TE Vwgh Beschluss 2022/10/20 Ra 2021/07/0097

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.10.2022
beobachten
merken

Index

Auswertung in Arbeit!

Norm

Auswertung in Arbeit!

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der 1. W eGenmbH und 2. Gemeinde S, beide in S, beide vertreten durch die Eisenberger Rechtsanwälte GmbH in 8020 Graz, Schloßstraße 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 7. April 2021, Zl. LVwG-2019/15/1900-48, betreffend ein Widerstreitverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft; mitbeteiligte Partei: T AG in I, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Zur Vorgeschichte wird insbesondere auf die hg. Erkenntnisse vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, und vom 3. August 2016, Ro 2016/07/0006 (sowie die dort genannten weiteren Vorentscheidungen), verwiesen.

2        Dabei ist wesentlich, dass die revisionswerbenden Parteien mit Schriftsatz vom 27. August 2008 beim Landeshauptmann von Tirol (LH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Kraftwerk G. Ache (KW G. Ache) beantragten.

3        Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 stellte die mitbeteiligte Partei beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) die Anträge auf wasserrechtliche Bewilligung für den Ausbau des bestehenden Kraftwerks K. zu einer Kraftwerksgruppe (AK K.) und auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens mit dem KW G. Ache der revisionswerbenden Parteien.

4        Mit Bescheid des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 wurde der Widerstreitantrag der mitbeteiligten Partei aus dem Grunde der fehlenden Widerstreittauglichkeit des Vorhabens AK K. mangels klar erkennbarer Projektabsicht im Sperrzeitpunkt des § 109 Abs. 2 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959; in der damals geltenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 58/2017), dies war der 28. Mai 2009, zurückgewiesen.

5        Die dagegen erhobene Revision der mitbeteiligten Partei wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem oben zitierten Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ro 2014/07/0033, als unbegründet ab.

6        Zwischenzeitlich beantragten die revisionswerbenden Parteien mit Schriftsatz vom 6. Juni 2014 beim LH die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Ausleitungskraftwerks an der V. Ache (WKA V. Ache).

7        Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2014 beantragten sie beim BMLFUW die Durchführung eines (dem vorliegenden Revisionsfall zu Grunde liegenden) Widerstreitverfahrens zwischen ihrem Vorhaben WKA V. Ache und dem Vorhaben AK K. der mitbeteiligten Partei.

8        Mit Bescheid des BMLFUW vom 10. April 2015 wurde dieser Widerstreitantrag zurückgewiesen.

9        Nach Ansicht des BMLFUW folgte aus der Rechtskraft seines Bescheids vom 2. Dezember 2013, dass die Bewilligung und damit die tatsächliche Realisierung des Vorhabens AK K. der mitbeteiligten Partei rechtlich nicht möglich sei. Da im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes somit nicht zumindest zwei Projekte um wasserrechtliche Bewilligung (von denen jedoch nur eines ausgeführt werden könne) vorlägen, fehle es an einer Voraussetzung für die Durchführung eines Widerstreitverfahrens im Verhältnis zum AK K., sodass eine Zurückweisung des Widerstreitantrags der revisionswerbenden Parteien schon aus diesem Grund zu erfolgen habe. Auch sei ihr Widerstreitantrag in Bezug auf ihr Vorhaben WKA V. Ache jedenfalls verspätet, weil der dem genannten Bescheid zu Grunde liegende Sperrzeitpunkt der 28. Mai 2009 sei. Der Antrag sei daher (solange) zurückzuweisen, bis die Entscheidung des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 nicht durch eine gesetzlich anerkannte Änderung der Sach- und Rechtslage außer Kraft trete.

10       In weiterer Folge änderte die mitbeteiligte Partei mit Schreiben vom 21. April 2015 ihren wasserrechtlichen Konsensantrag für das Vorhaben AK K. dahingehend ab, als dies zur Vermeidung eines Widerspruchs mit dem Vorhaben KW G. Ache der revisionswerbenden Parteien erforderlich sei. Das Vorhaben der mitbeteiligten Partei umfasste ab diesem Zeitpunkt nur mehr die Wasserfassung aus der V. Ache.

11       Mit Erkenntnis vom 3. Februar 2016 gab das Verwaltungsgericht der gegen den Bescheid des BMLFUW vom 10. April 2015 erhobenen Beschwerde der revisionswerbenden Parteien Folge und behob diesen Bescheid ersatzlos.

12       Die dagegen erhobene Amtsrevision des BMLFUW wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem oben zitierten Erkenntnis vom 3. August 2016, Ro 2016/07/0006, als unbegründet ab.

13       Dazu hielt er näher begründet fest, dass aufgrund des Schreibens der mitbeteiligten Partei vom 21. April 2015 ein neuer Antrag oder eine wesentliche Modifikation ihres ursprünglichen Antrags (vom 20. Mai 2009) auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Vorhaben AK K. vorliege, dem die Sperrwirkung des § 109 Abs. 2 WRG 1959 aus näher dargelegten Gründen nicht im Wege stehe. Auch ging er davon aus, dass durch diese Abänderung die ursprünglich gegebene Widerstreituntauglichkeit des Vorhabens der mitbeteiligten Partei und damit der tragende Zurückweisungsgrund für den BMLFUW nachträglich weggefallen sei. Das Verwaltungsgericht habe daher im Ergebnis zutreffend erkannt, dass eine Entscheidung über einen Widerstreit zwischen dem solcherart modifizierten Vorhaben der mitbeteiligten Partei und jenem der revisionswerbenden Parteien die von ihm zu beurteilende Sache des Verfahrens überschritte, weshalb es den auf die alte Sachlage abstellenden Bescheid des BMLFUW vom 10. April 2015 insofern zu Recht ersatzlos behoben habe. Der Widerstreit beziehe sich nun eben auf ein neues Vorhaben, worüber der BMLFUW erstmals zu entscheiden haben werde.

14       Aufgrund dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes beantragten die revisionswerbenden Parteien mit Schriftsatz vom 28. Juni 2017 beim BMLFUW die „Fortsetzung“ des über ihren Antrag vom 27. Juni 2014 eingeleiteten Widerstreitverfahrens.

15       Mit Schriftsatz vom 29. August 2019 erhoben die revisionswerbenden Parteien Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht.

16       Mit Bescheid vom 6. November 2019 wies der LH den Antrag der revisionswerbenden Parteien vom 27. August 2008 auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das KW G. Ache ab.

17       Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. November 2020 als unbegründet ab.

18       Diese Entscheidung wurde in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. Juni 2022, Ra 2021/07/0003 bis 0004, bestätigt.

