TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/19 95/11/0204

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Veröffentlicht am 19.03.1996
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KDV 1967 §30 Abs1;
KDV 1967 §30 Abs2;
KDV 1967 §31a;
KDV 1967 §35 Abs3;
KDV 1967 §35 Abs7;
KFG 1967 §67 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dkfm. A in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 20. April 1995, Zl. I/7-St-G-949, betreffend Erteilung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 16. März 1994 entzog die Bundespolizeidirektion Wiener Neustadt dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 vorübergehend die (bis 11. September 1995 befristete) Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B "bis zur behördlichen Feststellung der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung, gerechnet vom Tage der Bescheidzustellung". Gleichzeitig wurde gemäß § 74 Abs. 1 in sinngemäßer Anwendung des § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß dem Beschwerdeführer "für den vorgenannten Zeitraum der Führerschein nicht wieder ausgefolgt werden darf". Dieser Bescheid blieb unbekämpft. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, daß nach dem Befund der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit und dem amtsärztlichen Sachverständigengutachten der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr geeignet sei. Bei der Konzentration seien Leistungsschwankungen, ein sehr langsames Arbeitstempo und unterdurchschnittliche Arbeitsqualität aufgefallen. Die Kritikfähigkeit sei herabgesetzt, es liege eine gravierende Verlangsamung vor. Die Reaktionsfähigkeit, Belastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit seien nicht mehr gegeben.

Mit Schreiben vom 26. Juli 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederausfolgung seines Führerscheines.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dieser (von den Kraftfahrbehörden als Antrag auf Wiedererteilung der Lenkerberechtigung gewertete) Antrag abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, nach dem von ihr eingeholten Gutachten des Amtssachverständigen vom 29. März 1995, das sich auf die amtsärztliche klinische Untersuchung und den (mit dem Befund der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit übereinstimmenden) Befund der Psychiatrischen Universitätsklinik Wien stütze, sei der Beschwerdeführer wegen der festgestellten schweren Leistungsbeeinträchtigungen im Bereich Aufmerksamkeit, Konzentration, Reaktionsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Selbstkritik und Sensomotorik zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei 35 Jahre unfallfrei und straffrei gefahren, sei insofern nicht zutreffend, als mehrere nicht getilgte Verwaltungsvorstrafen vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil seine jahrzehntelange Fahrpraxis nicht berücksichtigt worden sei, bei der es zu keinen wesentlichen Verkehrsauffälligkeiten gekommen sei.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß der angefochtene Bescheid (ebenso wie der seinerzeitige Entziehungsbescheid) im wesentlichen auf das Fehlen der nötigen kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit gestützt wurde, bei der nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Ausgleich durch erlangte Geübtheit nicht in Betracht kommt (siehe das hg. Erkenntnis vom 30. April 1991, Zl. 90/11/0169, mwN). Die langjährige Fahrpraxis des Beschwerdeführers ist daher im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf einen von ihm im Entziehungsverfahren vorgelegten fachärztlichen Befund vom 15. September 1992 (ergänzt am 20. Dezember 1993) beruft, in dem unter bestimmten Voraussetzungen eine Weitergewährung der Lenkerberechtigung als vertretbar bezeichnet worden war, ist daraus für ihn schon auf Grund des Alters dieses Befundes und des Fehlens einer Untersuchung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hätte im Hinblick auf seine massiven Defizite im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit eine örtliche Beschränkung der Gültigkeit seiner Lenkerberechtigung nicht den Erfordernissen der Verkehrssicherheit entsprochen (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 30. April 1991).

Die Behauptung des Beschwerdeführers, das ärztliche Gutachten hätte eine Beurteilung technischer Fragen vorausgesetzt, ist nicht nachvollziehbar. Technische Fragen, insbesondere die Frage des Ausgleiches bestimmter körperlicher Mängel durch Bauart und Ausrüstung eines bestimmten Fahrzeuges (§ 67 Abs. 2 dritter Satz KFG 1967), waren nicht zu beurteilen. Da das ärztliche Gutachten eine Beobachtung des Beschwerdeführers beim Handhaben von Betätigungsvorrichtungen des Kraftfahrzeuges nicht erforderte, war auch eine Beobachtungsfahrt im Sinne des § 67 Abs. 2 vierter Satz KFG 1967 nicht erforderlich. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängel liegen demnach nicht vor.

Da sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995110204.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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