TE Vwgh Erkenntnis 1966/9/20 1765/65

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.1966
beobachten
merken

Index

Ankündigungs- und Anzeigenabgaben
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
50/04 Berufsausbildung

Norm

BAG 1969 §5 Abs1
VStG §5 Abs1
VwGG §47
  1. VwGG § 47 heute
  2. VwGG § 47 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 47 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 47 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 47 gültig von 01.08.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 89/2004
  6. VwGG § 47 gültig von 05.01.1985 bis 31.07.2004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Werner und die Hofräte Dr. Hrdlitzka, Dr. Striebl, Dr. Skorjanec und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialoberkommissärs Öhler, über die Beschwerde des AW in P, vertreten durch Dr. Othmar Aigner, Rechtsanwalt in Hallein 229, gegen den Bescheid des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 5. Oktober 1965, Zl. VII-371/4-1965, betreffend die Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung nach § 5 Abs. 1 des Bäckereiarbeitergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung eines Aufwandersatzes wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 19. Jänner 1965 fand die Bezirkshauptmannschaft Hallein den Beschwerdeführer für schuldig, er habe am 27. Mai 1963 schon um 3 Uhr 03 früh mit der der Erzeugung von Backwaren dienenden Arbeit (Tafelarbeit) begonnen. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers wertete die Behörde als eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 des Bäckereiarbeitergesetzes, Gesetz vom 31. März 1955, BGBl. Nr. 69 (im folgenden kurz als BAG bezeichnet), und verhängte über ihn wegen dieser Übertretung gemäß § 19 Abs. 1 desselben Gesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe eine Arreststrafe in der Dauer von 14 Tagen. Zur Begründung wurde in Erwiderung auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers ausgeführt, die Behörde vermöge dessen Auffassung, er sei für die Einhaltung der Vorschriften des BAG durch seine Dienstnehmer nur insofern verantwortlich, als er diese entsprechend zu belehren habe, nicht zu teilen.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, nicht er habe, wie die Erstinstanz ihm vorwerfe, vorzeitig mit der Tafelarbeit begonnen; die ihm zur Last gelegte Handlung habe vielmehr einer seiner Dienstnehmer gesetzt. Für dessen Verhalten könne es aber eine „absolute“ Haftung seinerseits nicht geben. Der ihm obliegenden Belehrungs- und Ermahnungspflicht aber sei er nachgekommen. Ferner habe er sich durch Stichproben von der Einhaltung seiner bezüglichen Anordnungen überzeugt. Daher habe er sich darauf verlassen dürfen, daß seine Bediensteten vor dem in § 5 BAG festgesetzten Zeitpunkt (4 Uhr früh) nur die gemäß § 6 Abs. 2 desselben Gesetzes erlaubten Vorarbeiten durchführen würden. Schließlich bekämpfte der Beschwerdeführer hilfsweise auch die Strafe als unangemessen hoch.

