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Baurecht - StmkNorm
AVG §42 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des Ing. AM und der HM, beide in Z, beide vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, Kaiserfeldgasse 15/11, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Juli 1981, Zl. 3-338 Pe 38/3-1981, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) Dipl.-Ing. FP und HP, beide in Z, 2) Stadtgemeinde Z, vertreten durch den Bürgermeister), nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Hanspeter Pausch für Rechtsanwalt Dr. Leo Kaltenbäck, und des Vertreters der belangten Behörde, Landesregierungsrat Dr. EK, des Vertreters der zweitmitbeteiligten Partei, Stadtamtsdirektor Dr. WK sowie der erstmitbeteiligten Parteien, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 5.957,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. November 1978 hatte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z den erstmitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Widmungsbewilligung für das Grundstück 121/1 KG Z „zum Zwecke der Schaffung eines Bauplatzes für die Errichtung eines Wohnhauses“ gemäß § 3 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) erteilt. In der Vorschreibung Punkt 5) war folgendes angeordnet worden:
„Die Baugrenzlinien, d. h. die Abstände geplanter Bauwerke zu den Nachbargrenzen, werden mit den in der Bauordnung festgelegten Gebäudeabständen nach § 4 bestimmt. Der Anbau eines Garagenobjektes unmittelbar an die Nordgrundgrenze ist zulässig, wenn einerseits der bauordnungsgemäße Abstand des Hauptbaukörpers gewahrt wird und andererseits der gesamte Zwischenraum bebaut wird.“
Diesem Verfahren waren die Beschwerdeführer als Nachbarn, nämlich Eigentümer der nördlich angrenzenden Grundflächen, beigezogen worden.
Mit Eingabe vom 5. April 1979 beantragten die Erstmitbeteiligten bei der Stadtgemeinde Z die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf dem Grundstück 121/4 KG Z, welches aus einer Teilung des oben genannten Grundstückes hervorgegangen ist. Dem Einreichplan, dessen Lageplan nicht kotiert ist, läßt sich ein teilweise unterkellertes zweigeschossiges Zweifamilienhaus mit einer Kotierung der Außenwand im Erdgeschoß im Umfang von 17,00 (vorne) bzw. 19,00 m (hinten) x 17,50 m (nordseitig) bzw. 13,51 m (südseitig) entnehmen. An der nördlichen Grundgrenze ist ein unmittelbarer Anbau in allen drei Geschossen vorgesehen und eine insgesamt 17,50 m lange Mauer. Die Höhe des Bauwerkes an der nördlichen Grundgrenze ist, wie sich aus dem Plan ergibt, mit unterschiedlichen Höhenkoten ausgewiesen. (Im einzelnen sind diese Höhenkoten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht rechtserheblich.)
Zu der für 3. Mai 1979 anberaumten mündlichen Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz wurden die Beschwerdeführer als Nachbarn unter Hinweis auf die Rechtsfolgendes § 42 AVG 1950 geladen. Der Verhandlungsschrift zufolge erklärte der Erstbeschwerdeführer - die Zweitbeschwerdeführerin war nicht anwesend - wörtlich: „Gegen die beantragte Bauführung besteht kein Einwand, wenn 1) der Bauabstand bzw. die Dachausführung des Bauwerbers nordseitig bauvorschriftlich und feuerpolizeilich gedeckt ist.
2) Wenn uns bei einem Bau auf unserem angrenzenden Grundstück die gleichen Rechte zustehen.
3) Die Fensterrechte eines allfälligen Baues unsererseits auf der Anbauseite Süd gesichert sind.“
Nach einer Äußerung der Erstmitbeteiligten wurde in der Niederschrift eine weitere Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers wie folgt wiedergegeben:
„Ich widerrufe meine auf Seite 2 angeführte Stellungnahme zum Bauvorhaben der Bauwerber, da ich diese ersuche über das Bauvorhaben mit mir noch ein Gespräch vor Abgabe meiner endgültigen Stellungnahme zu führen. Aus diesem Grund beantragen wir eine Unterbrechung der Bauverhandlung.“
Der Verhandlungsleiter unterbrach nach einer ergänzenden zustimmenden Äußerung der Erstmitbeteiligten die Bauverhandlung und erklärte, diese zu einem späteren Zeitpunkt neu anzuberaumen.
