TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/19 96/04/0049

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Veröffentlicht am 19.03.1996
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Index

50/01 Gewerbeordnung;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

DentG §3;
GewO 1994 §2 Abs1 Z11;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
GewO 1994 §28 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Jänner 1996, Zl. 318.177/2-III/4/95, betreffend Verweigerung der Nachsicht von der Meisterprüfung im Zahntechnikerhandwerk, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem auf Grund einer Berufung der Fachvertretung der Zahntechniker in der Sektion Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Kärnten im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17. Jänner 1996 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung der bis 31. Dezember 1996 befristeten Nachsicht von der Meisterprüfung im Zahntechnikerhandwerk zum Zweck der Fortführung eines bestehenden Betriebes an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. a und Abs. 5 GewO 1994 abgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, die Erstbehörde habe dem Beschwerdeführer die in Rede stehende Nachsicht erteilt, wobei die Annahme der Nachsichtsvoraussetzung des § 28 Abs. 5 GewO 1994 (Fortführung eines bestehenden Betriebes) damit begründet worden sei, der geschichtliche Werdegang des Berufsstandes der Zahntechniker zeige die enge Verwandtschaft zum Dentistenberuf auf. Wie eine Auskunft der Fachvertretung der Wirtschaftskammer Wien zeige, könne jemand, der eine mindestens zweijährige Praxiszeit bei einem Dentisten zurückgelegt habe, zur Meisterprüfung im Sinne des § 18 Abs. 3 GewO 1994 zugelassen werden. Es wäre somit ein "nicht rechtfertigbarer Wertungswiderspruch", wollte man annehmen, daß einerseits die Tätigkeit in einem Dentistenbetrieb "nach gewerblichen Gesichtspunkten zu messen und fachlich dem Handwerk zuzuordnen" sei, und andererseits bei der Definition des Nachfolgebetriebes den gewerblichen Zusammenhang nicht mehr gelten lassen, wiewohl Einrichtungsgegenstände und Apparaturen übernommen würden. Gerade die Übernahme der Betriebseinrichtung sei denn auch ein wichtiges Kriterium für eine Betriebsübernahme bzw. Fortführung eines bestehenden Betriebes. Diesen Ausführungen der Erstbehörde hielt der Bundesminister entgegen, mit der Neufassung der Bestimmung des § 28 Abs. 5 GewO 1994 im Wege der Gewerberechtsnovelle 1988 sei klargestellt worden, daß im Fall einer befristeten Nachsichtserteilung der fortzuführende Betrieb zumindest früher auf Grund einer entsprechenden Gewerbeberechtigung habe tatsächlich geführt werden müssen. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung sei somit ersichtlich, daß es sich beim fortzuführenden Betrieb (ungeachtet dessen, daß eine nicht allzulange Betriebsunterbrechung dem Begriff "Fortführung" dann nicht entgegenstehe, wenn die Betriebseinrichtung weiterhin vorhanden sei) um einen Gewerbebetrieb, d.h. um einen Betrieb, der auf Grund einer Berechtigung nach der Gewerbeordnung geführt worden sei, handeln müsse. Die Tätigkeit als Dentist werde hingegen nicht auf Grund der Bestimmungen der Gewerbeordnung, sondern auf der Basis des Dentistengesetzes ausgeübt, sodaß hierauf die Bezeichnung "Gewerbebetrieb" bzw. "Gewerbeberechtigung" nicht anwendbar sei. Damit könne aber im gegenständlichen Fall nicht von einer beabsichtigten "Fortführung eines bestehenden Betriebes" im Sinne des § 28 Abs. 5 GewO 1994 gesprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Erteilung der in Rede stehenden Nachsicht verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, er habe den Beruf eines Zahntechnikers erlernt und die Lehrabschlußprüfung im Lehrberuf "Zahntechniker" bestanden. Bereits seit 1. November 1981 sei er als Zahntechniker im Betrieb seines Onkels in Villach beschäftigt. Seither sei er für die Führung des zahntechnischen Labors seines Onkels allein verantwortlich und zuständig. Er habe sowohl den Einkauf als auch alle zahntechnischen Arbeiten und sämtliche Reparaturarbeiten im Labor selbständig und zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers durchgeführt. Nunmehr beabsichtige sein Onkel nach Erreichung des 65. Lebensjahres das zahntechnische Labor ihm zur Weiterführung zu übergeben. Er habe aber bisher noch keine Möglichkeit gehabt, die Meisterprüfung abzulegen. Es sei ohne Zweifel davon auszugehen, daß ihm die für eine selbständige Ausübung des Zahntechnikerhandwerkes erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse zu eigen seien. Schon die Behörde erster Instanz habe darauf verwiesen, daß sich bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein eigener Berufsstand, nämlich der des Zahntechnikers, entwickelt habe, der bei Zahnärzten für die Durchführung der rein technisch-mechanischen Arbeiten zur Herstellung von künstlichen Zähnen und von Bestandteilen von Zahnersatzstücken als Hilfskraft beschäftigt gewesen sei. Mit Verordnung vom 20. März 1892 sei das Zahntechnikergewerbe unter die konzessionierten Gewerbe eingereiht und die Ausübung an einen Befähigungsnachweis geknüpft worden. Schließlich sei die Zahntechnik auch im Zahntechnikergesetz 1920 als Bestandteil der Zahnheilkunde anerkannt worden, wobei die Herstellung künstlicher Zähne nach wie vor von den Bestimmungen der Gewerbeordnung nicht ausgenommen worden sei. Erst später, mit einer Reichsverordnung im Jahre 1939, sei der Begriff des Dentisten, der auch Mundbehandlungen habe durchführen dürfen, eingeführt worden. Schon die Behörde erster Instanz sei im Zusammenhang mit der Zulassungsregelung für die Meisterprüfung im Zahntechnikergewerbe zur Ansicht gekommen, daß lediglich eine mindestens zweijährige Praxis bei einem Dentisten zurückgelegt werden müsse, um zur Meisterprüfung zugelassen zu werden. Zu Recht habe die Behörde erster Instanz daraus den Schluß gezogen, daß sich ein sachlich nicht zu rechtfertigender Widerspruch ergäbe, wollte man annehmen, daß einerseits die Tätigkeit in einem Dentistenbetrieb nach gewerblichen Gesichtspunkten zu messen und fachlich dem Handwerk zuzuordnen sei, um andererseits bei der Definition des Nachfolgebetriebes den gewerblichen Zusammenhang nicht mehr gelten zu lassen, obwohl Einrichtungsgegenstände und Apparaturen übernommen würden. Schließlich wäre es unbillig, müsse der Beschwerdeführer, nachdem sein Onkel das 65. Lebensjahr vollendet habe und sich aus Altersgründen genötigt sehe, den zahntechnischen Betrieb aufzugeben bzw. dem Beschwerdeführer zu übergeben, in ein anderes zahntechnisches Labor wechseln. Es sei offensichtlich, daß der Beschwerdeführer in diesem Fall wesentliche wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müßte, weil es wohl nicht vorstellbar sei, daß er so wie bei seinem Onkel sogleich in die Funktion eines Laborleiters aufrücken könnte. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer überdies geltend, die belangte Behörde habe den Grundsatz der Amtswegigkeit des Ermittlungsverfahrens außer acht gelassen, weil sie durchaus wesentliche Umstände des von ihr zu beurteilenden Falles weder erhoben noch im angefochtenen Bescheid behandelt habe. Sie sei den Ausführungen des Berufungswerbers gefolgt, ohne auf die Argumente der Erstbehörde einzugehen. Wegen des Grundsatzes der Amtswegigkeit des Verfahrens hätte die belangte Behörde aber die Frage der Rechtsmittellegitimation des Berufungswerbers prüfen und beachten müssen, daß die Berufung nicht gesetzeskonform ausgeführt sei.

