Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Bestimmungen einer Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Auskunftserteilung über Kunden von Gastronomiebetrieben bei Verdachtsfällen von COVID-19 mangels nachvollziehbarer Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen; weitreichende Verordnungsermächtigung nach dem EpidemieG 1950 ermöglicht schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz durch die Ermittlung von Kontaktpersonen und der Möglichkeit von Rückschlüssen auf die persönliche Lebensführung großer Teile der Bevölkerung; keine nachvollziehbare Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers durch die bloße Sammlung und Übermittlung von Daten und Studien zu COVID-19; Erforderlichkeit der Darlegung der für die Willensbildung des Verordnungsgebers ausschlaggebenden EntscheidungsgrundlagenSpruch
I. 1. §1 Z2 lite sowie §2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, waren gesetzwidrig.
2. Die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.
3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
4. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Antragsteller zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B-VG, begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge
"[d]ie Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, Fundstelle der Rechtsvorschrift: Datum 25.9.2020, publizierendes Blatt www.gemeinderecht.wien.at, Fundstelle 20200925, zur Gänze.
in eventu
Die §§1 Z1 litg, 1 Z2 lite und §2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, Fundstelle der Rechtsvorschrift: Datum 25.9.2020, publizierendes Blatt www.gemeinderecht.wien.at, Fundstelle 20200925"
als gesetzwidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl. der Stadt Wien 41/2020, lautete (die in eventu angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"Auf Grund des §5 Abs3 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 103/2020 wird verordnet:
§1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sind für den Fall des Auftretens eines Verdachtsfalles von COVID-19 von folgenden Stellen nachstehende Auskünfte auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln:
1. Krankenanstalten gemäß §1 Abs3 Z3 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 (Wr. KAG), LGBl für Wien Nr 23/1987 in der Fassung LGBl für Wien Nr 19/2020, Wohnheime, Pflegeheime und Pflegestationen gemäß §2 Abs1 Wiener Wohn- und Pflegeheimgesetz (WWPG), LGBl für Wien Nr 15/2005 in der Fassung LGBl für Wien Nr 30/2020, Einrichtungen, die Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe nach dem Chancengleichheitsgesetz Wien (CGW), LGBl für Wien Nr 45/2010 in der Fassung LGBl für Wien Nr 49/2018, erbringen, Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe sowie Unterkünfte, in denen Grundversorgung in Wien gemäß dem Wiener Grundversorgungsgesetz (WGVG), LGBl für Wien Nr 46/2004 in der Fassung LGBl für Wien Nr 49/2018, an hilfs- und schutzbedürftige Fremde gewährt wird:
a) Einrichtung:
aa) Bezeichnung
bb) Adresse
b) Zentrale Ansprechperson der Einrichtung:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
c) Medizinische Ansprechperson der Einrichtung:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
d) Bewohnerinnen und Bewohner:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
e) Erwachsenenvertreterinnen und Erwachsenenvertreter von Bewohnerinnen und Bewohnern:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
f) Personal:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
g) Besucherinnen und Besucher:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
2. Betriebsstätten:
a) Betriebsstätten
aa) Bezeichnung
bb) Adresse
b) Zentrale Ansprechperson der Betriebsstätte:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
c) Medizinische Ansprechperson der Betriebsstätte, sofern vorhanden:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
d) Personal:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
e) bei Betriebsstätten der Gastronomie Kundinnen und Kunden:
aa) Vorname
bb) Name
cc) Telefonnummer
dd) E-Mail-Adresse
ee) Tischnummer
§2. Die Daten gemäß §1 dürfen von den in §1 genannten Stellen ausschließlich zum Zwecke der Nachverfolgung der Kontakte bei Auftreten eines Verdachtsfalles von COVID-19 gespeichert und verarbeitet werden. Diese Daten sind 4 Wochen nach ihrer Aufnahme zu löschen.
§3. Diese Verordnung tritt mit 28. September 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft."
2. §5 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950, idF BGBl I 104/2020 lautet:
"Erhebungen über das Auftreten einer Krankheit.
§5. (1) Über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit haben die zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. Zum Zwecke der Feststellung von Krankheitskeimen sind hiebei nach Möglichkeit fachliche Untersuchungsanstalten in Anspruch zu nehmen.
(2) Unter welchen Voraussetzungen und von welchen Organen bei diesen Erhebungen die Öffnung von Leichen und die Untersuchung von Leichenteilen vorgenommen werden kann, wird durch Verordnung bestimmt.
(3) Auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde sind alle Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet.
(4) Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Kontaktpersonen im Rahmen des Beschlusses Nr 1082/2013/EU zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr 2119/98/EG, ABl. L 293 vom 5.11.2013 S 1, sind alle natürlichen und juristischen Personen, die über sachdienliche Informationen zur Ermittlung von Kontaktpersonen in grenzüberschreitenden Fällen verfügen, wie Personenbeförderungsunternehmen oder Beherbergungsbetriebe, auf Verlangen dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zur Auskunftserteilung verpflichtet, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Diese Informationen umfassen jedenfalls den Namen und – sofern bekannt – das Geburtsdatum, die Telefonnummer sowie die E-Mail-Adresse und können etwa Angaben zur Reiseroute, zu den Mitreisenden oder zu beherbergten Gästen umfassen. Die Daten sind von den Gesundheitsbehörden unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Kontaktpersonennachverfolgung nicht mehr erforderlich sind.
