Index
L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art139 Abs1 Z6Leitsatz
Aufhebung von Teilen der Änderung eines Flächenwidmungsplans einer Vorarlberger Gemeinde betreffend die Umwidmung von Flächen in "Freifläche-Sondergebiet" für die beabsichtigte Erweiterung eines bestehenden Industriebetriebes; gewerbliche Anlage nicht mit dem im Grünland zulässigen Nutzungszweck vereinbar; Widmung als "Baufläche-Betriebsgebiet (Kategorie I oder II)" für die Betriebserweiterung notwendig aber auf den Flächen in der Landesgrünzone Walgau nicht zulässig; Flächenwidmungsplan darf der – mit Landesraumplan eingerichteten – GrünzonenV nicht widersprechenSpruch
I. Der Antrag wird zurückgewiesen, soweit er sich auf die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ludesch, beschlossen von der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch am 2. Juni 2003, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 6. Oktober 2003, kundgemacht vom 13. Oktober bis 18. November 2003, betreffend die dreieckige Teilfläche des (damaligen) Grundstückes Nr 2316, KG Ludesch, von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" in "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" bezieht, die mit Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ludesch, beschlossen von der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch am 4. April 2006, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. April 2006, kundgemacht vom 4. Mai bis 5. Juni 2006, von "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" rückgewidmet wurde.
II. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ludesch, beschlossen von der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch am 2. Juni 2003, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 6. Oktober 2003, kundgemacht vom 13. Oktober bis 18. November 2003, soweit durch die Verordnung die nunmehrigen Grundstücke Nr 2315 und 2295/14 sowie Teilflächen der nunmehrigen Grundstücke Nr 1645, 1650/1, 2291/1, 2314/1, 2314/3, 2317, 2319/1, 2319/2, 2320 und 2867, alle KG Ludesch, von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" in "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" gewidmet wurden, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
III. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z6 B-VG gestützten Antrag begehrt der Landesvolksanwalt von Vorarlberg die "teilweise Aufhebung der Verordnung über eine Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ludesch, beschlossen von der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch am 02.06.2003 und genehmigt mit Bescheid der Landesregierung Vorarlberg vom 23.09.2003, Zl VIIa-602/54, soweit die Verordnung die Flächenwidmung der GST-NR 2315 und 2295/14 und von Teilen der GST-NR 2317, 2867, 1650/1, 2291/1, 1645, 2314/1, 2314/3, 2319/1, 2319/2 und 2320, alle KG Ludesch, von 'Freifläche Freihaltegebiet' in 'Freifläche Sondergebiet Betriebserweiterung […] auf dem GST-NR 2339/3 in KG Nüziders' geändert hat, wegen Gesetzwidrigkeit".
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (Vbg RPG), LGBl 39/1996, idF LGBl 43/1999, wie sie zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch über die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ludesch am 2. Juni 2003 in Kraft waren, lauteten auszugsweise:
"§2
Raumplanungsziele
(1) Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.
(2) Ziele der Raumplanung sind
a) die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten,
b) die Erhaltung der Vielfalt von Natur und Landschaft,
c) der bestmögliche Ausgleich der sonstigen Anforderungen an das Gebiet.
(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:
a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.
b) Die verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offen zu halten.
c) Die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben.
d) Die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen dürfen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
e) Die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.
f) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.
g) Räumlichen Strukturen, die zu unnötigem motorisierten Individualverkehr führen, ist entgegenzuwirken.
h) Für Einrichtungen des Gemeinbedarfs sind geeignete Standorte festzulegen.
[…]
§6
Landesraumpläne
(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung Landesraumpläne zu erlassen, wenn im überörtlichen Interesse Regelungen zur Erreichung der Raumplanungsziele des §2 erforderlich sind. Landesraumpläne haben – in Abstimmung mit anderen Planungen des Landes – die angestrebten Raumplanungsziele im einzelnen festzulegen und jene Maßnahmen vorzusehen, die zur Erreichung dieser Ziele im überörtlichen Interesse erforderlich sind. In der Verordnung ist erforderlichenfalls festzulegen, wie die im Landesraumplan ausgewiesenen Grundstücke im Flächenwidmungsplan zu widmen sind. […]
§7
Wirkung, Ausnahmebewilligung
(1) Verordnungen und Bescheide, die in Vollziehung von Landesgesetzen erlassen werden, dürfen, soweit sich aufgrund des betreffenden Landesgesetzes nichts anderes ergibt, einem Landesraumplan nicht widersprechen.
(2) Die Landesregierung kann für bestimmte Vorhaben Ausnahmen von Landesraumplänen bewilligen, wenn dadurch die Erreichung der mit dem Landesraumplan angestrebten Ziele und der anderen Raumplanungsziele nach §2 nicht gefährdet wird. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls befristet und unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. §6 Abs5 erster Satz gilt sinngemäß.
(3) Entgegen den Bestimmungen der Abs1 und 2 erlassene Bescheide sind mit Nichtigkeit bedroht.
(4) Körperschaften des öffentlichen Rechts und von solchen verwaltete Stiftungen, Fonds und Anstalten dürfen als Träger von Privatrechten – unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften – raumwirksame Maßnahmen nur im Einklang mit den im §2 genannten Zielen und unter Bedachtnahme auf bestehende Landesraumpläne treffen.
[…]
§18
Freiflächen
(1) Alle Flächen, die nicht als Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Verkehrsflächen gewidmet sind, sind Freiflächen.
(2) Die Freiflächen sind nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit als Landwirtschaftsgebiet, Sondergebiet oder Freihaltegebiet zu widmen.
(3) In Landwirtschaftsgebieten ist die Errichtung von Gebäuden und Anlagen zulässig, soweit dies für die bodenabhängige land- und forstwirtschaftliche Nutzung einschließlich der dazu gehörenden erforderlichen Wohnräume und Wohngebäude und für Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sowie die häusliche Nebenbeschäftigung notwendig ist.
