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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des F in A, vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 24. Juni 2022, LVwG 30.25-5630/2022-19, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 16. März 2022 wurde der Revisionswerber u.a. mit Spruchpunkt 1. wegen einer nach Tatort und Tatzeit näher konkretisierten Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 zweiter Satz Z 1 StVO bestraft (Weigerung, die Atemluft nach Aufforderung eines besonders geschulten Organes der Bundespolizei auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab des Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Ansehung dieses Spruchpunktes (Übertretung der StVO) keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis mit näheren Maßgaben. Weiters verpflichtete es den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht traf u.a. Feststellungen zum Auffinden des auf den Revisionswerber zugelassenen KFZ in der Fahrbahnmitte einer Landstraße mit heruntergelassenen Seitenscheiben, nicht abgesperrten Türen und angestecktem Fahrzeugschlüssel. An diesem Tag habe bei einem näher genannten Bauern in der Nähe des abgestellten Fahrzeuges ein Hoffest stattgefunden. Der Revisionswerber habe sich bei diesem Hoffest aufgehalten; er habe nähere, deutlich wahrnehmbare Alkoholisierungsmerkmale gezeigt. Aufgrund des Verdachtes des Polizeibeamten, der Revisionswerber habe sein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, sei der Revisionswerber zur Ablegung eines Alkomattests aufgefordert worden, den dieser verweigert habe. In der Folge erläuterte das Verwaltungsgericht seine Beweiswürdigung, die rechtlichen Erwägungen sowie die Strafbemessung.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN). Dem Erfordernis einer gesonderten Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
8 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, hinsichtlich der Erwartung verwertbarer Ergebnisse, sei die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz nicht beachtet, dass die Aufforderung zur Atemluftprobe nur dann berechtigt sei, wenn die seit dem Zeitpunkt für den der Verdacht des Lenkens bestanden habe bis zur allfälligen Messung der Atemluft verstrichene Zeit noch „verwertbare Ergebnisse“ erwarten lasse (Hinweis auf VwGH 5.7.2021, Ra 2020/11/0128). Weiters übergehe das Verwaltungsgericht den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Grundsatz des Verbotes der vorgreifenden Beweiswürdigung (Hinweis auf VwGH 14.11.2012 [2]010/12/0215): Die Behörde habe den Sachverhalt ausreichend zu erheben, die Beweiswürdigung könne sich aber nur mit bereits vorliegenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens auseinandersetzen. Eine vorgreifende Beweiswürdigung, die den Wert eines Beweises im Vorhinein und damit abstrakt beurteile, sei unzulässig. Das Verwaltungsgericht wende auch den Grundsatz „in dubio pro reo“ „entgegen der Rechtsprechung des VwGH“ an und weiche von der Rechtsprechung zum Erfordernis einer Verfolgungshandlung ab.
9 Hiezu ist auszuführen, dass in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).
10 Mit den bloßen Behauptungen, das Verwaltungsgericht wäre vom Grundsatz „in dubio pro reo“ sowie von der Rechtsprechung zum Erfordernis einer Verfolgungshandlung abgewichen, wird daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
11 Soweit die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes gerügt wird, ist der Revisionswerber darauf hinzuweisen, dass Fragen der Beweiswürdigung regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen. Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen; die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen Sofern der Revisionswerber - vermutlich - das Fehlen einer Beweisaufnahme moniert, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme im Einzelfall notwendig ist, dem Verwaltungsgericht obliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa VwGH 13.7.2022, Ra 2022/02/0126, mwN). Solches ist angesichts der Tatsache, dass der Revisionswerber keine Relevanz der unterlassenen Beweisaufnahme aufzeigt, nicht ersichtlich.
12 Sofern schließlich ein Abweichen von der Rechtsprechung im Hinblick auf das Vorliegen eines „verwertbaren Ergebnisses“ behauptet wird, ist dem entgegenzuhalten, dass sich das Verwaltungsgericht mit diesem Vorbringen beschäftigt und unter Zitierung näherer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (u.a. VwGH 30.10.2006, 2005/02/0332) die Erwartung „verwertbarer Ergebnisse“ bejaht hat. Inwiefern daher ein Abweichen von dieser Judikatur vorliegen sollte, wird in dem allein maßgeblichen Zulässigkeitsvorbringen nicht näher dargestellt, sodass auch mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
13 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen. Die Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt 2. des vom Verwaltungsgericht bestätigten Straferkenntnisses ergeht vom hiezu zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes.
14 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 12. Oktober 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020181.L00Im RIS seit
08.11.2022Zuletzt aktualisiert am
08.11.2022