Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des K in H, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 8. Juni 2022, 405-4/4730/1/7-2022, betreffend Übertretungen der StVO und des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Juli 2019 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe 1. am 2. September 2018 um 03:49 Uhr außerhalb eines Ortsgebietes an einer näher bezeichneten Stelle auf der A1 Westautobahn in Fahrtrichtung Wien mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die in diesem Bereich durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 72 km/h überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei, und 2. die mit Schreiben der Landespolizeidirektion Salzburg vom 3. April 2019 verlangte Lenkerauskunft, wer das näher umschriebene Kraftfahrzeug am 2. September 2018 um 03:49 Uhr am angegebenen Ort gelenkt habe, nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt und auch keine andere Person benannt, die die Auskunft hätte erteilen können. Der Revisionswerber habe dadurch 1. § 52 lit. a Z 10a StVO und 2. § 103 Abs. 2 KFG verletzt, weshalb über ihn zu Spruchpunkt 1. gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage und 20 Stunden) und zu Spruchpunkt 2. gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 90,-- festgesetzt wurden.
2 2.1. Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) mit Erkenntnis vom 11. November 2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 180,-- fest und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 2.2. Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 21. September 2020, E 4679/2019-12, abgelehnt und die Beschwerde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 10. November 2020, E 4679/2019-14, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
4 2.3. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 2021, Ra 2021/02/0023, wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 11. November 2019 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil das Verwaltungsgericht es verabsäumt habe, den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses in seinem Abspruch um die Fundstellen der der Entscheidung zugrunde gelegten verletzten Verwaltungsvorschriften und Strafsanktionsnormen zu ergänzen.
5 2.4. Im fortgesetzten Verfahren wies das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 7. Juli 2021 die Beschwerde gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Juli 2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und bestätigte den Spruch des Straferkenntnisses mit der Maßgabe der Ergänzung der verletzten Verwaltungsvorschriften sowie der Strafsanktionsnormen um ihre Fundstellen. Weiters setzte das Verwaltungsgericht einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 180,-- fest und sprach aus, dass eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.
6 2.5. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 29. November 2021, E 3136/2021-15, ab und trat diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 22. Dezember 2021, E 3136/2021-18, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
7 2.6. Der Verwaltungsgerichtshof hob die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes vom 7. Juli 2021 mit Erkenntnis vom 19. April 2022, Ra 2022/02/0024, erneut wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, weil es sich bei dem vom Verwaltungsgericht ergänzten Fundstellen nicht um jene Fundstellen gehandelt habe, in denen die jeweils zum Tatzeitpunkt geltende Rechtsvorschrift im Bundesgesetzblatt auffindbar gewesen sei.
8 2.7. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 8. Juni 2022 wurde der Beschwerde nach Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung teilweise Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit den Maßgaben der Herabsetzung der Strafe zu Spruchpunkt 1. auf € 500,--, Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage und 6 Stunden, und zu Spruchpunkt 2. auf € 150,--, Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage und 6 Stunden, sowie der Ergänzung der verletzten Verwaltungsvorschriften und der Strafsanktionsnormen um ihre Fundstellen bestätigt. Weiters reduzierte das Verwaltungsgericht den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf € 65,--, sprach aus, dass für das Beschwerdeverfahren keine Kosten anfielen, und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
9 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe zur Tatzeit am Tatort die dort durch Verkehrszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um zumindest 72 km/h überschritten. Zur Tatzeit sei die Beschränkung gemäß Plandarstellung ON 15 der Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 30. Mai 2018, Zahl 05/04/39938/2018/007, Phase 10 - Gesamtdarstellung, Verkehrsführung untertags, aktiviert gewesen, bei der eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h gegolten habe. Ferner habe der Revisionswerber der Aufforderung der Landespolizeidirektion Salzburg vom 3. April 2019 (zugestellt am 9. April 2019), als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs. 2 KFG binnen zwei Wochen bekanntzugeben, wer das genannte Kfz am Tatort zur Tatzeit gelenkt habe, nicht entsprochen. Er habe das schriftliche Auskunftsverlangen unbeantwortet gelassen.
