Shuffle“, mit welchem die Kolonnen paarweise ausgetauscht werden könnten.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der Steiermärkischen Landesregierung.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die revisionswerbende Partei erachtet die Revision im Wesentlichen als zulässig, weil die Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Automaten um einen Geschicklichkeitsspielapparat oder um einen Glücksspielautomaten handle, grob fehlerhaft erfolgt sei und das Verwaltungsgericht bei richtiger Würdigung der Beweise zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass die im Erkenntnis dargestellten Geschicklichkeitskomponenten nicht dazu führen würden, dass der gegenständliche Automat als Geschicklichkeitsapparat im Sinn des StGSG zu qualifizieren sei.
11 § 2 Abs. 1 Z 9 lit. b StGSG, LGBl. Nr. 100/2014, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 41/2020, definiert einen Geschicklichkeitsapparat als ein gegen Entgelt betriebenes Gerät mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen zur Durchführung von Spielen, bei dem einer Spielerin/einem Spieler eine vermögenswerte Waren- oder Sachleistung ausgefolgt oder in Aussicht gestellt wird und der Spielerfolg von der Geschicklichkeit der Spielerin/des Spielers, somit nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt.
12 Ein Zufall liegt vor, wenn der Erfolg weder von zielbewusstem Handeln oder der Geschicklichkeit oder allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn auch weitere Bedingungen dazu treten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen (vgl. VwGH 11.7.2018, Ro 2018/17/0001, mwN).
13 Haben sowohl Spielerfähigkeiten als auch Zufall auf den Spielausgang Einfluss, ist entscheidend, ob die abstrakte Steuerbarkeit kausaler Gegebenheiten rationale Gewinnerwartungen begründen kann. Demnach liegt kein Glücksspiel vor, wenn es der Spieler „in der Hand“ hat, ob der Zufall oder seine Geschicklichkeit entscheidet, sich also kausale Umstände soweit zunutze machen könnte, dass er den Spielverlauf mit einer für den Spielerfolg geeigneten Wahrscheinlichkeit steuern oder prognostizieren kann. Alleine aus der Tatsache, dass der Spieler die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Spielergebnis ungenutzt lässt und somit ein zufallsabhängiges Spielergebnis realisiert wird, kann daher nicht abgeleitet werden, dass ein Glücksspielgerät vorliegt (vgl. VwGH 27.6.2018, Ra 2018/09/0041, mwN).
14 Die Frage, ob bei Spielen das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall oder der Geschicklichkeit abhängt, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall; diese ist als solche grundsätzlich nicht revisibel (vgl. VwGH 27.9.2019, Ra 2019/02/0079, mwN).
15 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. VwGH 14.1.2021, Ra 2020/02/0289, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 9.6.2022, Ra 2022/02/0101, mwN).
16 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht - neben dem von der Mitbeteiligten vorgelegten Privatgutachten und dem diesem widersprechenden Gutachten des Sachverständigen F. der belangten Behörde - ein weiteres Gutachten eines nichtamtlichen Sachverständigen für Glücksspiel eingeholt, welches im Wesentlichen zu demselben Ergebnis kam wie das von der Mitbeteiligten vorgelegte Sachverständigengutachten. Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit den Gutachten nachvollziehbar auseinandergesetzt und auf Basis dessen seine Feststellungen getroffen. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht eine unvertretbare, die Rechtssicherheit beeinträchtigende Beweiswürdigung vorgenommen hätte.
17 Nach den - den Ausführungen des vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachtens folgenden - Feststellungen kann durch Analyse der in den Bildern angezeigten Vorschaumatrix und der darauffolgenden Entscheidung, ob sich der Spieler das nächste Bild gegen Leistung eines Einsatzes potentiell gewinnbringend anzeigen lassen will oder nicht, Einfluss auf den Spielerfolg genommen werden. Ob auch durch die Wahl eines günstigen Startpunkts oder die Möglichkeit der Nutzung der Shuffle-Funktion Einfluss auf das Spielergebnis genommen werden kann, kann insofern dahingestellt bleiben, weil es in jedem Fall möglich ist, die angezeigten Codes durch Geschicklichkeit gewinnbringend zu entschlüsseln.