19       Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das im Säumnisweg zuständig gewordene Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - aus, dem Vorhaben AK K. der mitbeteiligten Partei gebühre gegenüber dem Vorhaben WKA V. Ache der revisionswerbenden Parteien der Vorzug im Sinn der §§ 17, 109 WRG 1959. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

20       Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, wie sich aus den Feststellungen ergebe, sei dem Vorhaben WKA V. Ache der revisionswerbenden Parteien in den Bereichen Landschaftsbild und Erholungswert sowie Gewässerökologie und Fischereiwirtschaft der Vorzug einzuräumen. Festgehalten werde, dass eine weitere Untersuchung des Vorhabens AK K. der mitbeteiligten Partei im Hinblick auf die Gesamtauswirkungen des Vorhabens im vorliegenden Fall entbehrlich gewesen sei. So beziehe sich der vorliegende Widerstreit ausschließlich auf die Ableitung von Wasser aus der V. Ache und nicht auf die anderen Anlagenteile des AK K. Dass die ökologischen Auswirkungen dieses Vorhabens insgesamt bedeutend negativer zu bewerten seien als beim Vorhaben der revisionswerbenden Parteien, könne alleine schon auf Grund eines Vergleichs der Dimension beider Vorhaben nicht strittig sein. Allerdings sei dabei genauso zu berücksichtigen, dass durch das Vorhaben der mitbeteiligten Partei insgesamt schwerwiegende Umweltbelastungen, die nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden könnten, nicht eintreten könnten, weil in diesem Fall die Genehmigung nach § 17 Abs. 5 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) zu versagen wäre. Dass Beeinträchtigungen der Umwelt bis zu dieser Grenze eintreten könnten, werde bei der vorliegenden Widerstreitentscheidung mit ins Kalkül gezogen.

21       In den Bereichen Wasserbau und Energiewirtschaft sei dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei der Vorzug einzuräumen. Beim Thema Wasserbau sei dabei insbesondere die in ihrem Projekt vorgesehene Ableitungsmöglichkeit im Hochwasserfall zu berücksichtigen. Mit der Möglichkeit, dass im Hochwasserfall bis zu 50 m3/s Wasser für 48 Stunden aus dem Ö. Tal in einem Speicher aufgefangen werden könnten, werde das Hochwasserrisiko im Ö. Tal erheblich reduziert. Zumal dadurch ernste Schäden an der Infrastruktur vermieden werden könnten, komme diesem Aspekt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts erhebliche Bedeutung zu.

22       Energiewirtschaftlich sei das Vorhaben der mitbeteiligten Partei jenem der revisionswerbenden Parteien in einem erheblichen Ausmaß vorzuziehen. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass einerseits alleine schon bedingt durch die wesentlich größere Fallhöhe beim Vorhaben der mitbeteiligten Partei die erzeugbare Energiemenge um mehr als den Faktor 10 größer sei als beim Vorhaben der revisionswerbenden Parteien; dies bezogen auf die hier zu beurteilende Ableitung aus der V. Ache. Zudem könne diese Energie mit den vorgesehenen Wasserspeichern bedarfsgerechter erzeugt werden. Die bedarfsgerechte Energieerzeugung sei nach den schlüssigen Ausführungen des energiewirtschaftlichen Amtssachverständigen insbesondere auch im Hinblick auf den steigenden Anteil an erneuerbarer Energie und deren Erzeugungsart von hoher Bedeutung. Festgehalten sei an dieser Stelle nochmals, dass sich eine Bewertung in dieser Frage ausschließlich auf die Frage der Ableitung von Wasser aus der V. Ache beziehe und nicht auf die Ableitung aus anderen Gewässern. Bedingt durch die wesentlich höhere Menge an erzeugbarer Energie diene das Vorhaben der mitbeteiligten Partei überdies auch dem Schutz des Klimas durch Vermeidung der Energieerzeugung mittels fossiler Energieträger wesentlich besser als jenes der revisionswerbenden Parteien. Außerdem könne durch die höhere Bereitstellung von erneuerbarer Energie nach den Darlegungen des energiewirtschaftlichen Amtssachverständigen den regionalen, nationalen und europäischen energiewirtschaftlichen Interessen sowie dem damit im Zusammenhang stehenden öffentlichen Interesse am Klimaschutz bedeutend besser entsprochen werden.

23       In einer Gegenüberstellung dieser öffentlichen Interessen betreffend Landschaftsschutz und Erholungswert, Gewässerökologie und Fischereiwirtschaft, Wasserbau sowie Energiewirtschaft diene somit das Vorhaben der mitbeteiligten Partei dem öffentlichen Interesse besser als das Vorhaben der revisionswerbenden Parteien.

24       Nach § 17 Abs. 1 WRG 1959 seien die Bewerbungen weiter vornehmlich auf die in einem anerkannten Rahmenplan dargestellte, im öffentlichen Interesse gelegene Ordnung zu prüfen. Durch die Verordnung des BMLFUW über die Anerkennung der im Rahmenplan Tiroler Oberland dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung als öffentliches Interesse, BGBl. II Nr. 274/2014 (WWRPV-TO), sei ein entsprechender Rahmenplan für das Gebiet, in welchem die widerstreitenden Vorhaben verwirklicht werden sollten, erlassen worden.

25       Der gewässerökologische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass es bei beiden widerstreitenden Vorhaben nicht zu einem Widerspruch zu den im anerkannten Rahmenplan definierten Zielen aus Sicht seines Fachbereichs komme. Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe in seinem Gutachten in Bezug auf das Vorhaben der revisionswerbenden Parteien einen mehrfachen Widerspruch zum Rahmenplan, in Bezug auf das Vorhaben der mitbeteiligten Partei allerdings eine Übereinstimmung mit dessen Vorgaben festgestellt. Zusammenfassend sei daher aus wasserbautechnischer Sicht das Vorhaben der mitbeteiligten Partei gegenüber jenem der revisionswerbenden Parteien auch in Bezug auf die Vorgaben des Rahmenplans zu bevorzugen.

26       Der energiewirtschaftliche Amtssachverständige habe zur Frage der Übereinstimmung mit dem Rahmenplan ebenfalls ausgeführt, dass das Vorhaben der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der Wassernutzung aus der V. Ache der WWRPV-TO entspreche, jenes der revisionswerbenden Parteien nicht. Auch auf Grund der wesentlich höheren Stromerzeugung sowie der Erhöhung der verfügbaren Nennleistung aus Speicher- und Pumpspeicherkraftwerk beim Vorhaben der mitbeteiligten Partei werde den Zielen der WWRPV-TO durch dieses Vorhaben mehr entsprochen.

