Entscheidungsdatum
01.08.2022Norm
KFG 1967 §134Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Warum als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, Bundesrepublik Deutschland, gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 22.03.2022, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass
a. die übertretene Rechtsvorschrift lautet: „§ 134 Abs. 1 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), idF. BGBl. I Nr. 134/2020, iVm. Art. 7 Verordnung (EG) Nr. 561/2006“
b. die Strafnorm lautet: „§ 134 Abs. 1 und 1b KFG 1967 idF. BGBl. I Nr. 62/2022“
2. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 40,-- Euro zu leisten.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 832,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Straferkenntnis vom 22.3.2022, ***, legte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (im Folgenden: Belangte Behörde) dem Beschwerdeführer die nachstehenden Verwaltungsübertretungen zur Last:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Zeit: 29.09.2021, 10:00 Uhr
Ort: Gemeindegebiet *** auf der *** nächst Strkm. ***, Richtung ***
Fahrzeug: ***; ***, Lastkraftwagen, Anhänger
Tatbeschreibung:
1. Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen: Es wurde festgestellt, dass Sie nach einer Lenkdauer von 4,5 Stunden keine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten eingelegt haben, obwohl eine solche einzulegen ist, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 des Artikels 7 der VO (EG) Nr. 561/2006 i.d.g.F. eingehalten werden. Am 06.09.2021 wurde von 13:39:00 Uhr bis 06.09.2021 um 18:57:00 Uhr erst nach einer Lenkdauer von 05 Stunden 15 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die Überschreitung der ununterbrochenen Lenkzeit betrug somit 00 Stunden und 45 Minuten. Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen schwerwiegenden Verstoß dar.
2. Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie es, obwohl Sie sich als Fahrer am von 04.09.21 um 12.34 Uhr bis 06.09.21 bis 08:03 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Kein manueller Nachtrag der Ruhezeit. Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F., einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
Es wurde festgestellt, dass Sie es, obwohl Sie sich als Fahrer am von 06.09.21 um 18:59 Uhr bis 07.09.21 bis 04:13 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Kein manueller Nachtrag der Ruhezeit Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F., einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
Es wurde festgestellt, dass Sie es, obwohl Sie sich als Fahrer am von 15.09.21 um 17:20 Uhr bis 16.09.21 bis 04:22 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Kein manueller Nachtrag der Ruhezeit Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F., einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
Es wurde festgestellt, dass Sie es, obwohl Sie sich als Fahrer am von 17.09.21 um 19:19 Uhr bis 20.09.21 bis 07:19 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Kein manueller Nachtrag der Ruhezeit Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F., einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar. Es wurde festgestellt, dass Sie es, obwohl Sie sich als Fahrer am von 24.09.21 um 15:42 Uhr bis 27.09.21 bis 07:52 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Kein manueller Nachtrag der Ruhezeit Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F., einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
Es wurde festgestellt, dass Sie es, obwohl Sie sich als Fahrer am von 28.09.21 um 17:41Uhr bis 29.09.21 bis 05:44 Uhr nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtenschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in Art. 34 Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv der EG-VO 165/2014 genannten Zeiträume mittels der manuellen Eingabevorrichtung des Gerätes auf der Fahrerkarte einzutragen. Kein manueller Nachtrag der Ruhezeit Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F., einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.
3. Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie am
01.09.2021 um 18:14 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
03.09.2021 um 19:05 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
07.09.2021 um 04:23 Uhr und um 17:35 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn
und Arbeitsende)
08.09.2021 um 05:08 Uhr und um 18:28 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn
und Arbeitsende)
09.09.2021 um 06:06 Uhr und um 18:46 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn
und Arbeitsende)
13.09.2021 um 16:33 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
14.09.2021 um 06:13 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn)
16.09.2021 um 04:22 Uhr und um 15:15 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn
und Arbeitsende)
17.09.2021 um 05:58 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn)
20.09.2021 um 16:46 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
21.09.2021 um 18:09 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
22.09.2021 um 17:45 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
23.09.2021 um 19:34 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsende)
24.09.2021 um 04:37 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn)
27.09.2021 um 07:56 Uhr und um 20:34 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn
und Arbeitsende)
28.09.2021 um 05:36 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn)
29.09.2021 um 05:44 Uhr (Symbol des Landes bei Arbeitsbeginn)
das im Fahrzeug eingebaute Gerät (digitaler Fahrtschreiber) nicht richtig verwendet haben, da am Beginn bzw. am Ende des Arbeitstages das Symbol des Landes wo der Arbeitstag begonnen bzw. beendet worden ist eingetragen sein muss. Sie haben diese Eintragung nicht durchgeführt.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu 1. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 7 EG-VO 561/2006
zu 2. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 34 Abs. 3 EG-VO 165/2014
zu 3. § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 34 Abs. 7 EG-VO 165/2014“
Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 1. unter Anwendung vom § 134 Abs. 1 und 1b KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von € 200,- (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden), zu Spruchpunkt 2. unter Anwendung von § 134 Abs. 1 iVm § 134 Abs. 1b KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von € 300,- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) und zu Spruchpunkt 3. unter Anwendung von § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von € 220,- (Ersatzfreiheitsstrafe 44 Stunden).