(4) Als Sondergebiete können Flächen festgelegt werden, auf denen Gebäude und Anlagen errichtet werden dürfen, die ihrer Zweckwidmung nach an einen bestimmten Standort gebunden sind oder sich an einem bestimmten Standort besonders eignen, wie zB Flächen für Kleingärten, gewerbliche Gärtnereien, Erholungs- und Sportanlagen, Campingplätze, Ausflugsgasthöfe, Schutzhütten, Steinbrüche, Kiesgruben, Anlagen zur Fassung von Quell- sowie zur Entnahme von Grundwasser, Schießstätten und Sprengmittellager. Der vorgesehene Verwendungszweck ist in der Widmung anzuführen.
(5) Als Freihaltegebiete sind Freiflächen festzulegen, die im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutz des Landschafts- und Ortsbildes oder wegen der natürlichen Verhältnisse (Grundwasserstand, Bodenbeschaffenheit, Lawinen-, Hochwasser-, Vermurungs-, Steinschlag- und Rutschgefahr usw) von einer Bebauung freizuhalten sind. Alle Freiflächen, die nicht als Landwirtschaftsgebiete oder Sondergebiete gewidmet sind, sind Freihaltegebiete. Auf Waldflächen ist die Errichtung von Gebäuden und Anlagen zulässig, soweit dies für forstwirtschaftliche Zwecke notwendig ist.
[…]
§21
Verfahren
(1) Der von der Gemeindevertretung beschlossene Entwurf des Flächenwidmungsplanes ist einen Monat im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Auflage ist durch Anschlag an der Amtstafel kundzumachen. Sie ist, wenn ein Amtsblatt der Gemeinde (Gemeindeblatt) besteht, in diesem, und sie ist weiters in mindestens einer Tageszeitung, deren Erscheinungsort in Vorarlberg liegt, kundzumachen. Die Unterlassung der Kundmachung der Auflage – ausgenommen durch Anschlag an der Amtstafel – hat auf die Wirksamkeit der Verordnung keinen Einfluss. Während der Auflagefrist ist im Gemeindeamt ein allgemein verständlicher Erläuterungsbericht über den Entwurf des Flächenwidmungsplanes in der erforderlichen Anzahl aufzulegen.
(2) Von der Auflage nach Abs1 sind das Amt der Landesregierung, das Militärkommando für Vorarlberg, die Agrarbezirksbehörde, die zuständige Bergbehörde, die Sektion Bregenz der Forsttechnischen Abteilung für Wildbach- und Lawinenverbauung, das Landeswasserbauamt, alle angrenzenden Gemeinden und sonstigen öffentlichen Dienststellen, deren Belange durch den Flächenwidmungsplan wesentlich berührt werden, zu verständigen.
(3) Während der Auflagefrist kann jeder Gemeindebürger oder Eigentümer von Grundstücken, auf die sich der Flächenwidmungsplan bezieht, zum Entwurf schriftlich oder mündlich Änderungsvorschläge erstatten. Darauf ist in der Kundmachung nach Abs1 hinzuweisen. Eingelangte Änderungsvorschläge und Äußerungen der im Abs2 genannten Stellen sind der Gemeindevertretung vor der Beschlussfassung über den Flächenwidmungsplan zur Kenntnis zu bringen.
(4) Wenn beabsichtigt ist, Flächen als Vorbehaltsflächen oder nicht mehr als Bauflächen, Bauerwartungsflächen oder Sondergebiete zu widmen, sind die betroffenen Grundeigentümer vor der Beschlussfassung nachweislich darüber in Kenntnis zu setzen und ist ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen. Der §8 Abs2 dritter Satz gilt sinngemäß.
(5) Der von der Gemeindevertretung beschlossene Flächenwidmungsplan ist der Landesregierung in dreifacher Ausfertigung samt dem Erläuterungsbericht, den Äußerungen der im Abs2 genannten Stellen, den Änderungsvorschlägen und Stellungnahmen vorzulegen.
(6) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat nach Prüfung der nach Abs5 vorgelegten Äußerungen, Änderungsvorschläge und Stellungnahmen die Genehmigung durch Bescheid zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan
a) den im §2 genannten Zielen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist,
b) überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt,
c) einen finanziellen Aufwand zur Folge hätte, durch den die Erfüllung der gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen der Gemeinde gefährdet würde oder
d) auf Planungen des Bundes, des Landes oder anderer Gemeinden nicht Bedacht nimmt.
(7) Wenn keine Versagungsgründe nach Abs6 vorliegen, ist der Flächenwidmungsplan durch Bescheid zu genehmigen. Von der Landesregierung genehmigte Flächenwidmungspläne unterliegen nicht der Verordnungsprüfung gemäß §84 des Gemeindegesetzes.
(8) Jedermann hat das Recht, im Gemeindeamt während der hiefür bestimmten Amtsstunden in den rechtswirksamen Flächenwidmungsplan Einsicht zu nehmen.
[…]
§23
Änderung
(1) Der Flächenwidmungsplan darf nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Er ist zu ändern
a) bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder
b) bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.
(2) Für das Verfahren bei Änderung des Flächenwidmungsplanes gelten – ausgenommen im Falle des Abs3 – die Bestimmungen des §21 sinngemäß. Eine Planauflage ist jedoch nicht erforderlich, wenn die betroffenen Grundeigentümer vor der Beschlussfassung nachweislich darüber in Kenntnis gesetzt werden und ihnen eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt wird. Diesfalls gilt der §8 Abs2 dritter Satz sinngemäß. Eine Planauflage ist auch nicht erforderlich, wenn die Widmung durch einen Landesraumplan vorgegeben ist. Die Anhörung öffentlicher Dienststellen kann auf jene, deren Belange durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes wesentlich berührt werden, begrenzt werden.