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1994 ist, sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn

1.

nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahren (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen oder

2.

eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und

a)

dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist,

oder

b)

wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.

Nach dem Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist die Nachsicht gemäß Abs. 1 Z. 1 unbefristet zu erteilen. Ebenso ist die Nachsicht gemäß Abs. 1 Z. 2 unbefristet zu erteilen, es sei denn, daß durch die Nachsichtserteilung die Fortführung eines bestehenden Betriebes, auch wenn für diesen keine entsprechende Gewerbeberechtigung mehr besteht, ermöglicht werden soll.

Aus der Verwendung der Worte "keine entsprechende Gewerbeberechtigung mehr" im Abs. 5 der zitierten Gesetzesstelle ergibt sich, wie auch in der Regierungsvorlage zur Gewerberechtsnovelle 1988, mit der diese Bestimmung neu gefaßt wurde (341 BlgNR, XII. GP, S. 35), festgehalten wurde, als Voraussetzung für die Erteilung einer befristeten Nachsicht nach dieser Gesetzesstelle, daß ein Betrieb vorhanden ist, für den ursprünglich eine Gewerbeberechtigung bestanden hat.

Aus dem eingangs dargestellten Sachverhalt ergibt sich, daß der in Rede stehende Betrieb bisher vom Onkel des Beschwerdeführers auf Grund seiner Berechtigung zur Ausübung des Dentistenberufes nach § 3 des Dentistengesetzes BGBl. Nr. 90/1949 geführt wurde.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 11 GewO 1994 ist die Gewerbeordnung u. a. auf die zur Berufsausübung zählenden und in deren Rahmen vorgenommenen Tätigkeiten der Dentisten nicht anzuwenden. Bei der den Dentisten auf Grund des § 3 des Dentistengesetzes zustehenden Berechtigung handelt es sich somit nicht um eine Gewerbeberechtigung im Sinne der GewO 1994. Daran vermag die geschichtliche Entwicklung des Dentistenberufes nichts zu ändern. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, für den in Rede stehenden Betrieb habe bisher keine Gewerbeberechtigung im Sinne des § 28 Abs. 5 GewO 1994 bestanden, sodaß die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Gesetzesstelle nicht erfüllt seien, erweist sich damit als frei von Rechtsirrtum.

Auch die in der Beschwerde dargelegte Interessenabwägung vermag eine solche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil die Behörde bei Anwendung der Bestimmung des § 28 Abs. 5 leg. cit. eine solche nicht vorzunehmen hatte. Schließlich vermag die Beschwerde auch mit den behaupteten Verfahrensmängeln schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen ist, warum der Beschwerdeführer meint, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser behaupteten Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 43 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040049.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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