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Baurecht - StmkNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde der Gemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. Max Jöllinger, Rechtsanwalt in Leoben, Parkstraße 11, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Jänner 1980, Zl. 3-338 Ka 69/2-1979, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: RK und WK in W, vertreten durch Dr. Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen, Fronleichnamsweg 5), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.320,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über Aufforderung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 30. August 1978 richteten die mitbeteiligten Parteien am 9. Oktober 1978 an das Gemeindeamt das Ersuchen um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer (im wesentlichen bereits hergestellten) Einfriedungsmauer auf den ihnen je zur Hälfte gehörenden Grundstücken Nr. 730/4 und Nr. 194, EZ. 141, KG. W. In der Baubeschreibung wurde ausgeführt, daß die im Süden 0,65 m und im Norden 3,50 m (zufolge des Gefälles) hohe Einfriedungsmauer in Bruchsteinmauerwerk, auf welches ein noch 90 cm hohes Ziergitter komme, den statischen Erfordernissen entsprechend hergestellt werde. Nach Beschreibung der Fundamente und des aufgehenden Futtermauerwerkes wurde dargelegt, daß als Bewehrung auf eine Länge von 17 m Torstahl (20 mm stark) von der Fundamentunterkante bis zur Krone verlegt werde. Bei Vergleich der vorgelegten Baupläne samt Lageplan (MA 1 : 500) und der Mappenkopien (MA 1 : 500) ist zu entnehmen, daß das Bauvorhaben (zumindest nach den vorhandenen Unterlagen) an einigen Stellen die Grundstücksgrenzen der im Eigentum der mitbeteiligten Parteien stehenden Grundstücke überschreitet.
Bei der Bauverhandlung vom 23. Oktober 1978 wurde u. a. durch Kontrollmessungen (ebenfalls) festgestellt, daß die bereits ausgeführte Mauer westseitig 60 cm und südseitig 1,50 m außerhalb der Grundgrenze des Grundstückes Nr. 730/4 (auf fremdem Grund) liegt, wodurch die Breite des Gemeindeweges auf 4,50 m verringert werde. Deshalb wurde nach Schluß der Bauverhandlung noch ein verkehrstechnisches Gutachten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 14. März 1979 eingeholt. Darin wurde unter Hinweis auf das Ergebnis der Bauverhandlung wonach das Bauvorhaben die Grundgrenze überschreite, und die Querschnitte des Gemeindeweges verringere, die Mauer im Bereich einer Kurve liege und zufolge des Gefälles von 0,65 m auf 3,50 m ansteige, festgestellt, daß sich dadurch für alle Straßenbenützer, insbesondere für die Schulkinder, eine unzumutbare und gefährliche Sichtbehinderung ergebe. Die Gefahr werde noch dadurch erhöht, daß auch wegen des auf der anderen Seite des Weges abfallenden Hanges für die Fußgänger keinerlei Fluchtmöglichkeit bestehe. Es sei daher die Beseitigung der Mauer bis auf eine Höhe von 0,9 m, die Rückversetzung auf das Grundstück und die Errichtung eines 1,5 m breiten Gehsteiges erforderlich. Hiezu wurde seitens der mitbeteiligten Parteien, obwohl ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, keine Stellungnahme abgegeben.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 6. April 1979 wurde das Ansuchen um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung gemäß § 61 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (BO), mit der Begründung abgewiesen, daß das Bauvorhaben unter Inanspruchnahme fremden Grundes erfolge, jedoch keine Zustimmung des Grundeigentümers (der Gemeinde) vorliege, gemäß § 11 BO Einfriedungen nicht vor die Straßenfluchtlinie gesetzt werden dürften und so auszuführen seien, daß eine Gefährdung der Straßenbenützer vermieden werde, was jedoch nach der Stellungnahme des Kuratoriums für Verkehrssicherheit nicht beachtet worden sei. Im übrigen stehe es dem Bauwerber frei, ein den Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung 1968 entsprechendes Ansuchen einzubringen.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung verwiesen die mitbeteiligten Parteien darauf, daß die Einfriedungsmauer nicht nur als Einfriedung, sondern auch als Stützmauer (Hangsicherung) diene. Die Sichtverhältnisse seien heute besser als früher. Es sei zwar richtig, daß teilweise fremder Grund (der Gemeinde) in Anspruch genommen werde, doch sei dies nicht nur zwecks Anpassung an den Verlauf der Fahrbahn, sondern auch wegen Findlingen erfolgt, deren Beseitigung größere Kosten verursacht hätte.