(5) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister kann Mitarbeiter der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit als Sachverständige für die Abklärung von Ausbruchsclustern bestellen, wenn diese mehrere Bundesländer betreffen. Diese sind berechtigt, unter Wahrung der Amtsverschwiegenheit und aller Erfordernisse des Datenschutzes Einsicht in alle Unterlagen zu nehmen, davon Kopien anzufertigen sowie mit den betroffenen Personen einschließlich Kontaktpersonen direkt Kontakt aufzunehmen, soweit dies zur Abklärung des Ausbruchsclusters unbedingt erforderlich ist. Die nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden der Länder sind verpflichtet, diesen Experten auf Verlangen die zur Besorgung ihrer Aufgaben unbedingt erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
3. §5c Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950 idF BGBl I 136/2020 lautete:
"Erhebung von Kontaktdaten
§5c. (1) Zum Zweck der Ermittlung von Kontaktpersonen bei Umgebungsuntersuchungen kann, soweit und solange dies aufgrund der COVID-19-Pandemie unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist, längstens jedoch bis 30. Juni 2021, durch Verordnung bestimmt werden, dass
1. Betreiber von Gastronomiebetrieben,
2. Betreiber von Beherbergungsbetrieben,
3. Betreiber von nicht öffentlichen Freizeiteinrichtungen,
4. Betreiber von Kultureinrichtungen,
5. Betreiber von nicht öffentlichen Sportstätten,
6. Betreiber von Krankenanstalten und Kuranstalten,
7. Betreiber von Alten-, Pflege- und Behindertenheimen und
8. Veranstalter (§15)
verpflichtet sind, die in Abs3 festgelegten personenbezogenen Daten von Personen, die sich länger als 15 Minuten am betreffenden Ort aufgehalten haben, zu erheben und der Bezirksverwaltungsbehörde auf Verlangen zu übermitteln. Betroffene Personen sind zur Bekanntgabe dieser personenbezogenen Daten verpflichtet.
(2) Von Abs1 Z8 nicht erfasst sind Veranstaltungen im privaten Wohnbereich, Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz, BGBl Nr98/1953 idfG, und Veranstaltungen zur Religionsausübung.
(3) Verordnungen gemäß Abs1 können die Erhebung folgender Daten vorsehen:
1. Name,
2. Kontaktdaten, insbesondere, soweit vorhanden, Telefonnummer und
E-Mail-Adresse,
3. Datum, Ort und Uhrzeit von Beginn und Ende des Aufenthalts und
4. soweit geboten, nähere Angaben zum konkreten Aufenhaltsort im Betrieb, in der Einrichtung oder am Veranstaltungsort.
(4) In Verordnungen gemäß Abs1 ist vorzusehen:
1. Die Daten sind für die Dauer von 28 Tagen aufzubewahren.
2. Eine Verarbeitung der Daten zu anderen Zwecken ist nicht zulässig.
3. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Daten unverzüglich zu löschen.
Die gemäß Abs1 zur Aufbewahrung Verpflichteten haben insbesondere sicherzustellen, dass die erhobenen Daten nicht durch Dritte einsehbar sind."
4. §§39 und 40 Epidemiegesetz 1950, BGBl 186/1950, idF BGBl I 136/2020 lauten:
"Strafbestimmungen
Verletzung einer Anzeige- oder Meldepflicht.
§39. (1) Wer den in diesem Bundesgesetz enthaltenen oder auf Grund desselben erlassenen Anordnungen über die Erstattung von Anzeigen und Meldungen zuwiderhandelt, macht sich einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
(2) Die Strafverfolgung tritt nicht ein, wenn die Anzeige zwar nicht von den zunächst Verpflichteten, jedoch rechtzeitig gemacht worden ist.
Sonstige Übertretungen.
§40. (1) Wer durch Handlungen oder Unterlassungen
a) den in den Bestimmungen der §§5, 8, 12, 13, 21 und 44 Abs2 enthaltenen Geboten und Verboten oder
b) den auf Grund der in den §§7, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 17, 19, 20, 21, 22, 23 und 24 angeführten Bestimmungen erlassenen behördlichen Geboten oder Verboten oder
c) den Geboten oder Verboten, die in den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen enthalten sind, zuwiderhandelt oder
d) in Verletzung seiner Fürsorgepflichten nicht dafür Sorge trägt, daß die seiner Fürsorge und Obhut unterstellte Person sich einer auf Grund des §5 Abs1 angeordneten ärztlichen Untersuchung sowie Entnahme von Untersuchungsmaterial unterzieht,
macht sich, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 1 450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.
