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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Jänner 1995, Zl. 4.342.743/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Jänner 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen des Irak, der am 30. März 1993 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 1. April 1993 den Asylantrag gestellt hat, gegen den den Asylantrag abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes vom 5. April 1993 abgewiesen.
Das Bundesasylamt hatte den Asylantrag mit der Begründung abgewiesen, daß der Beschwerdeführer nicht glaubhaft habe machen können, daß er in seinem Heimatstaat einer Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ausgesetzt gewesen wäre bzw. ihm im Falle einer Rückkehr eine solche drohe. Den aufgrund der dagegen erhobenen Berufung erlassenen angefochtenen Bescheid begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß die Ereignisse der Jahre 1981 und 1988 schon lange Zeit vor der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Irak zurücklägen und daher nicht mehr beachtlich seien. Hinsichtlich des den Vater des Beschwerdeführers im Jahr 1988 betreffenden Vorfalles (Verhaftung bzw. Verschwinden aufgrund bekanntgewordener Mitgliedschaft zur "Nationalen Union Kurdistans") zeigte die belangte Behörde zudem Widersprüche zur erstinstanzlichen Aussage der Mutter des Beschwerdeführers auf.
Individuell den Beschwerdeführer selbst betreffe lediglich, daß er befürchtet habe, wegen einiger Verhöre, welche immer energischer geführt worden seien, schlußendlich einmal tatsächlich verhaftet zu werden. Hiezu führte die belangte Behörde aus, daß Verhöre oder Befragungen allein (wenn sie ohne weitere Folgen blieben) regelmäßig keine Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention bzw. des Asylgesetzes 1991 seien. Im Fall des Beschwerdeführers seien asylrelevante Folgen dieser Verhöre konkret jedoch nicht eingetreten, sondern es würden solche vom Beschwerdeführer nur für unbestimmte Zeit vermutet. Es müßten jedoch konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen von erheblicher Intensität vorliegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer zunächst klarstellt, daß er die Vorfälle des Jahres 1981 und 1988 niemals als persönlichen Fluchtgrund angegeben habe. Als solchen habe der Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben, daß die irakischen Sicherheitsbeamten den Beschwerdeführer in der Zeit vom Sommer 1992 bis zu seiner Flucht mit zunehmender Intensität immer wieder (anläßlich von "Besuchen" an seinem Wohnort) über seine angebliche Zugehörigkeit zur Partei "der Nationalen Union Kurdistans" verhört und mit Inhaftierung und Todesstrafe gedroht hätten. Diese Verfolgungen des Geheimdienstes stellten eine konkrete und aktuelle Gefahr des Beschwerdeführers mit der gesetzlich geforderten Intensität dar, da eine mit Vernunft begabte Person diese Drohungen ernst nehmen müsse und davon auszugehen sei, daß die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates vor Willkür nicht gegeben sei. Die Lebenserfahrung des Beschwerdeführers, siehe dazu die Ausführungen über seine Brüder und seinen Vater, und die tatsächlichen Verhältnisse im Irak hätten zur wohlbegründeten Furcht geführt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zentraler Aspekt des von § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 aus Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom normativen Einheitsstaat zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt dann vor, wenn der Eingriff in die zu schützende Sphäre geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, bilden regelmäßige Verhöre oder Befragungen allein (wenn sie ohne weitere Folgen bleiben) keine Verfolgungshandlungen im Sinne der Konvention bzw. des Asylgesetzes 1991 (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 10. März 1994, Zl. 94/19/0257, und das Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 93/01/0443). Der Beschwerdeführer hat angegeben, nicht Mitglied der Nationalen Union Kurdistans gewesen zu sein und hat auch sonst keine Umstände angegeben, welche eine asylrechtlich relevante intensive Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwarten lassen. Daß dem Beschwerdeführer ein Schicksal gleich seinem Vater drohte, ist angesichts der Verschiedenheit der Ausgangslage (der Beschwerdeführer ist im Gegensatz zu seinem Vater nicht Mitglied bei der Nationalen Union Kurdistans, im Falle seines Vaters wurde dessen Mitgliedschaft den staatlichen Behörden bekannt) auch aus der Lebenserfahrung des Beschwerdeführers nicht abzuleiten.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich auf die von der belangten Behörde behaupteten Widersprüche zum Verschwinden des Vaters des Beschwerdeführers im Jahr 1988, und die ebenfalls zur Begründung herangezogene inländische Fluchtalternative im Nordirak sowie die vom Beschwerdeführer hiegegen gemachten Ausführungen einzugehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995200128.X00Im RIS seit
20.11.2000