27       Ausgehend davon gelangte das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, auch eine Bewertung nach der im anerkannten Rahmenplan Tiroler Oberland dargestellten, im öffentlichen Interesse gelegenen Ordnung ergebe somit, dass dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei gegenüber jenem der revisionswerbenden Parteien der Vorzug gebühre.

28       Von den revisionswerbenden Parteien werde in einer Stellungnahme vom 21. Juli 2020 vorgebracht, dass das Vorhaben der mitbeteiligten Partei nicht den Vorgaben des Rahmenplans entspreche, zumal eine umfassende Überleitung aus der G. Ache nicht vorgesehen sei. Dazu werde, so das Verwaltungsgericht, einerseits festgehalten, dass der Rahmenplan für das hintere Ö. Tal eine Ableitung aus der G. Ache und der V. Ache vorsehe. Auch wenn im vorliegenden Fall zunächst noch der Einzug aus der G. Ache durch die mitbeteiligte Partei - bedingt durch das Obsiegen des Vorhabens der revisionswerbenden Parteien an der G. Ache im vorangegangenen Widerstreitverfahren (Hinweis auf den Bescheid des BMLFUW vom 2. Dezember 2013) - wesentlich beschränkt gewesen sei, so ändere dies nichts daran, dass zumindest in Bezug auf den Einzug von Wässern aus der V. Ache eine bessere Zielerreichung durch das Vorhaben der mitbeteiligten Partei als durch jenes der revisionswerbenden Parteien vorliege. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts könne der anerkannte Rahmenplan nicht so verstanden werden, dass durch das Obsiegen der revisionswerbenden Parteien im Verfahren betreffend die Ableitung von Wässern aus der G. Ache der restliche Teil des Rahmenplans in Bezug auf das hintere Ö. Tal bedeutungslos geworden wäre. Somit entspreche auch die isolierte Betrachtung in Bezug auf die Ableitung aus der V. Ache im Sinn der wiedergegebenen Ausführungen der Sachverständigen offensichtlich den Intentionen des Rahmenplans.

29       Darüber hinaus werde festgehalten, dass mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 26. November 2020 das Vorhaben der revisionswerbenden Parteien an der G. Ache rechtskräftig abgewiesen worden sei. Damit stehe aber die Widerstreitentscheidung des BMLFUW vom 2. Dezember 2013 dem Wassereinzug an der G. Ache durch die mitbeteiligte Partei nicht mehr entgegen. Dieser könne damit, wie ursprünglich vorgesehen, erfolgen und liege der von den revisionswerbenden Parteien behauptete Widerspruch alleine deshalb schon nicht vor.

30       In einer Stellungnahme vom 21. Juli 2020 hätten die revisionswerbenden Parteien ausgeführt, dass die Wasserfassung der mitbeteiligten Partei an der G. Ache nutzlos sei und daher dem Vorhaben der revisionswerbenden Parteien der Vorzug einzuräumen sei. Zu diesem Argument genüge der Hinweis, dass der Einzug von Wässern aus der G. Ache nicht Teil des vorliegenden Widerstreitverfahrens sei und dem Vorbringen daher von Vornherein die Relevanz fehle. Durch die mittlerweile rechtskräftige Abweisung des Vorhabens der revisionswerbenden Parteien an der G. Ache sei auch die ursprüngliche Widerstreitentscheidung (gemeint: der Bescheid des BMLFUW vom 2. Dezember 2013) gemäß § 109 Abs. 4 WRG 1959 außer Kraft getreten. Insofern sei auch die Einschränkung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei betreffend den Einzug von Wässern an der G. Ache nicht mehr relevant.

31       Soweit in Zusammenhang mit dem Rahmenplan Tiroler Oberland auf erhebliche spezifische Investitionskosten verwiesen und die Wirtschaftlichkeit der Anlage in Frage gestellt werde, so werde dazu festgehalten, dass diese Frage im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgericht nicht zu überprüfen gewesen sei. Inwiefern Pumpspeicherkraftwerke „ein gutes Geschäft“ seien oder nicht, sei somit für die vorliegende Widerstreitentscheidung nicht relevant. Überdies habe das Verwaltungsgericht keine Bedenken daran, dass die mitbeteiligte Partei wirtschaftlich zur Realisierung ihres Vorhabens im Stande sei (Hinweis auf VwGH 7.11.1969, 464, 470/69).

32       Zur Frage der Beeinträchtigung unionsrechtlicher Vorschriften (die in einer Stellungnahme der revisionswerbenden Parteien vom 5. Jänner 2021 aufgeworfen worden sei), hielt das Verwaltungsgericht fest, dass nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses jedenfalls von einer wesentlich höheren erzielbaren Strommenge beim Vorhaben der mitbeteiligten Partei als bei jenem der revisionswerbenden Parteien auszugehen sei. Mit diesem höheren Ausmaß an erzielbarer Energie liege es auf der Hand, dass Klimaschutzaspekten auch besser entsprochen werden könne. Dadurch liege auch im Hinblick auf unionsrechtliche Vorgaben eine bessere Zielerreichung beim Vorhaben der mitbeteiligten Partei vor.

33       In diesem Zusammenhang werde auch darauf hingewiesen, dass das WRG 1959 in seinem § 105 einen demonstrativen Katalog öffentlicher Interessen vorsehe, die der Verwirklichung eines Vorhabens entgegenstehen könnten. Daraus ließen sich im Umkehrschluss auch positive wasserwirtschaftliche Zielsetzungen entnehmen (Hinweis auf VwGH 24.1.2013, 2011/07/0252). Dieser Katalog könne aber nicht unreflektiert der nach § 17 WRG 1959 zu treffenden Wertentscheidung zugrunde gelegt werden (Hinweis auf VwGH 27.6.2002, 98/07/0194). Nur aufgrund des Umstands, dass ein bestimmter Widerspruch nicht vorliege, bedeute dies nicht, dass die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Interessen zugunsten eines der beiden Vorhaben nicht gewertet werden könnten. Aus diesem Grund sei auch dann, wenn zu einem Aspekt des § 105 Abs. 1 WRG 1959 bei zwei widerstreitenden Vorhaben ein Widerspruch nicht vorliege, das im betreffenden Zusammenhang angeführte öffentliche Interesse einer Gewichtung zugänglich. Insofern entspreche daher das Vorhaben der mitbeteiligten Partei auch im Zusammenhang mit unionsrechtlichen Zielen dem öffentlichen Interesse besser als jenes der revisionswerbenden Parteien.

