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VerkehrssteuernNorm
ABGB §1444Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Scheinecker, über die Beschwerde der E Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 6. August 1985, Zl. GA 11 - 1031/4/85, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.140,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich - in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - im wesentlichen folgendes:
Der Beschwerdeführerin (eine inländische Gesellschaft m.b.H.) wurde im Jahre 1974 von einer Sparkasse ein Kredit in laufender Rechnung bis zur Höhe von S 39 Mio zu einem bis auf weiteres vereinbarten Zinssatz von 12 v.H. p.a. eingeräumt. Dieser Kredit war in gleich hohen vierteljährlichen Pauschalraten von S 1,291.353,-- ab 15. Jänner 1975 zurückzuzahlen. Im Jahre 1975 wurde der Kredit auf S 39,6 Mio aufgestockt und ab 1. Jänner 1976 bis auf weiteres ein Zinssatz von 9,25 v.H. p.a. vereinbart. Ab 15. April 1976 waren gleichhohe vierteljährliche Pauschalraten von S 1,116.810,-- zu zahlen. Auf Grund eines Abtretungsvertrages vom 21. Dezember 1978 wurde die Sparkasse rückwirkend ab 1. Jänner 1978 (erstmals) Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, und zwar verfügte sie dadurch über 75 v.H. des S 100.000,-- betragenden Stammkapitals. Mit einem am 28. Dezember 1978 wirksam gewordenen, an die Beschwerdeführerin gerichteten Schreiben der Sparkasse vom 27. Dezember 1978 wurde eine Vereinbarung beurkundet, wonach die Sparkasse einen S 24 Mio betragenden Teil des erwähnten Kredites „ab 1.1.1978 bis auf weiteres zinsenfrei“ stellte.
Nachdem die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (in der Folge: Finanzamt) mit Schreiben vom 28. Februar 1979 mitgeteilt hatte, sie habe zur Abdeckung des in der Bilanz zum 31. Dezember 1977 ausgewiesenen Reinverlustes von ihren Gesellschaftern einen Zuschuß in Höhe von S 7 Mio erhalten, setzte das Finanzamt gegenüber der Beschwerdeführerin mit gemäß § 200 BAO - bis zur Überprüfung der Berechtigung der Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 1 v.H. - vorläufigem Bescheid vom 14. März 1979 für diese dem § 2 Z. 3 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (in der Folge: KVG) unterstellte Gesellschafterleistung unter Anwendung des § 9 Abs. 2 KVG Gesellschaftsteuer im Betrage von S 70.000,-- fest. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid wurde die Beschwerdeführerin ersucht, innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Bescheides je eine Abschrift der Bilanzen (nebst Verlust- und Gewinnkonten) sowie die Protokolle über die Generalversammlungen der Geschäftsjahre 1973 bis 1978 einzusenden (1978 nach Fertigstellung).
Im Jahre 1984 wurde bei der Beschwerdeführerin eine Gesellschaftsteuerprüfung für den Zeitraum 1. Jänner 1978 bis 31. Dezember 1982 durchgeführt. Der diesbezügliche Prüfungsauftrag lautete: „Überprüfung der Anwendung des begünstigten Steuersatzes gem. § 9 (2) KVG.“ im Anschluß an diese Prüfung setzte das Finanzamt mit gemäß § 200 (Abs. 2 erster Satz) BAO endgültigem Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin für die angeführte Gesellschafterleistung von S 7 Mio unter Anrechnung der auf Grund des vorangegangenen vorläufigen Bescheides entrichteten Steuer gemäß § 9 Abs. 1 KVG 2 v.H. Gesellschaftsteuer lm Betrage von S 140.000,-- fest. Dieser endgültige Bescheid wurde nicht angefochten.
Da das Finanzamt bei derselben Prüfung aber auch die oben dargestellte Zinsenfreistellung des S 24 Mio betragenden Kreditteiles feststellte, setzte es gegenüber der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 26. Juni 1984 für diese dem § 2 Z. 3 lit. b KVG unterstellte Gesellschafterleistung in den Jahren 1978 bis 1982 - ausgehend von einer Verzinsung des restlichen Kreditteiles zu laufend angepaßten Zinssätzen von 8,75 bis 13 v.H. p.a. auf Grund einer mit insgesamt S 10,823.039,-- errechneten Bemessungsgrundlage - gemäß § 9 Abs. 1 KVG 2 v.H. Gesellschaftsteuer im Betrage von S 216.461,-- fest.
