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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des TW und der Verlassenschaft nach der am 7. Dezember 1992 verstorbenen WW (diese vertreten durch den unbedingt erbserklärten Erben TW), in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom vom 1. Februar 1994, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einer Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Persönliche Dienste-Gastgewerbe vom 2. August 1993, mit dem ein Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die "jugoslawische" Staatsangehörige LK für die berufliche Tätigkeit als "Hausbesorgerin" gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG abgelehnt worden war, keine Folge. Der angefochtene Bescheid stützt sich dazu auf § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 4 Abs. 6 i.V.m. § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG. Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtslage wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, die beantragte Ausländerin solle als "Hausbesorgerin mit Dienstwohnung" beschäftigt werden. Eine Überprüfung der Lage auf dem verfahrensgegenständlichen Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzkräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem im § 4b AuslBG angeführten begünstigten Personenkreis zugehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen des vorrangig zu vermittelnden Personenkreises des § 4b AuslBG. Nach Klärung der Lohnsituation und der "Bekanntgabe Ihres ausgewiesenen Vertreters", daß das Hausbesorgereinkommen durch eine zusätzliche Beschäftigung auf S 12.500,-- erhöht werde, seien mit Schreiben vom 3. Dezember 1993 Arbeitskräfte, die beim Arbeitsamt im Vermittlungsauftrag stünden, angeboten worden. Im Antwortschreiben vom 7. Dezember 1993 sei aber kein Interesse an diesen Ersatzkräften gezeigt worden. Durch "Ihr Desintersse an der angebotenen Ersatzkraftstellung haben Sie sich die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen". Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte Ausländerin zu begründen.
Das in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnte Antwortschreiben vom 7. Dezember 1993 hatte folgenden Wortlaut:
... "Es ist uns freilich nicht bekannt, ob eine Ersatzstellung durch inländische und ausländische Hausbesorger, die Arbeitslosenentgelt beziehen und beim Arbeitsamt in Vermittlungsvormerkung stehen, möglich ist. Zugestanden sei, daß im Hinblick auf die zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ein dringendes öffentliches Interesse an der Vermittlung dieser Personen besteht.
Aufgrund des Gesetzes ist allerdings auf dieses Interesse nicht Bedacht zu nehmen. Entscheidend ist alleine, ob ein bestimmter Inländer oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung besteht, welcher bereit und fähig ist, die KONKRETE BESCHÄFTIGUNG zu den genannten Bedingungen auszuüben. Wir verweisen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.2.1988 (ZfVB 1988/1767), in welchem dieser eingehend ausgeführt hat, daß der vorliegende Vorhalt nicht die auf den gegebenen Fall bezogenen konkreten Tatsachenfeststellungen enthält."
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch zwar auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt, konkret aber in der Begründung nur den Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 AuslBG herangezogen. Es erübrigen sich damit Ausführungen zu dem in der Beschwerde (und in der Gegenschrift) erstatteten Vorbringen zum allfälligen Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG.
Die Beschäftigungsbewilligung ist nach § 4 Abs. 1 AuslBG zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, etc.) vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, 92/09/0179, und viele andere).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. April 1993, 93/09/0039) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben.
Diese Beweisführung erübrigt sich dann, denn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. in diesem Sinne etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. September 1993, 93/09/0155, vom 19. Februar 1993, 92/09/0242, und vom 20. April 1995, 94/09/0390).
Im Beschwerdefall glaubte die belangte Behörde, aus dem - im Sachverhalt wörtlich wiedergegebenen - Antwortschreiben vom 7. Dezember 1993 ableiten zu können, eine Stellung von Ersatzkräften werde von vornherein und grundlos abgelehnt. Dazu ist zu sagen, daß das Antwortschreiben - worauf die Beschwerde zu Recht verweist - im wesentlichen nur die Voraussetzungen für ein ordnungsgemäß durchgeführtes Vermittlungsverfahren anspricht, aber daraus kein Desinteresse an der Durchführung eines solchen erkennbar abzuleiten ist.
Da die belangte Behörde damit ausgehend von einem unrichtigen Verständnis des Antwortschreibens vom 7. Dezember 1993 zu Unrecht davon Abstand genommen hat, im Beschwerdefall konkrete Ersatzkräfte anzubieten und so ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung von einer ausreichenden Prüfung der Voraussetzungen für eine Abweisung des Antrages auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung abgesehen hat, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0379, und vom 7. September 1995, 94/09/0259).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994090050.X00Im RIS seit
20.11.2000