TE Vwgh Erkenntnis 1978/7/4 0452/76

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Veröffentlicht am 04.07.1978
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Index

Baurecht - Tirol
L82000 Bauordnung
L82007 Bauordnung Tirol
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §64 Abs2
BauRallg implizit
LBauO Tir §8
VwGG §42 Abs5 implizit
VwGG §63 Abs1 implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rath und die Hofräte Dr. Straßmann, Dr. Griesmacher, DDr. Hauer und Dr. Würth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsrat Dr. Thumby über die Beschwerde des PK in W, vertreten durch Dkfm. Dr. Herbert Glaser, Rechtsanwalt in Kitzbühel, Josef-Pirchl-Straße 17, gegen den Gemeinderat der Gemeinde W, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache (weitere Partei: AS in W, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11 a), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 5 VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, in Verbindung mit § 62 dieses Gesetzes und mit § 66 Abs. 4 AVG 1950, wird über die Berufung des PK gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 17. September 1970, Zl. 1-153/36/70, wie folgt entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird mit folgenden Abänderungen bestätigt:

1) Der erste Satz des Spruches hat zu lauten:

„Gemäß den §§ 45 und 49 der Tiroler Landesbauordnung in Verbindung mit der Verordnung über den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes gegen Verunstaltung, VuABl. Nr. 1/1943, sowie den Bestimmungen der Reichsgaragenordnung, Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 1447/1939, wird AS die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses mit Garagen auf dem Grundstück Nr. 34/2 der Katastralgemeinde W nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne unter folgenden Auflagen erteilt.“

2) Der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird aufgehoben.

3) Der Ausspruch über die Festsetzung der Baulinie hat zu lauten:

„Bei dem Bau sind die im Teilverbauungsplan ‚Ortskern‘ (Gemeinderatsbeschluß vom 26. Juli 1971) festgelegten Fluchtlinien einzuhalten.“

4) Der Abspruch über die Einwendungen des PK hat zu lauten:

„a) Die Einwendung, das Bauvorhaben halte gegen die Grundstücke Nr. 11 und Nr. 4104/6 der Katastralgemeinde W den vorgeschriebenen Abstand von 4 m nicht ein, wird abgewiesen.

b) Die Einwendung, es handle sich um eine unbefugte Bauführung, wird zurückgewiesen.

c) Die Einwendung des Fehlens einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Abwässerbeseitigung wird zurückgewiesen.

d) Die Einwendung, es müsse nach der Reichsgaragenordnung Parkfläche für den Bau geschaffen werden, wird zurückgewiesen.“

Der Abspruch über die Einwendungen der Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz und der Verletzung des Parteiengehörs wird behoben.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles kann dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1969, Zl. 481/68, entnommen werden. Dem Bauwerber AS war vom Bürgermeister der Gemeinde W am 7. März 1966 die Baubewilligung für ein Wohngebäude mit angebauten Garagen auf dem Grundstück Nr. 34/2 der Katastralgemeinde W erteilt worden. Das zitierte Erkenntnis bezog sich auf das diesem Bescheid zugrunde liegende Bauansuchen. Dieses Bauansuchen wurde durch ein neues Bauansuchen vom 1. Juli 1970 ersetzt und im übrigen vom Bauwerber mit Schriftsatz vom 17. August 1970 ausdrücklich zurückgezogen. Damit ist, weil die Erteilung der Baubewilligung ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt ist und das AVG 1950 im Gegensatz zur Zivilprozeßordnung die Zurückziehung eines Antrages nicht an die Zustimmung anderer Verfahrensparteien oder an einen Anspruchsverzicht bindet, das seinerzeitige Baubewilligungsverfahren, welches zum Zeitpunkt der Zurückziehung des Bauansuchens auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1961, Zl. 481/68, und des darauf ergangenen Ersatzbescheides der Tiroler Landesregierung vom 17. November 1969, Zl.: Ve-155/8/69, beim Gemeinderat der Gemeinde W neuerlich in zweiter Instanz anhängig war, ohne Entscheidung zum Abschluß gelangt.

