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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der J K GmbH in H, vertreten durch Mag. Martin Schönmair, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Bauernstraße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 9. Dezember 2019, LVwG-551489/3/Kü/LB, betreffend Feststellung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit (Gesamt-)Bescheid vom 3. März 1999 erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich der Revisionswerberin die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung nach § 29 Abfallwirtschaftsgesetz 1990 (AWG 1990) für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie im Ausmaß von insgesamt 223.000 m3. Dieser Bescheid weist keine Befristung für den Zeitraum der Einbringung von Abfällen in die Deponie auf.
2 Am 18. September 2018 beantragte die Revisionswerberin beim Landeshauptmann von Oberösterreich die bescheidmäßige Feststellung, dass der Zeitraum für die Einbringung von Abfällen in die mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 3. März 1999 abfallwirtschaftsrechtlich genehmigte Bodenaushubdeponie auf näher bezeichneten Grundstücken nicht befristet sei.
3 Mit Bescheid vom 10. April 2019 stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich gemäß § 6 iVm § 48 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) fest, dass der Zeitraum für die Einbringung von Abfällen in die Deponie bis 1. November 2022 befristet sei.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Aus dem unstrittigen Sachverhalt folgerte es rechtlich, dass der Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 AWG 2002 klar seine Intention zum Ausdruck bringe, wonach der Zeitraum der Einbringung von Abfällen in eine Deponie jedenfalls mit 20 Jahren ab Rechtskraft des Genehmigungsbescheides begrenzt sei. Hingegen werde der Bestand der Deponiegenehmigung selbst durch den Ablauf des Einbringungszeitraumes nicht berührt. Eine rechtskräftige abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung nach § 29 AWG 1990 gelte als Genehmigung nach § 37 AWG 2002 (Verweis auf VwGH 15.9.2011, 2009/07/0066). Die Genehmigung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 3. März 1999 sei infolge der Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 2 AWG 2002 daher als Genehmigung gemäß § 37 AWG 2002 zu werten. Sämtliche Bestimmungen des AWG 2002, die auf Deponien abstellten, hätten daher Anwendung zu finden, auch § 48 Abs. 1 AWG 2002. Die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung des Landeshauptmanns vom 3. März 1999 gelte mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AWG 2002 (1. November 2002) als Genehmigung gemäß § 37 AWG 2002. Dieses Datum sei daher mit der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides nach § 37 AWG 2002 gleichzusetzen.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 22. September 2020, E 351/2020-5, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 29. Oktober 2020, E 351/2020-7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.
7 Die belangte Behörde erstattete im Rahmen des vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahrens eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz an das Land Oberösterreich.
8 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.
9 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht zu benennen hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 25.8.2022, Ra 2022/05/0147).
10 Die Revisionswerberin führt in ihrer Revision unter der Überschrift „Revisionspunkte und Begründung“ als Revisionspunkt erkennbar aus, dass sie in ihrem Recht auf Feststellung des Vorliegens einer unbefristeten Genehmigung zur Einbringung von Abfällen in die Deponie verletzt sei. Sie argumentiert dies damit, dass es durch die Erlassung des AWG 2002 zu keiner rückwirkenden Befristung bestehender (Einbringungs-) Genehmigungen gekommen sei.
11 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Übergangsbestimmung des § 77 Abs. 2 AWG 2002 bereits erkannt hat, dass die rechtskräftige abfallwirtschaftsrechtliche Bewilligung nach § 29 AWG 1990 als Genehmigung nach § 37 AWG 2002 gilt und keine Bewilligung nach dem AWG 2002 erforderlich ist (vgl. VwGH 15.9.2011, 2009/07/0066).
12 Der Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich gemäß § 29 AWG 1990 vom 3. März 1999 wurde der Revisionswerberin am 9. März 1999 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt war das AWG 1990 in Kraft und anwendbar (BGBl. I Nr. 325/1990 in der Fassung BGBl. Nr. 151/1998). Gemäß § 29 Abs. 2 AWG 1990 hatte der Landeshauptmann bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 29 Abs. 1 AWG 1990 (nach Maßgabe der Folgeabsätze) alle Bestimmungen anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Berg-, Luftfahrts-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Rohrleitungs- sowie des Eisenbahnrechtes für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Vorhabens anzuwenden waren.