(2) Wer einen Veranstaltungsort gemäß §15 entgegen den festgelegten Voraussetzungen oder Auflagen betritt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Der Antragsteller legt seine Antragslegitimation und seine Bedenken wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):
"1. Verletzung des Legalitätsprinzips gem Art18 B-VG
1.1.
Gem Art18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Ferner können die Verwaltungsbehörden auf Grund der Gesetze innerhalb ihres Wirkungsbereichs Verordnungen erlassen. Normen haben zudem dem Bestimmtheitsgebot zu folgen. Dieses Bestimmtheitsgebot ist vor allem im Bereich von Strafnormen zu beachten.
1.2.
Die bekämpfte Verordnung stützt sich im Einleitungssatz darauf, wonach sie gem §5 Abs3 Epidemiegesetz erlassen wurde. §5 Abs3 Epidemiegesetz sieht eine derartige Ermächtigung, nämlich eine solche des Magistrats der Stadt Wien auf dieser Grundlage Verordnungen zu erlassen, nicht vor. Der normative Gehalt des §5 Abs3 Epidemiegesetz beschränkt sich darauf, dass Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zur Auskunftserteilung verpflichtet sind.
Entsprechend Art18 B-VG ist die Verwaltung angehalten, nur auf der Grundlage eines ausreichend bestimmten Gesetzes hoheitlich zu handeln. Ein Agieren im gesetzfreien Raum ist ihnen daher verwehrt. Genau das hat die belangte Behörde jedoch vorgenommen. Sie hat einen normativen Akt vorgenommen, ohne dazu ermächtigt zu sein. Es liegt daher ein Mangel in der Erzeugung der bekämpften Norm vor. Die bekämpfte Verordnung wurde sohin völlig rechtsgrundlos – ohne jedwede dafür notwendige gesetzliche Ermächtigung – erlassen. Schon alleine aufgrund dieses Umstands ist die bekämpfte Verordnung zur Gänze aus dem Rechtsbestand zu entfernen.
1.3.
Jedoch mangelt es der bekämpften Verordnung auch an dem verfassungsgesetzlich vorgesehenen Bestimmtheitsgebot. Danach muss der Gesetzgeber das Verwaltungshandeln in einem derartigen Maß determinieren, dass die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns aus den entsprechenden Normen ersichtlich sind.
Besondere Bestimmtheitserfordernisse sind besonders in jenen Zusammenhängen anzunehmen, in denen der Gesetzgeber / die Verwaltungsbehörde eingriffsnahe Normen erlässt. Normen sind dann eingriffsnah, wenn sie zu regelmäßigen, intensiven Eingriffen in grundrechtlich geschützte Bereiche ermächtigen. Dazu zählen gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH jedenfalls Straftatbestände. Da der §40 Epidemiegesetz bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen des §5 Epidemiegesetz und bei Verstößen gegen die aufgrund des Epidemiegesetzes erlassenen Verordnungen eine Geldstrafe von bis zu EUR 1.450,00 bzw eine Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen vorsieht, sind Grundrechtseingriffe immanent.
§1 Z1 und Z2 der bekämpften Verordnung verpflichtet Krankenanstalten, Wohnheime, Pflegeheime und Pflegestationen, Einrichtungen die Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe erbringen, Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und Unterkünfte, in denen Grundversorgung in Wien gewährt wird, und Betriebsstätten dazu, eine Vielzahl von Daten an die Behörde weiterzuleiten. Der Umfang der Daten, welche bekanntzugeben sind, wird in den nachfolgenden litdefiniert.
Die Verordnung verpflichtet also dazu, Daten weiterzuleiten, die gegebenenfalls dem Betreiber einer Betriebsstätte nicht vorliegen – im Fall des Antragstellers die Daten seiner Gäste – an die Verwaltungsbehörde weiterzuleiten. Sollte sich der Gast daher weigern, seine Daten preiszugeben, ist der Betreiber nach dem Wortlaut der bekämpften Verordnung wohl automatisch einer Strafbarkeit ausgesetzt, da er einerseits zur Preisgabe der Daten seiner Gäste verpflichtet ist, jedoch andererseits keine gesetzliche Grundlage besteht, die Preisgabe der Daten seiner Gäste zu verlangen. Der Strafbestand des §40 Epidemiegesetz wird daher in dieser Form an ein Verhalten geknüpft, das nicht im Einflussbereich des jeweiligen Normunterworfenen steht.
Auch dadurch, dass die bekämpfte Verordnung dem Normunterworfenen de facto eine Pflicht zur Erhebung der Daten seiner Kunden auferlegt – ohne in irgendeiner Art und Weise zu determinieren, wie er das zu tun hat, geschweige denn, ihm ein durchsetzbares Mittel dazu in die Hand zu geben – ist die Norm zu unbestimmt. Bei gleichzeitiger Androhung einer Verwaltungsstrafe, ohne überhaupt eine Möglichkeit zu haben, pflichtgemäß zu handeln, liegt auch jedenfalls eine unmittelbare Beschwer des Normunterworfenen vor.
1.4.