Über das Bauansuchen vom 1. Juli 1970 fand am 25. Juli 1970 eine Bauverhandlung statt, bei welcher der Beschwerdeführer als grundbücherlicher Eigentümer der benachbarten Grundstücke Nr. 11 und 4104/6 der Katastralgemeinde W folgende Einwendungen erhob:

1) Unzuständigkeit der Baubehörde erster Instanz wegen Anhängigkeit des Berufungsverfahrens über das Bauansuchen von 1966;

2) Verletzung des Parteiengehörs im seinerzeitigen Verfahren;

3) Mangelnde Eigenschaft des Grundstückes Nr. 4104/6 als öffentliche Verkehrsfläche und damit im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1969, Zl. 481/68, bezogen auf das vorangehende Bauansuchen, Verletzung der Verpflichtung zur Einhaltung eines Abstandes von 4 m zu den Grundstücken Nr. 11 und 4104/6;

4) Vorliegen eines unbefugten Baues;

5) Fehlen der wasserrechtlichen Genehmigung für die Abwässerbeseitigung;

6) Fehlende Schaffung von Parkplätzen auf Grund der Bestimmungen der Reichsgaragenordnung.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde W vom 17. September 1970 wurde AS die beantragte Baubewilligung gemäß §§ 45 und 49 der Tiroler Landesbauordnung im Zusammenhang mit den Bestimmungen der Verordnung über den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes gegen Verunstaltung, VuABl. Nr. 1/1943, sowie den Bestimmungen der Reichsgaragenordnung, Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 1447/1939, unter einer Reihe von Auflagen erteilt. Gleichzeitig wurde gemäß § 5 der Tiroler Landesbauordnung die Baulinie festgesetzt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers PK wurden „als unbegründet abgewiesen“. Außerdem wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen und ausgesprochen, daß mit dem Bau sofort begonnen werden dürfe. Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer. Er wendete sich vorerst dagegen, daß nicht das seinerzeitige Baubewilligungsverfahren zu Ende geführt, sondern unter Umgehung der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und der Tiroler Landesregierung ein neues Verfahren durchgeführt worden sei. Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde in der Berufung die in diesem Erkenntnis als relevant bezeichnete Frage behandelt, ob es sich bei den Grundstücken des Beschwerdeführers um einen „Weg des öffentlichen Verkehres“ bzw. eine „öffentliche Straße“ im Sinne des Tiroler Straßengesetzes handle. Weiters wurde die Unzuständigkeit der ersten Instanz ausdrücklich geltend gemacht. An Verfahrensmängeln wurde insbesondere aufgezeigt, daß die Beweisanträge des Beschwerdeführers zur Frage der Wegeigenschaft des Grundstückes Nr. 4104/6 übergangen worden und keine entsprechenden Ermittlungen angestellt worden seien. Weiters wurde in der Berufung vorgebracht, es müsse selbst dann, wenn das Grundstück Nr. 4104/6 als Fläche des öffentlichen Verkehrs gewertet werde, entschieden werden, ob offene oder geschlossene Bauweise vorliege, welche Untersuchungen unterblieben seien. Nach Auffassung des Beschwerdeführers liege die offene Bauweise vor, der das Bauansuchen nicht entspreche. Demgemäß hätte bei der Festsetzung der Baulinie auf die für die offene Bauweise maßgebenden Abstände Rücksicht genommen werden müssen. Auch die Mißachtung der Verpflichtung zur Schaffung von Parkplätzen nach der Reichsgaragenordnung belaste den erstinstanzlichen Bescheid mit Gesetzwidrigkeit. Das Vorgehen der ersten Instanz ziele darauf ab, einen unbefugten Bau unter Mißachtung der gesetzlichen Bestimmungen nachträglich zu sanieren. Es gebe auch keine Grundlage für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, da dies nur die Förderung einer unbefugten Bautätigkeit darstelle. Abschließend wurde in der Berufung neuerlich darauf hingewiesen, daß vorerst über das seinerzeitige Bauansuchen unter Beachtung der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und der Tiroler Landesregierung hätte entschieden werden müssen. Der Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde W vom 14. Oktober 1970 stattgegeben und es wurde der Bescheid des Bürgermeisters vom 17. September 1970 zur Gänze behoben. Der Berufungsbescheid wurde lediglich mit dem Abstimmungsergebnis im Gemeinderat begründet. Dagegen erhob der Bauwerber Rechtsmittel der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde.

