Entscheidungsdatum
18.03.2022Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §43 Abs2a Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch den Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde der Frau Univ. Prof. Dr. A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 1.2.2022, Zl. ..., mit welchem der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den ... Wiener Gemeindebezirk abgewiesen wurde, zu Recht:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird antragsgemäß die beantragte Ausnahmebewilligung für die Dauer von zwölf Monaten, beginnend mit dem der Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses folgenden Monat erteilt.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Spruch und die Begründung des gegenständlich angefochtenen Bescheids lauten wie folgt:
„Der schriftliche Antrag vom 17.01.2022 der Frau A. B., geboren am ..., wohnhaft in Wien, C.-straße, auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für den ... Wiener Gemeindebezirk, bezüglich des Kraftwagens mit dem Kennzeichen: ... (D) wird gemäß § 45 Abs.4 und § 43 Abs.2a Z.1 Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit den Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, in der derzeit geltenden Fassung, abgewiesen.
B E G R Ü N D U N G
Gemäß § 45 Abs. 4 Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit den Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, in der derzeit geltenden Fassung, kann eine Bewilligung für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs. 2a Z. 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und 1. Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftwagens ist, oder 2. nachweist, dass ihm ein arbeitgebereigener Kraftwagen auch zur Privatnutzung überlassen wird.
Gemäß § 43 Abs. 2a Z. 1 leg. cit. kann die Behörde, um Erschwernisse für die Wohnbevölkerung auszugleichen, die durch Verkehrsbeschränkungen hervorgerufen werden, durch Verordnung Gebiete bestimmen, deren Bewohner die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein zeitlich uneingeschränktes Parken in - in der Verordnung zu bezeichnenden - nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftwagen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg gemäß § 45 Abs. 4 beantragen
können.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs.4 StVO vorliegen oder nicht, ist grundsätzlich ein sehr strenger Maßstab anzuwenden. Es wird sowohl das Vorliegen eines Hauptwohnsitzes, als auch ein Mittelpunkt der Lebensinteressen sowie ein persönliches Interesse, das Kraftfahrzeug in der unmittelbaren Nähe des Wohnsitzes abzustellen, vorausgesetzt. Es ist auch darauf Bedacht zu nehmen, ob es sich beim Antragsteller/bei der Antragstellerin um den Zulassungsbesitzer bzw. Leasingnehmer/die Zulassungsbesitzerin bzw. Leasingnehmerin handelt oder er/sie im Besitz eines arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges ist.
Das gegenständliche Fahrzeug mit dem deutschen Kennzeichen ... ist auf Frau A. B, in D., E.-straße zugelassen.
Auf Grund der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister wurde festgestellt, dass sich der Hauptwohnsitz von Frau A. B. seit 05.02.2018 in C.-straße, Wien befindet.
Die antragstellende Person gibt an, einen Hauptwohnsitz in Deutschland sowie in Österreich zu haben. Der Arbeitsort der Antragstellerin befindet sich aber nach ihren eigenen Angaben in Deutschland, womit für die erkennende Behörde feststeht, dass die Antragstellerin nicht im Sinne des § 45 Abs.4 StVO „den Mittelpunkt“ ihrer Lebensinteressen im parkraumbewirtschafteten Gebiet hat. Eine maßgebliche gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung der Bewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO liegt somit nicht vor.
Es steht aber noch ein weiterer Grund einer Genehmigung entgegen. § 82 Abs. 8 Kraftfahrgesetz (KFG) lautet wie folgt:
Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, sind bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Eine vorübergehende Verbringung aus dem Bundesgebiet unterbricht diese Frist nicht. Nach Ablauf eines Monats ab der erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Fahrzeug einen weiteren Monat verwendet werden. Danach sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.