34       Auch soweit in diesem Zusammenhang auf Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 2009/28/EG verwiesen werde, wonach mit der Entwicklung zu dezentraler Energieerzeugung viele Vorteile verbunden seien, so werde festgehalten, dass im vorliegenden Fall beim Vorhaben der revisionswerbenden Parteien wie bei jenem der mitbeteiligten Partei eine Einspeisung der Energie in das Stromnetz und insofern eine dezentrale Energieversorgung nicht vorgesehen sei. In dieser Hinsicht sei entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien vielmehr zu berücksichtigen, dass beim Vorhaben der mitbeteiligten Partei eine „Schwarzstartfähigkeit“ vorliege, wonach im Fall eines Blackouts das Kraftwerk aus eigener Kraft wieder angefahren werden könne. Dies und der im Projekt ebenfalls vorgesehene Ringschluss der 110 kV-Leitung in das K. Tal, womit das Ö. Tal von zwei Seiten angebunden wäre, führe dazu, dass das Vorhaben der mitbeteiligten Partei der dezentralen Versorgung besser entspreche als jenes der revisionswerbenden Parteien, bei welchem lediglich eine Abgabe der erzeugten Energie in das bestehende Stromnetz im Ö. Tal vorgesehen sei.

35       Soweit in der Stellungnahme vom 5. Jänner 2021 sowie in der Stellungnahme bei der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen werde, dass eine weitere Abarbeitung des Wassers aus der V. Ache über mehrere Zwischenstufen im Ö. Tal möglich wäre, so werde festgehalten, dass diese Vorhaben nicht Bestandteil des Projekts der revisionswerbenden Parteien seien und dazu noch keinerlei wasserrechtliche Einreichungen vorlägen. Insofern hätten weitere Kraftwerksstufen im Ö. Tal für die Bewertung im vorliegenden Widerstreitverfahren nicht berücksichtigt werden können. Dies ergebe sich schon alleine daraus, dass bis zum nach § 109 WRG 1959 festzustellenden Sperrzeitpunkt - das sei im vorliegenden Fall die Kundmachung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. April 2020 gewesen - entsprechende Vorhaben noch nicht zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereicht gewesen seien und daher im weiteren Verfahren nicht hätten berücksichtigt werden können.

36       Zu den in der Stellungnahme angesprochenen hohen regionalwirtschaftlichen Interessen werde festgehalten, dass die Frage, wo die Wertschöpfung verbleibe, im Widerstreitverfahren mangels einer entsprechenden Anordnung im WRG 1959 nicht weiter zu berücksichtigen sei. Soweit daher von den revisionswerbenden Parteien ausgeführt werde, dass bei ihrem Vorhaben ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung in der Gemeinde S. verbleibe, so sei dieser Aspekt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Verfahren nicht weiter zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund erübrige sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern nicht auch das Vorhaben der mitbeteiligten Partei genauso regionalwirtschaftlichen Aspekten entspreche oder nicht.

37       Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass es sich im vorliegenden Fall um eine sachverhaltsbezogene Einzelfallbeurteilung handle und damit nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG. Das Verwaltungsgericht habe diese Sachverhaltsfrage nach Durchführung eines entsprechenden Beweisverfahrens unter Einhaltung der dafür vorgesehenen Verfahrensregeln beantwortet. Dies gelte gleichermaßen für die Frage, in wie weit die Behörde im vorliegenden Fall säumig geworden sei, wie für die im Widerstreit getroffene inhaltliche Entscheidung.

38       Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie unter anderem die Gesetzwidrigkeit der WWRPV-TO geltend machten.

39       Mit Beschluss vom 27. September 2021, E 2036/2021-5, E 2073/2021-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof diese Beschwerde ab. Begründend führte er darin aus:

„Soweit die Beschwerden aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühren, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Soweit in der Beschwerde unmittelbar gegen den von der [T AG] erstellten Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Tiroler Oberland Bedenken vorgebracht werden, kommt diesen mangels eines tauglichen Prüfungsgegenstands keine Relevanz zu. Auch hinsichtlich der Verordnung über die Anerkennung der im Rahmenplan Tiroler Oberland dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung als öffentliches Interesse (BGBl. II 274/2014) sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass der vorliegenden Beschwerde keine Bedenken entstanden. Etwaigen Mitbewerbern der [T AG] ist es nicht verwehrt, ebenfalls einen wasserwirtschaftlichen Rahmenplan gemäß § 53 Abs. 3 WRG zu erarbeiten und ihn dem zuständigen Bundesminister zur Anerkennung vorzulegen.“

40       In der nunmehr - nach Abtretung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof - erhobenen außerordentlichen Revision machen die revisionswerbenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

41       Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

42       Dagegen brachten die revisionswerbenden Parteien einen weiteren Schriftsatz ein.

43       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

44       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

45       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

46       Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

47       Im vorliegenden Revisionsfall stehen das Vorhaben der revisionswerbenden Parteien (WKA V. Ache) und jenes der mitbeteiligten Partei (AK K.) in Widerstreit. Die beiden Vorhaben sind also dergestalt, dass das eine nicht ausgeführt werden kann, ohne dass dadurch die Ausführung des anderen behindert oder vereitelt wird.

48       Stehen verschiedene Bewerbungen (§ 109 WRG 1959) um geplante Wasserbenutzungen in Widerstreit, so gebührt nach § 17 Abs. 1 WRG 1959 jener der Vorzug, die dem öffentlichen Interesse (§ 105 WRG 1959) besser dient. Dabei sind die Bewerbungen vornehmlich auf die in einem anerkannten Rahmenplan dargestellte, im öffentlichen Interesse gelegene Ordnung zu prüfen.

49       Nach der hg. Rechtsprechung handelt es sich bei der in Anwendung der Bestimmung des § 17 Abs. 1 WRG 1959 zu treffenden Beurteilung, welche von mehreren Bewerbungen um geplante Wasserbenutzungen dem öffentlichen Interesse besser dient, im Umfang der unvermeidlichen Gewichtung der zu prüfenden öffentlichen Interessen letztlich um eine Wertentscheidung. Die diesbezügliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts ist dabei naturgemäß eine Frage des Einzelfalls (vgl. VwGH 31.12.2021, Ra 2020/07/0022, mwN).

50       Dem Verwaltungsgerichtshof kommt im Revisionsmodell eine Leitfunktion zu. Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es, im Rahmen der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (erstmals) die Grundsätze bzw. Leitlinien für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts festzulegen, welche von diesem zu beachten sind. Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall kommt hingegen grundsätzlich dem Verwaltungsgericht zu, dem dabei in der Regel ein gewisser Anwendungsspielraum überlassen ist. Ein Aufgreifen des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Einzelfalls durch den Verwaltungsgerichtshof ist nur dann unausweichlich, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien bzw. Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse bzw. unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist daher nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern - diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten (vgl. VwGH 3.12.2021, Ra 2019/07/0069, mwN).