In der bekämpften Verordnung wird ferner in deren §1 bestimmt, dass bei Auftreten eines Verdachtsfalles von COVID-19 Auskünfte zu erteilen sind. Völlig unklar bleibt jedoch, was unter einem Verdachtsfall zu verstehen ist. Ist ein Verdachtsfall dann gegeben, wenn eine bestimmte Person Kontakt mit einem Infizierten hatte oder dann, wenn sie gemeinsam an einem Tisch sitzen? Ist ein Verdachtsfall auch gegeben, wenn eine vermeintlich infizierte Person zum Zeitpunkt der Unsicherheit über eine Infektion Kontakt mit jemand anderem hat und sich im Nachhinein herausstellt, dass keine Infektion gegeben ist?
Dadurch wird die bekämpfte Verordnung nämlich in sich selbst unschlüssig, da bestimmt wird, dass man zur Auskunftserteilung verpflichtet ist, aber der Umstand, an den die Auskunftserteilung geknüpft wird, vom Normunterworfenen nicht bestimmt werden kann. Es drohen jedoch in jedem Fall erhebliche Verwaltungsstrafen. Für den Einzelnen ist daher nicht ersichtlich wie er sich rechtskonform verhalten kann. Auch aus diesem Grund entspricht die bekämpfte Verordnung nicht dem Legalitätsprinzip und ist zur Gänze aufzuheben.
2. Verletzung des Gleichheitssatzes gem Art2 StGG und Art7 Abs1 B-VG
2.1.
Art2 StGG bestimmt: 'Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich'; Art7 Abs1 B-VG bestimmt weiter, dass Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses ausgeschlossen sind. Ebenso sind nach Art66 Abs1 und 2 und Art67 des Staatsvertrages von St. Germain alle österreichischen Staatsbürger/innen vor dem Gesetz gleich und genießen dieselben bürgerlichen und politischen Rechte und Garantien.
Der Gleichheitssatz bindet umfassend alle Erscheinungsformen der Staatsgewalt. Das heißt er umfasst gleichermaßen sämtliche Akte der Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Das Grundrecht verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich zu behandeln. Daraus folgt konsequenterweise, dass an im Wesentlichen gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen sind und dass im Wesentlichen ungleiche Tatbestände zu entsprechend unterschiedlichen Rechtsfolgen führen.
Daraus folgt gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, dass eine Norm nur dann dem Gleichheitssatz entspricht, wenn gesetzliche Differenzierungen aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sind oder es für eine Ungleichbehandlung bzw Differenzierung einen rechtfertigenden Grund gibt.
Von Lehre und Rechtsprechung wird ein allgemeines Gebot der 'Sachlichkeit' von Gesetzen verlangt. Differenzierungen im Gesetz müssen sachlich gerechtfertigt sein, um dem Gleichheitsgrundsatz zu entsprechen. Die Verordnung steht aber im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz.
2.2.
Die bekämpfte Verordnung schreibt in deren §1 vor, dass bestimmte Einrichtungen und Betriebsstätten zur Auskunftserteilung verpflichtet sind. In Zusammenhang mit der bereits thematisierten mangelnden Bestimmtheit der Verordnung lässt sich daher Folgendes festhalten:
Medial wird kolportiert, dass Betriebsstätten der Gastronomie dazu verpflichtet sind, mittels Formularen Daten der Kunden zu erheben. Konkret haben aber sämtliche andere Betriebsstätten oder Einrichtungen (mit Ausnahme jener die bereits in §1 Z1 der Verordnung genannt sind) keine Daten von Besuchern oder Kunden zu erheben. Betreiber von Gastronomiebetrieben werden daher in unsachlicher Weise benachteiligt.
Betreiber von Betriebsstätten der Gastronomie sind verpflichtet, Vorname, Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Tischnummer der Kunden zu nennen. Andere Betriebsstätten haben lediglich deren Bezeichnung und Adresse (was das Bekanntgeben der Bezeichnung und Adresse beispielsweise von einem Supermarkt, in dem ein Fall von COVID-19 aufgetreten ist, für einen Nutzen haben soll, ist schleierhaft) zu nennen.
Vergleicht man etwa einen Supermarkt oder andere Betriebsstätten des Handels, bei denen zumeist eine bedeutend höhere Kundenfrequenz herrscht als in einem Restaurant, und in dem sich Personen erfahrungsgemäß (zB beim Anstehen an der Kasse oder an einer Theke) örtlich näher kommen als beim Betreten eines Restaurants und beim Sitzen an einem Tisch, erschließt sich nicht, warum gerade Gastronomiebetriebe verpflichtet sind, genaue Kundendaten preiszugeben.
Es ist kein sachlich gerechtfertigter Grund zu erkennen, worin in Bezug auf eine etwaige Gefährlichkeit bzw ein etwaiges Ansteckungspotential zwischen Gastronomiebetrieben und anderen Betriebsstätten unterschieden wird.
