Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §12a idF 1995/257;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der NN-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 27. April 1995, Zl. 10/6702 B/9379/MÜ, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei stellte am 4. Februar 1993 beim Arbeitsamt Persönliche Dienste-Gastgewerbe den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die "jugoslawische/serbische" Staatsbürgerin A.S. für die berufliche Tätigkeit als "Küchenhelferin".
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 10. März 1993 gemäß § 4 Abs 6 AuslBG ab. In der Begründung wurde nach Zitierung des § 4 Abs 6 AuslBG festgestellt, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs 6 Z 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
Die dagegen von der beschwerdeführenden Partei eingebrachte Berufung wurde vom Landesarbeitsamt Wien mit Bescheid vom 5. Juli 1993 unter Bezugnahme auf § 4 Abs 6 in Verbindung § 4 Abs 1 und § 13a AuslBG abgewiesen.
Gegen diesen Berufungsbescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diesen mit Erkenntnis vom 15. September 1994, Zl. 93/09/0319, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob.
Im fortgesetzten Verfahren teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit Vorhalt vom 31. Jänner 1995 mit, daß gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG Beschäftigungsbewilligungen, soweit eine Höchstzahl für das gesamte Bundesgebiet festgesetzt sei, nur unter der Voraussetzung erteilt werden dürften, daß diese Höchstzahl nicht überschritten werde. Gemäß § 12a AuslBG (i.d.F. BGBl. Nr. 501/1993) dürfe die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 8 % am österreichischen Arbeitskräftepotential (Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten Inländer und Ausländer; Bundeshöchstzahl) nicht übersteigen. Diese Gesamtzahl betrage gemäß Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 29. November 1994, BGBl. Nr. 944/1994, für das Kalenderjahr 1995: 262.000. Laut Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl, Stand Ende
Dezember 1994/Anfang Jänner 1995, gebe es
281.947 Anrechnungsfälle, was eine Überziehung der Bundeshöchstzahl um 19.947 ausländische Arbeitskräfte (= 7,61 %) und somit für den Zeitpunkt der Entscheidung eine Überschreitung der Bundeshöchstzahl für das Kalenderjahr 1995 bedeute. Ab Erreichen der Bundeshöchstzahl dürften Beschäftigungsbewilligungen nur noch für Ausländer erteilt werden, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag bereits der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterlägen. Es sei festgestellt worden, daß A.S. nicht aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG unselbständig beschäftigt sei, keinen Arbeitslosengeldanspruch habe und für sie auch keine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. A.S. unterliege daher nicht der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. April 1995 (der beschwerdeführenden Partei zugestellt am 28. April 1995) gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 4 Abs 7 und § 12a AuslBG "in der derzeit geltenden Fassung", sowie unter Anwendung der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995 vom 29. November 1994, BGBl. Nr. 944/1994, keine Folge. In der Begründung zitierte die belangte Behörde eingangs - wörtlich übereinstimmend mit dem Vorhalt vom 31. Jänner 1995, d.h. mit dem VOR dem BGBl. Nr. 257/1995 in Geltung gestandenen Wortlaut - die Gesetzesbestimmungen des § 4 Abs. 7 und § 12a AuslBG. Nach Ausführungen zur Überschreitung der Bundeshöchstzahl Ende März 1995 stellte sich die belangte Behörde auf den Standpunkt, ab Erreichen der Bundeshöchstzahl dürften Beschäftigungbewilligungen nur noch für Ausländer erteilt werden, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag bereits der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterlägen. Es sei festgestellt worden, daß die beantragte ausländische Arbeitskraft nicht aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG unselbständig beschäftigt sei, keinen Arbeitslosengeldanspruch habe und für sie auch keine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. Die beantragte ausländische Arbeitskraft gehöre nicht zum Personenkreis, der bereits auf die ausgeschöpfte Bundeshöchstzahl angerechnet werde; die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung hätte somit eine weitere Überschreitung der Bundeshöchstzahl zur Folge. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens seien der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 31. Jänner 1995, zugestellt am 2. Februar 1995, zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine solche sei nicht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Eine Rechtsmittelbehörde hat im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, sowie z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, 93/09/0022). Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (mit seiner Zustellung am 28. April 1995) stand der im angefochtenen Bescheid als Rechtsgrundlage herangezogene § 4 Abs. 7 AuslBG in der angewandten Fassung (des BGBl. Nr. 218/1974 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) nicht mehr in Geltung. Mit
BGBl. Nr. 257/1995 vom 11. April 1995 (in Kraft getreten gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG am 12. April 1995) war nämlich § 4 Abs. 7 (auch § 12a Abs. 2) AuslBG - in Richtung Überschreitungsmöglichkeit der Bundeshöchstzahl (siehe dazu die am 22. April 1995, somit ebenfalls vor Erlassung des angefochtenen Bescheides, in Kraft getretene Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung BGBl. Nr. 278/1995) - novelliert worden.
Wegen Heranziehung der unrichtigen (auch inhaltlich geänderten) Rechtsgrundlage - an der die Ausführungen in der Gegenschrift nichts zu ändern vermochten - war der angefochtene Bescheid bereits deshalb wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995090161.X00Im RIS seit
20.11.2000