(3) Kommt die Gemeinde der Verpflichtung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes aufgrund eines Landesraumplanes, in dem die Widmung vorgegeben ist, innerhalb von vier Monaten ab Erlassung des Landesraumplanes nicht nach, kann die Bezirkshauptmannschaft anstelle und im Namen der Gemeinde den Flächenwidmungsplan durch Verordnung ändern. Die Planauflage gemäß §21 hat zu entfallen. Die Änderung bedarf nicht der Genehmigung der Landesregierung gemäß §21 Abs6 und 7."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Festlegung von überörtlichen Freiflächen in der Talsohle des Walgaues (Grünzonen-Verordnung), LGBl 9/1977, idF LGBl 43/1999 lauten:
"§1
In der Talsohle des Walgaues werden
a) zur Erhaltung eines funktionsfähigen Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes,
b) zur Erhaltung von Naherholungsgebieten sowie
c) zur Sicherung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Landwirtschaft
die in der zeichnerischen Darstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung im Maßstab 1:20.000 vom 22. April 1977, Zl VIe-854.8, ausgewiesenen Gebiete als überörtliche Freiflächen festgelegt.
§2
(1) In den Flächenwidmungsplänen dürfen die Gebiete nach §1 nur als Freiflächen (§16 des Raumplanungsgesetzes), Verkehrsflächen (§17 des Raumplanungsgesetzes) oder Vorbehaltsflächen (§18 des Raumplanungsgesetzes) für Gebäude oder Anlagen, deren Errichtung in den Sonderflächen (§16 Abs3 des Raumplanungsgesetzes) zulässig ist, gewidmet werden.
(2) In den Gemeinden, in denen noch kein Flächenwidmungsplan in Geltung steht, dürfen in den überörtlichen Freiflächen nach Abs1 nur Gebäude und Anlagen errichtet werden, deren Errichtung nach den im Abs1 angeführten Widmungen zulässig ist."
3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Bestimmung von Grundwasserschongebieten zur Sicherung des künftigen Trink- und Nutzwasserbedarfes der Bevölkerung (Grundwasserschongebietsverordnung), LGBl 49/1974, lauten auszugsweise:
"§1
Grundwasserschongebiete
Zur Sicherung des Trink- und Nutzwasserbedarfes der Bevölkerung werden folgende räumlich umschriebene Gebiete zu Grundwasserschongebieten erklärt:
[…]
e) Untere Lutz
In der KG. Nenzing Bundesbahnbrücke über die Ill, entlang dem Illdamm Gp. 8131/3 flussaufwärts zur Grenze der KG. Nüziders, dem Illdamm Gp. 2353/5 entlang bis Polygonpunkt 59, über die Ill zur Grenze der KG. Nüziders – KG. Ludesch zum Mühlbach Gp. 3358/1, diesem entlang bis Gp. 1648/1 zur Bundesbahnlinie, der Bundesbahnlinie entlang in Richtung Feldkirch bis zum Wächterhaus Bp. 164/5, zwischen Gp. 736/1 und 575/1 nach Norden bis Gp. 627 und 574/20, entlang der Gp. 574/20, 574/21, 574/22 bis Gp. 574/11, zur Gp. 574/1, ca. 280 m entlang der nordöstlichen Grenze der Gp. 574/1, dann über die Lutz in Richtung KG. Thüringen, über Gp. 1418/2 zum Schnittpunkt der Gp. 901/4, 905, 902, Weg Gp. 1430 und Weg Gp. 1426, in südwestlicher Richtung entlang dem Weg Gp. 1426 bis Weg Gp. 1429, Weg Gp. 1429 entlang bis Weg Gp. 1424, in südlicher Richtung dem Weg Gp. 1424 entlang, längs der Grenze der Gp. 1189 und 1186 zum Weg Gp. 1423, Vermarkungspunkt Nr 77 zwischen KG. Thüringen und KG. Bludesch, in westlicher Richtung entlang der Gp. 1187 bis Punkt 78 zwischen KG. Thüringen und KG. Bludesch, in nördlicher Richtung entlang der Gp. 483 zur Gp. 1632, in westlicher Richtung entlang der Gp. 1633 (Aue) bis Weg Gp. 1879, diesem Weg entlang in südlicher Richtung über den Dabaladabach, entlang dem Weg Gp. 1880, über die Illbrücke, Grenze der KG. Nenzing, die Meng entlang bis Polygonpunkt 31, über die Meng zur Gp. 710/8, zum Weg Gp. 8453, diesem Weg entlang zur Bundesbahnlinie, der Bundesbahnlinie in Richtung Bludenz entlang zur Bundesbahnbrücke über die Ill. […]
§2
Zweck und Ziel
Die Grundwasserschongebiete haben der Deckung des künftigen Trink- und Nutzwasserbedarfes der Bevölkerung zu dienen. Sie sind möglichst der Natur gemäß zu erhalten und zu bewirtschaften und vor allen möglichen Gefährdungen oder Beeinträchtigungen ihres Grundwassers, somit insbesondere vor Lagerungen oder Leitungen grundwassergefährdender Flüssigkeiten, vor Verbauungen, vor Veränderungen der Bodenstruktur, wie etwa durch Kiesentnahmen, vor Lagerungen grundwassergefährdender fester Stoffe usw, zu schützen."