Die gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid rechtzeitig - innerhalb der antragsgemäß zweimal verlängerten Berufungsfrist - eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Dies im wesentlichen unter Hinweis auf § 2 Z. 3 lit. b KVG und die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1965, Zl. 2166/64, und vom 27. März 1980, Zl. 2620/77, mit folgender Begründung:
Die Beurteilung des Verzichtes auf die Zinsen für das Jahr 1978 in Höhe von S 2,129.999,-- als gesellschaftsteuerliche Leistung werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, sie vermeine jedoch, für die Jahre 1979 bis 1982 könnten Zinsnachlässe nicht vorliegen, da bereits am 27. Dezember 1978 die Zinsenfreistellung vereinbart worden und daher dem Gläubiger ab diesem Zeitpunkt ein Zinsenanspruch nicht zugestanden sei. Dem seien die schon bei der Krediteinräumung zwischen der Beschwerdeführerin und der Sparkasse über die Verzinslichkeit bestandene Willensübereinstimmung und die ab 1. Jänner 1978 nur bis auf weiteres vereinbarte Zinsenfreistellung des Kreditteiles von S 24 Mio entgegenzuhalten. Auf Grund der Vereinbarung vom 27. Dezember 1978 sei es der Sparkasse jederzeit möglich gewesen, für die Kreditgewährung Zinsen zu verrechnen.
Ob nun für die Jahre 1979 bis 1982 jeweils auf künftige Zinsen verzichtet worden sei oder für diese Zeit für den Kredit im Sinne der Vereinbarung vom 27. Dezember 1978 Zinsen nicht verrechnet worden seien, sei insofern nicht von entscheidender Bedeutung, da in beiden Fällen Steuerpflicht entstehe. Im erstgenannten Fall sei der Verzicht auf die Zinsenforderung nach § 2 Z. 3 lit. b KVG steuerpflichtig, in dem letztgenannten Fall habe dagegen die Sparkasse für die Nutzung des Kreditkapitals kein Entgelt gefordert und damit der Beschwerdeführerin im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b KVG Gegenstände zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung überlassen. Derartige Gegenstände könnten alle kapitalwerten und rechtsverkehrsfähigen Wirtschaftsgüter sein. Das entspreche sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn des KVG, das die Zuführung von Kapital besteuern wolle. Nach diesen Auslegungsgrundsätzen sei auch die bloße Nutzung von Vermögenswerten zu besteuern, weil auch diese für die Kapitalgesellschaft ein kapitalwerter Vorteil sei.
Für die Berechnung des Wertes der Leistung sei die verkehrsübliche Verzinsung maßgebend. Damit erscheine die vom Finanzamt durchgeführte jährliche Verrechnung unter Zugrundelegung des für den verzinslichen Kreditteil geltenden Zinsfußes als zutreffend. § 17 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955 (in der Folge: BewG) komme nur dann zur Anwendung, wenn der Jahreswert der Nutzung nicht anderweitig ermittelt werden könne.
Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die angefochtene Berufungsentscheidung in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Gesellschaftsteuer - insbesondere auch unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften - ebenso verletzt wie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf ein ordnungsgemäßes, das Parteiengehör wahrende Ermittlungsverfahren.
Gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Beispiele: Verzicht auf Forderungen, Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung, Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft durch die Gesellschafter zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung).
Zunächst ist zur Vermeidung von Mißverständnissen auf die - von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, die im vorliegenden Fall zutreffend auch von der Verwirklichung des Tatbestandsmerkmales „freiwillige“ (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1986, Zlen. 84/15/0179, 0180, ÖStZB 1987/8, S. 247ff, und die darin zur Frage der Freiwilligkeit zitierten drei Erkenntnisse) ausgehen, unbestrittene - Tatsache hinzuweisen, daß die Sparkasse zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Zinsenfreistellung bereits Gesellschafterin der Beschwerdeführerin war (siehe zur Relevanz dieser Tatsache z.B. das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. April 1984, Zl. 83/15/0092, Slg. Nr. 5884/F).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 8. März 1984, Zl. 82/15/0135, Slg. Nr. 5870/F, und vom 12. April 1984, Zl. 83/15/0092, Slg. Nr. 5884/F, und die darin jeweils zitierte Vorjudikatur) kommt es bei freiwilliger Leistung bzw. freiwilligem Verzicht im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b KVG nicht auf den Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung, sondern lediglich auf die objektive Eignung der Leistung bzw. des Verzichtes an, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Dies ist auch nach dem zuletzt zitierten Erkenntnis bei einem Schulderlaß regelmäßig der Fall.
Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin den Wortlaut des § 2 Z. 3 lit. b KVG schon nach der Formulierung ihrer Berufung kannte, wurde er ihr auch mit der - einen Vorhalt ersetzenden (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 1986, Zl. 84/16/0197, und das dort zitierte Erkenntnis) - Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 12. April 1985 bekannt gemacht. Dennoch brachte sie im Abgabenverfahren (weder in der Berufung noch im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz) nichts vor, woraus zu erkennen gewesen wäre, sie bestreite die Eignung der in Rede stehenden Zinsenfreistellung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Wegen der im vorstehenden Absatz dieser Entscheidungsgründe dargestellten Rechtslage bedurfte es - ganz abgesehen von der Verletzung der Mitwirkungspflicht im Abgabenverfahren und dem in dem § 41 Abs. 1 VwGG normierten Neuerungsverbot - nicht der von der Beschwerde bzw. von der Äußerung zur Gegenschrift vermißten Feststellungen hinsichtlich einer derartigen Eignung.
Weiters genügt es, zu den Begriffen „Kreditvertrag“ einerseits und „Darlehensvertrag“ andererseits auf die Ausführungen von Schubert in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band, Wien 1983, S. 1193 ff, zu verweisen. Zutreffend wird jedoch in der Beschwerde im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Mai 1980, G 1, 2, 16-25/80, Slg. Nr. 8806, auch für den vorliegenden Fall bemerkt, zwischen beiden Formen der Kreditierung bestehe eine weitgehende wirtschaftliche Gleichartigkeit und rechtliche Affinität. Demnach hegt auch der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken bei der Lösung des vorliegenden Falles u.a. auf seine, die Rechtslage verdeutlichende Rechtsprechung im Zusammenhang mit einem Verzicht auf Zinsen für ein gewährtes Darlehen Bedacht zu nehmen.
In seinem Erkenntnis vom 24. Juni 1965, Zl. 2166/64, ÖstZB 1965/22, S. 177, hat der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen folgendes dargetan:
Die (damalige) Beschwerdeführerin (eine „Tochter“kapitalgesellschaft) habe vorgebracht, die Errechnung der strittigen Zinsen habe nur kalkulatorischen Zwecken gedient. Damit habe sie aber nicht das Vorliegen eines unverzinslichen Darlehens behauptet. Ein solches wäre nur dann vorgelegen, wenn die Beschwerdeführerin und ihre (einzige) Gesellschafterin (eine „Mutter“aktiengesellschaft) nachweislich übereingekommen wären, ein unverzinsliches Darlehen zu geben bzw. zu nehmen. Da es sich bei der Beschwerdeführerin und ihrer Gesellschafterin um Kaufleute handle und demnach die Finanzierungsvorlagen der Gesellschafterin an die Beschwerdeführerin beiderseits Handelsgeschäfte darstellten, ergebe sich die Verzinslichkeit des Darlehens aus dem Gesetz (§ 353 HGB). Daraus folge aber weiter, daß dem Umstand, die zuerst der Gesellschafterin buchhalterisch gutgebrachten und sodann von dieser nachgelassenen Zinsen könnten kalkulatorischen Zwecken gedient haben, keine entscheidende rechtliche Bedeutung zukommt. Sei der Gesellschafterin nämlich nach dem Gesetz ein Anspruch auf Verzinsung des Darlehens zugestanden, dann stelle der Verzicht auf diese Verzinsung und damit der Verzicht auf die Zinsen an sich wegen der dadurch bewirkten Vermögensvermehrung der Beschwerdeführerin eine sonstige (freiwillige) Leistung der Gesellschafterin dar, die nach § 2 Z. 3 (nur in der angegebenen Veröffentlichung unrichtig 2) lit. b KVG der Gesellschaftsteuer unterliege.