13 Zu diesen Bestimmungen gehörte auch § 31b Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215/1959 idF BGBl. I Nr. 59/1997, der die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur langfristigen Ablagerung von Abfällen (Deponien) einer wasserrechtlichen Bewilligung unterwarf (vgl. VwGH 16.12.1999, 99/07/0077). Bereits § 31b Abs. 6 WRG 1959, eingefügt mit der Wasserrechtsgesetznovelle Deponien und in Kraft seit 1.7.1997, sah vor, dass die Einbringung von Abfällen in die Deponie jeweils nur für einen Zeitraum von 20 Jahren bewilligt werden durfte, sofern die Behörde nicht unter Bedachtnahme auf besondere Umstände kürzere Zeiträume festlegte; ohne Festlegung einer Frist galt ex lege eine Einbringungsfrist von 20 Jahren. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Abs. 6 leg.cit.:
„(6) Die Einbringung von Abfällen in die Deponie darf jeweils nur für einen Zeitraum von 20 Jahren bewilligt werden, sofern die Behörde nicht unter Bedachtnahme auf besondere Umstände kürzere Zeiträume festlegt. Unterbleibt im Bewilligungsbescheid eine Bestimmung des Einbringungszeitraumes, dann gilt ein Zeitraum von 20 Jahren ab Rechtskraft des Bewilligungsbescheides als festgelegt. Bei Deponien, die am 1. Juli 1996 bewilligt waren, endet der Einbringungszeitraum, soweit in der Bewilligung nichts anderes normiert ist, 20 Jahre ab Rechtskraft des Bewilligungsbescheides, nicht aber vor dem 1. Jänner 2004. [...]“
14 Mit der AWG-Novelle Deponien, BGBl. I Nr. 90/2000, fand diese Bestimmung Eingang in das AWG 1990 (zunächst als § 30b Abs. 7 AWG 1990). Nunmehr findet sich die Befristung der Einbringung von Abfällen in eine Deponie unter der Überschrift „Bestimmungen für Deponiegenehmigungen“ inhaltsgleich in § 48 AWG 2002 (Abs. 1).
15 Aus der - auch schon - damals geltenden Rechtslage ergibt sich eindeutig, dass die Bewilligung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 3. März 1999 keine unbefristete war, selbst wenn im Bescheid die Bestimmung des Einbringungszeitraumes unterblieben ist.
16 Ein subjektives Recht der Revisionswerberin auf Feststellung, dass es durch die Erlassung des AWG 2002 zu keiner rückwirkenden Befristung bestehender Genehmigungen gekommen sei, besteht demnach nicht. Denn bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 3. März 1999 sah die Rechtsordnung die Möglichkeit einer unbefristeten Genehmigung der Einbringung von Abfällen in eine Deponie nicht vor. Die Revisionswerberin vermag mit dem von ihr erkennbar geltend gemachten Revisionspunkt daher keine Rechtsverletzungsmöglichkeit aufzuzeigen (vgl. etwa VwGH 30.10.2015, Ra 2015/12/0045).
17 Da die Revisionswerberin somit keinen tauglichen Revisionspunkt geltend macht, erweist sich die Revision als nicht zulässig. Sie war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
18 Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht ist darauf gerichtet, die erwachsenen Prozesskosten dem Land Oberösterreich als funktionellem Rechtsträger der belangten Behörde zu ersetzen. Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG fließt jenem Rechtsträger, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat, der Aufwandersatz zu, der auf Grund des VwGG vom Revisionswerber zu leisten ist. Das Feststellungsverfahren nach § 6 AWG 2002 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung. Kostenersatzanspruch im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG hätte daher der Bund. Da daneben kein Kostenersatzanspruch eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf Zuerkennung an das Land Oberösterreich gerichtete Antrag der belangten Behörde abzuweisen (vgl. VwGH 22.3.2021, Ra 2019/05/0303, und VwGH 27.11.2019, Ra 2017/05/0213, jeweils mwN).
Wien, am 12. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021050010.L00Im RIS seit
02.11.2022Zuletzt aktualisiert am
02.11.2022