In ihrer Eingabe vom 12. Mai 1979 führten die Beschwerdeführer sodann wörtlich aus:
„Bezugnehmend auf vorangeführte Bauverhandlung teilen wir innerhalb der vereinbarten Frist mit, daß wir gegen das laut vorliegender Zeichnung geplante Bauvorhaben mit nachstehenden Begründungen Einspruch erheben.
Im dsbz. rechtskräftigen Widmungsbescheid v. 7. 11. 1978 ist unter Punkt 5 ein Anbau eines nichtgewerblichen Garagenobjektes unter Einhaltung der bauordnungsgemäßen Abstände und Zwischenräume als zulässig festgelegt.
In diesem geplanten gegenständlichen Wohnprojekt ist aber das Garagenobjekt nicht angebaut sondern in Hauptbaukörper eingebaut ohne Einhaltung des bauordnungsgemäßen Abstandes von 4,00 m zu unserer Grundgrenze. Bei solcher Ausführung würde an unserer Südgrundgrenze eine kahle Mauer in Höhe von über 4,00 m und Länge von 17,50 m entstehen. Sowohl die Höhe und Länge entspricht keineswegs einer nichtgewerblichen Garage im Hinblick des Raumbedarfes.
Wir versagen unsere Zustimmung dem Bau dieses Projektes mit nachstehender Begründung.
1. Das geplante Projekt entspricht nicht d. Widmungsbewilligung.
2. Die geplanten 2 Terrassen an der Grundgrenze auf Niveau - 0,60 m und + 2,05 m, miteinander durch ein Stiegenhaus verbunden sind ein Bauwerk als Teil des Hauptbauwerkes. Die Terrasse auf Niveau + 2,05 m kommt einem großen Fenster in der fraglichen Wand gleich.
Beides kann baurechtlich keineswegs gedeckt sein.
3. Die Schattenwirkung dieser an unserer Grundgrenze ungewöhnlich hohen und auch langen Wand würde die Nutzung unseres Gartens sehr erheblich beeinträchtigen.
4. Auch die optische Wirkung einer so hohen Wand ist im Hinblick des Gartenerholungsraumes für uns eine Immission und wohl auch nicht zumutbar.
5. Das Ausmaß und die Form des Grundstückes für das geplante Wohnhaus würde die Realisierung dieses und auch anderer gefällig und zweckentsprechender Projekte zulassen ohne Beeinträchtigung u. Einsprüche der Anrainer. Die dargelegten Umstände veranlassen uns begründend gegen dieses Bauvorhaben Einspruch zu erheben, mit dem Ersuchen diesem stattzugeben.
Damit widerrufen wir auch die bei der Bauverhandlung abgegebenen Erklärungen am 3. 5. 1979.“
Nach einer schriftlichen Äußerung der Erstmitbeteiligten fand am 31. Mai 1979 die Fortsetzung der Bauverhandlung statt. Bei dieser erklärten die Beschwerdeführer der aufgenommenen Niederschrift zufolge, daß alle bisherigen Stellungnahmen ungültig und gegenstandslos seien und die endgültige Stellungnahme zum Bauvorhaben der Erstmitbeteiligten wie folgt laute:
„Wir versagen unsere Zustimmung dem Bau dieses Projektes mit der Begründung, daß das Ausmaß und die Form des Grundstückes für das geplante Wohnhaus die Realisierung dieses und auch anderer gefälliger und zweckentsprechender Projekte ohne Beeinträchtigung und Einsprüche der Anrainer zulassen würde. Wir lehnen daher grundsätzlich jeden Anbau an unserer Südgrundgrenze ab.“
Nach einer Beschreibung des Bauvorhabens erklärte der technische Amtssachverständige, vom bautechnischen bzw. feuerpolizeilichen Standpunkt bestünden gegen das beantragte Bauvorhaben keine Einwände, wenn gleichzeitig eine Reihe von ausdrücklich genannten Vorschreibungen erfolge. Unter anderem wurden folgende Vorschreibungen beantragt:
„) Der Baubehörde ist ein mit den Festlegungen der Widmungsbewilligung übereinstimmend kotierter Lageplan nachzureichen.
) Der mit dem Obergeschoß in Verbindung stehende Ausbau des Dachraumes über dem Garagenteil ist unzulässig. Ebenso die Einfassungsmauer an der Nachbargrundgrenze für die Terrasse und die Herstellung der vom Dachraum aus zugänglichen Terrasse auf der Kote + 2,05.
) Die Herstellung des Abstellraumes im Erdgeschoß ist nur als Nebenraum zur Garage zulässig, d. h. es ist eine Verbindung zur Garage zu schaffen. Damit ist jedoch die Herstellung einer Schleuse bei der Verbindung dieses Nebenraumes zum Wohnteil entsprechend den baurechtlichen Bestimmungen zu schaffen. Außerdem wird damit die Ausführung der Innenstiege von diesem Nebenraum zum darüberliegenden Dachraum unzulässig.“
Mit Bescheid vom 20. August 1979 erteilte der Bürgermeister der Stadtgemeinde Z die baubehördliche Bewilligung und wies die Einwendungen der Beschwerdeführer, jeden Anbau an ihre Grundgrenze abzulehnen, zurück. Unter anderem wurde vorgeschrieben:
„44) Der Baubehörde ist ein mit den Festlegungen der Widmungsbewilligung übereinstimmend kotierter Lageplan nachzureichen.
47) Die Herstellung des Abstellraumes im Erdgeschoß ist nur als Nebenraum zur Garage zulässig, d. h. es ist eine Verbindung zur Garage zu schaffen.
48) Die Traufenhöhe der Garage und des angeschlossenen Abstellraumes an der nördlichen Grundgrenze darf 3,30 m, gemessen vom derzeitigen Niveau des Nachbargrundstückes im Bereich der Grundgrenze, nicht überschreiten.
49) Die plangemäße Überdachung der Garage über der Massivdecke mit einem Pultdach als Fortsetzung des Hauptdaches ist zulässig, wenn
a) die Dachkonstruktionen brandbeständig voneinander getrennt werden,
b) die Traufe entlang der Nachbargrundgrenze brandbeständig abgeschlossen wird,
c) die sich aus Punkt 46 ergebende erhöhte Dachneigung die widmungsgemäße Festlegung von 25 Grad nicht übersteigt und
d) der damit entstehende Dachraum nicht zu Zwecken verwendet wird, auf die die Bestimmungen über Raumhöhen des § 31 der Steiermärkischen Bauordnung anzuwenden sind.