51       Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in der - für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision allein maßgebenden - Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision stets vom Projekt AK K. „neu“ die Rede ist, womit die revisionswerbenden Parteien das Vorhaben AK K. der mitbeteiligten Partei in Gestalt seiner Änderung vom 21. April 2015 meinen. Sofern daher in der Folge auf das „Vorhaben der mitbeteiligten Partei“ Bezug genommen wird, ist damit das Kraftwerksprojekt AK K. in dieser geänderten Form gemeint.

52       In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird zunächst vorgebracht, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die durch das Vorhaben der mitbeteiligten Partei höher erzeugbare Energiemenge das einzig ausschlaggebende Entscheidungskriterium im Widerstreitverfahren sei, widerspreche der (näher dargestellten) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Dieser habe mehrfach ausgesprochen, dass es im Widerstreitverfahren eben nicht primär auf die Energieausbeute ankomme. Es müsse eine umfassende Prüfung und Gewichtung sämtlicher öffentlicher Interessen erfolgen.

53       Damit übersieht die Revision, dass das Verwaltungsgericht seiner Wertentscheidung zwar die gegenüber dem Vorhaben der revisionswerbenden Parteien nahezu zehnfach höhere Energiegewinnung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei zu Grunde gelegt, sich jedoch weder allein noch primär auf dieses Ausmaß der Energiegewinnung gestützt hat. Vielmehr hat es insbesondere auch die - durch die beim Vorhaben der mitbeteiligten Partei vorgesehene Ableitungsmöglichkeit im Hochwasserfall bedingte - erhebliche Reduktion des Hochwasserrisikos im Ö. Tal (also wasserbautechnische Gesichtspunkte) und die ungleich bessere Entsprechung dieses Vorhabens der im Rahmenplan Tiroler Oberland dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung, die (im Sinn des § 17 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959) durch die WWRPV-TO des BMLFUW anerkannt wurde, berücksichtigt. Es ist daher in dieser Hinsicht nicht zu sehen, dass das Verwaltungsgericht von der angesprochenen hg. Rechtsprechung zum Kriterium der Energiegewinnung im Widerstreitverfahren abgewichen wäre (vgl. dazu etwa VwGH 27.6.2002, 98/07/0194; 18.6.2020, Ra 2020/07/0015).

54       In der Zulässigkeitsbegründung wird ferner vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des maßgeblichen Beurteilungsgegenstands im Widerstreitverfahren zwischen einem gigantischen Pumpspeicherkraftwerk mit massiven Bauwerken in einem Tal unter anderem mit einer Wasserfassung an einem Fluss eines anderen Tals (V. Ache mit Wasserentzug auch am nachfolgenden Fluss Ö. Ache) und einem regionalen Ausleitungskraftwerk ausschließlich beim Fluss dieses anderen Tals (also im Bereich V. Ache ohne Auswirkungen auf andere Täler und nachfolgende Flüsse). Es sei ungeklärt, ob lediglich Ermittlungen im Hinblick auf die direkt im Ausleitungsbereich (also bei der V. Ache) errichteten widerstreitenden Anlagenteile und deren Auswirkungen durchzuführen seien oder ob eine umfassende Beurteilung aller Anlagenteile und der Gesamtauswirkungen beider Vorhaben erforderlich sei, um eine gesetzeskonforme Vorzugsentscheidung treffen zu können. Dies vor allem dann, wenn umgekehrt bei der Ermittlung der Energiegewinnung sehr wohl die Energieausbeute des entnommenen Wassers außerhalb des Ausleitungsbereichs berücksichtigt werde. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts könne aber nur rechtlich verfehlt sein, weil beide Vorhaben in ihrer Gesamtheit - und nicht bloß bezogen auf die Ausleitungsstrecke - zu beurteilen seien.

55       Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen ist nicht zu sehen, dass das Verwaltungsgericht die Auswirkungen beider Vorhaben nur in Bezug auf die angeführte Ausleitungsstrecke berücksichtigt hätte. Zwar nahm es eine isolierte Betrachtung in Bezug auf die Ableitung von Wässern aus der V. Ache vor; dies vor dem Hintergrund, dass das Vorhaben der mitbeteiligten Partei seit seiner Änderung vom 21. April 2015 nur mehr eine Wasserfassung an der V. Ache vorsah und damit der Einzug von Wässern aus der G. Ache nicht Teil des vorliegenden Widerstreitverfahrens ist (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 3. August 2016, Ro 2016/07/0006). Jedoch ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts unstrittig, dass die ökologischen Auswirkungen des Vorhabens der mitbeteiligten Partei allein schon aufgrund seiner Dimension „insgesamt“ - somit in seiner Gesamtheit - bedeutend negativer zu bewerten seien als jene des Vorhabens der revisionswerbenden Parteien.

56       In der Zulässigkeitsbegründung wird weiter vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe sich über die (näher dargestellte) ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Sperrzeitpunkt im Widerstreitverfahren nach § 109 Abs. 2 WRG 1959 hinweggesetzt, indem es die Errichtung eines Ringschlusses mit dem K. Tal mit einer 110 kV-Leitung und die damit verbundene Netzanbindung des Ö. Tals zugunsten des Vorhabens der mitbeteiligten Partei berücksichtigt habe. Die 110 kV-Leitung sei zum Sperrzeitpunkt (Kundmachung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. April 2020) aber nicht Projektbestandteil gewesen. Die Ausführungen der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung, wonach ihr Vorhaben einen Ringschluss mit einer 110 kV-Leitung in das K. Tal vorsehe und das Ö. Tal von zwei Seiten angebunden wäre, seien als wesentliche Projektänderung zu werten, die erst in der mündlichen Verhandlung nach Eintritt des Sperrzeitpunkts vorgenommen worden seien.

57       Nach § 109 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 ist - auch auf Antrag eines Bewerbers - vorerst darüber zu entscheiden, welchem Vorhaben der Vorzug gebührt, wenn widerstreitende (§ 17 WRG 1959), auf entsprechende Entwürfe (§ 103 WRG 1959) gestützte Ansuchen um Bewilligung einer Wasserbenutzung vorliegen. Nach § 109 Abs. 2 erster Satz WRG 1959 sind solche Ansuchen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie bis zum Tag der Anberaumung der mündlichen Verhandlung - wenn jedoch das Verfahren gemäß Abs. 1 leg. cit. (wie im vorliegenden Revisionsfall) zunächst auf die Frage des Vorzugs beschränkt war, bis zum Tag der Anberaumung der mündlichen Verhandlung hierüber - bei der Verwaltungsbehörde geltend gemacht werden.