In seinem Erkenntnis vom 24. März 1980, Zl. 2620/77, ÖStZB 1980/22, S. 281, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf das vorstehend zitierte Erkenntnis vom 24. Juni 1965 ausgeführt, er habe in diesem Erkenntnis in unmißverständlicher Weise zum Ausdruck gebracht, der Verzicht auf die dem Gläubiger zustehenden Zinsen sei dem Verzicht auf eine Forderung gleichzusetzen. Von einem Verzicht auf Zinsen könne jedoch nur dann gesprochen werden, wenn dem Gläubiger auf Grund einer Vereinbarung oder auf Grund des Gesetzes ein Zinsenanspruch zugestanden sei. In jenen Fällen also, in welchen zwischen den Vertragspartnern vor der Darlehensgewährung bereits Übereinstimmung darüber bestanden habe, das Darlehen solle zinsenlos gewährt werden, sei ein späterer Verzicht auf Zinsen schon deshalb nicht denkbar, weil es an dem Anspruch des Darlehensgebers auf Zinsen gegenüber dem Darlehensnehmer fehle.
Die in diesen Erkenntnissen vertretene Auffassung wird auch von der Rechtsprechung und Lehre in der Bundesrepublik Deutschland zu der mit § 2 Z. 3 lit. b KVG vergleichbaren Bestimmung des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe b KVStG 1972 geteilt (siehe z.B. das Urteil des Bundesfinanzhofes vom 8. August 1979 II R 127/78, BStBl 1980 II, 26, bzw. HFR 1980, 96, oder BFHE 129,73; Egly, Gesellschaftsteuer-Kommentar3, Herne/Berlin 1974, S. 117, Anm. 148; Brönner-Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz3, Köln 1979, S. 56 unten; und Kinnebrock-Meulenbergh, Kapitalverkehrsteuergesetz5, München 1983, S. 91, Anm. 36).
Aus dem Umstand der Unanwendbarkeit des Gesellschafterdarlehen betreffenden § 3 KVG auf Grund zweier Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (siehe BGBl. Nr. 282/1969 und 131/1972) kann entgegen der von der Beschwerdeführerin in ihrer Äußerung zur Gegenschrift vertretenen Auffassung nicht geschlossen werden, der Verzicht eines Gesellschafters auf vereinbarte Zinsen für ein der Gesellschaft von ihm als (noch) Nichtgesellschafter gewährtes Darlehen müsse gesellschaftsteuerfrei sein.
Wenn in der Beschwerde unter Hinweis auf das Referat von Arnold, Die Unternehmenssanierung aus der Sicht der Gebühren und Verkehrsteuern, in Rechtsprobleme der Unternehmenssanierung, herausgegeben von Ruppe, Wien 1983, S. 295-375, insbesondere S. 351, und die dort unter FN 176 zitierten zwei Urteile des Reichsfinanzhofes vom 19. November 1929, RStBl. 1929, 674, und vom 7. Jänner 1930, RStBl. 1930, 575, behauptet wird, ein Verzicht sei gesellschaftsteuerrechtlich nur dann relevant, wenn er endgültig, unbefristet und unbedingt erfolge, dann ist darauf folgendes zu erwidern:
Diese lediglich mit dem Hinweis auf die beiden zuletzt zitierten Urteile begründete Behauptung übersieht vor allem den diesen Urteilen jeweils zu Grunde gelegenen Sachverhalt. In beiden Fällen wurde nämlich uno actu mit dem Forderungsverzicht der jeweiligen Gesellschafterin ausdrücklich vereinbart, die jeweilige Gesellschaft sei verpflichtet, Rückzahlungen zu leisten, falls sie dazu in der Lage sei, bzw. falls bei der in Aussicht genommenen Liquidation der Gesellschaft durch den Verkauf ihres Grundstücks ein die Schulden übersteigender Betrag erzielt werden sollte, sei dieser der Gesellschafterin bis zur Deckung der nachgelassenen Beträge zu überweisen.
In beiden Urteilsfällen kam es nicht darauf an, ob der Verzicht endgültig, unbefristet oder bedingt erfolgte oder nicht, sondern - wie auch aus den Entscheidungsgründen dieser Urteile wörtlich hervorgeht - darauf, daß der Verzicht in diesen konkreten Fällen nicht geeignet war, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.
Weiters gelten gemäß § 1 Abs. 1 BewG die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, u.a. für die bundesrechtlich geregelten Abgaben und somit auch für die Gesellschaftsteuer. Die in dem ersten Teil des BewG vorgesehenen Bestimmungen über einen bedingten Erwerb, über bedingte Lasten und eine Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt sprechen entschieden gegen die Richtigkeit der im Ergebnis unbegründeten Behauptung Arnolds.