III. Sachverhalt und Vorverfahren
Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Auf dem Grundstück Nr 2339/3, KG Nüziders, liegt eine Abfüllanlage einer Gesellschaft, die sich mit der Herstellung von Fruchtsäften befasst (in der Folge: Gesellschaft). Dieses Grundstück grenzt im Westen an das Gemeindegebiet Ludesch, und zwar an einen Bereich, der sowohl von der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Festlegung von überörtlichen Freiflächen in der Talsohle des Walgaues, LGBl 9/1977 idgF (in der Folge: GrünzonenV), als auch von §1 lite der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Bestimmung von Grundwasserschongebieten zur Sicherung des künftigen Trink- und Nutzwasserbedarfes der Bevölkerung, LGBl 49/1974 ("Untere Lutz" – Grundwasserschongebiet) (in der Folge: GrundwasserschongebietsV), umfasst wird und daher zur Landesgrünzone Walgau und zum Grundwasserschongebiet "Untere Lutz" gehört. Im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Ludesch war dieser Bereich ursprünglich als "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" gewidmet.
2. Die Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch beschloss am 20. Februar 2003 das "Räumliche Entwicklungskonzept Betriebsgebietsentwicklung Ludesch", das unter anderem vorsah, mittelfristig das Betriebsgebiet der Gesellschaft auf Ludescher Gemeindegebiet zu erweitern und etwa im selben Ausmaß im südlichen Siedlungsgebiet die Landesgrünzone Walgau zu erweitern. Gleichzeitig beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch den Entwurf der Änderung von Teilbereichen des Flächenwidmungsplanes. Unter anderem sollten die in der Landesgrünzone gelegenen (damaligen) Grundstücke Nr .257, 2316, 2317, 2318 und 2344 sowie Teilflächen der (damaligen) Grundstücke Nr 1645, 1646, 2291/1, 2295/3, 2306, 2314, 2315, 2319 und 2867, alle KG Ludesch, von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" (und teilweise "Verkehrsfläche Straßen" sowie "Gewässer") in "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" gewidmet werden.
Ebenso sollten in diesem Zusammenhang Umwidmungen der Teilflächen der (damaligen) Grundstücke Nr 795, 1647, 1648/1, 1648/4, 1650/1, 2291/1, 2295/3, 2314, 2315 und 2876, alle KG Ludesch, von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" (und teilweise "Verkehrsfläche Straßen" sowie "Gewässer") in "Freifläche-Freihaltegebiet" erfolgen.
Zudem sollten bei Änderung und neuer Festlegung der Grenzen der Landesgrünzone Walgau die – westlich des Radwanderweges befindlichen – (damaligen) Grundstücke Nr 2581, 2582, 2583 und 2872 sowie der östliche Teil der (damaligen) Grundstücke Nr 2578, 2579 und 2580, alle KG Ludesch, von "Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet Kategorie II" in "Freifläche-Freihaltegebiet" rückgewidmet werden. Damit sollte die Erweiterung der Landesgrünzone Walgau bis zum bestehenden Radwanderweg vorgesehen werden.
3. Der Beschluss der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch vom 20. Februar 2003 über den Entwurf der Änderung von Teilbereichen des Flächenwidmungsplanes wurde am 14. April 2003 kundgemacht. Der Entwurf lag vom 16. April bis 15. Mai 2003 zur allgemeinen Einsicht auf. In diesem Zeitraum langten überwiegend negative Stellungnahmen öffentlicher Stellen und Körperschaften und Einwendungen betroffener Gemeindebürger ein. In weiterer Folge wurde seitens der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch der Einwendung entsprochen, die als "Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet Kategorie II" gewidmeten Flächen an Stelle von "Freifläche-Freihaltegebiet" in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" umzuwidmen.
4. Mit Beschluss der Gemeindevertretung vom 2. Juni 2003 wurden die Umwidmungen der oben genannten Grundstücke von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" in "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" und "Freifläche-Freihaltegebiet" sowie von "Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet Kategorie II" in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" beschlossen.
5. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 6. Oktober 2003 wurde die am 2. Juni 2003 beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes aufsichtsbehördlich genehmigt.
6. Bei den nunmehrigen Grundstücken Nr 2582, 2921, 2923, 2578, 2579 und 2922, alle KG Ludesch, handelt es sich um die vormaligen Grundstücke Nr 2582, 2583, 2581, 2578, 2579 und 2580, alle KG Ludesch, die mit Beschluss der Gemeindevertretung vom 2. Juni 2003 von "Bauerwartungsfläche-Betriebsgebiet Kategorie II" in "Freifläche Landwirtschaftsgebiet" umgewidmet wurden.
7. Mit der GrünzonenV der Vorarlberger Landesregierung, LGBl 9/1977, idF LGBl 6/2005, kundgemacht am 22. Mai 2005, wurden die Grundstücke Nr 2578, 2579, 2582 und 2923 sowie Teilflächen der Grundstücke Nr 2920 und 2922, alle KG Ludesch, in die Landesgrünzone Walgau einbezogen.
8. Auf Grund der Vermessungsurkunde eines Vermessungsbüros vom 28. März 2006 wurden die damaligen Grundstücke Nr 2316 und 257 sowie von den Grundstücken Nr 2313 und 228, alle KG Ludesch, eine dreieckige Teilfläche, die zwischen den Grenzpunkten 10802, 20663 und 20665 liegt, dem Grundstück Nr 2317, KG Ludesch, zugeschrieben. Mit Beschluss der Gemeindevertretung der Gemeinde Ludesch vom 4. April 2006 wurde diese dreieckige Teilfläche ebenfalls von "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" in "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf GST-NR 2339/3 KG Nüziders" gewidmet. Ebenso wurde im Zuge dieses Verfahrens die Rückwidmung einer Teilfläche des (damaligen) Grundstückes Nr 2316, KG Ludesch, von "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" in "Freifläche-Landwirtschaftsgebiet" durchgeführt. Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. April 2006 wurden diese Änderungen des Flächenwidmungsplanes aufsichtsbehördlich genehmigt.