50) Die Fortsetzung der nördlichen Außenwand der Garage bzw. des angeschlossenen Abstellraumes über den am weitest nach Westen reichenden Geländevorsprung ist - auch als Terrassenbegrenzung - unzulässig. Als Abgrenzung der Terrasse entlang der Grundgrenze ist nur eine nicht als Bau anzusehende bzw. nicht bewilligungspflichtige Einfriedung oder ein solcher Sichtschutz zulässig. Die Benützung einer allfälligen Abdeckung (Witterungsschutzes) über der Terrasse als Freiraum (Balkon, Terrasse, Sitzplatz etc.) ist untersagt.“
Zur Begründung der Vorschreibungen wurde auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung verwiesen. Zu den Punkten 48, 49 und 50 vertrat die Baubehörde erster Instanz den Standpunkt, aus den „Widmungsbedingungen“ sei den Nachbarn das Recht erwachsen, daß für die Garage an der Grundgrenze kein ausgebautes Dachgeschoß hergestellt werde und die Bebauung an der Grundgrenze die Breite zwischen Wohnteil und Grundgrenze und die Länge nur auf Haustiefe umfasse. Die Einwendungen der Beschwerdeführer seien zurückzuweisen gewesen, weil ihr Vorbringen nicht die Verletzung eines subjektiven Rechtes oder einer baurechtlichen Vorschrift zum Gegenstand habe. Über die Zulässigkeit des Anbaues an die Grundgrenze sei mit dem Widmungsbescheid rechtskräftig abgesprochen worden.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung fochten die Beschwerdeführer den erstinstanzlichen Bescheid insofern an, als in den Auflagen 48 und 49 die Traufenhöhe der an die Grundgrenze angebauten Garage mit 3,30 m gemessen vom Niveau des Nachbargrundstückes, sowie in der Auflage 49 die plangemäße Überdachung der Garage über der Massivdecke mit einem Pultdach als Fortsetzung des Hauptdaches für zulässig erklärt werde, ferner insofern, als in Auflage 44 zugelassen werde, daß ein kotierter Lageplan nachzureichen sei, während der Bescheid den Vermerk enthalte, daß die vorgelegten Pläne einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides bilden. Die Beschwerdeführer beantragten, den Gesamtbescheid aufzuheben und eine nochmalige örtliche Erhebung und mündliche Verhandlung nach Vorliegen kotierter Pläne durchzuführen, mindestens jedoch, die angefochtenen Punkte 48 und 49 des Bescheides dahin abzuändern, daß der Punkt 48 zu lauten habe: „Die Traufenhöhe der Garage an der nördlichen Grundgrenze darf 2,60 m gemessen vom derzeitigen Niveau des Nachbargrundstückes im Bereich der Grundgrenze nicht überschreiten“ und Punkt 49: „Die Überdachung der Garage über der Massivdecke mit einem Pultdach als Fortsetzung des Hauptdaches ist unzulässig.“ Im einzelnen wurden diese Anträge näher begründet.
Auch die Erstmitbeteiligten erhoben Berufung gegen den Baubewilligungsbescheid und beantragten, die Traufenhöhe an der nördlichenGrundgrenze anstatt mit 3,30 m mit mindestens 3,85 m ausführen zu dürfen.
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Z beschloß seiner Sitzung vom 2. Oktober 1979, ausgefertigt mit Bescheid vom 14. Jänner 1980, beiden Berufungen keine Folge zu geben. Im wesentlichen meinte die Baubehörde zweiter Instanz, es sei zwischen den Interessen der Bauwerber und allfälligen nachteiligen Auswirkungen auf das Nachbargrundstück ein zumutbarer Ausgleich erfolgt. Zum Vorwurf des Fehlens kotierter Pläne wurde bemerkt, daß kotierte Pläne bei der örtlichen Verhandlung sehr wohl aufgelegen seien, daß dem Lageplan auf dem Einreichplan der bauliche Anschluß an die Nachbargrundgrenze mit der in Rede stehenden Garage, nicht jedoch die sonstige maßliche Fixierung der Lage zu entnehmen gewesen sei. Davon sei jedoch in erster Linie der Abstand des geplanten Bauwerkes von der zukünftigen Straße an der Ostseite und sekundär der Abstand an der Südgrundgrenze der Bauwerber betroffen. Dieser Umstand habe die Beschwerdeführer in ihren Rechten daher überhaupt nicht berührt.
Auf Grund der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellung behob die Steiermärkische Landesregierung mit Bescheid vom 23. Juli 1980 den Bescheid der Gemeindebehörde zweiter Instanz und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindebehörde zurück. Die Gemeindeaufsichtsbehörde teilte die Ansicht der Gemeindebehörden, daß ein Recht, einer Bauführung auf dem Nachbargrundstück zuzustimmen, bzw. die Zustimmung zu versagen, den Nachbarn durch die Bestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung nicht eingeräumt sei und daher die Einwendung insoweit sich als unzulässig erweise. Wörtlich heißt es sodann in der Begründung dieses Bescheides: „Wohl aber begründen die Vorschriften über die Abstände zur Nachbargrundgrenze subjektiv öffentliche Rechte des Anrainers. Die Einwendung hinsichtlich des Baues an der Südgrenze muß daher als Einwendung der Verletzung eines subjektiv öffentlichen Rechtes gewertet werden. Nun wurde aber in der rechtskräftigen Widmungsbewilligung der Anbau eines Garagenobjektes unmittelbar an die Nachbargrundgrenze für zulässig erklärt, diesbezüglich konnte daher der Einwendung kein Erfolg beschieden sein. Hingegen wurde aber in der Widmungsbewilligung vorgeschrieben, daß der ‚bauordnungsgemäße‘ Abstand des Hauptkörpers von der Nachbargrundgrenze gewahrt werden müsse. Dieser Bestimmung wird aber durch die bewilligte Bauführung nicht entsprochen. Durch die Fortsetzung des Hauptdaches des zweigeschossigen Wohnobjektes über das Garagenobjekt wird nämlich nicht mehr lediglich das Garagenobjekt, sondern das gesamte Gebäude an die Grundgrenze angebaut. Im Sinne des § 4 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 besteht das Wahlrecht nur darin, entweder an der gemeinsamen Grundgrenze aneinander zu kuppeln oder von dieser gemeinsamen Grundgrenze einen entsprechenden sich ebenfalls aus dieser Gesetzesstelle ergebenden Abstand einzuhalten. Ein Aneinanderbauen an der Grundgrenze erfolgte im vorliegenden Falle nicht. Eine über die in der Widmungsbewilligung durch Anbau eines Garagenobjektes - wobei allerdings die Gebäudehöhe nicht festgelegt und daher im Bauverfahren festzusetzen war - hinausgehende Bauführung an der Grundgrenze ist daher nicht zulässig und wurden durch die Bewilligung einer solchen Rechte der Vorstellungswerber verletzt.“
In seiner neuerlichen Entscheidung vom 14. Oktober 1980, ausgefertigt mit Bescheid vom 30. Dezember 1980, gab der Gemeinderat der Stadtgemeinde Z der Berufung der Beschwerdeführer insofern statt, als die Vorschreibung Punkt 49 wie folgt abgeändert wurde: „Die plangemäße Überdachung der Garage über der Massivdecke mit einem Pultdach als Fortsetzung des Hauptgebäudes des zweigeschossigen Wohnobjektes ist nicht zulässig. Die Garage ist gesondert mit einem Flachdach abzuschließen.“ Zur Begründung bezog sich die Berufungsbehörde auf § 94 Abs. 6 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, wonach die Gemeinde nach Behebung des Bescheides eines ihrer Organe durch die Aufsichtsbehörde bei der neuerlichen Entscheidung an deren Rechtsansicht gebunden sei. Der nunmehrige Bescheid entspreche der Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer neuerlich Vorstellung an die Steiermärkische Landesregierung, in welcher sie beantragten, die Bausache nochmals zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuverweisen, mit dem Auftrage, auch die Auflage 48 der Baubewilligung dahin abzuändern, daß die Traufenhöhe des Garagenbaues, gemessen vom Niveau des Grundstückes der Bewilligungswerber 2,30 m nicht übersteigen dürfe.