Das Amt der Salzburger Landesregierung gab mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, namens des Landeshauptmannes erlassenen Bescheid vom 5. Oktober 1965 dieser Berufung nicht Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis. In dem angeführten Bescheid wird zur Begründung ausgeführt, der Inhaber eines Bäckereibetriebes sei als solcher dafür verantwortlich, daß in diesem Betrieb „die Bestimmungen des Gesetzes“ eingehalten würden. Er habe dafür Sorge zu tragen, daß Unzukömmlichkeiten durch seine Hilfsorgane unterblieben. Dieser Pflicht sei der Beschwerdeführer, aus welchem Grund immer, nicht nachgekommen, weshalb seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit eindeutig feststehe. Abschließend wurde ausgeführt, es sei zu berücksichtigen gewesen, daß im Betrieb des Beschwerdeführers wiederholt Übertretungen des Bäckereiarbeitergesetzes festgestellt und durch Verwaltungsstrafen geahndet worden seien.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid schon deshalb für inhaltlich rechtswidrig, weil in der durch die belangte Behörde übernommenen Umschreibung des inkriminierten Tatbestandes abweichend vom wahren Sachverhalt davon die Rede sei, er selbst habe vorzeitig mit der Tafelarbeit begonnen. Schon vor Erfließen der erstinstanzlichen Entscheidung habe er demgegenüber darauf aufmerksam gemacht, daß er zur Tatzeit weder in seinem Betrieb anwesend gewesen sei noch irgendwelche Bäckereiarbeiten verrichtet habe. Nun gehört es aber zum Begriff der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, daß derjenige, den diese Verantwortung trifft, als Täter auch dann anzusehen ist, wenn er das strafbare Verhalten zwar nicht selbst gesetzt, aber trotz Rechtspflicht hiezu schuldhaft nicht verhindert hat. Die strafrechtliche Verantwortung für die in einem Bäckereibetrieb vorfallenden Verstöße gegen die Vorschriften des BAG trifft grundsätzlich den Betriebsinhaber, im vorliegenden Fall also den Beschwerdeführer (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. April 1960, Zl. 996/58). Fraglich kann daher im gegebenen Zusammenhang nur sein, ob den Beschwerdeführer ein Verschulden daran trifft, daß in seinem Betriebe durch seine Angestellten, und zwar, wie er behauptet, ohne sein Wissen und ohne seinen Willen, zur Nachtzeit verbotswidrig Tafelarbeiten verrichtet worden sind. Der Beschwerdeführer stellt dies in Abrede und führt in dieser Hinsicht unter Berufung auf die im oben zitierten hg. Erkenntnis niedergelegte Rechtsanschauung aus, er habe seine Dienstnehmer über die Rechtslage (Verbot der nächtlichen Tafelarbeit) belehrt und die Einhaltung seiner Anordnung stichprobenartig überprüft. Er habe daher, wie dies nach dem erwähnten Vorerkenntnis Voraussetzung für seine Straffreiheit sei, alle jene Maßnahmen getroffen, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grunde die Einhaltung der Vorschrift des § 5 Abs. 1 BAG durch seine Dienstnehmer erwarten ließen. In der zur Gegenschrift der belangten Behörde erstatteten Äußerung hat der Beschwerdeführer des weiteren vorgebracht, er sei „nach wie vor“ jederzeit in der Lage, nachzuweisen, daß er seiner Belehrungs- und Überprüfungspflicht nachgekommen sei. Während des Verwaltungsstrafverfahrens hingegen hat er lediglich eine Behauptung dieses Inhaltes aufgestellt, Beweise hiefür aber nicht angeboten; das durch den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren, und zwar in der Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens vom 17. Oktober 1963, angebotene Beweismittel der Einvernahme eines seiner Dienstnehmer als Zeugen sollte nämlich entsprechend dem betreffenden Beweisantrag nicht der Klärung des hier in Betracht kommenden Themas, ob der Beschwerdeführer seiner Belehrungs- und Überwachungspflicht nachgekommen sei, dienen. Dies ungeachtet des Umstandes, daß, wie gleichfalls schon in dem mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom 28. April 1960 hervorgehoben worden ist, der Betriebsinhaber dann, wenn auf die übertretene Norm die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG zutreffen, was für die Norm des § 5 Abs. 1 BAG gegeben ist, in dieser Hinsicht beweispflichtig ist. Da sich bei dieser verfahrensrechtlichen Situation der Beschwerdeführer, um straflos zu bleiben, nicht auf beweislose Behauptungen hätte beschränken dürfen, sondern entsprechende Beweisanträge (etwa Einvernahme seiner Dienstnehmer als Zeugen) hätte stellen müssen, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Verschulden des Beschwerdeführers angenommen hat. Auch fällt der belangten Behörde die Unterlassung von Beweiserhebungen zu, diesem Thema nicht als Verfahrensmangel zur Last. Da demnach die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes den angefochtenen Bescheid nicht belastet und auch eine zur Aufhebung führende Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht feststellbar ist, war die zur Gänze unbegründete Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Das Kostenbegehren der belangten Behörde ist auf „kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde“ gerichtet. Diesem Antrag kann der Gerichtshof nicht entnehmen, welchen Aufwandersatz die belangte Behörde anspricht, weshalb er abzuweisen war (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 10. März 1966, Zl. 1419/65).

Wien, am 20. September 1966

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Allgemein Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1966:1965001765.X00

Im RIS seit

03.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten