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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Niederösterreich vom 21. März 1994, Zl. IIe 6702 B/1 218945, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 10. Jänner 1994 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die rumänische Staatsangehörige L für die berufliche Tätigkeit als Küchengehilfin.
Nach den Angaben im angefochtenen Bescheid erfolgte die Ablehnung dieses Antrages gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG im wesentlichen mit der Begründung, daß keiner der wegen der überschrittenen Landeshöchstzahl erforderlichen wichtigen Gründe im Sinne dieser Gesetzesstelle vorliege (Anm.: der erstinstanzliche Bescheid befindet sich nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten).
In der Berufung vom 28. Jänner 1994 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 14. Jänner 1994 wurde im wesentlichen vorgebracht, daß M. als dringender Ersatz für eine ausgeschiedene ausländische Arbeitskraft benötigt werde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge. Nach Darstellung der Rechtslage (hier auch jener zum erschwerten Verfahren nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG) wurde in der Begründung ausgeführt, in der Berufsart, für die die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung für die ausländische Arbeitskraft beantragt werde, seien im Bereich des Landesarbeitsamtes wesentlich mehr Personen arbeitssuchend vorgemerkt, als offene Stellen zur Verfügung stünden. Die meisten dieser vorgemerkten Personen stünden im Leistungsbezug nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, weshalb an ihrer Unterbringung auf einem geeigneten Arbeitsplatz ein dringendes öffentliches Interesse bestehe. Das Arbeitsamt habe dem Beschwerdeführer auch die Vermittlung von geeigneten Arbeitskräften aus dem Kreis der "Vorgemerkten" anstelle der beantragten ausländischen Arbeitskraft angeboten. "Sie lehnten die Vorstellung bzw. Einstellung einer angebotenen Ersatzkraft schriftlich ab". Bei Vorhandensein einer geeigneten Ersatzkraft bestehe kein Rechtsanspruch auf eine individuell bevorzugte ausländische Arbeitskraft. Da die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht erfüllt seien, sei die Prüfung der erschwerten Bedingungen gemäß § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht mehr erforderlich. Die Berufungsausführungen hätten damit auch zu keiner anderen Entscheidung führen können.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat (wenn auch offenbar unvollständig) die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, allerdings keine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid erkennbar nur auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt. Es erübrigen sich damit Ausführungen zum allfälligen Vorliegen von Gründen nach § 4 Abs. 6 AuslBG und damit auch zu dem hiezu erstatteten Beschwerdevorbringen.
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1994, 93/09/0404, u. v.a.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. April 1993, 93/09/0039) darf bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 AuslBG nicht außer acht gelassen werden, daß die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen erst dann zum Tragen kommen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zuläßt. Das wird aber immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung erübrigt sich dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein und unbegründet abgelehnt wird (vgl. nochmals das bereits zitierte Erkenntnis vom 23. Februar 1994, m.w.N.).
Die Begründung eines Bescheides muß grundsätzlich erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Sind die den tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen des angefochtenen Bescheides für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel vor (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 600 ff angeführte Judikatur).
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zwar offenbar eine unbegründete Ablehnung von Ersatzkräften angenommen, aber nicht nachvollziehbar dargestellt, worauf sich diese Ansicht (die Ablehnung der "Vorstellung bzw. Ablehnung einer angebotenen Ersatzkraft") konkret stützt. Mangels insoweit fehlender Feststellungen ist beispielsweise auch das insofern mit der Bescheidbegründung im Widerspruch stehende Beschwerdevorbringen nicht auf seine Berechtigung hin überprüfbar, wonach ein Ersatzkraftstellungsverfahren wegen mangelnder Eignung oder Desinteresse der "Ersatzkräfte" erfolglos geblieben sei.
Der angefochtene Bescheid war damit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich (im Rahmen des Kostenbegehrens) auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anwendbaren Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994090120.X00Im RIS seit
20.11.2000