10 Nach Darstellung seiner Beweiswürdigung führte das Verwaltungsgericht rechtlich zur Nichterteilung der Lenkerauskunft - sofern für die Revision von Bedeutung - aus, § 103 Abs. 2 KFG sehe keine zeitliche Beschränkung der Auskunftspflicht vor; die Behörde dürfe jedoch nicht willkürlich vorgehen. Ein Auskunftsverlangen dürfe nur solange gestellt werden, als mit einer sinnvollen Verwertung des Ergebnisses der Auskunft gerechnet werden könne. Vorliegend stehe außer Streit, dass nach etwa sieben Monaten die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens oder die Anordnung führerscheinrechtlicher Maßnahmen gegen den Schuld tragenden Lenker noch möglich gewesen sei. Die sachliche Rechtfertigung für ein Auskunftsverlangen sei daher gegeben gewesen und die ins Treffen geführte „zeitliche Schranke“ jedenfalls nicht überschritten worden. Das Auskunftsverlangen der Behörde gemäß § 103 Abs. 2 KFG sei an den Revisionswerber als Fahrzeughalter gerichtet gewesen. Der Revisionswerber sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Beschuldigter geführt worden und die Behörde habe noch nicht gewusst, wer als Lenker in Frage komme. Erst nach der unterlassenen Auskunft habe die Behörde anderweitige Ermittlungen angestellt, den am Frontfoto erkennbaren Lenker zu identifizieren. Unter Verweis auf Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes erachtete das Verwaltungsgericht diese Vorgehensweise als zulässig. Die Haltlosigkeit der behaupteten Verletzung des Rechts nach Art. 6 EMRK, sich als Beschuldigter nicht belasten zu müssen, erschließe sich im Übrigen aus der Ablehnung der „Verfassungsgerichtshofbeschwerden“ gegen die Vorentscheidungen des Verwaltungsgerichtes. Für die Konkretisierung der Tat bedürfe es bei einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG keiner separaten Anführung des Tatortes und der Tatzeit, weil mit einer Bezeichnung der Behörde sowie des Datums des Auskunftsverlangens diese Spruchelemente ausreichend bezeichnet seien.
11 Zur Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit führte das Verwaltungsgericht - soweit für die Revision von Relevanz - zusammengefasst aus, die Verordnung vom 30. Mai 2018, Zahl 05/04/39938/2018/007, sei vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde aufgrund von Bauarbeiten auf der Westautobahn erlassen worden. Gemäß § 45 Salzburger Stadtrecht 1966 dürfe der Bürgermeister Aufgaben des übertragenen Wirkungsbereiches an seinen Stellvertreter oder Stadträte zur Besorgung in seinem Namen übertragen, was mit einer näher genannten Ressortübertragung an Stadtrat J P, in dessen Ressort das Verkehrs- und Straßenrechtsamt gefallen sei, erfolgt sei. Die Approbationsbefugnis des mit der Verordnungserlassung beauftragten Magistratsbediensteten D H sei von der Leitung des betreffenden Amtes bestätigt worden.
12 Zur Strafbemessung hielt das Verwaltungsgericht nach Darstellung der anzuwendenden Strafnormen fest, § 103 Abs. 2 KFG liege die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige Erhebungen ermöglicht werde. Dieses Interesse sei hier eindeutig beeinträchtigt aber nicht vereitelt worden, weil die Behörde den Lenker aufgrund des Frontfotos habe ermitteln können und die Tat somit nur einen erhöhten Ermittlungsaufwand zur Folge gehabt habe. Eine Strafe von 4% des Strafrahmens entspreche dem Unrechtsgehalt der Tat. Zur Übertretung des § 52 lit. a Z 10 StVO führte das Verwaltungsgericht aus, der Beschuldigte habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um zumindest 72 km/h überschritten. Die deswegen verhängte Geldstrafe liege im unteren Drittel des Strafrahmens. Auf der subjektiven Tatseite liege im Hinblick auf das Tatbild des § 99 Abs. 2e StVO Fahrlässigkeit vor. Strafmildernd sei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer seit Tatbegehung. Besondere weitere mildernde oder erschwerende Umstände seien nicht aufgekommen. Aufgrund der mildernden Umstände (insbesondere der längeren Verfahrensdauer) sei eine Herabsetzung der Strafen im spruchgemäßen Umfang vorzunehmen gewesen. Eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG käme im Hinblick auf die Geschwindigkeitsüberschreitung mangels eines beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe nicht in Betracht. Die Strafen in der nunmehrigen Höhe seien auch im Interesse der Generalprävention geboten gewesen, um andere Personen von Übertretungen der gleichen Art abzuhalten, und um dem Revisionswerber das Unrecht seiner Taten angemessen vor Augen zu führen. Eine weitere Herabsetzung hätte eine Unterbewertung des Unrechtsgehaltes der Taten bedeutet.
13 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
14 Die Revision erweist sich als unzulässig:
15 4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert -vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 4.2.1. Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot geltend, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Strafbemessung ausgeführt habe, dass der Revisionswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um zumindest 72 km/h überschritten habe. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h sei bereits Tatbestandsmerkmal des § 99 Abs. 2e StVO, sodass das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung nicht nochmals bei der Strafbemessung herangezogen hätte werden dürfen.
19 Gemäß der Judikatur zum Doppelverwertungsverbot dürfen Umstände, die für den Tatbestand oder den Strafsatz relevant sind, nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber hat die mit einer erhöhten Geschwindigkeitsüberschreitung einhergehenden Umstände bereits durch die Gliederung der Absätze in § 99 StVO mit ihren unterschiedlichen Strafrahmen entsprechend gewichtet (vgl. VwGH 21.7.2020, Ra 2020/02/0011, mwN).