Die Tiroler Landesregierung gab dieser Vorstellung mit Bescheid vom 13. November 1970, Zl.: Ve-494/1/1970, statt und hob den Berufungsbescheid vom 14. Oktober 1970 wegen Fehlens jeder sachlichen Begründung auf. Der Gemeinderat hatte daher neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers zu entscheiden.

In der Folge ging die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 1972, kundgemacht im Landesgesetzblatt für Tirol Nr. 23/1972, und der Novelle zur Tiroler Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 8/1973, in Kraft getreten am 28. Februar 1973, vom Gemeinderat auf den Gemeindevorstand über. Da auch dieser keine Entscheidung fällte, stellte der Beschwerdeführer am 13. September 1974 - also nach Ablauf der gesetzlichen Entscheidungsfrist - an den Gemeinderat der Gemeinde W als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde einen Devolutionsantrag nach § 73 AVG 1950. Auch der Gemeinderat traf in der Folge keine Entscheidung. Die am 20. Februar 1976 zur Post gegebene Säumnisbeschwerde ist demnach wegen Verstreichens der in § 27 VwGG 1965 angegebenen Entscheidungsfrist zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher gemäß § 42 Abs. 5 VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 in der Sache selbst zu entscheiden. Er hat hiebei erwogen:

Wie bereits eingangs dargestellt, ist das Verfahren über das Bauansuchen von 1966 erledigt. Der Beschwerdeführer kann daher nicht mit Erfolg einwenden, die Baubehörde erster Instanz sei mit Rücksicht auf dieses Baubewilligungsverfahren zur Entscheidung über das neuerliche Bauansuchen vom 1. Juli 1970 unzuständig gewesen. Aus dem gleichen Grunde geht jenes Vorbringen des Beschwerdeführers ins Leere, das eine Verletzung des Parteiengehörs und sonstige Verfahrensmängel mit der Begründung behauptet, es seien die vom Verwaltungsgerichtshof und von der Landesregierung für das vorangegangene Verfahren aufgestellten Grundsätze bei der Ermittlung des Sachverhaltes unberücksichtigt geblieben und es seien diese Umstände mit dem Beschwerdeführer nicht erörtert worden. Bei beiden Vorbringen handelt es sich bei richtiger Auffassung nicht um Einwendungen im Sinne der §§ 41 und 50 der Tiroler Landesbauordnung, sondern um ein prozessuales Vorbringen, weshalb darüber nicht im Spruch des Bescheides zu erkennen war.