Auf Grund eines Ersuchens der mitbeteiligten Parteien fand am 23. April 1979 eine örtliche Besichtigung und Besprechung statt, bei der die Herstellung eines Gehsteiges entlang des westseitigen Straßenrandes durch Aufschüttung des Hanges (mit Errichtung eines erforderlichen standsicheren Geländers) zur Sprache gelangte, wobei sich der dortige Grundeigentümer unter bestimmten Bedingungen zur Abtretung eines entsprechenden Grundstreifens bereit erklärte. Die Entscheidung habe jedoch der zuständige Gemeinderat zu treffen.
Wie aus dem in den Verwaltungsakten erliegenden Auszug der Verhandlungsschrift zu entnehmen ist, beschloß der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 25. Mai 1979 unter Vorsitz des Vizebürgermeisters - der Bürgermeister und der Erstmitbeteiligte (Gemeinderat) hatten vor Beginn der Beratung das Sitzungszimmer verlassen - nach Erörterung des gesamten Verwaltungsgeschehens und Kenntnisnahme der Besprechung vom 23. April 1979, die Berufung abzuweisen. Erst nach Abschluß dieses Tagesordnungspunktes übernahm wieder der Bürgermeister den Vorsitz.
Mit dem am 6. Juni 1979 ausgefertigten Bescheid des Gemeinderates, der die Fertigungsklausel: „Für den Gemeinderat: Der Bürgermeister ....“ trägt, wurde unter Bezugnahme auf die in der Sitzung vom 25. Mai 1979 erfolgte Beschlußfassung die Berufung der mitbeteiligten Parteien abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Errichtung des Bauvorhabens teilweise auf fremdem Grund erfolge, welchen Umstand die mitbeteiligten Parteien zugegeben hätten. Gemäß § 58 lit. c BO bedürfe es hiefür der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers, die aber nicht erteilt worden sei. Weiters wurde dargelegt, daß die Einfriedungsmauer gemäß § 57 Abs. 1 lit. d BO bewilligungspflichtig sei. Auch seien die Voraussetzungen nach § 11 BO, worauf ebenfalls schon die erste Instanz zutreffend verwiesen habe, nicht gegeben.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Vorstellung brachten die mitbeteiligten Parteien insbesondere vor, daß der Bürgermeister mehrfach die Bewilligung der Mauer zugesagt hätte, zumal er während der Errichtung wiederholt daran vorbeigegangen sei und sie nicht aufgefordert habe, das Vorhaben einzustellen. Im übrigen stelle die gegenständliche Mauer keine Einfriedung dar, sondern diene der Hangsicherung (gegen Abrutschen des Geländes vor ihrem Wohnhaus), weshalb ihnen sogar seinerzeit bei der Bauverhandlung über das Wohnhaus nahegelegt worden sei, für eine Hangsicherung durch Errichtung einer Mauer zu sorgen. Dies hätten sie nunmehr getan.
In ihrem Vorlagebericht vom 10. Juli 1979 verwies die Beschwerdeführerin darauf, daß der Bürgermeister keinesfalls mündlich die Erteilung einer Bewilligung zugesagt habe, sondern während seines Urlaubes mit dem Bau begonnen worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. Jänner 1980 wurde gemäß § 94 Abs. 5 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, in der geltenden Fassung (GemO), der Bescheid des Gemeinderates vom 6. Juni 1979 wegen Verletzung von Rechten der mitbeteiligten Parteien behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin verwiesen. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des wesentlichen Verwaltungsgeschehens ausgeführt, insbesondere aus den vorhandenen Fotos ergebe sich, daß die zwar als Einfriedungsmauer bezeichnete Mauer zum Zwecke der Verhinderung des Abrutschens von teils bereits vorhanden gewesenem, teils zusätzlich aufgeschütteten Erdreich errichtet worden sei. Es handle sich also um eine Stützmauer und sei lediglich das auf der Mauerkrone mit einer Höhe von 0,9 m geplante Ziergitter dem Begriff der Einfriedung nach § 57 Abs. 1 lit. d BO zu unterstellen. Im Gesetz könne die Vorstellungsbehörde aber keinen Anhaltspunkt dafür finden, daß sich die Bewilligungspflicht für die Errichtung einer Stützmauer, die vornehmlich zur Sicherung aufgeschütteten Erdmaterials, wodurch auch eine Veränderung der Höhenlage des Grundes erfolgt sei, aus der Bestimmung. des § 57 Abs. 1 lit. d BO ableiten lasse. Da dies die Berufungsbehörde verkannt habe, habe sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Deshalb erübrige sich, auf den weiteren Inhalt der Vorstellung näher einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien beantragten primär, die Beschwerde zurückzuweisen, da ihrer Einbringung keine Beschlußfassung des Gemeinderates vorausgegangen sei und der nachträglich gefaßte Gemeinderatsbeschluß keine Sanierung zu bewirken vermöge, da er sich auf eine erst künftig einzubringende Beschwerde beziehe; allenfalls möge die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu der von den mitbeteiligten Parteien aufgeworfenen Frage der Beschwerdelegitimation ist zu bemerken, daß die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beschwerdeführung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts verlangt hat, daß nicht nur die Erteilung der Vollmacht durch das nach außen vertretungsbefugte Organ, sondern auch die auf die Beschwerdeerhebung gerichtete Willensbildung des zuständigen Organs dem Verwaltungsgerichtshof nachgewiesen wird. In seinem grundsätzlichen Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Mai 1980, Zl. 2671/78, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsansicht nicht mehr aufrechterhalten und ausgesprochen, daß ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechts zwar nach außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen können; sprechen die Normen jedoch von einer Vertretung nach außen schlechthin, so kann nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden. Auf die ausführlichen Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird verwiesen.
