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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1995, Zl. 4.317.121/9-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und reiste am 1. März 1991 in das Bundesgebiet ein. Er stellte am 4. März 1994 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen in der Beschwerde gab er bei seiner am 18. Juni 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich erfolgten niederschriftlichen Befragung zu seinen Fluchtgründen befragt, lediglich an, er habe die Türkei verlassen, weil er seinen Kindern eine bessere Zukunft hätte bieten wollen, in Österreich gäbe es bessere Möglichkeiten. Im folgenden stellt der Beschwerdeführer seine - von ihm zwar nicht im erstinstanzlichen Verfahren, sondern lediglich in der Berufung dargetanen - Fluchtgründe wie folgt dar: Er sei Kurde und alevitischen Glaubensbekenntnisses. Im Jahr 1982 nach Ableistung seines Militärdienstes sei er in sein Heimatdorf Tercan zurückgekehrt. Kurze Zeit später seien alle jungen Männer des Dorfes mit alevitischem Glauben von Zivilpolizisten sowie türkischen Soldaten gefangengenommen und mit verbundenen Augen geschlagen worden. Man habe ihm befohlen, das Dorf zu verlassen. Aus Angst vor weiteren Maßnahmen sei er nach Ankara übersiedelt und habe dort gearbeitet. Als sein Chef erfahren habe, daß er Kurde und Alevite sei, habe er die Arbeit aufgeben müssen. Er werde wegen seines Glaubens in allen Lebensbereichen benachteiligt bzw. unterdrückt und verachtet. Unter diesen Umständen könne er in der Türkei nicht mehr weiterleben.
Nach Aufhebung des den abweislichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 21. Juni 1991 bestätigenden Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 22. Februar 1993 durch das hg. Erkenntnis vom 29. November 1994, Zl. 94/20/0262-6, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes habe der Beschwerdeführer die ihm von der belangten Behörde mit Schreiben vom 25. August 1995 eingeräumte Möglichkeit einer Berufungsergänzung insofern wahrgenommen, als er nunmehr vorgebracht habe, entgegen § 18 Abs. 1 AsylG 1991 sei ihm bei der Erstvernehmung kein geeigneter Dolmetscher beigegeben worden. Es sei zwar ein Dolmetscher der türkischen Sprache beigezogen worden, er sei aber Kurde und verstehe die türkische Sprache nur bruchstückhaft, eine Vernehmung in türkischer Sprache sei ihm grundsätzlich "nicht zumutbar". Er sei zu diesem Zeitpunkt aber über seine Rechte nicht informiert gewesen. Der Dolmetscher habe ihn gefragt, ob er auch türkisch verstehe und er habe geantwortet "ein bißchen". Wie diese Antwort in deutscher Sprache weitergegeben worden sei, wisse er nicht. Er verweise im übrigen auf seine in der Berufung dargelegten Asylgründe, die er bei seiner ersten Einvernahme nicht genau habe dartun können, weil er der türkischen Sprache eben nicht mächtig gewesen sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wiederholte die belangte Behörde ihre die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion gemäß § 66 Abs. 4 AVG abweisende Entscheidung und sprach darüber hinaus aus, Österreich gewähre ihm kein Asyl. Sie begründete dies im wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe im gesamten Verwaltungsverfahren keine Umstände glaubhaft gemacht, die objektiv die Annahme hätten rechtfertigen können, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befinde und nicht gewillt sei, sich wieder unter dessen Schutz zu stellen. Die von ihm in erster Instanz vorgebrachten Umstände seien sämtlich nicht asylrelevant. Ein Fall des § 20 Abs. 2 AsylG 1991 liege nicht vor. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens den Dolmetsch betreffend sei auszuführen, daß kein Verfahrensmangel vorliege, da der Beschwerdeführer selbst unter Punkt 11 der aufgenommenen Niederschrift vom 18. Juni 1991 angeführt habe, der türkischen Sprache mächtig zu sein und unter Punkt 20 der genannten Niederschrift in türkischer Sprache bestätigt habe, alles hinreichend verstanden zu haben. Die niederschriftliche Vernehmung des Asylwerbers stelle das Hauptbescheinigungsmittel im Asylverfahren dar, dessen Vollständigkeit und Richtigkeit der Beschwerdeführer mit seiner Unterschrift bestätigt habe, weshalb davon auszugehen sei, daß die anläßlich der Einvernahme gemachten Angaben auch zutreffend seien.
Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zunächst ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, daß die Begründung der belangten Behörde hinsichtlich der von ihm gerügten Unvollständigkeit der mit ihm aufgenommenen Niederschrift, insbesondere durch den Dolmetsch und die dadurch entstandenen Sprachschwierigkeiten betreffend, unschlüssig ist. Würde die Behauptung stimmen, der Beschwerdeführer habe nur "ein bißchen" türkisch verstanden, so ist eine Unterschrift unter ein - inhaltlich nicht nachgeprüftes - Protokoll ohne Aussagewert. Ebenso schließt die Verwendung eines türkischen handschriftlichen Zusatzes nicht aus, daß eine ins einzelne gehende Unterhaltung in einer "nur ein bißchen" beherrschten Sprache trotzdem zu Mißverständnissen führen kann. Dennoch erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Der Beschwerdeführer hat auch in seiner Berufung keine Umstände geltend gemacht, die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Asylrelevanz aufweisen könnten. Weder die Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit und die damit verbundenen allgemeinen Beeinträchtigungen, noch lediglich vorübergehende bzw. zeitlich in keinem Zusammenhang mehr zur erfolgten Ausreise (der Beschwerdeführer ist am 1. März 1991 nach Österreich eingereist, also rund 8 Jahre später) stehende, später von ihm geschilderte Mißhandlungen können Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Konvention begründen, wenn sie nicht aktuell und von solcher Intensität sind, daß dem Asylwerber ein Weiterverbleib in seiner Heimat unerträglich geworden wäre. Der einzige Umstand, den er als Anlaß zu seiner Flucht auch in der Berufung angegeben hat, ist, daß er seine Arbeit habe aufgeben müssen, als sein Vorgesetzter von seiner ethnischen und religiösen Zugehörigkeit erfahren habe. Der belangten Behörde kann aber auch in diesem Punkte nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Verlust des Arbeitsplatzes als nicht geeignet angesehen hat, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung durch den HEIMATSTAAT des Beschwerdeführers glaubhaft zu machen.
Da sich bereits aus der Beschwerde ergibt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen sohin nicht vorliegen, war die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 VwGG abzuweisen.
Damit erübrigt sich auch ein Ausspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200653.X00Im RIS seit
20.11.2000