Aus dem Vorbringen im Antrag bzw. den beigelegten Unterlagen ist zu folgern, dass das antragsgegenständliche Fahrzeug schon zum Zeitpunkt der Antragstellung (17.01.2022) mehr als einen Monat ins Bundesgebiet eingebracht i.S.d. § 82 Abs.8 KFG gewesen war und das Fahrzeug schon über die Dauer von mehr als einem Monat von der Antragstellerin im Inland verwendet worden ist, zumal diese seit 05.02.2018 einen Wohnsitz im Inland hat und das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum (seit 19.09.2019) auf die Antragstellerin zugelassen ist. Somit ist gemäß § 82 Abs.8 KFG die Verwendung des nach wie vor in Deutschland zugelassenen Fahrzeuges in Österreich unzulässig.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat jemand, der ein Kraftfahrzeug in Österreich nicht verwenden darf, keinen Anspruch auf eine Bewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO (vgl. VwGH 17.2.2002, 2001/02/0243). Begründet wird diese Überlegung u.a. mit dem Argument, dass es nicht Sinn des § 45 Abs. 4 StVO sein kann, „eine Bewilligung für etwas Unerlaubtes zu erteilen“.
Somit liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde führte die beschwerdeführende Partei aus wie folgt:
„a) Sachverhaltsdarstellung
Ich bin deutsche Staatsangehörige und seit dem 5.2.2018 in der C.-straße in Wien mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Zugleich habe ich einen Hauptwohnsitz in Deutschland unter der Anschrift E.-straße in D..
Diese Situation ist der fehlenden Harmonisierung des Melderechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geschuldet. Es ist nämlich nicht möglich, in Österreich den Hauptwohnsitz und in Deutschland den Nebenwohnsitz zu haben und vice versa. Ein Nebenwohnsitz kann melderechtlich immer nur in dem Staat begründet werden, in welchem auch der Hauptwohnsitz liegt. Dies hatten mir auch die Behördenmitarbeiterinnen bei der Meldung in Wien so bestätigt.
Entsprechend hatten beispielsweise auch sämtliche meiner österreichischen Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen am F. seinerzeit sowohl einen Hauptwohnsitz in Osterreich als auch in Deutschland.
Andererseits besteht eine Meldeverpflichtung gemäß dem jeweiligen Meldegesetz in beiden Staaten bei längerem Aufenthalt. Ich kann dieser Meldeverpflichtung somit nur nachkommen, indem ich zwei Hauptwohnsitze begründe.
Ich nehme die unionsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit wahr, indem ich sowohl in Deutschland als auch in Österreich arbeite; ich pendele zu etwa gleichen Teilen in beiden Ländern. Dies hatte ich bereits bei der Beantragung der Aufenthaltsbefugnis so angegeben. Als … nehme ich durchaus relevante Aufgaben in Präsenz in Österreich wahr.
Ich bin Halterin des Fahrzeugs mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen .... Das Fahrzeug Wird in Osterreich und in Deutschland gefahren. Es ist ordnungsgemäß versichert und wird regelmäßig dem TÜV in Deutschland vorgeführt, zuletzt im November 2021.
Aufgrund der angekündigten ?ächendeckenden Einführung des Parkpickerls in Wien hatte ich zunächst unter Schilderung des Sachverhalts ein Email an die Abteilung für Parkraumbewirtschaftung des Magistratischen Bezirksamts geschrieben, um mich nach der Möglichkeit eines Parkpickerls für mein Auto zu erkundigen. Die Abteilung antwortete mir mit Email vom 22.12.2021 wie folgt:
„Sehr geehrte Frau Univ. Prof. Dr. B., LL.M.!
Um ein Parkpickerl für Bewohner zu erhalten, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
— Hauptwohnsitz im jeweiligen Bezirk
— Privatfahrzeug muss auf den Hauptwohnsitz zugelassen sein httgs://WWW.oesterreich.gv.at/thernenlfreizeit und strassenverkehr/kfz/10/ Seite.063160.html
— gültige Lenkerberechtigung
Die EU—Freizügigkeit Wird durch den Umstand nicht berührt, ob (und unter welchen Voraussetzungen) man ein Fahrzeug im Stadtgebiet parken darf. Sie können selbstverständlich jederzeit einen entsprechenden Antrag stellen, den Wir nach Maßgabe der oben dargestellten Voraussetzungen prüfen und bei Nichterfüllung abweisen werden. Bitte beachten Sie aber, dass ein solcher Antrag kostenpflichtig ist.“
Daraufhin habe ich am 17.1.2022 einen formalen Antrag auf Erteilung eines Parkpickerl gestellt, um bei dieser sehr schönen unionsrechtlichen Streitigkeit ggf. auch den Rechtsweg vor den EuGH beschreiten zu können. Mein Antrag wurde durch den angefochtenen Bescheid vom 1.2.2022 abgelehnt.
b) Zulässigkeit der Beschwerde
Der Bescheid des Magistratischen Bezirksamts der Stadt Wien für den ... Bezirk vom 1.2.2022 verletzt mich in subjektiven Rechten. Ich habe einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Parkpickerls.
