TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/28 95/01/0489

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Veröffentlicht am 28.02.1996
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des U in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Mai 1995, Zl. 4.344.818/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Mai 1995 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21. Juli 1994 der am 7. Juli 1994 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 6. Juli 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach sich die belangte Behörde "den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebt", ist ersichtlich, daß sie aus dem im erstinstanzlichen Bescheid genannten Gründen dem Beschwerdeführer die Gewährung von Asyl gemäß § 3 AsylG 1991 sowohl mangels Vorliegens seiner Flüchtlingseigenschaft als auch aufgrund der Annahme, es sei bei ihm der Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben, versagt hat.

Die belangte Behörde hat ausgeführt, daß gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 der Bundesminister für Inneres über eine zulässige Berufung in jedem Fall in der Sache selbst zu entscheiden und seiner Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen habe. Eine Ergänzung bzw. Wiederholung des Ermittlungsverfahrens sei gemäß § 20 Abs. 2 leg. cit. anzuordnen, wenn dieses mangelhaft gewesen sei oder wenn der Asylwerber Bescheinungsmittel vorgelegt habe, die ihm im Verfahren vor den Asylbehörden erster Instanz nicht zugänglich gewesen seien, oder wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung erster Instanz zugrundegelegt worden sei, in der Zwischenzeit geändert habe.

Die belangte Behörde hat also nicht die Meinung vertreten, daß gemäß § 20 Abs. 2 AsylG 1991 eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens (u.a.) bei OFFENKUNDIGER Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens notwendig sei. Sie hat somit entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht diese Bestimmung nicht in der Fassung vor Aufhebung des Wortes "offenkundig" durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94-10, kundgemacht am 5. August 1994 in BGBl. Nr. 610/1994, angewendet.

Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall keine der Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 für eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens gegeben sind, zumal der Beschwerdeführer weder in der Berufung noch in der Beschwerde eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens geltend gemacht hat und eine solche auch der Aktenlage nach nicht vorliegt.

Der Beschwerdeführer hat bei seiner Vernehmung hinsichtlich seiner Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, er sei moslemischen Glaubens und gehöre der albanischen Volksgruppe im Kosovo an. Er sei Leiter des "Jugendforums" der LKD (Demokratische Liga Kosovo) gewesen und habe als solcher organisatorische Aufgaben zu erledigen gehabt. Am 1. Juni 1994 seien drei Polizisten in seiner Wohnung erschienen und hätten seinen Bruder über seinen Aufenthalt befragt. Die Polizisten hätten seinem Bruder mitgeteilt, daß sich der Beschwerdeführer binnen drei Tagen bei einer bestimmten Polizeistation melden solle, weil er über seine politische Tätigkeit befragt werden solle. Überdies schiene der Name des Beschwerdeführers auf einer Liste auf, der zufolge er sich zur Ableistung des Militärdienstes melden müsse. Diese beiden Gründe seien für ihn ausschlaggebend gewesen, seine Heimat zu verlassen. Er befürchte bei einer Rückkehr in den Kosovo, festgenommen und über seine politische Tätigkeit, insbesondere auch über Parteigeheimnisse, befragt zu werden und seinen Militärdienst ableisten zu müssen. Den Militärdienst wolle er nicht leisten, weil er nicht in einem "schmutzigen" Krieg eingesetzt werden wolle. Es sei ihm erzählt worden, daß Kosovoalbaner bei schweren Gefechten an der vordersten Front eingesetzt würden.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht. Allerdings kann eine darauf zurückzuführende Furcht vor Verfolgung dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung bzw. unterschiedliche Behandlung während des Militärdienstes aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen schärfere Sanktionen drohen (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377). Der Beschwerdeführer hat nach dem oben wiedergegebenen Inhalt seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren einen Zusammenhang zwischen seiner Einberufung und derartigen Gründen nicht hergestellt. Auch das Vorbringen, Albaner würden an vorderster Front eingesetzt werden, stellt einen derartigen Zusammenhang nicht her, weil daraus nicht hervorgeht, daß Angehörige der albanischen Volksgruppe in größerem Ausmaß zu derartigen Einsätzen herangezogen werden als Angehörige anderer Volksgruppen.

Hinsichtlich der Befürchtung des Beschwerdeführers, im Falle seiner Rückkehr festgenommen und über seine politische Tätigkeit befragt zu werden, hat die Erstbehörde (und damit die belangte Behörde) zu Recht ausgeführt, eine derartige Verfolgungshandlung erreiche die für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 erforderliche Intensität nicht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0096).

Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Meinung vertrat, der Beschwerdeführer sei nicht als Flüchtling gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 anzusehen.

Da sich somit die Beschwerde schon aus diesem Grund als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, weshalb eine Auseinandersetzung damit, ob die belangte Behörde überdies zu Recht vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 Gebrauch gemacht hat, entbehrlich war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995010489.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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