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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §15 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 21. Dezember 1995, Zl. III 392/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. Dezember 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von sieben Jahren.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei in den Jahren 1992 und 1994 wegen der Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG, bei der es sich um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung handle, sowie im Jahr 1991 wegen Übertretung des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt. Bei der Beurteilung, ob die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, sei vor allem zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer am 14. Juli 1989 die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin lediglich zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen (Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung) geschlossen habe. Dies habe eindeutig das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben.
Dazu verwies die belangte Behörde auf die Aussage der ehemaligen Ehegattin des Beschwerdeführers - die Ehe wurde zwischenzeitig für nichtig erklärt -, wonach sie mit diesem die Ehe lediglich gegen Erhalt von S 20.000,-- geschlossen habe, mit dem Beschwerdeführer jedoch nie eine eheliche Lebensgemeinschaft eingegangen sei. Die anderslautenden Behauptungen des Beschwerdeführers entsprächen nicht der Wahrheit.
Damit rechtfertige das Fehlverhalten des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle zwar einen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, weil sich dieser seit 1989 in Österreich aufhalte und seit November 1994 als Hausmeister in einem Hotel in N arbeite; überdies lebten zwei Schwestern und zwei Brüder im Bundesgebiet. Jedoch sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 leg. cit. zulässig, weil dringend geboten. Der Beschwerdeführer habe sich über maßgebliche Rechtsnormen hinweggesetzt, sodaß das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig erscheine.
Auch unter dem Gesichtspunkt der gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. vorzunehmenden Interessenabwägung erweise sich das Aufenthaltsverbot als zulässig. Die privaten und familiären Interessen (die Geschwister des Beschwerdeführers seien alle volljährig und selbständig) hätten keinesfalls ein solches Gewicht, daß die mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes für den Beschwerdeführer verbundenen Folgen die gegenläufigen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die nachteiligen Auswirkungen bei Abstandnahme von dieser Maßnahme überwögen. Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes sei entsprechend den Gründen für seine Erlassung mit sieben Jahren festzusetzen. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer im Oktober 1995 einen Selbstmordversuch unternommen habe, führe zu keinem anderen Ergebnis.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "wegen Rechtswidrigkeit, die im Sinne einer Ermessensüberschreitung vorliegt" aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot aufgrund einer "gravierenden Ermessensüberschreitung" erlassen habe. Damit dürfte wohl gemeint sein, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG rechtswidrig sei. Inhaltlich verweist die Beschwerde nur auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, der sich seit sechs Jahren in Österreich aufhalte und seit drei Jahren wohlverhalten habe. Der Beschwerdeführer habe nach Bekanntgabe der Absicht der Behörde, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, einen Selbstmordversuch unternommen. Deshalb sei er im Landesnervenkrankenhaus Hall behandelt worden. Der Beschwerdeführer habe seine bisherigen Anknüpfungspunkte an seine "alte Heimat" (offenbar gemeint: die ehemalige Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien) restlos verloren. Die Auffassung, der Beschwerdeführer habe eine Neigung zur Begehung von Straftaten, sei unzulässig.
Der Beschwerdeführer bestreitet im vorliegenden Fall nicht, daß er im Jahre 1989 mit einer österreichischen Staatsbürgerin die Ehe lediglich zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen geschlossen habe. In der Beschwerde wird auch die Annahme der belangten Behörde, die angeführten rechtskräftigen Bestrafungen wegen der Verwaltungsübertretung des § 64 KFG und des Meldegesetzes erfüllten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG, nicht bekämpft.
Davon ausgehend hat die belangte Behörde zutreffend die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme als gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG als zulässig angesehen. Nach der ständigen hg.
Rechtsprechung stellt die Eingehung einer Ehe allein zum Zweck der Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch dar, der als gravierende Beeinträchtigung eines geordneten Fremdenwesens anzusehen ist und solcherart die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt sowie auch die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten erscheinen läßt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 1995, Zl. 95/18/1197). Wenn die belangte Behörde im Rahmen der Beurteilung des Fehlverhaltens überdies die Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG heranzog und das Aufenthaltsverbot auch damit begründete, so steht diese Vorgangsweise mit dem Gesetz durchaus in Einklang.
Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung wendet und darauf verweist, daß er sich nun schon seit sechs Jahren in Österreich aufhalte und einer Beschäftigung als Hausmeister nachgehe, so ist zunächst festzuhalten, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers ebenso wie seine Beschäftigung hinsichtlich deren jeweiliger Berechtigung letztlich auf der rechtsmißbräuchlich eingegangenen Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen basieren. Nach den insoweit nicht bestrittenen Ausführungen im Bescheid hat der Beschwerdeführer seiner ehemaligen (Geschäfts-)Partnerin bis zur Beendigung der Ehe im Jahr 1994 jährlich S 3.000,-- an Entgelt bezahlt. Da nach der Bescheidbegründung die Scheinehe erst im Jahr 1995 bekannt geworden ist, kann sich der Beschwerdeführer nicht darauf berufen, daß ihm in Kenntnis seines gravierenden Rechtsmißbrauches dennoch Aufenthaltsberechtigungen erteilt worden wären. Da der Beschwerdeführer gar nicht geltend macht, daß er mit seinen Geschwistern im gemeinsamen Haushalt leben würde (die belangte Behörde stellte fest, daß die Geschwister des Beschwerdeführers volljährig und selbständig seien), liegt ein maßgeblicher Eingriff in die familiären Beziehungen des Beschwerdeführers nicht vor. Da der Aufenthalt und die Beschäftigung des Beschwerdeführers nur auf das besagte rechtsmißbräuchliche Verhalten zurückzuführen sind, ist die Auffassung der belangten Behörde, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen (unter dem Gesichtspunkt eines geordneten Fremdenrechtes) nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes mehrfach (im Sinne der ständigen hg. Rechtsprechung auch schwerwiegende) Verwaltungsübertretungen begangen hat. Soweit die Beschwerde den Suizidversuch des Beschwerdeführers hervorhebt ("um nicht in seine alte Heimat abgeschoben zu werden"), ist noch ergänzend anzumerken, daß mit einem Aufenthaltsverbot ausschließlich das Verbot, sich weiter in Österreich aufzuhalten, ausgesprochen wird. Damit wird also noch nicht darüber abgesprochen, in welches Land der Fremde auszureisen habe, allenfalls abgeschoben werde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0552, mit weiterem Nachweis).
Da in der Beschwerde die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes nicht ausdrücklich bekämpft wird, genügt ein Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Danach ist - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf in vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, zu erlassen. Wenn sich die belangte Behörde im Ergebnis nicht imstande sah, den Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes - nämlich der durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers hervorgerufenen Gefährdung der öffentlichen Ordnung (konkret: eines geordneten Fremdenwesens) - vor Verstreichen von sieben Jahren anzunehmen, so kann dies auch unter Bedachtnahme auf die weiteren schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210069.X00Im RIS seit
11.07.2001