Das Verwaltungsgericht Wien ist ausweislich der in dem angefochtenen Bescheid angefügten Rechtsmittelbelehrung das zuständige Gericht.
Die vierwöchige Beschwerdefrist ist noch nicht abgelaufen. Die Behörde hat mir zwar unerklärlicherweise den Bescheid zweimal formal zugestellt, und zwar am 8.2.2022 und erneut am 1.3.2022, so dass sich die Frage Stellt, welche Frist gilt. Die Beschwerde Wird jedoch so rechtzeitig eingereicht, dass auch die erste Frist eingehalten wird. Die zweimalige Zustellung ist allerdings schon ein erstes Indiz für die mangelnde Professionalität, die sich auch bei der inhaltlichen Entscheidung zeigt.
c) Beschwerdegründe
Der angefochtene Bescheid vom 1.2.2022 verkennt grundlegend die unionsrechtliche Determinierung des vorliegenden Sachverhalts und verstößt infolgedessen gegen das Verbot der Diskriminierung ausländischer Unionsbürger.
Die Behörde geht davon aus, dass Personen mit einem Hauptwohnsitz in Wien, aber einem im Ausland gemeldeten Fahrzeug grundsätzlich kein Parkpickerl erhalten können. Diese Benachteiligung knüpft mittelbar an die Staatsangehörigkeit an.
Österreichische Staatsbürger haben typischerweise einen Hauptwohnsitz in Österreich und ihr Fahrzeug auch dort gemeldet, weil es weder versicherungs- noch steuer- noch melderechtlich einen Vor- oder Nachteil bringt, wo sie ihr Fahrzeug in Österreich anmelden. Sie können bei Vorhandensein eines Nebenwohnsitzes im Inland im Wesentlichen frei festlegen, in welcher Stadt das Fahrzeug überwiegend geführt und damit auch angemeldet werden soll.
Ausländische Staatsbürger, welche mit regelmäßigen Grenzübertritten von ihrer Freizügigkeit als Unionsbürger Gebrauch machen, haben diese Möglichkeit jedoch so nicht. Hinzu kommt, dass sie dem Versicherungs-, Steuer— und Melderecht mehrerer Staaten Rechnung tragen müssen. Dazu müssen sie eine Lösung finden, bei welcher sie nicht gegen das geltende Recht verstoßen.
Der angefochtene Bescheid Würde, wenn er ernst zu nehmen Wäre, für mich bedeuten, dass mein Fahrzeug sowohl ein österreichisches, und zwar Wienerisches, als auch ein deutsches Kennzeichen bräuchte, welches ich bei jedem Grenzübertritt wechseln müsste. Das ist weder lebensnah noch überhaupt rechtlich zulässig.
Zur Freizügigkeit gehört übrigens, anders als dies die Abteilung für Parkraumbewirtschaftung meint, nicht nur die Bewegung eines ausländischen Fahrzeuges auf österreichischen Straßen, sondern selbstverständlich auch die Möglichkeit, ein Fahrzeug nach einer Fahrt im öffentlichen Verkehrsraum zu parken.
Insgesamt offenbart der angefochtene Bescheid eine problematische Unkenntnis des gelten den Unionsrechts. Ich mache schon jetzt darauf aufmerksam, dass ich die Stadt Wien für die mittlerweile anfallenden Mietkosten für einen Tiefgaragenplatz staatshaftungsrechtlich in Anspruch nehmen werde.“
Aus dem der Beschwerde beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich:
Am 24.1.2022 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung Ausnahmegenehmigung für den ... Wiener Gemeindebezirk gemäß § 45 Abs. 4 StVO bezüglich des gegenständlichen Kraftwagens mit dem deutschen Kennzeichen „...“ ein.