Gemäß § 45 Abs. 1 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 14/1976, vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Eine Einschränkung der Vertretungsmacht nach außen etwa in der Richtung, daß Vertretungshandlungen des Bürgermeisters ohne einen Beschluß des im Innenverhältnis zur Geschäftsführung zuständigen Organes keine Wirksamkeit entfalten würden, sieht das Gesetz nicht vor. Mag auch nach § 43 Abs. 2 lit. d leg. cit. grundsätzlich dem Gemeinderat die Beschlußfassung für das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, soweit dies nicht zur laufenden Verwaltung (§ 45 Abs. 2 lit. c) gehört, und die Bestellung von Rechtsvertretern obliegen, so betrifft dies nur das Innenverhältnis. Wenn daher der Bürgermeister, der zur Vertretung der Gemeinde nach außen berechtigt ist, eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhob und mit der Vertretung einen Rechtsanwalt betraute, so kann dies, selbst wenn dem keine Beschlußfassung des im Innenverhältnis zuständigen Gemeindeorganes zugrunde gelegen ist, nicht zu einer Zurückweisung der Beschwerde mangels Erhebung zu ihrer Berechtigung führen.
Es ist daher in die Sache selbst einzugehen.
Die belangte Behörde hat die Aufhebung des angefochtenen Bescheides allein auf den Umstand gestützt, daß die mitbeteiligten Parteien in ihren Rechten dadurch verletzt worden seien, weil die Gemeindebehörden die gegenständliche Mauer als Einfriedungsmauer im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. d BO qualifiziert hätten, sie aber in Wahrheit eine Stützmauer darstelle, deren Bewilligungspflicht sich aus der genannten Bestimmung nicht ableiten lasse, weshalb es sich erübrige, auf den weiteren Inhalt der Vorstellung der mitbeteiligten Parteien einzugehen.
Der Ansicht der belangten Behörde kann jedoch nicht gefolgt werden.
Gemäß § 57 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der geltenden Fassung, bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde
a) Neubauten,......
d) die Herstellung von Einfriedungen im verbauten Gebiet gegen öffentliche Verkehrsflächen und von Einfriedungsmauern.
Selbst wenn man daher davon ausgeht, daß die gegenständliche Mauer nicht unter die lit. d zu subsumieren ist, wäre die (baubehördliche) Bewilligungspflicht jedenfalls nach lit. a gegeben. Umfaßt doch der Begriff „Neubauten“ nicht nur Gebäude, sondern sind darunter alle Anlagen zu verstehen, zu deren Herstellung ein gewisses Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, und welche mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht sind (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1978, Zl. 2357/77, und die dort zitierte weitere Judikatur). Daß bei einem fundierten Bauvorhaben der vorliegenden Art jedenfalls diese Kriterien der Bewilligungspflicht gegeben sind, läßt der in den Verwaltungsakten erliegende Bauplan erkennen.