Diese Vorstellung wies die Gemeindeaufsichtsbehörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 17. Juli 1981 als unbegründet ab. Die Aufsichtsbehörde verneinte zunächst die Auffassung der Beschwerdeführer, bereits der Vorstellungsbescheid vom 23. Juli 1980 enthalte eine Verpflichtung, die Auflage hinsichtlich der Traufenhöhe der Garage abzuändern. Weiter wurde in der Begründung der angefochtenen Erledigung ausgeführt, im Hinblick auf die zu beachtenden Rechtsfolgen der Präklusion sei von den Beschwerdeführern lediglich eine Einwendung gegen den Anbau an die Grundgrenze erhoben worden. Hinsichtlich des Vorbringens der Mangelhaftigkeit der vorgelegten Pläne und der Höhe des an der Grundgrenze zu errichtenden Garagengebäudes sei daher Präklusion eingetreten. Im übrigen habe aber die Gemeindebehörde der Auffassung der Aufsichtsbehörde, daß nur die Garage und nicht, wie es durch die Fortsetzung des Hauptdaches des zweigeschossigen Wohnobjektes über die Garage der Fall wäre, das gesamte Objekt an die Grundgrenze angebaut werden dürfte, Rechnung getragen.
In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblicken die Beschwerdeführer zunächst darin, daß die belangte Behörde hinsichtlich ihres Vorbringens der Mangelhaftigkeit der vorgelegten Pläne und der Höhe des an der Grundgrenze zu errichtenden Garagenobjektes Präklusion angenommen habe. Aus der Aktenlage ergebe sich eindeutig, daß sich die Beschwerdeführer gegen das Bauvorhaben, wie es in der Baubewilligungsverhandlung erörtert worden sei, ausgesprochen hätten. Schon aus diesem Grund hätte eine Präklusion nicht eintreten können. Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1970, Zl. 1386/69, ausgeführt, daß es dem Wesen der Präklusion widerspreche, anzunehmen, daß eine Partei auch hinsichtlich einer rechtlichen Begründung von Einwendungen präkludiert sein könnte, die sie nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Bauverhandlung noch gar nicht vorbringen hätte können. Das bedeute im Beschwerdefall, daß dann, wenn bei der Bauverhandlung keine kotierten Baupläne vorgelegen seien, es den Beschwerdeführern unmöglich gewesen sei, konkrete Ausmaße der zu bauenden Garage zu bekämpfen. Eine Präklusion anzunehmen sei daher auch aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt.
§ 42 Abs. 1 AVG 1950 lautet:
Wurde eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für Amtliche Kundmachungen im Lande bestimmten Zeitung bekanntgemacht, so hat dies zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Baubehörde oder während der Verhandlung vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden und die Beteiligten im Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die Gegenstand der Verhandlung bilden, als zustimmend angesehen werden.
§ 42 Abs. 2 AVG 1950 bestimmt weiter:
Im Falle einer nur durch Verständigung der Beteiligten anberaumten Verhandlung erstreckt sich die im Abs. 1 bezeichnete Rechtsfolge bloß auf die Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.