Als ihren Hauptwohnsitz gab die Beschwerdeführerin die Adresse Wien, C.-str., an. Weiters wurde die Beschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin des Fahrzeugs angeführt.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
§ 45 Abs. 2a StVO lautet wie folgt:
„(1) Um Erschwernisse für die Wohnbevölkerung auszugleichen, die durch Verkehrsbeschränkungen hervorgerufen werden, kann die Behörde durch Verordnung Gebiete bestimmen, deren Bewohner die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein zeitlich uneingeschränktes Parken in - in der Verordnung zu bezeichnenden - nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg gemäß § 45 Abs. 4 beantragen können.
(2) Wenn es in den nach Z 1 bestimmten Gebieten auf Grund der örtlichen Gegebenheiten möglich ist und eine Notwendigkeit dafür besteht, hat die Behörde durch Verordnung zu bestimmen, daß auch Angehörige bestimmter Personenkreise, die in diesen Gebieten ständig tätig sind, die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für ein auf das notwendige zeitliche Ausmaß eingeschränktes Parken in den in der Verordnung nach Z 1 bezeichneten nahegelegenen Kurzparkzonen mit Kraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg gemäß § 45 Abs. 4a beantragen können.“
§ 45 StVO lautet wie folgt:
„(1) Die Behörde kann auf Antrag durch Bescheid die Benützung von Straßen mit einem Fahrzeug oder einer Ladung mit größeren als den zulässigen Maßen und Gewichten bewilligen, wenn das Vorhaben im besonderen Interesse der österreichischen Volkswirtschaft liegt, sich anders nicht durchführen läßt und keine erheblichen Erschwerungen des Verkehrs und keine wesentlichen Überlastungen der Straße verursacht. Antragsberechtigt sind der Fahrzeugbesitzer oder die Person, für welche die Beförderung durchgeführt werden soll. Liegt bereits eine entsprechende kraftfahrrechtliche Bewilligung vor, so ist eine Bewilligung nach diesem Absatz nicht erforderlich.
(2) In anderen als in Abs. 1 bezeichneten Fällen kann die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straßen gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie zB auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert, oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und weder eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, noch wesentliche schädliche Einwirkungen auf die Bevölkerung oder die Umwelt durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe zu erwarten sind.
(2a) Die Behörde hat Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverboten (§ 42 Abs. 6 und § 43 Abs. 2 lit. a) nur für Fahrten zu bewilligen, die ausschließlich der Beförderung von Milch, Schlacht- und Stechvieh, leicht verderblichen Lebensmitteln im Sinne des § 42 Abs. 3a, von periodischen Druckwerken, unaufschiebbaren Reparaturen an Kühlanlagen oder dem Einsatz von Fahrzeugen des Straßenerhalters zur Aufrechterhaltung des Straßenverkehrs dienen. In allen anderen Fällen ist eine Ausnahmebewilligung nur zu erteilen, wenn daran ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Der Antragsteller hat in beiden Fällen glaubhaft zu machen, daß die Fahrt weder durch organisatorische Maßnahmen noch durch die Wahl eines anderen Verkehrsmittels vermieden werden kann.
(2b) Eine Bewilligung nach Abs. 2 kann auch für alle Straßenbenützungen des Antragstellers von der annähernd gleichen Art für die Dauer von höchstens zwei Jahren, nach Abs. 2a für die Dauer von höchstens sechs Monaten, erteilt werden, wenn für die Dauer dieser Befristung eine erhebliche Änderung der Verkehrsverhältnisse nicht zu erwarten ist.
(2c) Soll sich die Bewilligung einer Ausnahme gemäß Abs. 1 bis 2a auf Antrag auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, ist zur Erteilung der Bewilligung jene Landesregierung zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich die Fahrt beginnt, bei Fahrten aus dem Ausland kommend jene Landesregierung, deren örtlicher Wirkungsbereich zuerst befahren wird; das Einvernehmen mit den übrigen in Betracht kommenden Landesregierungen ist herzustellen.
