TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/7 94/09/0044

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Veröffentlicht am 07.03.1996
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 11. Jänner 1994, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 3. September 1992 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für P (Staatsangehörigkeit "CSFR") für die berufliche Tätigkeit als Au-Pair-Mädchen.

Den Antrag lehnte das zuständige Arbeitsamt mit Bescheid vom 28. September 1992 gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der "Au-Pair" Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Auch habe der Vermittlungsausschuß die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet und darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung rügte der Beschwerdeführer eine "formularmäßige" Gestaltung der Begründung des Bescheides erster Instanz. Hätte das Arbeitsamt nämlich in "gesetzmäßiger Weise ein Ermittlungsverfahren durchgeführt", hätte es festgestellt, daß auf dem Teilarbeitsmarkt der Au-Pair keine arbeitssuchenden Personen vorgemerkt seien, die für eine Vermittlung in Betracht kämen. Er habe sich selbst beim Auslandssozialdienst um eine Vermittlung bemüht und es habe ihm gerade noch rechtzeitig vor Schulbeginn die nunmehr beantragte Ausländerin angeboten werden können (eine andere Arbeitskraft habe kurzfristig abgesagt und aus persönlichen Gründen eine andere Au-Pair-Stelle angenommen). Das Arbeitsamt habe dem Beschwerdeführer durch viele Jahre hindurch für die in seiner Familie beschäftigten Au-Pair Beschäftigungsbewilligungen erteilt. Die Besetzung der Au-Pair-Stelle sei für ihn von entscheidender Bedeutung, da drei Kinder (geboren 1979, 1982 und 1985) zu betreuen seien und seine Ehegattin ebenfalls berufstätig sei. Zuletzt habe das Arbeitsamt eine Beschäftigungsbewilligung für M. erteilt, die nach Abschluß des letzten Schuljahres wieder nach Fr. zurückgekehrt sei. Durch das Ausscheiden dieser Ausländerin sei die Au-Pair-Stelle frei geworden und ein dringender Ersatz notwendig. Es liege daher die Voraussetzung des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG vor. Dies sei dem Arbeitsamt aus dem ihm seit vielen Jahren erteilten Beschäftigungsbewilligungen für Au-Pair bekannt.

Nach Durchführung eines - für die nunmehrige Entscheidung inhaltlich nicht relevanten Vorhaltsverfahrens - gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11. Jänner 1994 der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG keine Folge. In der Begründung werden die dazu maßgebliche Rechtslage zitiert, die Überschreitung der für das Kalenderjahr 1994 mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 26. November 1993, BGBl. Nr. 794/1993, mit 91.000 für das Bundesland Wien festgelegten Landeshöchstzahl festgestellt und zu § 4 Abs. 6 AuslBG allgemein die dazu nach Ansicht der belangte Behörde erforderlichen Erteilungsvoraussetzungen dargestellt. Abschließend wird in der Begründung ausgeführt, es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer sei in seinem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für ein Au-Pair-Mädchen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur Gegenschrift hat der Beschwerdeführer einen "weiteren Schriftsatz" und dazu die belangte Behörde eine Replik erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Der Beschwerdeführer hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG (insbesondere das Überschreiten der Landeshöchstzahl) nicht bestritten, allerdings in der Berufung das Vorliegen von Tatbestandsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG - mit näherer Begründung - behauptet. Er ist daher seiner Pflicht, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend sein könnten, nachgekommen. Damit bestand die Verpflichtung der belangten Behörde, sich mit den vorgebrachten Gründen auseinanderzusetzen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0139). Demgegenüber hat sich die belangte Behörde mit der formelhaften Feststellung begnügt, es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde. Dies stellt aber im bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren keine nachvollziehbare und somit auch nicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüfbare Begründung dafür dar, warum die belangte Behörde entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers vom Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG ausging. Der angefochtene Bescheid war damit bereits deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Hinzuweisen ist darauf, daß ein wesentlicher Begründungsmangel durch Ausführungen in der Gegenschrift grundsätzlich nicht ersetzt werden kann (vgl. beispielsweise die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 607 zitierte Rechtsprechung). Damit konnten auch die Ausführungen des Beschwerdeführers im "weiteren Schriftsatz" (und in der Replik), die auf einer - nachgeholten - Bescheidbegründung in der Gegenschrift beruhten, dahingestellt bleiben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schriftsatzaufwand war nur für die Beschwerde, Stempelgebühren waren für die in dreifacher Ausfertigung beizubringende Beschwerdeschrift und die Beilage des angefochtenen Bescheides zuzusprechen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994090044.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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