Das Ansteckungspotenzial von COVID-19 ist wohl in sämtlichen Betriebsstätten gleich und kann lediglich an der Anzahl der aufhältigen Personen bzw anhand des persönlichen Kontakts bestimmt werden. Da es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass in Betriebsstätten des Handels oft reges Gedränge an den Regalen, in den Gängen, an der Kasse etc. herrscht und in Gastronomiebetrieben zumeist Gäste einfach Platz nehmen und für die Dauer des Besuchs am selben Ort verweilen und keinen Kontakt zu anderen Gästen haben, ist nicht nachvollziehbar, warum gerade dort – wo eigentlich geringeres Ansteckungspotential gegeben ist – eine umfassendere Auskunftspflicht normiert wird.
Die Unterscheidung der verordnungserlassenden Verwaltungsbehörde ist sachlich nicht gerechtfertigt. Der für eine Differenzierung verlangte, im Tatsächlichen bestehende, Unterschied zwischen Gastronomiebetrieben und sonstigen Betriebsstätten ist nicht gegeben. Es erfolgt eine unsachliche, willkürliche und nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung. Die bekämpfte Verordnung ist sohin gleichheitswidrig.
2.3.
Ferner wird der Antragsteller in unsachlicher Weise beim Betreten eines Restaurants anders behandelt als beim Betreten einer Betriebsstätte des Handels, da er im ersten Fall quasi zur Preisgabe seiner Daten verpflichtet ist und im zweiten Fall nicht.
3. Verletzung des Grundrechts auf Erwerbsfreiheit gem Art6 StGG
3.1.
Art6 Abs1 StGG bestimmt, dass jeder Staatsbürger unter den gesetzlichen Bedingungen jeden Erwerbszweig ausüben kann. Das umfasst jede Form der wirtschaftlichen, auf Erwerb ausgerichteten Betätigung. Beruf ist jede selbstständige oder unselbstständige auf Erwerb gerichtete Tätigkeit, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt wird und eine Grundlage für den Lebensunterhalt bietet.
Der Gesetzesvorbehalt bezieht sich auf die Regelung der Ausübung der Berufe. Der Gesetzgeber ist dabei – dem Wesensgehalt des Grundrechts entsprechend – an die sachlichen Kriterien der Materie gebunden. Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ist erforderlich.
Durch die Verpflichtung, Kundendaten aufzuzeichnen, erfolgt ein Eingriff in die Art und Weise, wie einzelne Gewerbetreibende ihr Unternehmen zu betreiben haben. Ein derartiger Eingriff muss gesetzlich vorgesehen und verhältnismäßig sein.
Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben, da jeder Betreiber eines Gastronomiebetriebes unabhängig von seiner Größe, seiner Gästefrequenz oder sonstigen differenzierenden Umstände dazu verpflichtet wird, Daten zu erheben bzw diese weiterzuleiten. Daraus folgt, dass der Betreiber einen erheblichen organisatorischen Aufwand betreiben muss, um Daten zu sammeln, zu verarbeiten und zu übermitteln. Ein öffentliches Interesse mag in einem gewissen Maß vielleicht vorliegen (Schutz der Gesundheit), jedoch ist die generelle Pflicht zur Erhebung und Übermittlung von Daten wohl mehr als überschießend und einschränkend. Die Maßnahmen sind daher eindeutig unverhältnismäßig!
3.2.
Erheblich ins Gewicht fällt auch, dass etwaige Kunden nicht gewillt sind, ihre Daten im Rahmen eines Restaurantbesuchs preiszugeben, was damit verbunden ist, dass Gäste Lokale künftig meiden werden. Dem Betreiber wird zudem verwehrt, seinen Betrieb in der Form zu führen, die er für richtig erachtet, nämlich ohne Sammlung und Weiterleitung der Daten seiner Kunden.
Das schränkt die Erwerbsfreiheit eines jeden Gastronomen massiv ein. Es werden nicht nur erhebliche Umsatzeinbußen folgen (was im Hinblick auf die bereits zu verzeichnenden Umsatzeinbußen in Zusammenhang mit der Gesetzgebung betreffend COVID-19 mehr als bedenklich ist), sondern auch eine Vielzahl an weiteren Betrieben in die Insolvenz getrieben.
4. Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz gemäß §1 DSG, Art10a StGG und Art8 EMRK
4.1.
Der Schutzbereich des Grundrechts auf Datenschutz umfasst neben den in Art10a StGG geschützten Inhaltsdaten gem §1 DSG auch die Geheimhaltung der betreffenden Daten, soweit daran ein schutzwürdiges Interesse insbesondere im Hinblick auf die Achtung des Privat- und Familienlebens besteht. Die Geheimhaltung von Daten schließt auch einen Schutz vor unzulässiger Ermittlung mit ein.
Sachlich werden aber nicht nur Geheimnisse des Privat- und Familienlebens geschützt, sondern auch wirtschaftsbezogene Informationen, soweit an ihrer Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse besteht. Da Träger dieses Grundrechts nicht nur Menschen, sondern auch juristische Personen, vor allem auch Wirtschaftsunternehmen, sind, sind vom Schutzbereich ebenso Wirtschaftsdaten erfasst.
4.2.
Eingriffe sind nur insoweit zulässig, wenn sie notwendig sind. Der einzelne Normunterworfene muss eine Datenermittlung oder Verarbeitung nur dulden, soweit ein Gesetz dazu ermächtigt und diese Eingriffe verhältnismäßig sind. Es muss ein besonders wichtiges öffentliches Interesse bestehen und müssen angemessene Schutzvorkehrungen getroffen werden. Das gilt insbesondere bei personenbezogenen und gesundheitsbezogenen Daten, wenn diese im Zuge von hoheitlichem Handeln ermittelt oder verarbeitet werden sollen und auch für die massenhafte Erfassung von Daten. Es hat sich der Verarbeitende auch immer [auf] die unbedingt notwendigen Daten [zu] beschränken.
4.3.
Die in der Verordnung generell angeordnete Auskunftspflicht des Gastronomiebetreibenden greift in unzulässiger Weise in den Schutzbereich des Grundrechts auf Datenschutz ein. Zunächst ist der Betreiber dazu gezwungen, jedenfalls personenbezogene und gesundheitsbezogene Daten preiszugeben. Die Behörde bringt demnach in Erfahrung, wer in der Betriebsstätte des Betreibers verkehrt und wo diese Personen leben.
Die Pflicht, Daten weiterzuleiten, umfasst indirekt auch die Pflicht, selbige zu erheben, widrigenfalls auch keine weitergeleitet werden können. Der Antragsteller ist sohin auch dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, die entsprechenden von den Kunden preisgegebenen Daten sicher aufzubewahren.
Ungeachtet dessen, dass entgegen der medial kolportierten angeblichen Pflicht des Gastes eines Restaurants, seine Daten preiszugeben, wird der Gewerbetreibende selbst dazu verpflichtet, Geschäftsdaten weiterzuleiten. Der Verwaltungsbehörde steht es nicht zu, ausufernd in Erfahrung zu bringen, wer in den Gaststätten der jeweiligen Betreiber verkehrt.
Wie bereits thematisiert, ist auch der Gast in keiner Weise dazu verpflichtet, beim Verkehren in einem Gastronomiebetrieb personenbezogene Daten preiszugeben. Auch in diesem Fall wird der Betreiber in eine Situation gebracht, in der er sich nicht rechtskonform verhalten kann. Einerseits steht es ihm nicht zu, verpflichtende Anordnungen zu treffen, der Gast möge seine Daten preisgeben (selbst wenn diese Möglichkeit bestehen würde, wäre dies wohl mit einem unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz eines jeden Einzelnen verbunden) und andererseits besteht gleichzeitig die normative Pflicht, Daten preiszugeben.
Man kann keine Daten preisgeben, über die man nicht verfügt. Auch [auf Grund] dieser Widersprüche und unzulässiger Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz erweist sich die bekämpfte Verordnung als gesetzwidrig.
4.4.
Schließlich ist auch darauf zu verweisen, dass der Antragsteller bei aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes notwendigen Besuchen von Krankenanstalten dazu verpflichtet ist, seine persönlichen Daten preiszugeben. Auch diese Verpflichtung ist im Sinn des bereits oben Ausgeführten unverhältnismäßig und daher rechtswidrig."
2. Die verordnungserlassende Behörde legte die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vor und erstattete eine Äußerung, in der die Zulässigkeit des Antrages bestritten sowie den Bedenken des Antragstellers im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten wird:
"I. Zur Zulässigkeit des Antrages gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG:
[…]
§1 Z1 der angefochtenen Verordnung lautet:
[…]
Die angeführte Rechtsvorschrift ist somit ausschließlich an Krankenanstalten, Wohnheime, Pflegeheime und Pflegestationen, an Einrichtungen, die Leistungen im Bereich der Behindertenhilfe erbringen sowie an Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und an Unterkünfte gerichtet, in denen Grundversorgung gewährt wird. Nur diese Stellen sind Adressaten der gegenständlichen Norm; Besucher bzw Patienten von Einrichtungen gemäß §1 Z1 der antragsgegenständlichen Verordnung sind jedoch keine Normadressaten. Schon im Hinblick darauf kann eine unmittelbare Betroffenheit des Antragstellers durch §1 Z1 der antragsgegenständlichen Verordnung in seinen Rechten nicht vorliegen. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass die angefochtene Regelung eine gewisse Reflexwirkung für den Antragsteller als Besucher bzw Patient der obengenannten Einrichtungen haben kann, da die zur Auskunft verpflichtete Stelle bei der Auskunftserteilung möglicherweise seine Daten verarbeitet. Dies ändert jedoch nichts am Ergebnis, dass er nicht Adressat des §1 Z1 der antragsgegenständlichen Norm ist. Damit ist die oben dargestellte Voraussetzung für die Zulässigkeit des Individualantrages auf Normenkontrolle, dass nämlich die Norm in die Rechtssphäre der betreffenden Person unmittelbar eingreift, im Hinblick auf §1 Z1 der antragsgegenständlichen Verordnung nicht gegeben und erweist sich der Antrag diesbezüglich als unzulässig.