58       Nach der hg. Rechtsprechung können bis zu dem in § 109 Abs. 2 WRG 1959 genannten Zeitpunkt (Tag der Anberaumung der mündlichen Verhandlung) auch neue Projekte eingereicht werden, weshalb auch eine wesentliche Änderung von bereits vorliegenden Projekten zulässig ist. Nach diesem Zeitpunkt ist eine Projektänderung, die das Wesen des Projektes verändert, nicht mehr zulässig. Als das Wesen des Projekts verändernde Änderungen sind insbesondere auch solche anzusehen, die sein Verhältnis zu den anderen Konkurrenzprojekten betreffen (vgl. VwGH 6.9.2022, Ra 2021/07/0020, mwN).

59       Mit der Behauptung, dass die 110 kV-Leitung zum Sperrzeitpunkt (Kundmachung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. April 2020) nicht Projektbestandteil gewesen sei, entfernen sich die revisionswerbenden Parteien vom festgestellten Sachverhalt, weshalb schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen kann (vgl. VwGH 21.10.2021, Ra 2021/07/0064, mwN). Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Errichtung eines Ringschlusses mit dem K. Tal mit einer 110 kV-Leitung und damit eine energietechnische Anbindung des Ö. Tals von zwei Seiten als Teil des Projekts der mitbeteiligten Partei vorgesehen sei. Dies stützte es offenkundig auf die Aussage des Vertreters der mitbeteiligten Partei in der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2021, wonach der Ringschluss mit der 110 kV-Leitung „Teil des Einreichprojekts“ sei und „untertägig errichtet“ werde. Diese Aussage erfolgte über ausdrückliche Befragung des Vertreters der revisionswerbenden Parteien in der Verhandlung und blieb von diesem unwidersprochen. Dass das Verwaltungsgericht diese Parteienerklärung im vorliegenden Fall nicht als in diesem Moment vorgenommene wesentliche Projektänderung - wie von den revisionswerbenden Parteien nunmehr in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht -, sondern als Darstellung eines Teils des vorliegenden Projektes auslegte, erweist sich als nicht unvertretbar (vgl. dazu etwa VwGH 18.5.2021, Ro 2019/07/0005, mwN).

60       In der Zulässigkeitsbegründung wird ferner ins Treffen geführt, weder § 105 WRG 1959 noch die dazu ergangene (näher zitierte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ließen die Auslegung des Verwaltungsgerichts zu, wonach mangels Anordnung im WRG 1959 das regionalwirtschaftliche Interesse am Vorhaben der revisionswerbenden Parteien und der Verbleib eines wesentlichen Teils der Wertschöpfung in der Region im Widerstreitverfahren nicht weiter zu berücksichtigen seien.

61       Den revisionswerbenden Parteien ist zwar zuzugestehen, dass § 17 Abs. 1 WRG 1959 hinsichtlich der Interessenabwägung auf § 105 WRG 1959 verweist. Diese Bestimmung bringt zunächst nur jene öffentlichen Interessen zum Ausdruck, die einem Vorhaben entgegenstehen können. Zweifellos können den dort negativ formulierten Tatbeständen aber auch positive wasserwirtschaftliche Zielsetzungen entnommen werden, die bei der Vollziehung des WRG 1959 beachtlich sind, wie etwa der ungehinderte Hochwasserablauf, der natürliche Ablauf der Gewässer, etc. Darüber hinaus kommen in mehreren Bestimmungen des WRG 1959 andere und konkretere Zielsetzungen und deren besondere Wertigkeit zum Ausdruck, wie z.B. die Wasserversorgung und andere höherwertige Zwecke in § 13 Abs. 4 WRG 1959 oder der Schutz von Grundwasservorkommen in § 4 Abs. 2 leg. cit. Bei der Prüfung der öffentlichen Interessen kann daher über § 105 WRG 1959 hinausgegangen werden (vgl. VwGH 24.1.2013, 2011/07/0252, mwN).

62       Wie bereits weiter oben festgehalten, handelt es sich bei der nach § 17 Abs. 1 WRG 1959 zu treffenden Wertentscheidung um eine (in der Regel nicht revisible) Frage des Einzelfalls. Ausgehend davon mag es zutreffend sein, dass das Verwaltungsgericht nach der hg. Rechtsprechung im Widerstreitverfahren über die in § 105 WRG 1959 genannten öffentlichen Interessen hinausgehen kann. Dass im vorliegenden Widerstreitverfahren das von den revisionswerbenden Parteien behauptete regionalwirtschaftliche Interesse an ihrem Vorhaben entgegen den Leitlinien der dargestellten hg. Rechtsprechung zu § 105 WRG 1959 in unvertretbarer Weise nicht berücksichtigt worden sei, wird aber in der Zulässigkeitsbegründung nicht ansatzweise substantiiert dargelegt.

63       In der Zulässigkeitsbegründung wird weiter behauptet, das Verwaltungsgericht habe entgegen der (näher dargestellten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Widerstreittauglichkeit des Vorhabens der mitbeteiligten Partei nicht beurteilt. Im Rahmen der Vorprüfung nach § 104 WRG 1959 hätte das Verwaltungsgericht die Gesamtauswirkungen dieses Vorhabens überprüfen müssen. Die potentiell gravierenden Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens der mitbeteiligten Partei seien vom Verwaltungsgericht hingegen unter den Tisch gekehrt und nicht geprüft worden. Das Verwaltungsgericht könne nicht einmal ausschließen, dass derart schwerwiegende Umweltauswirkungen vorlägen, die ein Bewilligungshindernis darstellten. Seine Auffassung, es müsse die Übereinstimmung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei mit den in § 105 WRG 1959 genannten öffentlichen Interessen nicht prüfen, sondern könne das Vorhaben stattdessen gesetzeskonform auslegen, weil die UVP-Behörde das Vorhaben bei einem Widerspruch ohnehin untersagen müsse, widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und den Zielsetzungen eines wasserrechtlichen Widerstreitverfahrens. Es sei nahezu absurd, ein Widerstreitverfahren mit einem Vorhaben durchzuführen, dass offenkundig nicht bewilligungsfähig und daher nicht widerstreittauglich sei.

64       Diesem Vorbringen ist jedoch das oben zitierte, das gegenständliche Widerstreitverfahren betreffende hg. Erkenntnis vom 3. August 2016, Ro 2016/07/0006, entgegenzuhalten, in dem der Verwaltungsgerichtshof davon ausging, dass durch die Änderung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei mit Schriftsatz vom 21. April 2015 dessen ursprünglich gegebene Widerstreituntauglichkeit - und damit der tragende Zurückweisungsgrund des dieser Änderung vorangegangenen Bescheids des BMLFUW vom 10. April 2015 - nachträglich weggefallen ist. Dass die Widerstreittauglichkeit des Vorhabens der mitbeteiligten Partei seither weggefallen wäre, behaupten die revisionswerbenden Parteien nicht. Bereits aus diesem Grund ist ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Rechtsprechung zur Prüfung der Widerstreittauglichkeit nicht zu sehen.