Im übrigen ist nicht nur die formale Bindung an das über das seinerzeitige Bauansuchen ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1969, Zl. 481/68, und an den dazu ergangenen Ersatzbescheid der Tiroler Landesregierung vom 17. November 1969 weggefallen, sondern es ist auch eine Änderung der objektiven Rechtslage eingetreten, welche die darin gemachten materiell-rechtlichen Ausführungen als überholt erscheinen läßt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte nämlich seinerzeit zu der Frage, ob und welche Abstände zum Grundstück des Beschwerdeführers einzuhalten seien, als maßgeblich erklärt, ob das Grundstück nach den straßenverwaltungsrechtlichen Vorschriften als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen sei. Darauf kommt es nunmehr aus folgenden Gründen nicht mehr an. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Zl. 898/75, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen sei, ausgesprochen und eingehend begründet hat, hat jede Behörde - daher im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde auch der die Funktion der als oberste Gemeindeinstanz säumigen Behörde ausübende Verwaltungsgerichtshof - grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen. Mit Beschluß des Gemeinderates vom 16. Juli 1971, von der Tiroler Landesregierung am 15. November 1971 genehmigt und vom 22. November 1971 bis einschließlich 6. Dezember 1971 kundgemacht, wurde nun für die Gemeinde W ein Teilverbauungsplan „Ortskern“ festgelegt, welcher vorsieht, daß die dem Beschwerdeführer gehörigen Grundstücke Nr. 11 und Nr. 4104/6 der Katastralgemeinde W als „Verkehrsflächen (Straßen, Gehwege und Plätze) Bauverbot für Bauten aller Art“ gewidmet sind und die Liegenschaft des Bauwerbers in die geschlossene Bauweise fällt. Von dieser Widmung hat der Verwaltungsgerichtshof auszugehen. Zwar ändert die Widmung einer Grundfläche als Verkehrsfläche nichts an dem privatrechtlichen Eigentum und es wird durch eine solche Widmung auch nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße im Sinne des Straßenverwaltungsrechtes begründet. Für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Bauvorhabens sind jedoch ab dem Inkrafttreten eines Bebauungsplanes primär dessen Bestimmungen maßgebend. Die in der für den Baufall nach der Übergangsbestimmung des § 56 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung vom 20. Mai 1974, LGBl. Nr. 42, noch maßgebenden Tiroler Landesbauordnung von 1901, insbesondere im § 8, vorgesehenen Abstandsvorschriften gelten nämlich nicht gegenüber Straßen, Gassen und Ortsplätzen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 5 und aus dem mit dem Inkrafttreten des Tiroler Raumordnungsgesetzes, LGBl. für Tirol Nr. 10/1972, aufgehobenen § 7 der Tiroler Landesbauordnung, nämlich aus der Verpflichtung zur Einhaltung der Baulinie und aus der Anordnung, daß der genehmigte Verbauungsplan bei den einzelnen Bauführungen als Richtschnur zu dienen habe. Nach der Übergangsbestimmung des § 31 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes bleiben die bis zum Inkrafttreten des. Gesetzes in Geltung gestandenen Verbauungspläne (Wirtschaftspläne) bis zur Erlassung der Flächenwidmungs- bzw. Bebauungspläne, die den Bestimmungen dieses Gesetzes entsprechen, in Kraft. Es ist dem Beschwerdeführer daher nunmehr verwehrt, die Einhaltung eines Grenzabstandes oder eines Gebäudeabstandes geltend zu machen. Damit wird allerdings seine zivilrechtliche Stellung in keiner Weise verändert und es wird damit auch im Bereiche des Straßenverwaltungsrechtes keine Änderung der Rechtslage bewirkt. Seine diesbezügliche Einwendung war jedoch abzuweisen.

Was die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers betrifft, nämlich, daß es sich um einen unbefugten Bau handle, daß zur Abwässerbeseitigung keine wasserrechtliche Genehmigung vorliege und daß es an den nötigen Parkflächen nach der Reichsgaragenordnung fehle, so liegt diesen Einwendungen kein subjektives öffentliches Nachbarrecht zugrunde. Solche Rechte werden nur durch jene baurechtlichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (siehe das Erkenntnis vom 15. Dezember 1954, Slg. N. F. Nr. 3600/A). Dies trifft für die genannten Einwendungen nicht zu.

Im Sinne der vorstehenden Ausführungen war auch der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides neu zu fassen. Darüber hinaus waren jene Wendungen wegzulassen, welche das Motiv der Erteilung der Baubewilligung umschrieben, da solche Ausführungen nur in der Begründung Platz finden können. Mit Rücksicht auf das Bestehen eines Verbauungsplanes war auch der Ausspruch über die Festsetzung der Baulinie entsprechend zu ändern. Stattzugeben war nach Auffassung des Gerichtshofes der Berufung des Beschwerdeführers gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1950 kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge dringend geboten ist. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Insbesondere kann nach Ansicht des Gerichtshofes eine Gefahr im Verzuge nicht daraus abgeleitet werden, daß jemand einen Bau unbefugt zu errichten begonnen hat, und ihn nunmehr auf Grund einer Baubewilligung vollenden will, damit er nicht verfalle. Durch ein solches Vorgehen würden nämlich gerechtfertigte Interessen der Gegenparteien verletzt, was nicht Sinn des Gesetzes sein kann. Davon abgesehen ist eine Vollstreckung einer Baubewilligung selbst im Sinne einer nachfolgenden Vollziehung nicht denkbar, sodaß es auch insoweit an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gemangelt hatte.

Ansonsten aber konnte der Berufung des Beschwerdeführers kein Erfolg beschieden sein.

Wien, am 4. Juli 1978

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1978:1976000452.X00

Im RIS seit

07.11.2022

Zuletzt aktualisiert am

07.11.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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