9. Mittlerweile bilden jene Flächen, die mit der Flächenwidmungsplanänderung aus 2003 in "Freifläche-Sondergebiet Erweiterung des Betriebes auf KG Nüziders Parz Nr 2339/3" gewidmet wurden, die neugeschaffenen Grundstücke Nr 2315 und 2295/14 sowie Teilflächen der neugeschaffenen Grundstücke Nr 1645, 1650/1, 2291/1, 2314/1, 2314/3, 2317, 2319/1, 2319/2, 2320 und 2867, alle KG Ludesch. Die genannten Grundstücke liegen in der Landesgrünzone Walgau.
10. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof veranlasst haben, wie folgt dar (ohne die Hervorhebungen im Original):
"IV. Darlegung der Bedenken
a) hinsichtlich einer Teilfläche
Im Vorarlberger Geographischen Informationssystem des Amts der Vorarlberger Landesregierung ist die antragsgegenständliche 'FS Betriebserweiterung' zwar so eingezeichnet und datiert, als würde sie auch jenes Dreieck, das zwischen den Grenzpunkten 10802, 20663 und 20665 liegt und laut der Vermessungsurkunde des Büros […] vom 28.03.2006, GZ 13520/2006, einen Flächeninhalt von 1.279 m² hat, umfassen und als würde auch das auf der Umwidmung des Jahres 2003 beruhen. Doch dieses Dreieck gehörte damals noch zu den GST-NR 2313 und .228. Darauf, dass auch Teile dieser Grundstücke umgewidmet werden sollten, deutet weder in der Niederschrift der Gemeindevertretung Ludesch vom 20.02.2003 noch in der Flächenwidmungsplanung des DI […] vom März 2003 und 05.06.2003 etwas hin.
Hinsichtlich dieses Dreiecks konnte die Entwurfsauflage vom April/Mai 2003 daher nicht den §23 Abs2 iVm §21 Abs1 idF LGBl 39/1996 entsprochen haben und fehlt den Beschlüssen der Gemeindevertretung des Jahres 2003 jene Präzision, die aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich wäre. (Das war offenbar auch den Parteien des Kaufvertrags vom 03.04.2006, aufgrund dessen dieses Dreieck von den GST-NR 2313 und .228 abgetrennt und letztlich dem GST 2317 zugeschrieben wurde, bewusst. Denn andernfalls hätten sie den Vertrag nicht unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass der Kaufgegenstand in Freifläche Sondergebiet Erweiterung des Betriebs auf GST 2339/3 KG Nüziders umgewidmet werde).
b) hinsichtlich §18 Abs4 RPG
§18 RPG lautete in der Fassung LGBl 39/1996 auszugsweise:
'§18 Freiflächen
(1) ….
(2) Die Freiflächen sind nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit als Landwirtschaftsgebiet, Sondergebiet oder Freihaltegebiet zu widmen.
(3) ….
(4) Als Sondergebiete können Flächen festgelegt werden, auf denen Gebäude und Anlagen errichtet werden dürfen, die ihrer Zweckwidmung nach an einen bestimmten Standort gebunden sind oder sich an einem bestimmten Standort besonders eignen, wie zB Flächen für Kleingärten, gewerbliche Gärtnereien, Erholungs- und Sportanlagen, Campingplätze, Ausflugsgasthöfe, Schutzhütten, Steinbrüche, Kiesgruben, Anlagen zur Fassung von Quell- sowie zur Entnahme von Grundwasser, Schießstätten und Sprengmittellager. Der vorgesehene Verwendungszweck ist in der Widmung anzuführen.
(5) …..'
Die Aufzählung im §18 Abs4 RPG ist zwar nicht taxativ. Doch auch demonstrative Aufzählungen lassen Rückschlüsse zu. §18 Abs4 RPG nennt dafür, dass Gebäude oder Anlagen ihrer Zweckwidmung nach an einen bestimmten Standort gebunden sind oder sich an einem bestimmten Standort besonders eignen, Beispiele.
Bei keinem dieser Beispiele beruht die besondere Standorteignung oder -bindung auf einer Nähe zu einem Betriebsgebiet. Vielmehr beruht die besondere Standorteignung oder -bindung beim einen Teil dieser Beispiele darauf, dass die Nähe zu Freihalte- oder Landwirtschaftsgebiet den Widmungszweck des Sondergebiets begünstigt, und bei allen anderen Beispielen des §18 Abs4 RPG darauf, dass (insoweit ähnlich wie bei einem Landwirtschaftsgebiet) eine natürliche Ressource des Bodens des Sondergebiets genutzt wird: Bei der letztgenannten Fallgruppe (Bodenressource) handelt es sich um die Kleingärten, gewerblichen Gärtnereien, Steinbrüche, Kiesgruben, Quellfassungen und Grundwasserentnahmeanlagen. Zur erstgenannten Fallgruppe: Benachbartes Freihalte- oder Landwirtschaftsgebiet begünstigt durch seine Schönheit, durch seine Ruhe und durch seine Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung Ausflugsgasthöfe, Erholungs- und Sportanlagen und Campingplätze oder begünstigt, indem es einen Puffer zu dicht besiedeltem Gebiet bildet, den Betrieb von Schießstätten und Sprengmittellagern und ist für eine Schutzhütte sogar logische Voraussetzung. Diese Gemeinsamkeiten mit oder Beziehungen zu Landwirtschafts- oder Freihaltegebiet sind kein Zufall, sondern als Leitlinien für jede Freifläche Sondergebiet nach §18 Abs4 des Vorarlberger RPG zu verstehen. Diesen Leitlinien würde etwa ein Lagerplatz für Rundholz am Rande einer Landwirtschaftsfläche in einer waldreichen Gemeinde gerecht, da die Nähe zu Baumbestand auf Landwirtschafts- und Freihaltegebieten den Widmungszweck Holzlager begünstigen könnte.
