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E000 EU- Recht allgemeinNorm
EURallgRechtssatz
Es ist - im Einklang mit der Judikatur des EuGH (EuGH 10.11.2016, C-313/15 und C-530/15, Eco-Emballages) - davon auszugehen, dass die Kriterien nach § 3 Z 1 lit. a VerpackV 2014 so auszulegen sind, dass die Qualifikation der Gegenstände in der Beispielliste aus Anhang 2 Z 1 VerpackV 2014 damit vereinbar ist. Weil die Aufnahme der jeweiligen Beispiele in die Verpackungsrichtlinie durch den Richtliniengeber nicht näher begründet oder erläutert wurde und schon die Nichterfüllung eines der drei Kriterien zur Qualifikation als Verpackung führt, kann der mögliche Beitrag eines konkreten Beispiels zur Auslegung eines bestimmten Kriteriums allenfalls auch nur gering sein. Dies entbindet jedoch nicht davon, die darin zum Ausdruck kommende Auffassung des Richtliniengebers über den Inhalt der Kriterien deren Auslegung möglichst zu Grunde zu legen. Wenn nun also nach den normativen Vorgaben der Verpackungsrichtlinie und der VerpackV 2014 CD-, DVD- und Videohüllen (die zusammen mit einer CD, DVD oder einem Video verkauft werden) das Kriterium zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung des Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt erfüllen, so ist in Zweifel zu ziehen, dass eine verfügbare Alternative zum fraglichen Gegenstand der Erfüllung dieses Kriteriums entgegen stehen kann. Auch für CD-Hüllen sind nämlich Alternativen, wie etwa CD-Etuis, verfügbar und gebräuchlich. Genauso können Blumen aus den Töpfen, in denen sie (nach der ursprünglichen Zweckbestimmung) während ihrer Lebenszeit verbleiben sollen, in andere Töpfe, Blumenkästen udgl. umgepflanzt werden. Entsprechendes gilt für den Inhalt von Werkzeugkästen. Metalletuis für Buntstiftsets erfüllen jedenfalls nicht das (weitere) Kriterium nach § 3 Z 1 lit. a sublit. bb VerpackV 2014: Demnach müssen alle Komponenten (also insbesondere auch der fragliche Gegenstand) für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bzw. Entsorgung bestimmt sein. Dieses Kriterium erfüllen etwa CD-Hüllen dadurch, dass sie für eine gemeinsame Entsorgung mit ihrem Inhalt bestimmt sind, ohne dass es zuvor zu einem "Verbrauch" des Inhaltes kommt. Demgegenüber werden die in Metalletuis aufbewahrten Buntstifte sukzessive verbraucht (gegebenenfalls auch durch Nachkäufe ersetzt), das Metalletui wird aber nach Zweckbestimmung unabhängig vom Inhalt, mit dem es verkauft wurde, entsorgt bzw. behandelt. Dieses Kriterium hat der EuGH in diesem Sinn bei der Qualifikation von Rollenkernen angewendet, indem er darauf abgestellt hat, dass der Rollenkern nicht integraler Bestandteil des flexiblen Materials ist, dem er zur Unterstützung und zum Abwickeln dient, und nicht mit ihm zusammen verbraucht oder entsorgt werden soll, sondern im Gegenteil übrig bleibt und weggeworfen werden muss, sobald dieses Material aufgebraucht ist (EuGH Rs Eco-Emballages u.a.). Eine solche Auslegung dieses Kriteriums (also keine Ausnahme vom Verpackungsbegriff im Fall der Entsorgung nach bzw. unabhängig vom Verbrauch) liegt auch der Verpackungsqualifikation von Glasflaschen für Injektionslösungen, Streichholzschachteln oder wiederbefüllbaren Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen im jeweiligen Anhang zur Verpackungsrichtlinie und VerpackV 2014 zu Grunde. Buntstifte und Buntstiftsets werden bestimmungsgemäß zum Malen verwendet, wofür das Metalletui nicht herangezogen wird. Eine bestimmungsgemäße "gemeinsame Verwendung" des Metalletuis mit dem Buntstiftset findet daher nicht statt. Ob und wie lange die Metalletuis tatsächlich von den Letztverbrauchern zur Aufbewahrung der Buntstifte verwendet werden, ist somit nicht von Bedeutung. Das Kriterium der gemeinsamen Verwendung kann alternativ zum gemeinsamen Verbrauch oder der gemeinsamen Entsorgung bzw. Behandlung erfüllt werden. Damit fallen Metalletuis für Buntstifte, weil sie der Definition nach § 3 Z 1 erster Satz VerpackV 2014 entsprechen, zugleich aber das Ausnahmekriterium des § 3 Z 1 lit. a sublit. bb VerpackV 2014 nicht erfüllen, in den Anwendungsbereich der VerpackV 2014.
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070023.L07Im RIS seit
08.11.2022Zuletzt aktualisiert am
08.11.2022