Laut Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) […] betreibt [der Antragsteller] seit 26. September 1990 am Standort […], das 'Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants mit den Berechtigungen nach §189 Abs1 Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), Z2 Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen, Z3 Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen, Z4 Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen'.
Zum Zeitpunkt der Einbringung des gegenständlichen Individualantrages am 23. November 2020 war [der Antragsteller] demnach grundsätzlich zur Gewerbeausübung am gegenständlichen Standort berechtigt, er wurde jedoch entgegen der Darstellung im Antrag auch durch §1 Z2 der antragsgegenständlichen Verordnung nicht unmittelbar (aktuell) in seinen Rechten beeinträchtigt:
Der Eingriff durch die Norm muss nämlich nach der ständigen Judikatur des VfGH aktuell und nicht bloß potenziell sein. Das bedeutet, dass die Norm zum Zeitpunkt der Anfechtung wirksam gewesen sein muss (VfSlg 13.631/1993) und gegenüber dem Antragsteller im Zeitpunkt seiner Antragstellung rechtliche Wirkungen entfaltet haben muss.
§1 Z2 lite der antragsgegenständlichen Verordnung lautet wie folgt:
[…]
Aufgrund §7 Abs1 der COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 463/2020, §7 Abs1 der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (COVID-19-NotMV), BGBl II Nr 479/2020, und §7 Abs1 der 2. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung (2. COVID-19-SchuMaV), BGBl II Nr 544/2020, ist das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes seit dem 3. November 2020 – bis auf die wenigen in den Verordnungen aufgezählten Ausnahmetatbestände – in ganz Österreich untersagt, weswegen auch der Antragsteller seither seinen Gastgewerbebetrieb für das Betreten von Kunden zur Inanspruchnahme von Bewirtungsdienstleistungen geschlossen zu halten verpflichtet war und auch weiterhin ist. Da der Antragsteller seinen Gastgewerbebetrieb aufgrund der obenzitierten Verordnungen für das Betreten durch Kunden zur Konsumation von Speisen und Getränken demnach seit 3. November 2020 geschlossen zu halten verpflichtet war (und auch weiterhin noch ist), war dieser demnach weder im Zeitpunkt der Antragstellung (bzw schon seit ca drei Wochen vor diesem Zeitpunkt) noch im Zeitraum seither zur Auskunftserteilung gemäß §5 Abs3 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) betreffend die von diesem in seinen Gastgewerberäumlichkeiten bewirteten Kunden verpflichtet, weswegen auch §1 Z2 lite der antragsgegenständlichen Verordnung für diesen aktuell keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfaltete (und dies auch weiterhin nicht tut). Zwischenzeitig ist diese Verordnung mit 31.12.2020 außer Kraft getreten.
Der Antragsteller war demnach weder zum Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Zeitraum seither von der antragsgegenständlichen Norm aktuell und unmittelbar in seinen Rechten betroffen. Damit ist die oben dargestellte Voraussetzung für die Zulässigkeit des Individualantrages auf Normenkontrolle, dass nämlich die Norm in die Rechtssphäre der betreffenden Person unmittelbar eingreift, auch im Hinblick auf §1 Z2 der antragsgegenständlichen Verordnung nicht gegeben und erweist sich der Antrag auch diesbezüglich als unzulässig.
Von erheblicher Bedeutung ist zudem, dass – entgegen den Ausführungen des Antragstellers – mit der antragsgegenständlichen Verordnung weder eine Verpflichtung für Betreiber von Betriebsstätten, noch für Besucher oder Patienten von Krankenanstalten zur Auskunftserteilung, noch zur Datenerhebung geschaffen wurde. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestimmter Rechtsunterworfener an die zuständige Gesundheitsbehörde, welche aufgrund des §5 Abs1 EpiG zum Contact Tracing verpflichtet ist, ergibt sich nämlich ausschließlich aus §5 Abs1 und 3 EpiG.
Mit der antragsgegenständlichen Verordnung wurde nämlich lediglich seitens des Magistrats der Stadt Wien als zum Contact Tracing gemäß §5 Abs1 EpiG zuständige Gesundheitsbehörde von der gemäß Art18 Abs2 B-VG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht, die gesetzlich statuierte Auskunftspflicht des §5 Abs3 EpiG näher zu konkretisieren. Da der Zweck des Individualantrages darin besteht, die behauptete Rechtsverletzung durch Aufhebung der bekämpften Normstelle zu beseitigen, besteht keine Antragslegitimation, wenn sich trotz Aufhebung der angefochtenen Bestimmung(en) für die Rechtsposition des Antragstellers nichts ändern würde (VfSlg 9096/1981, 12.632/1991; VfGH 14. März 2012, V15/12), etwa weil diese Rechtsposition auch durch andere Vorschriften (mit)konstituiert ist (VfSlg 18.512/2008).
Dies ist gegenständlich der Fall. Die Auskunftspflicht von Personen, die zu den Erhebungen der Behörde gemäß §5 Abs1 EpiG einen Beitrag leisten können, resultiert nämlich ausschließlich aus §5 Abs3 EpiG; von dieser Auskunftspflicht erfasst sind unter anderem auch die Betreiber von Gastronomiestätten. Im Rahmen der Auskunftspflicht werden die Informationen abgefragt, die in der Verordnung konkretisiert sind. Die Pflicht zur Erteilung der mit §1 der antragsgegenständlichen Verordnung lediglich näher konkretisierten Auskünfte besteht demnach schon unmittelbar aufgrund §5 Abs3 EpiG und somit auch unabhängig vom Bestand der antragsgegenständlichen Verordnung.
II. Zu den Bedenken:
Der Antragsteller stützt seine Argumente, die eine Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit der gegenständlichen Verordnung darlegen sollen, auf die Annahme, dass die Verordnung eine über §5 Abs3 EpiG hinausgehende Verpflichtung zur Sammlung, Aufbewahrung und/oder Weiterleitung von personenbezogenen Daten schafft. Unter Zugrundelegung dieser Annahme behauptet der Antragsteller in der Folge einen unzulässigen Eingriff in näher angeführte Rechtspositionen. Damit verkennt der Antragsteller aber grundlegend die Rechtslage:
Gemäß §5 Abs1 EpiG sind über jede Anzeige sowie über jeden Verdacht des Auftretens einer anzeigepflichtigen Krankheit seitens der zuständigen Behörden durch die ihnen zur Verfügung stehenden Ärzte unverzüglich die zur Feststellung der Krankheit und der Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen und Untersuchungen einzuleiten. Kranke, Krankheitsverdächtige und Ansteckungsverdächtige sind verpflichtet, den zuständigen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sich den notwendigen ärztlichen Untersuchungen sowie der Entnahme von Untersuchungsmaterial zu unterziehen. Zum Zwecke der Feststellung von Krankheitskeimen sind hierbei nach Möglichkeit fachliche Untersuchungsanstalten in Anspruch zu nehmen. Gemäß §5 Abs3 EpiG sind auf Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde alle Personen, wie insbesondere behandelnde Ärzte, Labors, Arbeitgeber, Familienangehörige und Personal von Gemeinschaftseinrichtungen, die zu den Erhebungen einen Beitrag leisten könnten, zur Auskunftserteilung verpflichtet.
§5 Abs3 EpiG steht im engen Zusammenhang mit §5 Abs1 EpiG, der die Behörde verpflichtet, die-zur Feststellung einer Krankheit oder deren Infektionsquelle erforderlichen Erhebungen unverzüglich einzuleiten. Diese Bestimmung bildet daher den Rahmen innerhalb dessen sich die mit §5 Abs3 EpiG statuierte Auskunftspflicht bewegen kann. Der Auskunftspflicht unterliegen alle natürlichen und juristischen Personen, die einen Beitrag zu den Erhebungen leisten können; die Aufzählung bestimmter Personengruppen in §5 Abs3 EpiG ist rein demonstrativ (arg. 'insbesondere'). Grundsätzlich ist damit von Gesetzes wegen jedermann zur Auskunft verpflichtet, sofern er einen Beitrag zu den Erhebungen bezüglich der Erkrankung oder deren Infektionsquelle leisten kann. Die Behörde ist in diesem Rahmen auch zur Datenverarbeitung berechtigt bzw verpflichtet.
Freilich kann es sich im Rahmen der Auskunftspflichten gemäß §5 Abs1 und 3 EpiG schon der Begrifflichkeit des Wortes 'Auskunft' nach nur um solche Informationen (auch in Form von personenbezogenen Daten i. S. d. Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) handeln, über welche diese Dritten zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens durch die Behörde tatsächlich und gesichert verfügen. Eine Pflicht zur Beschaffung der Informationen ist damit nicht verbunden (vgl dazu die im Sinne einer systematischen und verfassungskonformen Interpretation übertragbare höchstgerichtliche Judikatur zum verfassungsrechtlich angelegten Auskunftsbegriff des Art20 Abs4 B-VG; etwa VwGH 27.11.2018, Ra 2017/02/0141 sowie VwGH 8.4.2019, Ra 2018/03/0124).
Die Zuständigkeit zur Austestung erkrankter oder krankheits- bzw ansteckungsverdächtiger Personen sowie zur Durchführung sämtlicher damit in Zusammenhang stehender Erhebungen und Auskunftsrechte gemäß §5 Abs1 und 3 EpiG obliegt der Bezirksverwaltungsbehörde bzw den ihr zur Verfügung stehenden Amtsärztinnen und Amtsärzten (vgl §43 Abs4 EpiG). Gemäß Art109 B-VG ist in Wien der Magistrat der Stadt Wien die Bezirksverwaltungsbehörde. Mit der antragsgegenständlichen Verordnung hat der Magistrat der Stadt Wien als zum Contact Tracing gemäß §5 Abs1 und 3 EpiG zuständige Gesundheitsbehörde von seiner gemäß Art18 Abs2 B-VG unmittelbar aufgrund der österreichischen Bundesverfassung eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht und diese zur Konkretisierung des §5 Abs3 EpiG e