20 Es trifft zwar zu, dass das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung bereits für den anzuwendenden Strafsatz relevant war, jedoch stellte das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Strafbemessung nicht auf die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung ab. Das konkrete Ausmaß der Überschreitung wurde vom Verwaltungsgericht weder als erschwerend herangezogen noch setzte es sich mit diesem wertend auseinander, sodass die bloße Wiederholung dieses Umstandes im Rahmen der Strafbemessung keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot zu begründen vermag (vgl. demgegenüber die in der Revision zitierte Judikatur VwGH 16.3.2018, Ra 2017/02/0265, wonach die konkrete Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit vom Verwaltungsgericht in unzulässiger Weise als „außergewöhnlich hohes Verschulden“ gewertet worden sei; und VwGH 11.9.2019, Ra 2019/02/0094, wonach der Revisionswerber die nach § 99 Abs. 2e StVO für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb des Ortsgebietes geltende Untergrenze von 50 km/h nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes „bedeutsam“ überschritten habe und „Geschwindigkeitsüberschreitungen, insbesondere in dem hier gegebenen sehr hohen Ausmaß“, dem Rechtsgut Verkehrssicherheit sehr abträglich seien).
21 4.2.2. Des Weiteren wird in der Revision zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, der Spruch des behördlichen Straferkenntnisses entspreche betreffend den Tatvorwurf der Verweigerung der Lenkerauskunft nach § 103 Abs. 2 KFG nicht § 44a Z 1 VStG, weil als Tatort der Sitz der anfragenden Behörde und als Tatzeit der Tatzeitraum von zwei Wochen ab Zustellung des Lenkerauskunftsersuchens anzuführen gewesen wäre. Die Angabe des Tages der Zustellung sei beim Vorwurf der Verweigerung der Lenkerauskunft zur Tatzeitkonkretisierung aus näher genannten Gründen unverzichtbar. Mangels einer tauglichen, alle Tatbestandmerkmale des § 103 Abs. 2 KFG umfassenden Verfolgungshandlung sei Verfolgungsverjährung eingetreten.
22 Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der maßgebliche Tatort für das Unterlassungsdelikt nach § 103 Abs. 2 KFG der Ort ist, an dem der Täter hätte handeln sollen, also der Sitz der anfragenden Behörde, wobei die Anführung dieser genügt (vgl. hierzu VwGH 08.04.2019, Ra 2018/02/0037, mwN). Zur Konkretisierung der Tatzeit nach § 103 Abs. 2 KFG reicht es aus, wenn sich aus dem Spruch jedenfalls das Anfragedatum ergibt, das Datum der Zustellung der Aufforderung im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG braucht daneben indes nicht im Spruch aufzuscheinen und braucht auch nicht Inhalt einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung zu sein (vgl. VwGH 7.3.2016, Ra 2016/02/0006, mwN).
23 Aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ergibt sich, dass der Revisionswerber von der Landespolizeidirektion Salzburg mit Schreiben vom 3. April 2019 aufgefordert wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung die Lenkerauskunft zu erteilen, sodass kein Abweichen von der zitierten Judikatur ersichtlich ist.
24 4.2.3. Der Revisionswerber erachtet die Revision auch deshalb als zulässig, weil Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob die Nichterteilung der Lenkerauskunft neben bzw. zusätzlich zum Grunddelikt im Hinblick auf das Recht zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten unter Strafe gestellt werden dürfe. Der vorliegende Fall unterscheide sich von den Fällen „Lückhof und Spanner“, weil dort keine Strafen wegen der Grunddelikte, die Anlass für die behördlichen Lenkerauskunftsersuchen gewesen seien, ausgesprochen worden seien. Im vorliegenden Fall sei sowohl eine Bestrafung wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft als auch wegen des Grunddelikts ausgesprochen worden, weshalb der Zusammenhang zwischen dem Lenkerauskunftsersuchen und der Bestrafung wegen des Grunddeliktes nicht lose und hypothetisch sei.
25 Der Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich der Verweigerung der Lenkerauskunft unter Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 8. April 2004, 38544/97, Weh/Österreich, bereits festgehalten, dass eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht vorliegt, wenn der Zusammenhang zwischen der Auskunftspflicht und einem Strafverfahren lose und hypothetisch ist; diesfalls steht das Selbstbezichtigungsverbot bzw. Schweigerecht einer Auskunftspflicht nicht entgegen (vgl. VwGH 23.5.2014, Ro 2014/02/0082; 24.2.2014, 2013/17/0834). Der Zwang zur Preisgabe belastender Informationen wurde vom EGMR etwa dann als Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK gewertet, wenn im Zeitpunkt des Auskunftverlangens gegen den Betroffenen bereits ein Strafverfahren anhängig war oder ein konkreter Tatverdacht bestand (EGMR vom 8. April 2004, 38544/97, Weh/Österreich, Z 52).
26 Das Verwaltungsgericht ging offenkundig davon aus, dass im Zeitpunkt der Lenkeranfrage an den Revisionswerber nur ein loser und hypothetischer Zusammenhang zwischen dieser und dem Strafverfahren wegen der der Anfrage zugrundeliegenden Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bes