Hingegen steht der Industriebetrieb auf der antragsgegenständlichen Fläche den angrenzenden Landwirtschafts- und Freihaltegebieten wie ein Fremdkörper gegenüber. Ob er dennoch durch die Nähe zu Landwirtschaft oder zu Natur irgendwie begünstigt wird oder ob er natürliche Ressourcen des eigenen Grundes nutzen soll, lässt sich aus den Niederschriften der Gemeindevertretung vom 10.12.2001, 20.02.2003 und 02.06.2003 nicht erschließen. Schon deshalb ist fraglich, ob das Verfahren zur Erlassung der antragsgegenständlichen Verordnung den Vorgaben der §§21 und 23 RPG entsprechen konnte.
Doch selbst wenn – was bei einem Dosenhersteller nicht nahe liegt – eine Nutzung einer natürlichen Ressource des Sondergebiets oder eine Begünstigung seines Verwendungszwecks durch benachbarte Landwirtschafts- oder Freiflächen vorläge und sogar wenn diese Fragen rechtlich irrelevant wären, wäre der §18 Abs4 RPG dennoch nicht eingehalten. Denn seine Beispiele zeigen noch etwas: Er setzt dem Ansinnen, für Betriebsanlagen Sondergebiet zu widmen, Grenzen. Denn wenn man die Kleingärten, Erholungs-, Sport- und Schießstätten, weil sie ohnehin keine Betriebsanlagen im Sinne des §14 RPG sind, beiseitelässt, verbleiben von den Beispielen des §18 Abs4 RPG nur solche Verwendungszwecke, die keine größeren Gebäude als die in der Land- und Forstwirtschaft üblichen benötigen; diese Verwendungszwecke lassen sich weiter in zwei Untergruppen unterteilen: Einerseits in solche Anlagen, für die sich kaum ein Baumisch- oder Betriebsgebiet eignen würde (also Schutzhütten, Ausfluggasthöfe und – weil sie und benachbarte Betriebe sich gegenseitig gefährden würden – auch Sprengmittellager). Und andererseits in solche Anlagen, die gar keine oder nur kleine Gebäude benötigen (Campingplätze, Kiesgruben, Steinbrüche, Quell- und Grundwasserentnahmen und gewerbliche Gärtnereien). Eine gewerbliche Anlage kann daher nur dann den Verwendungszweck im Sinne des §18 Abs4 RPG bilden, wenn sie höchstens ein kleines Gebäude benötigt (was etwa auch auf Holzlagerplätze zutrifft) oder wenn ihr Verwendungszweck in kaum einem Baumisch- oder Betriebsgebiet erreicht werden könnte. Diese Voraussetzungen sind im antragsgegenständlichen Fall nicht erfüllt, denn für die Produktion von Dosen und für ihre Befüllung mit Energy- und anderen Getränken sind große Gebäude erforderlich und eignen sich viele Betriebsgebiete.
Aus den genannten Gründen verstößt die antragsgegenständliche Verordnung gegen §18 Abs4 RPG und genügt das, was im Verfahren zu ihrer Erlassung erörtert, erläutert und zur Einsichtnahme aufgelegt wurde, angesichts des §18 Abs4 RPG nicht.
c) hinsichtlich des gesamten §18 RPG, insbesondere seines Absatzes 2:
Selbst wenn man im Abs4 des §18 RPG keine Beschränkung der Bebauung oder der sonstigen Versiegelung der Freifläche Sondergebiet sähe, so kann man aus Abs4 leg. cit. dennoch keine Aussage, jeglicher Grad der Versiegelung sei erlaubt, ableiten. Denn selbst ein Sprengmittellager kann – etwa durch teilweise Verlegung in den Untergrund – so gestaltet werden, dass ein erheblicher Teil der Oberfläche frei von Versiegelung bleibt. Für Ausflugsgasthöfe und Schutzhütten gibt es durchaus Beispiele, die – insb. durch angemessene Dimensionierung des Gebäudes – sich gut in die Naturlandschaft einfügen und noch Raum für einen naturnahen Außenbereich (zB Gastgarten) belassen. Auch für jeden anderen Verwendungszweck, den der Abs4 leg. cit. nennt (zB Sportanlagen), gibt es Beispiele mit geringer Bodenversiegelung (zB ein einfacher Fußballplatz).
Daher würde der §18 Abs4 RPG, falls er die Versiegelung der Sondergebiete nicht ohnehin im Sinne der litb dieses Punkts IV beschränkt, zumindest offenlassen, welches Maß an Versiegelung erlaubt ist, und dadurch zulassen, die Antwort aus anderen Bestimmungen abzuleiten. Nämlich insb. aus dem Abs2 leg. cit. Denn der Absatz 2 und die Überschrift des §18 RPG lassen keinen Zweifel daran, dass es sich auch bei Sondergebieten um Freiflächen handelt. Daher hat die Gemeindevertretung bei der Entscheidung, ob sie eine Fläche als Freifläche Sondergebiet widmet, den äußerst möglichen Sinn des Wortes Freifläche zu beachten. Dazu könnte die Gemeindevertretung, wie schon der Begriff Erholungsanlage im Abs4 leg. cit. zeigt, für einen Teil der FS einen einigermaßen naturnahen Verwendungszweck (etwa Aufenthaltsgrünfläche) vorsehen. Wenn stattdessen das gesamte Areal einheitlich einen Verwendungszweck wie 'Betriebserweiterung' erhält und dadurch der vollständigen Versiegelung preisgegeben wird, entspricht dies nicht dem §18 RPG. Denn das Ergebnis einer solchen Widmung kann etwa darin bestehen, dass – wie im vorliegenden Fall – die Freifläche Sondergebiet fast zur Hälfte durch ein wuchtiges Fabriksgebäude und im Übrigen fast zur Gänze durch Asphaltflächen eingenommen wird. Das sprengt den äußersten möglichen Wortsinn von Freifläche.
Auch deshalb verstößt die antragsgegenständliche Umwidmung gegen §18 RPG.