65       In der Zulässigkeitsbegründung wird ferner ausgeführt, das Vorhaben der mitbeteiligten Partei sei wirtschaftlich nicht umsetzbar. Es sei klar, dass die wirtschaftliche Umsetzbarkeit eines Projekts in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren keine Rolle spiele. Es obliege der wirtschaftlichen Entscheidung des Projektwerbers, ob er bereit sei, in ein unwirtschaftliches Objekt zu investieren (Hinweis auf VwGH 31.3.2005, 2004/07/0016). Dies gelte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht für das Widerstreitverfahren, in dem die wirtschaftliche Umsetzbarkeit von Vorhaben natürlich zu berücksichtigen sei. Die Behörde habe zumindest zu prüfen, ob die Projektwerber imstande seien, das jeweils geplante Vorhaben überhaupt zu realisieren. Bei einem ersichtlichen Kapitalmangel eines Bewilligungswerbers sei anzunehmen, dass das Vorhaben nicht dem öffentlichen Interesse diene (Hinweis auf VwGH 7.11.1969, 464, 470/69) - insbesondere dann nicht, wenn das Projekt Anlagenteile enthalte, die wirtschaftlich absurd seien.

66       Dem genügt es zu entgegnen, dass das Verwaltungsgericht aber gerade von einer wirtschaftlichen Realisierbarkeit des Vorhabens AK K. durch die mitbeteiligte Partei ausging. So hielt es im angefochtenen Erkenntnis ebenfalls fest, es bestünden keine Bedenken daran, dass die mitbeteiligte Partei „wirtschaftlich zur Realisierung ihres Vorhabens im Stande ist“. Damit kommt diesem abstrakten Zulässigkeitsvorbringen für den Revisionsfall keine Bedeutung zu.

67       In der Zulässigkeitsbegründung erblicken die revisionswerbenden Parteien sodann ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der (bereits oben dargestellten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Wertentscheidung im Widerstreitverfahren. Dies wird etwa damit begründet, dass die Wertentscheidung des Verwaltungsgerichts - neben bereits ins Treffen geführten Argumenten - keine nachvollziehbare Gewichtung der einzelnen geprüften Kriterien erkennen ließe, keine ausreichende Begründung aufweise, nicht mit der WWRPV-TO sowie dem WRG 1959 in Einklang stehe und sich schon deshalb als rechtswidrig erweise, weil die Vorteile des Gesamtvorhabens der mitbeteiligten Partei ohne die Beileitung aus der V. Ache erzielt werden könnten und die Beileitung aus der V. Ache somit nicht dem öffentlichen Interesse diene.

68       Damit legen die revisionswerbenden Parteien jedoch abermals nicht substantiiert dar, dass das Verwaltungsgericht entgegen der oben dargestellten hg. Rechtsprechung eine krass fehlerhafte Wertentscheidung im Widerstreitverfahren getroffen hätte, beschränken sie sich mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen doch auf die Aneinanderreihung angeblicher Unzulänglichkeiten der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, ohne diese argumentativ näher darzulegen.

69       In der Zulässigkeitsbegründung wird sodann ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur WWRPV-TO vorgebracht. Diese lege keine verbindlichen Projekte, Standorte oder Ausbaupläne fest. Das sehe offenbar auch das Verwaltungsgericht so, wenn es um die positive Beurteilung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei gehe - immerhin habe es diesem Vorhaben, welches nicht im Rahmenplan Tiroler Oberland vorgesehen sei, den Vorzug gegeben. Wenn es um das Vorhaben der revisionswerbenden Parteien gehe, ändere sich diese Rechtsauffassung dann aber plötzlich. Der Rahmenplan könne ihnen aber jedenfalls nicht entgegengehalten werden, weil der Gesetzgeber in § 53 Abs. 3 WRG 1959 bewusst die Schaffung eines elastischen Rahmenplans beabsichtigt habe. In der WWRPV-TO gehe es nach § 53 Abs. 1 WRG 1959 auch primär um die Erreichung der in §§ 30a, 30c und 30d WRG 1959 genannten qualitativen Umweltziele (und eben nicht um die Verwirklichung der wirtschaftlichen Ziele der mitbeteiligten Partei). Auch verdeutliche § 53 Abs. 3 WRG 1959, dass nicht im Rahmenplan angeführte Ziele nicht automatisch unzulässig seien. Auch aus dem Wortlaut des § 2 Z 1 WWRPV-TO ergebe sich, dass andere Vorhaben weiterhin zulässig und die im Rahmenplan Tiroler Oberland genannten Vorhaben der mitbeteiligten Partei nicht „in Stein gemeißelt“ seien.

70       Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts könne schon deshalb nicht zutreffen, weil sie zur Gesetzwidrigkeit der WWRPV-TO führte. Würde die WWRPV-TO verbindliche Projekte festlegen, so führte dies zu einer systematischen Bevorzugung der mitbeteiligten Partei, weil potentielle Mitbewerber am Stromerzeugungsmarkt aus dem halben Land Tirol ausgeschlossen würden. Im Ergebnis bedeute dies eine faktische Monopolstellung für die mitbeteiligte Partei. Würde automatisch jedes Vorhaben, bei dem es sich nicht um eines der sechs Großprojekte der mitbeteiligten Partei handle, der WWRPV-TO widersprechen, so würde die Verordnung - schon wegen des Fehlens einer legitimen Zielsetzung für die Bevorzugung der mitbeteiligten Partei und einer tauglichen gesetzlichen Grundlage - eine Verletzung des Gleichheitssatzes und der Erwerbsfreiheit bewirken.

71       Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. VwGH 29.7.2022, Ro 2020/07/0003, mwN).

72       Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mittlerweile im Erkenntnis vom 30. Juni 2022, Ra 2021/07/0003 bis 0004, eingehend mit der Frage der Auswirkungen eines wasserwirtschaftlichen Rahmenplans - konkret des auch hier relevanten Rahmenplans Tiroler Oberland bzw. der WWRPV-TO - auf ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren auseinandergesetzt:

73       Demnach ist nach § 53 Abs. 3 dritter Satz WRG 1959 die Verwirklichung des anerkannten Rahmenplans bei allen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen als öffentliches Interesse im Sinn des § 105 WRG 1959 anzustreben. § 3 Abs. 1 WWRPV-TO wiederholt diese Anordnung, indem er bestimmt, dass die Verwirklichung der im Rahmenplan Tiroler Oberland dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung nach Maßgabe der im dritten Abschnitt der Verordnung getroffenen Festlegungen sowie der im vierten Abschnitt der Verordnung aufgenommenen Empfehlungen als öffentliches Interesse (§ 105 WRG 1959) bei allen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen anzustreben ist.