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich der Sachverhalt insbesondere auf die Anzeige der Landesverkehrsabteilung NÖ vom 25.10.2021 stütze. Am 29.9.2021 um 10:00 Uhr sei der Beschwerdeführer als Lenker des genannten LKW mit Anhänger im Zuge einer Schwerverkehrskontrolle einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen worden. Dabei seien die im Spruch angeführten Übertretungen festgestellt worden. Die im Verfahren vom anzeigelegenden Polizeibeamten eingeholte Stellungnahme hätte sich als glaubwürdig und schlüssig erwiesen, weshalb die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen entgegen dessen Rechtfertigungsangaben als erwiesen anzunehmen gewesen wären. Die Angaben des Beschwerdeführers seien deshalb als Schutzbehauptung zu werten gewesen. Weder mildernd noch erschwerend seien Umstände zu werten gewesen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Gegen Spruchpunkt 1. und 2. des Straferkenntnisses wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Zu Spruchpunkt 1. führte er zusammengefasst aus, dass es entgegen der Annahme der belangten Behörde sehr wohl den Tatsachen entspreche, dass es in Deutschland für etwa 25 % der LKW-Fahrer keinen legalen Parkplatz gebe. Dies hätte auch eine Studie der deutschen Bundesanstalt für das Straßenwesen ergeben. Besonders prekär sei die Lage in Bayern und Baden-Württemberg. Im letzten Jahr sei es zwei Mal vorgekommen, dass der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig einen Parkplatz gefunden hätte. Außerdem hätte der Beschwerdeführer eine Notiz über die genauen Umstände gemacht. Zu Spruchpunkt 2. brachte der Beschwerdeführer vor, dass er Ausdrucke betreffend die Vorfälle am 6.9.und 20.9.2021 im LKW gehabt hätte, diese seien jedoch von den Kontrolleuren nicht verlangt worden. Aus finanziellen Gründen sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich, die Strafe zu bezahlen.
3. Feststellungen:
3.1. Der Beschwerdeführer A, geb. am ***, ist seit 2012 Berufskraftfahrer. Bis Ende November 2021 war er bei der Firma B GmbH, ***, ***, Bundesrepublik Deutschland, als Berufskraftfahrer angestellt. Seitdem ist er arbeitslos. Er bezieht derzeit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von € 748,34.
3.2. Der Beschwerdeführer lenkte am 29.9.2021 den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen *** (D) samt Anhänger mit dem amtlichen Kennzeichen *** (D) im Gemeindegebiet *** auf der *** nächst Strkm. ***, Richtung ***, als er dort um 10:00 Uhr einer Schwerverkehrskontrolle unterzogen wurde. Die zulässige Höchstmasse des LKW einschließlich Anhänger überstieg 3,5 Tonnen.
3.3. Am 06.09.2021 von 13:39:00 Uhr bis 06.09.2021 um 18:57:00 Uhr wurde vom Beschwerdeführer erst nach einer Lenkdauer von 05 Stunden 15 Minuten eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die Überschreitung der ununterbrochenen Lenkzeit betrug 45 Minuten.
3.4. In der mündlichen Verhandlung am 14.7.2022 zog der Beschwerdeführer seine Beschwerde zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses zurück.
4. Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, ***. Weiters wurde am 14.7.2022 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der der Beschwerdeführer befragt wurde. Die von der Landesverkehrsabteilung NÖ in ihrer Anzeige vom 28.10.2021 der Behörde zur Kenntnis gebrachten Vorfälle hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen nicht bestritten. So hat er in der mündlichen Verhandlung zugestanden, die vorgeworfenen Sachverhalt gesetzt zu haben, dies zum einen mit der Begründung, dass er nicht gewusst hätte, wie ein digitaler Fahrtenschreiber eines LKW korrekterweise zu bedienen sei. Er hätte in seiner letzten Firma weder eine Einschulung bekommen, noch hätte es Nachkontrolle oder sonstige Überwachungen von seinen Vorgesetzten gegeben, ob die korrekte Bedienung des Fahrtenschreibers sichergestellt sei. Sein Vorgesetzter hätte vielmehr „selber keine Ahnung“ gehabt. Zum zweiten sei der Vorwurf von Spruchpunkt 1., wonach der Beschwerdeführer erst nach 5:15 Stunden die erforderliche Ruhepause eingehalten hätte, zutreffend, es sei jedoch kein LKW-Parkplatz zur Verfügung gestanden. Außerdem hätte es ihm sein Vorgesetzter nicht erlaubt, bereits nach 3,5 Stunden einen LKW-Parkplatz für eine Pause zu suchen. Diese Rechtfertigung bezieht sich ausschließlich auf die Ebene der subjektiven Vorwerfbarkeit, sodass im Ergebnis – insbesondere auf Grund er Anzeige der Landesverkehrsabteilung NÖ und des im Akt aufliegenden Zeitstrahl des digitalen Fahrtenschreibers – die Feststellungen zu Punkt 3.3. zu treffen waren. Zusätzlich wurde dem Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung aufgetragen, ergänzende Unterlagen zum Beweis dafür vorzulegen, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, am 6.9.2021 einen geeigneten Parkplatz zu finden. Diese Unterlagen wurden vom Beschwerdeführer dem Gericht binnen der aufgetragenen Frist nicht übermittelt.
5. Rechtslage:
5.1. § 134 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) idF. BGBl. I Nr. 134/2020 lautet auszugsweise:
„§ 134. Strafbestimmungen[…]“
5.2. Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (VO 561/2006/EG) lautet auszugsweise:
„Artikel 7
Nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden hat ein Fahrer eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt.
Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.
[…]“
5.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) lauten auszugsweise:
„Schuld[…]
Strafbemessung6. Erwägungen:
6.1. Zum Umfang des Beschwerdeverfahrens ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zunächst lediglich gegen Spruchpunkt 1. und 2. des Straferkenntnisses Beschwerde erhoben hat. Dies hat er in der mündlichen Verhandlung beim Landesverwaltungsgericht NÖ nochmals präzisiert. Festzuhalten ist deshalb an dieser Stelle, dass Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses nicht in Beschwerde gezogen wurde und daher bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Zusätzlich erklärte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, seine Beschwerde zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses zurückzuziehen, weshalb dieser Spruchpunkt nun ebenso bereits rechtskräftig ist. Verbleibender Gegenstand dieses Verfahrens ist (nur mehr) Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses samt der sich darauf beziehenden Beschwerde.
6.2. Nach Art. 7 VO 561/2006/EG hat der Fahrer (eines LKW) eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von wenigstens 45 Minuten einzulegen, sofern er keine Ruhezeit einlegt. Diese Unterbrechung kann durch eine Unterbrechung von mindestens 15 Minuten, gefolgt von einer Unterbrechung von mindestens 30 Minuten, ersetzt werden, die in die Lenkzeit so einzufügen sind, dass die Bestimmungen des Absatzes 1 eingehalten werden.
Wie festgestellt, wurde vom Beschwerdeführer am 6.9.2021 von 13:39 Uhr bis 6.9.2021 um 18:57 Uhr erst nach einer Lenkdauer von 5:15 Stunden eine Lenkpause eingelegt, die die Anforderung an eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung erfüllt. Die erlaubte ununterbrochene Lenkzeit von 4,5 Stunden wurde vom Beschwerdeführer deshalb um 45 Minuten überschritten.
Dieser Verstoß stellt nun gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Verwaltungsübertretung dar, wobei § 134 Abs. 1a KFG 1967 vorsieht, dass eine solche Übertretung auch dann als Verwaltungsübertretung strafbar ist, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke innerhalb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art. 2 Abs. 2 und 3 der VO 561/2006/EG). Da die Bundesrepublik Deutschland in den Geltungsbereich dieser Bestimmungen fällt, hat der Beschwerdeführer die angelastete Verwaltungsübertretung objektiv zu verantworten.
6.3. Zur subjektiven Tatseite:
6.3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Die gegenständliche Übertretung stellt ein sog. Ungehorsamsdelikt dar, zu dessen Verwirklichung der Eintritt eines Erfolgs oder Schadens nicht gehört. Den Beschwerdeführer trifft deshalb nach der Rechtsprechung eine „Obliegenheit der Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens“ (vgl. VwGH 16.5.2011, 2009/17/0185). Der Beschuldigte hat „initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht“ (vgl. VwGH 19.1.1994, 93/03/0220).
6.3.2. Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, in der Regel nach ca. vier Stunden Fahrzeit Ausschau nach einem Parkplatz zu halten und dass es lediglich deshalb zu einer Überschreitung der zulässigen ununterbrochenen Lenkzeit gekommen sei, weil keine Parkplätze zur Verfügung gestanden seien. Außerdem hätte es ihm sein Vorgesetzter verboten, bereits nach 3,5 Stunden eine Pause zu machen.
Auch wenn dieses Vorbringen glaubhaft erscheint und es für das Gericht nachvollziehbar ist, dass die Parkplatzsituation für LKW auf Autobahnen in gewissen Regionen verbesserungswürdig ist, so ist dennoch darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung des Art. 7 VO 561/2006/EG objektives Recht darstellt. Dies bedeutet, dass ein Berufskraftfahrer seine Fahrten so durchzuführen hat, dass ihm die Einhaltung der jeweiligen Lenk- und Ruhezeiten möglich ist. Dementsprechend sieht Art. 10 Abs. 2 VO 561/2006/EG vor, dass Verkehrsunternehmen die Arbeit ihrer Fahrer so organisieren haben, dass diese die Bestimmungen der vorliegenden Verordnung einhalten können. Das Verkehrsunternehmen hat den Fahrer ordnungsgemäß anzuweisen und regelmäßig zu überprüfen, dass „Kapitel II der vorliegenden Verordnung“ eingehalten wird. Außerdem haften Verkehrsunternehmen für Verstöße von Fahrern des Unternehmens, selbst wenn der Verstoß im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates oder eines Drittstaates begangen wurde (Art. 10 Abs. 3 leg. cit.). Für den Fall, dass Fahrten in Gebieten durchgeführt werden, in denen im Vergleich zu anderen weniger Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen, sind deshalb entsprechende Vorkehrungen zu treffen, z.B. dahingehend, dass nicht erst gegen Ende der erlaubten durchgängigen Fahrtzeit hin die erforderliche Pause eingelegt wird, sondern bereits früher. Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bereits ausgesprochen, dass die Unterschreitung der ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden lediglich mit dem Zweck, die Gefahr einer wirtschaftlichen Schädigung abzuwenden, keinen Notstand im Sinne des § 6 VStG darstellt (vgl. VwGH 3.12.1992, 92/18/0084). Übertragen auf den gegenständlichen Fall kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers, keinen Parkplatz gefunden zu haben, somit kein Rechtfertigungscharakter zu.
Das bedeutet im Ergebnis, dass die Verwaltungsübertretung auch subjektiv vorwerfbar ist.
7. Zur Strafhöhe:
7.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
7.2. Die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung stellt nach Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG einen sog. „schwerwiegenden Verstoß“ dar. Die Mindeststrafe für eine solche Verwaltungsübertretung beträgt nach § 134 Abs. 1b KFG 1967 € 200,-. Die belangte Behörde hat nun im Straferkenntnis die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe verhängt, den bis € 5.000,- reichenden Strafrahmen also bei weitem nicht ausgeschöpft.
Die übertretene Bestimmung dient der Sicherheit im Straßenverkehr und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer, soll denn verhindert werden, dass etwa durch Übermüdung und Unachtsamkeit auf Grund zu langem ununterbrochenem Fahren Unfälle verursacht werden. Das geschützte Rechtsgut ist deshalb nicht als gering zu werten, weshalb mit einer Ermahnung gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht vorzugehen war.
Gemäß § 20 VStG kann die gesetzliche Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe lag jedoch nicht vor, dies selbst unter der Annahme einer Unbescholtenheit des Beschwerdeführers. Die von der belangten Behörde verhängte Strafe erweist sich somit als angemessen. Da es die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe ist, konnte sie nicht weiter reduziert werden.
8. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Es ist deshalb nur die außerordentliche Revision zulässig.
Schlagworte
Güterbeförderungsrecht; Lenk- und Ruhezeiten; Fahrtunterbrechung; Ruhezeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.1261.001.2022Zuletzt aktualisiert am
02.11.2022