Im Beschwerdefall erfolgte die Ladung der Beschwerdeführer als Nachbarn unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950. Die Beschwerdeführer selbst haben im erstinstanzlichen Verfahren die in der Sachverhaltsdarstellung genannten Erklärungen abgegeben. Zuletzt erklärten sie unter Widerruf aller bisherigen Äußerungen, dem Projekt ihre Zustimmung zu versagen, weil auch ein anderes gefälliges und zweckentsprechendes Projekt realisiert werden könne. Sie lehnten grundsätzlich jeden Anbau an ihrer Südgrundgrenze ab. Diese Erklärung läßt nun verschiedene Auslegungen zu. Für das Beschwerdeverfahren ist entscheidend jene Auslegung, welche die belangte Behörde als Gemeindeaufsichtsbehörde in ihrer Entscheidung vom 23. Juli 1980 als maßgeblich ansah. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt nämlich in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß die Gemeinde, aber auch die anderen Parteien des Verfahrens, an die die Aufhebung tragenden Gründe des aufsichtsbehördlichen Bescheides gebunden sind - gleichbleibende Sach- und Rechtslage vorausgesetzt - und diese Bindung sich auch auf die Aufsichtsbehörde selbst und auf den Verwaltungsgerichtshof erstreckt (vgl. das Erkenntnis vom 22. Oktober 1971, Slg. N. F. Nr. 8091/A, u. a.). Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist daher nunmehr jene Auslegung des Vorbringens der Beschwerdeführer maßgeblich, welche in dem unbekämpft gebliebenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Juli 1980 als maßgeblich angesehen wurde. Die Gemeindeaufsichtsbehörde hat damals das abschließende Vorbringen der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nur insoweit als zulässige Einwendung angesehen, als damit die Einhaltung von Entfernungsvorschriften (Einhaltung des Abstandes von der Nachbargrenze) geltend gemacht wurde. In diesem Zusammenhang verwies die Gemeindeaufsichtsbehörde ausdrücklich auf die Bestimmung des § 4 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung. Der Verwaltungsgerichtshof vermag der Begründung des Bescheides vom 23. Juli 1980 keine andere Bedeutung beimessen als diejenige, daß die Beschwerdeführer, abgesehen vom unzulässigen Vorbringen, ausschließlich die Einhaltung der Entfernungsvorschriften im Sinne des § 4 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 geltend machten. Damit erweist sich aber jedwedes weitere spätere Vorbringen im Sinne des § 42 Abs. 1 und Abs. 2 AVG 1950 als präkludiert, wie die Gemeindebehörden und die belangte Behörde zutreffend erkannten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1970, Zl. 1386/69, wie in der Beschwerde zutreffend bemerkt wird, ausgesprochen, daß es dem Wesen der Präklusion widerspricht, anzunehmen, daß eine Partei auch hinsichtlich einer rechtlichen Begründung von Einwendungen präkludiert sein könnte, die sie nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Bauverhandlung noch gar nicht vorbringen konnte. Die Präklusion kann sich immer nur, so wurde damals weiter ausgeführt, innerhalb der durch den angegebenen Gegenstand gezogenen Grenzen, nicht aber auch auf Fragen auswirken, die erst im Zuge der Verhandlung sich neu ergeben oder erst in der Folge durch Änderung der Sach- und Rechtslage auftreten. Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof auch in der Folge aufrechterhalten (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. Juni 1979, Zlen. 2433, 2434/77). Im Beschwerdefall können jedoch die Beschwerdeführer unter Berufung auf diese Rechtsansicht nichts für ihren Standpunkt gewinnen, weil anläßlich der Bauverhandlungen vor der Baubehörde erster Instanz auf Grund des Einreichplanes für die Beschwerdeführer ausreichend klar zu erkennen war, welches Vorhaben Gegenstand des Bewilligungsverfahrens war. Die Grundriß- und Aufrißdarstellungen enthielten auch ausreichende Kotierungen, lediglich im Lageplan war hinsichtlich der Lage des Bauvorhabens von den anderen Grundgrenzen als jener der Beschwerdeführer eine zahlenmäßige Entfernung nicht angegeben; aus diesem Grunde begehrte die Baubehörde erster Instanz die Vorlage eines kotierten Lageplanes, um den Baukörper auch in dieser Beziehung hinsichtlich seiner Lage eindeutig zu fixieren. Entgegen dem Beschwerdevorbringen lagen daher bei der Bauverhandlung sehr wohl kotierte Baupläne vor, nicht jedoch ein kotierter Lageplan, sodaß es auch den Beschwerdeführern nicht verwehrt war, konkrete Ausmaße der zu bauenden Garage zu bekämpfen.