Gleichgültig, ob sich die Bewilligungspflicht des gegenständlichen Bauvorhabens aus der lit. a oder der lit. d des § 57 Abs. 1 BO ergibt, bedarf es zufolge der Bestimmung des § 58 lit. c leg. cit. zu einer (wenn auch nur teilweisen) Bauführung auf fremdem Grund der Zustimmungserklärung des Grundeigentümers. Die Gemeindebehörden haben die Ablehnung des Bauansuchens primär damit begründet, daß das Bauvorhaben sich teilweise auf fremden Grund erstrecke und eine diesbezügliche Zustimmungserklärung des betroffenen Grundeigentümers nicht vorliege. Da ohne Vorliegen einer solchen Zustimmungserklärung die baubehördliche Bewilligung nicht erteilt werden kann, hätte daher eine allfällige Verletzung von Rechten der mitbeteiligten Parteien (als Vorstellungswerber), wie sie die belangte Behörde für gegeben erachtet, nur dann eintreten können, wenn entweder eine solche Zustimmungserklärung ohnedies vorgelegen wäre oder das Bauvorhaben gar nicht fremden Grund in Anspruch nehme. Mit der primär zu prüfenden Frage, ob das Bauansuchen nicht schon allein deshalb abgelehnt werden mußte, da durch das Bauvorhaben teilweise fremder Grund in Anspruch genommen wird und hiefür keine Zustimmungserklärung des Grundeigentümers vorgelegen ist, und daher eine Verletzung der Rechte der mitbeteiligten Parteien durch Abweisung ihres Bauansuchens durch den Gemeinderat aus diesem Grund nicht eintreten konnte, hat sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinandergesetzt, weil sie, wie die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, von der unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist, daß allein schon durch die (nach ihrer Meinung nach unzutreffende) Qualifizierung des Bauvorhabens unter die Bestimmung des § 57 Abs. 1 lit. d BO eine Verletzung der Rechte der mitbeteiligten Parteien bewirkt werde. Sie hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Da der angefochtene Bescheid schon im Hinblick darauf gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben ist, erübrigt sich deshalb ein Eingehen auf die Frage, ob die gegenständliche Mauer als Einfriedung gegen eine öffentliche Verkehrsfläche (§ 57 Abs. 1 lit. d BO) zu qualifizieren ist, und die sich allenfalls daraus nach den baurechtlichen Vorschriften überdies ergebenden Voraussetzungen.
Als verfehlt erweist sich das Vorbringen der mitbeteiligten Parteien, der Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 6. Juni 1979 sei deshalb nichtig, weil der Bürgermeister in beiden Gemeindeinstanzen mitentschieden habe, wie sich aus dem bereits in der Sachverhaltsdarstellung erwähnten Auszug aus der Verhandlungsschrift über die Gemeinderatssitzung vom 25. Mai 1979, gegen die von den mitbeteiligten Parteien kein Einwand erhoben wurde, ergibt. Der Bürgermeister hat somit der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG 1950 Rechnung getragen. Daß er der Folge den Intimationsbescheid vom 6. Juni 1979 für den Gemeinderat unterfertigte, vermag keine Rechtsverletzung zu begründen, weil diese nach der Beschlußfassung über die Berufung vorgenommene Handlung nicht als Mitwirkung am Berufungsverfahren angesehen werden kann.
Aus verwaltungsökonomischen Gründen ist weiters zu bemerken, daß für den Standpunkt der mitbeteiligten Parteien auch mit deren Hinweis auf den Beschluß des Gemeinderates vom 15. September 1978 (Punkt 5 o der Tagesordnung) nichts zu gewinnen ist. Hat doch der Gemeinderat bei dieser Sitzung, wie sich aus der von den mitbeteiligten Parteien mit der Gegenschrift vorgelegten Abschrift der Verhandlungsschrift ergibt, nur den Beschluß gefaßt, infolge der derzeitigen sozialen Verhältnisse den Erstmitbeteiligten bei der Einbringung des nachträglichen Ansuchens bzw. der Unterlagen zu unterstützen. Damit wurde keinesfalls zum Ausdruck gebracht, daß das damals im Detail noch gar nicht vorhandene Bauansuchen auf jeden Fall genehmigt bzw. eine allfällige Inanspruchnahme von Fremdgrund (der Gemeinde) bewilligt werden würde. Auch der Umstand, daß der Bürgermeister während des Baues der Mauer nicht sofort deren Zurückversetzung verlangt habe, vermag die erforderliche Zustimmungserklärung der Gemeinde für eine Inanspruchnahme ihres Grundes nicht zu ersetzen. Ob allenfalls ein privatrechtlicher Anspruch der mitbeteiligten Parteien auf Zustimmung des Grundeigentümers zur Bauführung besteht, ist nicht im Verwaltungsverfahren zu klären. Liegt im Zeitpunkt der Entscheidung der obersten Gemeindeinstanz keine Einwilligungserklärung vor, weil sie nicht erteilt bzw. in der Folge wieder zurückgezogen wurde, so kann die baubehördliche Bewilligung nicht erfolgen.
Der angefochtene Bescheid war somit im Hinblick auf den oben aufgezeigten, der belangten Behörde unterlaufenen Rechtsirrtum wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 316/1976, in Verbindung mit Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 11. Juni 1981
Schlagworte
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Verhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren) Zurechnung von Bescheiden IntimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1981:1980000684.X00Im RIS seit
07.11.2022Zuletzt aktualisiert am
07.11.2022