18 Auch die Varianten ohne Analyse der Vorschaumatrix oder im „Auto-Modus“ zu spielen, also die Option der Einflussnahme auf das Spiel ungenutzt zu lassen, führt nach der zitierten Rechtsprechung nicht dazu, dass ein Glücksspielgerät vorliegt.
19 Die Beurteilung des Gerätes als Geschicklichkeitsapparat durch das Verwaltungsgericht erweist sich auf Grundlage der getroffenen Feststellungen daher als vertretbar.
20 Soweit die revisionswerbende Partei einwendet, das Verwaltungsgericht habe die dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten zugrundeliegenden Erklär-Videos sowie die von zwei anderen belangten Behörden in zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Rechtssachen vorgelegte weitere gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen F. vom 19. Oktober 2020 der belangten Behörde nicht im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt, ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht die gutachterliche Stellungnahme im Verfahrensgang wiedergegeben und in der mündlichen Verhandlung, an der die belangte Behörde jedoch nicht teilgenommen hat, zugrunde gelegt hat. Bei den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erklär-Videos der Mitbeteiligten handelt es sich um jedem zugängliche Youtube-Videos, auf die im Gutachten des vom Verwaltungsgericht beigezogenen Sachverständigen L. samt den näher bezeichneten Internetadressen verwiesen wird. Das Gutachten wurde der Ladung der belangten Behörde zur mündlichen Verhandlung auch angeschlossen.
21 Bei behaupteten Verfahrensmängeln wie der Verletzung des Parteiengehörs muss in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden (vgl. VwGH 1.6.2022, Ra 2022/02/0079, mwN). Die revisionswerbende Partei unterlässt es jedoch, darzustellen, welches konkrete Vorbringen bei Einräumung von Parteiengehör erstattet worden wäre, sodass die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan wird.
22 Dasselbe gilt für das Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe zwar die belangte Behörde, nicht jedoch den Sachverständigen F. zur mündlichen Verhandlung geladen. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 12.4.2021, Ra 2020/02/0246, mwN). Dass dies vorliegend der Fall wäre, zeigt die Revision nicht auf und lässt diesbezüglich auch jegliche Relevanzdarstellung vermissen.
23 Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob es sich bei der in Aussicht gestellten Vermögensleistung um Geldgewinne handle, entfernt sich die Revision vom - wenngleich disloziert - festgestellten Sachverhalt, wonach die erreichten Punkte nicht in Geldgewinne konvertiert würden, sodass schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. VwGH 8.8.2022, Ra 2022/02/0134, mwN). Zudem wurde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht behauptet, dass Geldgewinne ausgefolgt würden und es sich daher um einen verbotenen Spielapparat gemäß § 26 StGSG handle, weshalb diesem Vorbringen überdies das aus § 41 VwGG abzuleitende Neuerungsverbot entgegensteht.
24 Die Ausführungen der revisionswerbenden Partei, es handle sich um illegales Glücksspiel nach dem GSpG bzw. § 20 StGSG gehen schon deshalb ins Leere, weil es sich nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht um einen Glücksspielautomaten handelt.
25 Soweit die revisionswerbende Partei schließlich den Beschluss VwGH 27.9.2019, Ra 2019/02/0079, ins Treffen führt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Entscheidung die Feststellung zu Grunde lag, es handle sich um ein virtuelles Walzenspiel. Im vorliegenden Fall wurde basierend auf dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten jedoch festgestellt, dass gerade kein virtuelles Walzenspiel vorliege, weshalb das Verwaltungsgericht mit seiner einzelfallbezogenen Beurteilung auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abgewichen ist.
26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 18. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021020095.L00Im RIS seit
11.11.2022Zuletzt aktualisiert am
11.11.2022