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L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art144 / AnlassfallLeitsatz
Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses im AnlassfallSpruch
I. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Am 17. Februar 2020 beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft beim Bürgermeister der Stadtgemeinde Oberndorf die Erteilung einer Baubewilligung für den Umbau des bestehenden Objektes auf dem bebauten Grundstück Nr 812/6, KG Oberndorf, samt Widmungsänderung von Gastronomie auf elf Wohnungen.
Am 17. März 2020 erfolgte die Kundmachung der Auflage eines Entwurfes eines für dieses Grundstück gültigen Bebauungsplanes ("Salzburger Straße – Bahnhofstraße") vom 17. März 2020 bis 14. Mai 2020 an der Amtstafel der Gemeinde.
Am 28. Mai 2020 wurde dieser Bebauungsplan von der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde Oberndorf beschlossen und von 29. Mai 2020 bis 18. Juni 2020 an der Amtstafel kundgemacht.
2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Oberndorf vom 18. Juni 2020 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft abgewiesen. Begründet wurde dies mit einem Widerspruch zum Bebauungsplan, der einen Mindestanteil an gastronomischer Nutzung von 70% der Geschoßfläche vorsehe, den das geplante Gebäude nicht erfülle.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 28. September 2020 als unbegründet abgewiesen. Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Salzburg unter anderem aus:
Aus dem Räumlichen Entwicklungskonzept 1998 (REK 1998) der Stadtgemeinde Oberndorf gehe hervor, dass der Bereich Gastronomie und Beherbergung belebt werden solle. Für das Ortszentrum sollten Bebauungspläne mit geschoßweisen Nutzungsfestlegungen erstellt werden, wodurch verhindert werden solle, dass im Zentrum die betriebliche Nutzung durch Wohnnutzung verdrängt werde. Gegen die Zuordnung des in Rede stehenden Grundstückes zum Ortszentrum bestünden keine Bedenken. Das Bauvorhaben widerspreche dem Bebauungsplan, der nicht willkürlich nur zum Zwecke der Verhinderung des Bauvorhabens erlassen worden sei.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des Bebauungsplanes "Salzburger Straße – Bahnhofstraße" der Stadtgemeinde Oberndorf, behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
5. Aus Anlass der Beschwerde der beschwerdeführenden Gesellschaft leitete der Verfassungsgerichtshof am 13. Juni 2022 gemäß Art139 Abs1 Z2 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Punkt 1.3.5. des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Oberndorf "Salzburger Straße – Bahnhofstraße", beschlossen vom Gemeinderat am 28. Mai 2020, kundgemacht an der Amtstafel vom 29. Mai 2020 bis 18. Juni 2020, soweit sich diese Bestimmung auf das Grundstück Nr 812/6, KG Oberndorf, bezieht, ein.
6. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, V188/2022, hob der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig auf.
7. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde sohin durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben.
8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
Schlagworte
VfGH / Anlassfall, RaumordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E3909.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2022