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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. Dezember 1994, Zl. 2-006/93/E2, betreffend die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Festnahme und Anhaltung durch Gendarmerieorgane am 3. und 4. April 1993 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit der beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg erhobenen Beschwerde begehrte der Beschwerdeführer, das der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch zuzurechnende Vorgehen von Gendarmerieorganen am 3. und 4. April 1993, durch welches der Beschwerdeführer seiner Ansicht nach ungerechtfertigt gezwungen worden sei, am Bahnhof R aus einem Zug auszusteigen, wobei er in der Folge festgenommen, gefesselt und im Gendarmerieposten R angehalten worden sei, als gegen das Recht auf persönliche Freiheit und gegen das Recht auf Achtung der Menschenwürde sowie auf möglichste Schonung der Person bzw. das Recht, nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen zu werden, verstoßend und daher als rechtswidrig zu erklären (Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, Art. 3 und 5 MRK).
Mit Bescheid vom 20. Dezember 1994 wies die belangte Behörde die Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab. Gleichzeitig wurde das Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers gemäß § 79 a AVG abgewiesen und er verpflichtet, der vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat belangten Behörde (dem Bund) Kosten in der Höhe von S 3.255,-- zu ersetzen. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die einschreitenden Gendarmerieorgane hätten mit Recht davon ausgehen können, daß der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung begangen habe, wobei auch die Anhaltung des Beschwerdeführers mangels Bekanntheit seiner Identität zu Recht erfolgt sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1996, B 562/95, nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 27. November 1995, gleicher Zahl, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde.
Die Beschwerde ist unzulässig.
Gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Ausgehend von dem im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 7. Dezember 1988, Slg. Nr. 12.821/A, ausgeführten Grundsatz, der Verwaltungsgerichtshof sei unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einfachgesetzlich eingeräumter Rechte zur Entscheidung über Beschwerden zuständig, in denen eine gesetzwidrige Festnahme behauptet wird, erachtet sich der Verwaltungsgerichtshof auch für Beschwerden gegen Bescheide der Unabhängigen Verwaltungssenate, in denen gemäß § 67c AVG über die Rechtmäßigkeit der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt abgesprochen wird, für zuständig, soferne in der Beschwerde die Verletzung einer einfachgesetzlichen Norm behauptet wird.
Im Beschwerdefall käme somit die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zum Tragen, wenn der angefochtene Bescheid (nicht nur verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte - deren Wahrnehmung dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten ist -, sondern auch) auf einfachgesetzlicher Ebene eingeräumte Rechte verletzt haben könnte. Dies ist jedoch im Hinblick auf den (durch den Antrag der Beschwerdeführers bestimmten) Rahmen des Abspruches des angefochtenen Bescheides nicht der Fall, weil mit diesem in der Hauptsache nur über die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte eine Entscheidung getroffen wurde. Damit ist auch der Prozeßgegenstand des Beschwerdeverfahrens dahin bestimmt, daß er ausschließlich verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte umfaßt. Deren Verletzung hat allerdings - unter Ausschluß der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes - der Verfassungsgerichtshof wahrzunehmen, sodaß dem Verwaltungsgerichtshof zur Überprüfung dieses Bescheidspruches auf seine Rechtmäßigkeit keine Zuständigkeit zukommt (vgl. die hg. Beschlüsse vom 23. März 1994, Zl. 93/01/0003, und vom 8. November 1995, Zl. 95/01/0025).
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nur in (den ausschließlich geltend gemachten) verfassungsgesetzlich gewährleisteten, nicht aber in vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbaren Rechten verletzt werden konnte, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter RechteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996010081.X00Im RIS seit
20.11.2000