TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/7 95/09/0170

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Veröffentlicht am 07.03.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §12a idF 1995/257;
AuslBG §4 Abs7 idF 1995/257;
AVG §56;
BHZÜV 1995;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der M Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 2. Mai 1995 (ohne Zahl), betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei stellte am 15. Februar 1995 den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den kroatischen Staatsbürger V S für die berufliche Tätigkeit als "Maurer-Fassader".

Diesen Antrag wies die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit Bescheid vom 20. Februar 1995 gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG ab. Gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG dürfe eine Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft, soweit eine Höchstzahl für das gesamte Bundesgebiet festgesetzt ist, nur unter der Voraussetzung erteilt werden, daß diese Höchstzahl nicht überschritten werde. Die zulässige Höchstzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer betrage aufgrund der "Kundmachung" des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 944/1994 für das Kalenderjahr 1995 262.000. Diese Zahl sei, wie sich aus den Statistiken des Arbeitsmarktservice Österreich ergebe, bereits überschritten. Der beantragte Ausländer zähle nicht zu dem auf die Bundeshöchstzahl bereits angerechneten Personenkreis. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung hätte daher eine weitere Überschreitung der Bundeshöchstzahl zur Folge. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sei somit in der gegenwärtigen Situation gemäß § 4 Abs. 7 AuslBG ausgeschlossen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Mai 1995 (der beschwerdeführenden Partei zugestellt am 3. Mai 1995) gab die belangte Behörde der dagegen eingebrachten Berufung gemäß § 4 Abs 7 und § 12a AuslBG "in der derzeit geltenden Fassung", sowie unter Anwendung der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995 vom 29. November 1994, BGBl. Nr. 944/1994, keine Folge. In der Begründung zitierte die belangte Behörde eingangs - wörtlich übereinstimmend mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 20. Februar 1995, d.h. mit dem VOR dem BGBl. Nr. 257/1995 in Geltung gestandenen Wortlaut - die Gesetzesbestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG. Weiters führte die belangte Behörde aus, gemäß § 12a AuslBG ("i.d.F. BGBl. Nr. 501/1993, Z. 2") dürfe die Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer den Anteil von 8 % am österreichischen Arbeitskräftepotential (Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten Inländer und Ausländer; Bundeshöchstzahl) nicht übersteigen. Nach Ausführungen zur Überschreitung der Bundeshöchstzahl Ende März 1995 stellte sich die belangte Behörde auf den Standpunkt, ab Erreichen der Bundeshöchstzahl dürften Beschäftigungbewilligungen nur noch für Ausländer erteilt werden, die zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag bereits der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterlägen. Es sei festgestellt worden, daß die beantragte ausländische Arbeitskraft nicht aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG unselbständig beschäftigt sei, keinen Arbeitslosengeldanspruch habe und für sie auch keine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. Die beantragte ausländische Arbeitskraft gehöre nicht zum Personenkreis, der bereits auf die ausgeschöpfte Bundeshöchstzahl angerechnet werde; die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung hätte somit eine weitere Überschreitung der Bundeshöchstzahl zur Folge. Auf weitere Erteilungsvoraussetzungen sei nicht einzugehen, weil auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen eine Bewilligung entgegen § 4 Abs. 7 AuslBG nicht erteilt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eine Rechtsmittelbehörde hat im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A, sowie z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, 93/09/0022). Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (mit seiner Zustellung am 3. Mai 1995) stand der im angefochtenen Bescheid als Rechtsgrundlage herangezogene § 4 Abs. 7 AuslBG in der dort angewandten Fassung (des BGBl. Nr. 218/1974 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) nicht mehr in Geltung. Mit BGBl. Nr. 257/1995 vom 11. April 1995 (in Kraft getreten gemäß Art. 49 Abs. 1 B-VG am 12. April 1995) war nämlich § 4 Abs. 7 (auch § 12a Abs. 2) AuslBG - in Richtung Überschreitungsmöglichkeit der Bundeshöchstzahl (siehe dazu auch die am 22. April 1995, somit ebenfalls vor Erlassung des angefochtenen Bescheides, in Kraft getretene Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung, BGBl. Nr. 278/1995) - novelliert worden.

Wegen Heranziehung der unrichtigen - auch inhaltlich geänderten - Rechtsgrundlage war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer, die neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuzusprechen ist, und Stempelgebühren für zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderliche Beilagen (auch der angefochtene Bescheid war nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen).

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995090170.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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