Wenn in der Beschwerde der Versuch unternommen wird, darzutun, es könne gesellschaftsteuerrechtlich keinen Unterschied machen, ob ein Darlehen von Anfang an unverzinslich gewährt werde oder ob es ab einem bestimmten Zeitpunkt (für einen bestimmten Teilbetrag) zinsenfrei gestellt werde, dann scheitert dieser Versuch schon an der Tatsache, daß im ersten Fall überhaupt kein Anspruch auf Zinsen gegeben war. Dies wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin, der in seinem oben zitierten Referat auf S. 352 Abs. 3 letzter Satz unter Hinweis auf das zitierte Erkenntnis vom 24. Juni 1965 richtig ausführt, gesellschaftsteuerpflichtig sei hingegen der (nachträgliche) Verzicht auf zustehende Zinsen, zweifellos erkannt, weshalb er für den Fall anderer Ansicht aus advokatorischer Vorsicht weiters vorbrachte, der Verzicht sei am 27. Dezember 1978 erfolgt, die Leistung im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b KVG sei am 27. Dezember 1978 erbracht worden, die Gesellschaftsteuerschuld sei daher an diesem Tage entstanden (§ 4 Abs. 1 BAO). Die erste behördliche Maßnahme zur Durchsetzung dieses Anspruches sei anläßlich der Betriebsprüfung im Jahre 1984, also außerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist erfolgt.
Das KVG enthält - und auch die in der Folge nur mit KVGDB bezeichneten, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in den österreichischen Rechtsbestand übergegangenen (siehe z.B. das Erkenntnis vom 30. Juni 1986, Zlen. 84/15/0058, 0059, ÖStZB 1987/8, S. 250ff, und die dort zitierten Erkenntnisse sowie den dort ebenfalls zitierten Aufsatz von Förster) Durchführungsbestimmungen zum KVG vom 17. Dezember 1934, RMinBl. S. 839, enthalten - keine Bestimmung über die Entstehung der Steuerschuld, weshalb die Generalklausel des § 4 Abs. 1 BAO anzuwenden ist (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 1982, Zl. 778/79, ÖStZB 1983/8, S. 167). Nach der zuletzt zitierten Gesetzesstelle entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Davon ausgehend vertritt die belangte Behörde in der Gegenschrift den Standpunkt, die Steuerschuld entstehe nicht mit der Begründung der Verpflichtung durch den Gesellschafter zur Erbringung der freiwilligen Leistung, sondern erst mit der erbrachten Leistung. Wenn nun nach den Kreditvereinbarungen die Zinsen vierteljährlich fällig werden, so bedeute dies, die Sparkasse habe jeweils vierteljährlich auf die Zinsen verzichtet, weshalb mehrere steuerpflichtige Leistungen für die Jahre 1978 bis 1982 vorlägen, für die die Steuerschuld erst im Zeitpunkt der Bewirkung der einzelnen Leistungen entstanden sei. Die Leistung sei aber erst dann bewirkt, wenn in den vierteljährlich zu erstellenden Kontoabschlüssen keine Zinsen in Rechnung gestellt würden, dann sei aber der Verzicht auf die Verzinsung für diesen Zeitraum endgültig und ohne Bedingung oder Befristung erfolgt. Der bis auf weiteres vereinbarten Zinsenfreistellung könne nämlich nur die Bedeutung beigemessen werden, lediglich die Dauer der Nichtverrechnung von Zinsen sei ungewiß.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes wird in der Äußerung zur Gegenschrift zutreffend vorgebracht, der Ende Dezember 1978 vereinbarte Zinsenverzicht „bis auf weiteres“ bedeute, die Beschwerdeführerin habe bis zu einer neuen Vereinbarung Anspruch auf Zinsenfreiheit. Die Formulierung „bis auf weiteres“ kann hier unter Berücksichtigung aller Umstände nur als eine auflösende Bedingung im Sinne des § 5 BewG qualifiziert werden. Nun entstand die Gesellschaftsteuerschuld im vorliegenden Fall entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht schon im Zeitpunkt des Zinsenverzichtes (siehe z.B. auch Brönner-Kamprad, a.a.O., S. 55, Anm. 57 Abs. 2), und zwar hinsichtlich aller nach der getroffenen ursprünglichen Vereinbarung noch zu bezahlen gewesenen Zinsen, weil die Beschwerdeführerin ab dem Zeitpunkt des Zinsenverzichtes von der ursprünglich vereinbarten Verpflichtung zur Zinsenzahlung bis zum Eintritt der auflösenden Bedingung entbunden wurde. Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz BewG werden nämlich Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, wie unbedingt erworbene behandelt.
