TE Vwgh Erkenntnis 1996/2/29 96/18/0010

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Veröffentlicht am 29.02.1996
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §13 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 27. November 1995, Zl. SD 1295/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. November 1995 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, der sich seit seiner Einreise nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, habe am 29. September 1992 im Wege seines Vertreters einen Asylantrag gestellt, der mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. Oktober 1993 abgewiesen worden sei; der Verwaltungsgerichtshof habe die dagegen eingebrachte Beschwerde mit Erkenntnis vom 17. Februar 1994 als unbegründet abgewiesen. Seit der Rechtswirksamkeit des genannten Bescheides des Bundesministers für Inneres - das sei der 4. November 1993 - sei der Beschwerdeführer jedenfalls nicht mehr zum vorläufigen Aufenthalt gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes im Bundesgebiet berechtigt gewesen und halte sich daher nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Danach habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt, der mit Bescheid vom 1. Dezember 1994 mit der Begründung abgewiesen worden sei, daß die Quote für die Bewilligung für das Jahr 1994 bereits erfüllt wäre. Über die dagegen vom Beschwerdeführer am 21. Dezember 1994 erhobene Berufung sei noch nicht entschieden worden. Selbst wenn man vom Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 ausgehe, habe der bloße Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Aufenthaltsgesetz verschaffen können. Den Ausführungen des Beschwerdeführers stünden nämlich die gesetzlichen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes entgegen.

§ 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes finde gemäß § 13 Abs. 2 leg. cit. auf die in § 1 Abs. 3 leg. cit. genannten Fremden keine Anwendung. § 1 Abs. 3 Z. 6 Aufenthaltsgesetz nehme jene Fremden, die aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt seien, ausdrücklich vom Geltungsbereich des Aufenthaltsgesetzes aus. Eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz sei dem Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich zugekommen. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern nicht § 19 FrG entgegenstehe.

Im Hinblick auf § 19 des FrG sei die Ausweisung des Beschwerdeführers im Interesse eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten, da den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zukomme; ein unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet stelle jedenfalls eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesses von solchem Gewicht dar, daß die Auweisung dringend geboten und damit zulässig im Sinne des § 19 FrG sei; dies sei besonders dann der Fall, wenn die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung im Inland nicht beantragt werden könne. Die belangte Behörde wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Ausweisung lediglich die Verpflichtung, Österreich zu verlassen, nicht jedoch ein Rückkehrverbot enthalte und nach Verlassen des Bundesgebietes jederzeit um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung angesucht werden könne; auch so gesehen sei im vorliegenden Fall die Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten und daher zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer macht geltend, daß er nach der Abweisung seines Asylantrages am 11. Oktober 1993, die rechtskräftig geworden sei, einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt habe, der aufgrund seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 als Verlängerungsantrag zu werten gewesen wäre. Das Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 62, habe diesen Antrag jedoch als Erstantrag angesehen und unter Bezugnahme auf die bereits erschöpfte Quote abgewiesen; über die dagegen beim Bundesminister für Inneres eingebrachte Berufung sei noch nicht entschieden worden. Aufgrund seines Verlängerungsantrages sei er bis zur Entscheidung erster Instanz rechtmäßig in Österreich gewesen. Gemäß § 17 Abs. 4 FrG sei "von fremdenpolizeilichen Maßnahmen Abstand zu nehmen", solange nicht in zweiter Instanz über den Verlängerungsantrag nach dem Aufenthaltsgesetz entschieden worden sei.

Weiters stehe der Ausweisung § 19 FrG entgegen, da dieser Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers nicht zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten erscheine. Der Beschwerdeführer sei seit mehr als fünf Jahren in Österreich aufhältig, gehe einer geregelten Tätigkeit nach, sei krankenversichert, polizeilich gemeldet und habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Österreich gefunden.

2. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerde die Rechtslage.

2.1. § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes sieht vor, daß die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens - d.i. der 1. Juli 1993 - rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, unberührt bleiben und sie mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften beantragen können. Auch für den Fall, daß dem Beschwerdeführer zu dem genannten Zeitpunkt eine Aufenthaltsberechtigung nach § 7 des Asylgesetzes 1991 zugekommen sein sollte - der Asylantrag wurde rechtskräftig erst mit Bescheid vom 11. Oktober 1993 abgewiesen -, fiele der Beschwerdeführer nicht unter den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes, da § 13 Abs. 2 iVm § 1 Abs. 3 Z. 6 vorsieht, daß die Regelung des § 13 Abs. 1 auf Fremde, die aufgrund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind, keine Anwendung findet. Für seinen Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz käme daher die sinngemäße Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften aufgrund des § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht in Betracht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. September 1995, Zl. 94/18/1165). Damit wäre auch die für die Anwendung des § 17 Abs. 4 des Fremdengesetzes normierte Voraussetzung, daß der Fremde rechtzeitig einen Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt hat, nicht erfüllt. Bei dieser Sach- und Rechtslage bestand für die belangte Behörde kein Anlaß, mit der Entscheidung über die Ausweisung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens betreffend die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zuzuwarten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1353). Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens unrechtmäßig war, ist die Ausweisung im Grunde des § 17 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Zulässigkeit gemäß § 19 leg. cit. - rechtmäßig.

2.2. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer zubilligen wollte, daß durch die Ausweisung in einer im Sinne des § 19 FrG relevanten Weise in sein Privatleben eingegriffen werde, wäre für ihn nichts gewonnen: Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Ausweisung des Beschwerdeführers zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens (somit zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen) dringend geboten sei, begegnet aus den in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführten Erwägungen keinem Einwand. Es würde auch dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderlaufen, wenn der Beschwerdeführer der - wenn überhaupt - bloß aufgrund einer durch einen unberechtigten Asylantrag erlangten vorläufigen Aufenthaltsberechtigung zum Aufenthalt in Österreich berechtigt war, den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet ohne Erfüllung der nach den gesetzlichen Vorschriften erforderlichen Voraussetzungen erzwingen könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1995, Zlen. 95/18/0326, 0327).

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996180010.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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