Daran ändert auch die Möglichkeit, dass eines Tages die […] auf dem GST-Nr 2339/3 in Nüziders vielleicht kein Abfüllwerk mehr betreiben wird oder dass dieser Betrieb vielleicht keine Verwendung mehr für die antragsgegenständliche Fläche in Ludesch mehr haben wird, nichts.
In solch einer Situation würde die Gemeinde wohl versuchen, die Zweckwidmung der FS an den jeweiligen Interessenten und an die Art, wie er die Fläche jeweils nutzen will, anzupassen. Im Ergebnis würde sich die antragsgegenständliche Fläche hinsichtlich der Möglichkeiten zur Nutzung nicht mehr von einer Fläche unterscheiden, die als Baufläche gewidmet ist.
Doch selbst wenn die Gemeinde die antragsgegenständliche Fläche stattdessen wieder für Land- oder Forstwirtschaft oder zur Freihaltung widmet und selbst wenn die Dosenfabrik abgerissen wird, würde doch an deren Fundament, an der fast vollständigen Asphaltierung der Außenflächen und am daraus folgenden Mangel an Humus leistungsfähige Landwirtschaft scheitern. Bis sich dafür ausreichend Humus bildet, dauert es bekanntlich Jahrhunderte.
Somit wird sich die antragsgegenständliche Fläche ganz unabhängig davon, wie lange sie noch zur Dosenherstellung dienen wird und wie sie eines Tages nachgenutzt werden wird, zumindest in den kommenden 100 oder 150 Jahren nicht mehr für die Landwirtschaft, für die sie bis zur antragsgegenständlichen Umwidmung gewidmet war, eignen. Schon deshalb verstößt die Widmung einer Freifläche für einen industriellen Verwendungszweck gegen §18 RPG.
Dies trifft auf die Verordnung der Gemeindevertretung von Ludesch vom 02.06.2003 besonders zu, zumal ihr jeder Ansatz zur Schonung des Bodens fehlt: So sieht sie etwa auch für die Pkw-Stellplätze keinen Verwendungszweck vor, der zur Verwendung von Rasenziegeln oder Dergleichen anhält. Stattdessen ist die gesamte antragsgegenständliche Fläche für die 'Erweiterung' eines Industriebetriebes gewidmet und folglich weitestgehend versiegelt.
Am Verstoß gegen §18 RPG kann auch der Umstand, dass die betroffene Freifläche zur Landesgrünzone gehört, nichts ändern. Denn die Ziele der Grünzonenverordnung bestehen gemäß deren §1 darin, einen funktionsfähigen Naturhaushalt, das Landschaftsbild und Naherholungsgebiete zu erhalten und die räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Landwirtschaft zu sichern. Keines dieser Ziele spricht für die Umwidmung einer großen Freifläche von Landwirtschaft in ein Sondergebiet mit dem Verwendungszweck der 'Erweiterung' eines Industriebetriebes.
Der Konflikt zwischen der antragsgegenständlichen Umwidmung und §18 RPG wird daher durch die Zugehörigkeit zur Grünzone nicht entschärft, sondern verschärft. Daran ändert auch der Motivenbericht der Landesregierung vom 06.04.1977, Vle-854.6, 854.8, nichts, zumal er das Thema von Sondergebieten innerhalb der Grünzone nicht einmal erwähnte.
d) hinsichtlich des §7 Abs1 RPG
Vor allem aber verstößt die antragsgegenständliche Umwidmung gegen §7 Abs1 RPG idF LGBl 43/1999.
Die Überschrift des II. Hauptstücks und §6 Abs1 des RPG begann idF LGBl 39/1996 wie folgt:
'II. Hauptstück
Raumplanung durch das Land
§6
Landesraumpläne
(1) Die Landesregierung hat durch Verordnung Landesraumpläne zu erlassen, wenn im überörtlichen Interesse Regelungen zur Erreichung der Raumplanungsziele des §2 erforderlich sind. Landesraumpläne haben – in Abstimmung mit anderen Planungen des Landes – die angestrebten Raumplanungsziele im einzelnen festzulegen und jene Maßnahmen vorzusehen, die zur Erreichung dieser Ziele im überörtlichen Interesse erforderlich sind. In der Verordnung ist erforderlichenfalls festzulegen, wie die im Landesraumplan ausgewiesenen Grundstücke im Flächenwidmungsplan zu widmen sind.
…….'
Der §7 RPG idF LGBl 43/1999 lautete auszugsweise:
'§7
Wirkung, Ausnahmebewilligung
(1) Verordnungen und Bescheide, die in Vollziehung von Landesgesetzen erlassen werden, dürfen, soweit sich aufgrund des betreffenden Landesgesetzes nichts anderes ergibt, einem Landesraumplan nicht widersprechen.
……'
Mit dem Ausdruck 'betreffenden Landesgesetzes' ist bei der Erlassung von Flächenwidmungsplänen das RPG selbst gemeint. Mit den Worten 'soweit sich .... nichts anderes ergibt' meint §7 Abs1 RPG laut dem Bericht, mit dem die Landesregierung die Vorlage des Raumplanungsgesetzes erläuterte (10. Beilage im Jahr 1972 des XXI. Vorarlberger Landtages, S. 180), dass sich nicht ausdrücklich etwas anderes ergebe.
Beispiele für Landesraumpläne sind (siehe Fleisch/Fend, Raumplanungsgesetz Vorarlberg, §6 Abs1) die Grünzonenverordnungen. Dass ein Flächenwidmungsplan einer Grünzonenverordnung widersprechen dürfe, ergibt sich weder aus dem RPG selbst noch aus einem anderen Landesgesetz. Daher folgt aus §7 Abs1 RPG, dass die Gesetzmäßigkeit der Flächenwidmungspläne der Gemeinden (auch) an den Grünzonenverordnungen zu messen ist.