Die vorstehenden Ausführungen ergeben als Zeitpunkt des Entstehens der gesamten Gesellschaftsteuerschuld für den in Rede stehenden Zinsenverzicht den 28. Dezember 1978. Da auch für die Gesellschaftsteuerschuld das Institut der Bemessungsverjährung im Sinne der § 207 ff BAO gilt (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1986, Zlen. 84/15/0058, 0059, und die dort zitierten Erkenntnisse sowie den dort ebenfalls zitierten Aufsatz von Ritz), wäre die hier (abgesehen von dem selbst von der belangten Behörde nicht angenommenen Fall einer Abgabenhinterziehung) maßgebliche - fünf Jahre betragende - Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO ohne Unterbrechungshandlung mit Ablauf des Jahres 1983 verstrichen. An dieser Stelle ist der Vollständigkeit halber folgendes zu bemerken:
Wird ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer oder der Grunderwerbsteuer unterliegender Rechtsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt nach § 208 Abs. 2 BAO die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgaben nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt; dies gilt seit dem Inkrafttreten des Art. I Z. 83 des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 151/1980, sinngemäß auch für die gemäß § 18 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 140 zu erklärenden Umstände. Für die Gesellschaftsteuer gilt § 208 Abs. 2 BAO hingegen nicht, obwohl gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz KVGDB die Beteiligten Rechtsvorgänge der in den §§ 2 und 3 KVG bezeichneten Art binnen zwei Wochen, vom Tag ab gerechnet, an dem der Rechtsvorgang stattgefunden hat, dem zuständigen Kapitalverkehrsteueramt (gemäß § 7 Abs. 1 des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes nunmehr das betreffende Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern) anzumelden haben. Da aber nach § 93 Abs. 1 erster Satz KVGDB die zu prüfenden Stellen, zu denen auf Grund des § 91 Z. 1 KVGDB u.a. die im § 5 KVG angeführten Kapitalgesellschaften gehören, im Laufe von drei Jahren mindestens einmal geprüft werden, erscheint es verständlich, daß der Gesetzgeber die Unterlassung einer Anmeldung nach § 4 KVGDB nicht mit den Rechtsfolgen des § 208 Abs. 2 BAO verknüpfen wollte.
Nach § 209 Abs. 1 BAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe z.B. die Erkenntnisse vom 18. November 1982, 21. 82/16/0079, Slg. Nr. 5722/F, vom 31. Jänner 1985, Zl. 83/16/0088, ÖStZB 1986/1/2, S. 15, und vom 17. Oktober 1985, Zlen. 84/16/0006, 0007, ÖStZB 1986/13/14, S. 222) dargelegt hat, muß die Abgabenbehörde eine Handlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches vornehmen. Im vorliegenden Fall erfolgte nach der eingangs dargestellten Lage der vorgelegten Verwaltungsakten in Übereinstimmung mit dem zulässig (siehe z.B. das in der Beschwerde mit unrichtiger Zahl zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1984, Zl. 83/15/0085, ÖStZB 1985/16, S. 243) erstmals in der Beschwerde erstatteten Vorbringen in bezug auf den auf Grund des in Rede stehenden Zinsenverzichtes entstandener Abgabenanspruches keine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO innerhalb der fünf Jahre betragenden Verjährungsfrist.
Schon auf Grund der bisherigen Erwägungen erweist sich die vorliegende Berufungsentscheidung als rechtswidrig, weshalb sie ohne Notwendigkeit der Erörterung des übrigen Vorbringens in der Beschwerde bzw. in der Äußerung zur Gegenschrift wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin konnte der Verwaltungsgerichtshof von einer Verhandlung auf Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG absehen, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 27. April 1987
Schlagworte
Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein (siehe auch Angenommener Sachverhalt)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1987:1985150323.X00Im RIS seit
07.11.2022Zuletzt aktualisiert am
07.11.2022