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66/02 Andere SozialversicherungsgesetzeNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch den Ausschluss der begünstigten Versicherungsmöglichkeit für Kinder nach einer Bestimmung des BSVG bei Absolvierung einer Schul- oder Berufsausbildung während der Mitarbeit im elterlichen Betrieb; Ausschluss der Hauptberuflichkeit der Beschäftigung im elterlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Falle der Schul- oder Berufsausbildung im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; Möglichkeit der nachträglichen Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten des Besuchs einer Bildungseinrichtung; keine Vergleichbarkeit mit der Mitarbeit im elterlichen Betrieb in den Fällen der Heimlehre bzw Heimpraxis, die typischerweise den Hauptgegenstand der Tätigkeit bildenRechtssatz
Abweisung eines Antrags des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) auf Aufhebung des §2 Abs7 letzter Satz BSVG idF BGBl I 2/2015.
Vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Abgrenzung der Personengruppe, die in die Sozialversicherungspflicht einbezogen werden, hegt der VfGH jedenfalls keine Bedenken, wenn der Gesetzgeber "hauptberuflich" mitarbeitende Kinder in die Versicherungspflicht nach BSVG einbezieht. Der VfGH vermag dem Gesetzgeber aber auch nicht entgegenzutreten, wenn er - ausgehend von der realitätsnahen Betrachtung, dass ein Schulbesuch oder ein Studium regelmäßig die überwiegende Zeit des Schülers oder Studenten in Anspruch nimmt - Kinder eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebsführers, die eine Schule besuchen oder ein Studium betreiben, in typisierender Durchschnittsbetrachtung von der Versicherungspflicht ausnimmt (und diese hinsichtlich der Krankenversicherung nach Maßgabe von §78 BSVG - idR zusatzbeitragsfrei, vgl §24b Abs3 Z1 BSVG - "mitversichert" hält), ohne dabei atypische Fallkonstellationen zu berücksichtigen.
Die Sozialversicherungsgesetze sehen für Zeiten des Besuches einer Bildungseinrichtung die (nachträgliche) Selbstversicherung in der Pensionsversicherung zu den Bedingungen der §§76b ASVG, 32a GSVG und 27a BSVG vor. Der VfGH vermag dem Gesetzgeber auch vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Entscheidung nicht entgegenzutreten, wenn er die Beschäftigung im elterlichen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb während eines Schulbesuches oder der Absolvierung eines Studiums sozialversicherungsrechtlich nicht in die Pflichtversicherung einbezieht.
Wenn das BVwG des Weiteren versucht, die Unsachlichkeit der Ausnahme von Zeiten einer Schul- oder Berufsausbildung von der Ex-lege-Versicherung nach §2 BSVG mit einem Vergleich mit den Gegenausnahmen für die Heimlehre oder die Heimpraxis zu begründen, vermag dies ebenfalls nicht zu überzeugen: Während eine Schul- oder Berufsausbildung der Kinder eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebsführers grundsätzlich außerhalb des landwirtschaftlichen Betriebes stattfindet und die Arbeitskraft des Auszubildenden typischerweise überwiegend in Anspruch nimmt, sodass eine Mitarbeit im Betrieb der Eltern, wenn überhaupt, so nur in untergeordnetem Maße stattfinden kann, bildet die Mitarbeit im elterlichen Betrieb in den Fällen der Heimlehre bzw der Heimpraxis umgekehrt geradezu den Hauptgegenstand der Tätigkeit, neben der eine andere Berufstätigkeit typischerweise in den Hintergrund tritt.
Schlagworte
Sozialversicherung, Ausbildung, Land- und Forstwirtschaft, Studierende, Pflichtversicherung, Kinder, Krankenversicherung, Pensionsversicherung, Unfallversicherung, VfGH / Gerichtsantrag, Rechtspolitik, Ausnahmeregelung - RegelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:G342.2020Zuletzt aktualisiert am
04.11.2022