Eine der beiden Grünzonenverordnungen betrifft die Talsohle des Walgaus, nämlich unter anderem die antragsgegenständliche Fläche. Diese Verordnung hat bereits seit dem LGBl 43/1999 folgende Fassung:
'§1
In der Talsohle des Walgaues werden
a) zur Erhaltung eines funktionsfähigen Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes,
b) zur Erhaltung von Naherholungsgebieten sowie
c) zur Sicherung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Landwirtschaft
die in der zeichnerischen Darstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung im Maßstab 1:20.000 vom 22. April 1977, Zl Vle-854.8, ausgewiesenen Gebiete als überörtliche Freiflächen festgelegt.
§2
(1) In den Flächenwidmungsplänen dürfen die Gebiete nach §1 nur als Freiflächen (§16 des Raumplanungsgesetzes), Verkehrsflächen (§17 des Raumplanungsgesetzes) oder Vorbehaltsflächen (§18 des Raumplanungsgesetzes) für Gebäude oder Anlagen, deren Errichtung in den Sonderflächen (§16 Abs3 des Raumplanungsgesetzes) zulässig ist, gewidmet werden.
(2) In den Gemeinden, in denen noch kein Flächenwidmungsplan in Geltung steht, dürfen in den überörtlichen Freiflächen nach Abs1 nur Gebäude und Anlagen errichtet werden, deren Errichtung nach den im Abs1 angeführten Widmungen zulässig ist.
§3
Die zeichnerische Darstellung nach §1 liegt beim Amt der Vorarlberger Landesregierung, den Bezirkshauptmannschaften Feldkirch und Bludenz sowie bei den Gemeindeämtern Bludesch, Frastanz, Göfis, Ludesch, Nenzing, Nüziders, Satteins, Schlins und Thüringen zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden auf.'
Der Wortlaut des §7 Abs1 RPG spricht dafür, dass Verordnungen, die auf Landesgesetzen beruhen, nicht nur mit einem TEIL des einschlägigen Landesraumplans, sondern mit dessen GESAMTEM Inhalt in Einklang sein müssen. Dafür, dass dies hinsichtlich der Grünzonenverordnung anders sein soll, gibt es keine Hinweise in deren Wortlaut. Wenn man hingegen den §7 Abs1 RPG nicht auch auf die Wortfolge
'a) zur Erhaltung eines funktionsfähigen Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes,
b) zur Erhaltung von Naherholungsgebieten sowie
c) zur Sicherung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Landwirtschaft'
im §1 der Grünzonenverordnung bezöge, würde das dieser Wortfolge jegliche normative Wirkung nehmen. Solch ein Ergebnis wäre auch angesichts der beträchtlichen Länge der Wortfolge und angesichts ihrer übersichtlichen Gliederung in mehrere Unterpunkte nicht plausibel.
Daher ist jegliche Umwidmung in der Landesgrünzone nur unter der Voraussetzung, dass sie weder Naturhaushalt noch Landschaftsbild noch Naherholungsgebiete noch die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft zu sehr beeinträchtigt, zulässig.
Wenn die Grünzonenverordnung hingegen so, als beschränke sich ihr normativer Inhalt auf das Verbot der ausdrücklichen Widmung 'Baufläche', ausgelegt wird und wenn sich dazu auch noch eine Auslegung des §18 Abs4 RPG, laut der der Verwendungszweck einer Freifläche Sondergebiet sogar in einer großen Fabrik ohne Bezug zur benachbarten Landwirtschaft oder Freihaltefläche bestehen könne, gesellt, dann könnte die Grünzonenverordnung nicht verhindern, dass solche Großbetriebe mittelfristig in den Randbereichen der Grünzone entstehen und langfristig überall in der Grünzone. Mit diesem fragwürdigen Verständnis der Grünzonenverordnung kombiniert hätte der §7 Abs1 RPG im Vergleich zu den 'gewöhnlichen' Genehmigungsverfahren, die auf §23 Abs2 iVm §21 Abs6 RPG basieren und auch außerhalb des Geltungsbereichs von Landesraumplänen durchzuführen sind, keinen Mehrwert bei der Verfolgung der Raumplanungsziele des §2 Abs2 litb (Erhaltung der Vielfalt von Natur und Landschaft), Abs3 lita (haushälterischer Umgang mit Grund und Boden), litb (möglichst lange Offenhaltung der verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung), litc (Erhaltung der natürlichen und naturnahen Landschaftsteile sowie der Trinkwasserreserven), litd (Erhaltung der für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen), lite (Haltung der äußeren Siedlungsränder) und litg (Vermeidung unnötigen motorisierten Individualverkehrs) des RPG idF LGBl 39/1996. Ein solcher Mehrwert im Vergleich zu den §§23 iVm 21 RPG ist aber gerade der Sinn des §7 Abs1 RPG. Daher folgt auch aus dem Zweck des §7 Abs1 RPG, dass die Grünzonenverordnung nicht so, als beschränke sich ihr normativer Inhalt auf das Verbot der ausdrücklichen Widmung 'Baufläche', sondern so auszulegen ist, dass in der Grünzone jegliche Umwidmung nur dann zulässig ist, wenn sie weder Naturhaushalt noch Landschaftsbild noch Naherholungsgebiete noch die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft zu sehr beeinträchtigt.
Die Gemeinde Ludesch hingegen hat von der Grünzonenverordnung nur den §2 Abs1 beachtet, jedoch die Wortfolge 'a) zur Erhaltung eines funktionsfähigen Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes, b) zur Erhaltung von Naherholungsgebieten sowie c) zur Sicherung der räumlichen Voraussetzungen für eine leistungsfähige Landwirtschaft' ihres §1 willkürlich ignoriert und daher durch die antragsgegenständliche Verordnung zugelassen, dass in einem Bereich der Landesgrünzone Naturhaushalt, Landschaftsbild, Naherholungspotential und Landwirtschaft zerstört werden.