In der Beschwerde wird weiter eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes unter Hinweis auf § 5 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 geltend gemacht. Nach dieser Gesetzesstelle seien nämlich Garagen so auszuführen, daß keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung der Nachbarschaft zu erwarten sei. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird ferner ausgeführt, die Errichtung der Garage unmittelbar an der südlichen Grundgrenze beeinträchtige durch Schattenwirkung und Immissionen wesentlich die Benützung des Grundstückes der Beschwerdeführer. Bei der Lage und Beschaffenheit des großen Grundstückes der Bauwerber sei der Anbau an die Grundgrenze der Beschwerdeführer trotz der „Kann-Bestimmung“ des ä 4 der Steiermärkischen Bauordnung gesetzwidrig. Gesetzwidrig sei auch die unbegründete Ermessensentscheidung der bescheiderlassenden Behörde, die die Garagenhöhe mit der maximalen Höhe von 3,30 m für zulässig erkläre, da sie nicht dem Sinn der Steiermärkischen Bauordnung und der Steiermärkischen Garagenordnung entspreche. Die gefällte Ermessensentscheidung sei in keiner Weise zu begründen, der Entscheidungsvorgang der Behörde sei nicht nachprüfbar. Die Festsetzung der Höhe einer Garage als Ermessensentscheidung habe eng und im Sinn des zitierten Gesetzes zu erfolgen, weshalb den Einwendungen in einem Rechtsstaat sicherlich Berechtigung zukomme.
Mit diesem Vorbringen verkennen die Beschwerdeführer, daß sie entsprechende Einwendungen, wie schon dargestellt, mit ihrer endgültigen Erklärung anläßlich der fortgesetzten Bauverhandlung vor der Baubehörde erster Instanz gar nicht erhoben haben. Das bedeutet aber im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß selbst dann, wenn die Beschwerdeführer durch die Erteilung der Baubewilligung in Rechten verletzt worden wären, der Verwaltungsgerichtshof infolge der eingetretenen Präklusion eine solche Rechtsverletzung nicht wahrnehmen dürfte. Der Verwaltungsgerichtshof war daher gar nicht berechtigt, inhaltlich zu prüfen, ob die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Rechtsverletzungen vorliegen oder nicht. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß die neue Formulierung der Vorschreibung Punkt 49 im Rahmen des Berufungsbescheides nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes inhaltlich ohnehin dem Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend Höhe der Garage Rechnung trägt, weil ausdrücklich vorgeschrieben wurde, die Garage gesondert mit einem Flachdach abzuschließen, was nach den Projektsplänen keine Änderung der Höhe der genehmigten Garage zur Folge hat, sondern lediglich eine Änderung des Abschlusses nach oben bedeutet. Durch die neue Formulierung ist keine Verschlechterung der Rechtsstellung der Beschwerdeführer eingetreten, vielmehr ist durch diesen Punkt 49 verkündet worden, daß - wie ursprünglich vorgesehen - das Gesamtgebäude bis an die Grundgrenze herangerückt wird. Die Vorschreibung des Punktes 48 des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides ist daher durch diese projektsändernde Auflage nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls insoweit gegenstandslos geworden, als danach eine höhere Traufenhöhe zulässig wäre. Diese Auswirkung der Vorschreibung Punkt 49 im Zuge des Berufungsbescheides wurde offensichtlich von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bisher in ihrer Tragweite nicht erkannt, obwohl dies eine notwendige Folge der getroffenen Vorschreibung im Zusammenhang mit dem der Baubewilligung zugrunde liegenden Bauplan darstellt. Eine vom genehmigten Bauplan abweichende Ausführung der Höhe des bewilligten Garagenraumes würde nämlich einer neuerlichen Bewilligung gemäß § 57 Abs. 1 lit. b und c der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bedürfen.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen liegt auch die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vor. Die Beschwerde erweist sich demnach in allen Punkten als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, am 18. Februar 1982
Schlagworte
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Diverses BauRallg11/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1982:1981060137.X00Im RIS seit
07.11.2022Zuletzt aktualisiert am
07.11.2022