(3) Eine Bewilligung (Abs. 1, 2, 2a oder 4) ist, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs oder der Schutz der Bevölkerung und der Umwelt erfordert, bedingt, befristet, mit Auflagen oder unter Vorschreibung der Benützung eines bestimmten Straßenzuges zu erteilen. Die Behörde hat im Falle einer Bewilligung nach Abs. 1 den Ersatz der dem Straßenerhalter aus Anlaß der ausnahmsweisen Straßenbenützung erwachsenden Kosten (z. B. für die Stützung von Brücken, für die spätere Beseitigung solcher Vorkehrungen und für die Wiederinstandsetzung) und, wenn nötig, eine vor der ersten ausnahmsweisen Straßenbenützung zu erlegende angemessene Sicherheitsleistung vorzuschreiben.
(4) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs. 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem gemäß dieser Verordnung umschriebenen Gebiet wohnt und dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hat und ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken und
1.
Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder
2.
nachweist, dass ihm ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen wird.
(4a) Eine Bewilligung kann für die in der Verordnung gemäß § 43 Abs. 2a Z 1 angegebenen Kurzparkzonen auf die Dauer von höchstens zwei Jahren im notwendigen zeitlichen Ausmaß erteilt werden, wenn der Antragsteller zu dem in der Verordnung gemäß § 43 Abs. 2a Z 2 umschriebenen Personenkreis gehört und
1.
Zulassungsbesitzer oder Leasingnehmer eines Kraftfahrzeugs ist, oder nachweislich ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug beruflich benützt, und
2.
entweder die Tätigkeit des Antragstellers ohne Bewilligung erheblich erschwert oder unmöglich wäre, oder die Erteilung der Bewilligung im Interesse der Nahversorgung liegt.
(5) Behördliche Erledigungen gemäß den vorstehenden Absätzen können im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung ohne Unterschrift hergestellt und ausgefertigt werden.“
Aus den eigenen von ihr insbesondere durch Vorlage der Zulassungsbescheinigung für das gegenständliche Fahrzeug belegten Angaben der Beschwerdeführerin geht bereits hervor, dass das gegenständliche Fahrzeug auf sie als Halterin auf eine Adresse in D. (Deutschland) zugelassen ist.
Weiters besteht kein Anlass, ihrer Angabe, etwa zu gleichen Teilen an ihrem Wiener und deutschen Wohnort aufhältig zu sein, und vom jeweiligen Ort ihrer jeweiligen Erwerbstätigkeit nachzugehen, nicht zu folgen.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich an der gegenständlichen Adresse im ... Bezirk wohnt. In diesem Sinne ist diese auch zutreffend in Österreich hauptwohnsitzgemeldet.
Da die Beschwerdeführerin zudem gleichermaßen an ihrem deutschen und Wiener Wohnort wohnt und aufhältig ist, ist zudem zu folgern, dass diese ihr Fahrzeug nicht im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG in das Bundesgebiet eingebracht hat, sodass dieses ohne Zulassung im Inland gemäß § 37 KFG nur während der Dauer eines Monats nach erstmaligen Einbringung nach Österreich zulässig ist. Zu diesem Ergebnis hat man deshalb zu gelangen, da die Bestimmung sichtlich nur den Fall einer dauerhaften ausschließlichen bzw. deutlich überwiegenden Wohnsitznahme im Inland regelt, und daher die gegenständliche Konstellation vom Regelungsgehalt dieser Bestimmung nicht erfasst ist. Diese Bestimmung ist daher in diesem Umfang entsprechend teleologisch ruduzierend auszulegen.
Somit liegen aber alle Voraussetzungen für die Erteilung der gegenständlich beantragten Ausnahmebewilligung vor, dass der gegenständliche Antrag zu bewilligen war.
Die Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fahrzeug; Ausnahmegenehmigung; Hauptwohnsitz; Mittelpunkt der Lebensinteressen; deutsches Kennzeichen; KurzparkzoneEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.101.042.3126.2022Zuletzt aktualisiert am
09.11.2022