74       Dies wird schließlich auch durch die Erläuterungen zur WRG-Novelle 1999 unterstrichen, wonach Widersprüche zu einem anerkannten Rahmenplan im öffentlichen Interesse „möglichst zu vermeiden“ seien und ein Rahmenplan nicht dazu dienen solle, „in ... strikter Form Handlungsfreiheiten zu beschneiden“.

75       Daraus ergibt sich, dass ein Widerspruch eines Vorhabens zu einem anerkannten wasserwirtschaftlichen Rahmenplan zwar kein „absolutes“ Ausschlusskriterium ist, also nicht jedenfalls zur Abweisung des betreffenden Bewilligungsantrags führen muss. Allerdings ist damit festgelegt, dass die Verwirklichung der im Rahmenplan dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung - auch in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren - (zumindest) anzustreben ist und ein Vorhaben, das mit dem Rahmenplan nicht vereinbar ist, nach § 105 Abs. 1 WRG 1959 im öffentlichen Interesse als unzulässig angesehen werden kann, was zur Abweisung eines diesbezüglichen Bewilligungsantrags führen kann.

76       Die im hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2022, Ra 2021/07/0003 bis 0004, zum wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren aufgestellten Grundsätze müssen umso mehr für das Widerstreitverfahren gelten, weil nach dem klaren Wortlaut des § 17 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 die Bewerbungen vornehmlich auf die in einem anerkannten Rahmenplan dargestellte, im öffentlichen Interesse gelegene Ordnung zu prüfen sind.

77       Mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen bestreiten die revisionswerbenden Parteien jedoch nicht die in Zusammenhang mit dem Rahmenplan Tiroler Oberland getroffenen, für die vorliegende Widerstreitentscheidung im Sinn des § 17 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 maßgebenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach zumindest in Bezug auf den Einzug von Wässern aus der V. Ache eine bessere Zielerreichung durch eine Wassernutzung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei am Standort AK K. im Sinn des § 4 Abs. 2 Z 2 WWRPV-TO als durch das Vorhaben der revisionswerbenden Parteien vorliegt. Diese zeigen auch nicht substantiiert auf, dass öffentliche Interessen im Sinn des § 105 WRG 1959 an der Verwirklichung ihres Vorhabens bestünden, die - für sich oder gemeinsam - das öffentliche Interesse an der Verwirklichung der im Rahmenplan Tiroler Oberland dargestellten wasserwirtschaftlichen Ordnung überwögen. Insofern ist ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der hg. Entscheidung vom 30. Juli 2022, Ra 2021/07/0003 bis 0004, daher nicht zu erkennen.

78       Sofern die revisionswerbenden Parteien die Gesetzwidrigkeit der WWRPV-TO in den Raum stellen, genügt dazu der Hinweis, dass die Frage der Rechtmäßigkeit von generellen Normen (und deren ordnungsgemäße Kundmachung) keine vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darstellt (vgl. VwGH 25.2.2020, Ra 2020/06/0044 bis 0046; 11.1.2021, Ra 2020/06/0316, jeweils mwN). Im Übrigen hat der Verfassungsgerichtshof über Erkenntnisbeschwerde der revisionswerbenden Parteien mit dem oben zitierten Beschluss vom 27. September 2021, E 2036/2021-5, E 2073/2021-5 (sowie auch mit dem die revisionswerbenden Parteien betreffenden Beschluss vom 8. Juni 2021, E 43/2021-5), ausgesprochen, dass hinsichtlich der WWRPV-TO bei ihm keine Bedenken entstanden seien.

79       In der Zulässigkeitsbegründung wird sodann eine „Verletzung fundamentaler Verfahrensgarantien“ ins Treffen geführt, weil das angefochtene Erkenntnis derart mangelhaft begründet sei, dass es sich der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof entziehe, weshalb ein Abweichen von der (näher dargestellten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht vorliege.

80       Wenn die revisionswerbenden Parteien dazu zunächst vorbringen, das Verwaltungsgericht habe die Ausführungen der (von ihm beigezogenen) Amtssachverständigen lediglich „floskelhaft“ als schlüssig und nachvollziehbar beurteilt, so trifft dies nicht zu. Es hat vielmehr auch ausgeführt, dass die revisionswerbenden Parteien diesen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten seien oder sie nicht dargelegt hätten, weshalb die Ausführungen unrichtig sein sollten. Die von ihnen zu einzelnen Fachbereichen vorgelegten Privatgutachten wurden den Amtssachverständigen vom Verwaltungsgericht zur Kenntnis gebracht, die dazu etwa festhielten, dass diese nicht in Widerspruch zu ihren Gutachten stünden. Ausgehend davon legen die revisionswerbenden Parteien nicht konkret dar, inwiefern die vom Verwaltungsgericht angenommene Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der amtssachverständigen Ausführungen einen krassen Begründungsmangel darstellten.

81       Dem Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb eine Beurteilung der Gesamtauswirkungen des Vorhabens der mitbeteiligten Partei entbehrlich und ausschließlich auf die V. Ache Bezug zu nehmen sei, ist das bereits oben Gesagte entgegenzuhalten, wonach die ökologischen Auswirkungen des Vorhabens der mitbeteiligten Partei vom Verwaltungsgericht „insgesamt“ bedeutend negativer bewertet wurden als jene des Vorhabens der revisionswerbenden Parteien. Auch führte es vor dem Hintergrund der Änderung des Vorhabens der mitbeteiligten Partei mit Schriftsatz vom 21. April 2015 mehrfach aus, dass sich die Wasserableitung nur mehr auf die V. Ache beziehe. Vor diesem Hintergrund sind die dazu weiter getroffenen Ausführungen der revisionswerbenden Parteien, wonach sämtliche negativen Auswirkungen des Vorhabens der mitbeteiligten Partei ausgeblendet würden und das angefochtene Erkenntnis in weiten Teilen von der „selbst auferlegten (...) Einschränkung des Verfahrensgegenstands“ ausschließlich zu Lasten der revisionswerbenden Parteien abweiche, nicht nachvollziehbar.

82       Die weitere Behauptung der revisionswerbenden Parteien, das Verwaltungsgericht habe die dem angefochtenen Erkenntnis zugrundeliegende Abwägung zwischen den maßgeblichen öffentlichen Interessen (Landschaftsschutz, Erholungswert, Gewässerökolog

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten