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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. März 1995, Zl. 106.563/3-III/11/95, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 2 AufG sowie § 5 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 1. August 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Diese Bezirkshauptmannschaft habe den Antrag gemäß § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen. Fest stehe, daß der Beschwerdeführer den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht selbst vor seiner Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus eingebracht habe und er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe. Dieser Sachverhalt werde vom Beschwerdeführer in "keinster" Weise bestritten. Wie aus dem Gesetzestext des § 6 Abs. 2 AufG hervorgehe, hätte der Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt werden müssen. Diese Tatsache schließe einen gleichzeitigen Aufenthalt im Bundesgebiet aus.
Fest stehe, daß sich der Beschwerdeführer seit Ablauf seiner Aufenthaltsberechtigung am 23. August 1994 wider dem § 15 FrG unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Diese Tatsache stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar, weil dieses Verhalten auf andere Fremde Beispielwirkung haben könnte.
Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß durch den Aufenthalt seiner Gattin im Bundesgebiet unabsprechbare private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten Interessen des Beschwerdeführers überwögen aufgrund des angeführten Sachverhaltes die öffentlichen Interessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird ausgeführt, daß die Behörde erster Instanz die formalen Voraussetzungen für eine Antragstellung zu Recht angenommen habe, während die belangte Behörde die Bestimmungen des § 6 Abs. 2 und 3 AufG unrichtig interpretiert habe. Wenn der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung AUCH VOM INLAND AUS gestellt werden könne, so bedeute dies jedenfalls, daß der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung auch vom Ausland aus gestellt werden könne. Die Bestimmung, wonach ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen sei, ergebe nur dann einen Sinn, wenn der Antragsteller sich nicht zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits berechtigterweise im Inland aufhalte. Der Beschwerdeführer habe noch vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung einen Antrag auf Verlängerung bzw. Erteilung einer neuen Aufenthaltsberechtigung gestellt, über den bis dato nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Es sei ausschließlich zu prüfen, ob ein Versagungsgrund im Sinn des § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG vorliegt. Es folgen Ausführungen zur Frage der dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Mittel zur Deckung seines Unterhaltes.
Aus dem vorgelegten Akt ist zu ersehen, daß dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 1. September 1992 ein Sichtvermerk mit Gültigkeitsdauer bis 23. August 1993 erteilt worden ist. Am 12. August 1993 stellte der Beschwerdeführer unter Verwendung des amtlichen Formblattes einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Von den Möglichkeiten Erstantrag oder Verlängerungsantrag wurde letzteres durch Ankreuzen bestimmt. Dem Beschwerdeführer wurde eine Bewilligung mit einer Gültigkeitsdauer bis 23. August 1994 erteilt.
Schließlich findet sich im Akt ein mit 28. Juli 1994 datierter Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz unter Verwendung des amtlichen Formblattes. Dieses Formblatt trägt zwei Einlaufstampiglien der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, und zwar sowohl vom 28. Juli 1994 als auch vom 1. August 1994. In diesem Antrag ist sowohl die Rubrik Erstantrag als auch Verlängerungsantrag angezeichnet. Auf der ersten Seite befindet sich der handschriftliche Vermerk "verspätet" mit Rotstift.
Nach einer im Akt befindlichen Niederschrift vom 23. August 1994 sprach der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vor und erkundigte sich, wann er mit der Erteilung der Aufenthaltsbewilligung rechnen könne. Nach dem Inhalt der Niederschrift wurde ihm mitgeteilt, daß "im heurigen Jahr keine Möglichkeit mehr gegeben ist, eine Bewilligung zu erteilen". Anschließend folgen Ausführungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers.
Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land wies mit Bescheid vom 2. September 1994 den Antrag vom 1. August 1994 auf Erteilung einer Bewilligung zur Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Bad Hall gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 AufG ab.
In der Berufung gegen diesen Bescheid bekämpfte der Beschwerdeführer die Auffassung der Behörde erster Rechtsstufe, daß ein Sichtvermerksversagungsgrund vorliege.
Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer im Berufungsverfahren auf, den Nachweis zu erbringen, daß er den Antrag selbst im Ausland eingebracht habe bzw. daß er sich zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht im Bundesgebiet aufgehalten habe sowie daß er sich nicht unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte.
In seinem Schreiben vom 31. Jänner 1995 führte der Beschwerdeführer dazu aus, daß der Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung am 28. Juli 1994 nicht von ihm persönlich, sondern von seinem Vermieter nach dem Grenzübergang Schärding beim nächstgelegenen Postamt auf deutschem Staatsgebiet eingeschrieben aufgegeben worden sei. Er selbst sei zu diesem Zweck weder illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingereist noch sei er illegal wieder nach Österreich zurückgekehrt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe er sich legal in Österreich befunden, weil er eine bis 23. August 1994 befristete Aufenthaltsgenehmigung gehabt habe. Für die Verlängerung seiner bis 23. August 1994 befristeten Aufenthaltsgenehmigung habe er die Vier-Wochen-Frist um zwei Tage überschritten, also den Verlängerungsantrag nicht am 26. Juli, sondern erst am 28. Juli 1994 (Aufgabedatum Poststempel) eingebracht. Der von der Behörde als Neuantrag gewertete Verlängerungsantrag sei mit Bescheid der BH Steyr-Land abgewiesen worden.
Gemäß § 6 Abs. 1 AufG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) wird die Bewilligung und deren Verlängerung außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 auf Antrag erteilt. Im antragsbedürftigen Verfahren ist aber eine genaue Bestimmung des Gegenstandes des Anbringens erforderlich, weil dadurch die Verwaltungssache, nämlich der Prozeßgegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens, festgelegt wird. Hat ein Anbringen einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen - etwa durch Vernehmung des Beteiligten - zu ermitteln. Keinesfalls darf die Behörde in einem antragsbedürftigen Verfahren dem Anbringen eine eigene Deutung geben, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Slg. 10.179/A).
Die oben dargestellte Aktenlage zeigt, daß der belangten Behörde ein sowohl als Erstantrag als auch als Verlängerungsantrag bezeichneter Antrag vorlag. Die belangte Behörde war daher im Sinne der obigen Ausführungen verpflichtet, eine Klärung der unklaren Antragstellung herbeizuführen. Entgegen dieser Verpflichtung hat sich die belangte Behörde erkennbar der Deutung durch die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land angeschlossen, und den Antrag als Erstantrag gewertet. Hiefür hat sie jegliche Begründung im angefochtenen Bescheid unterlassen. Diese Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt aber nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil der Beschwerdeführer dadurch an der Verfolgung seines Rechtsanspruches nicht gehindert wurde. Der Beschwerdeführer geht in der Beschwerde davon aus, einen Antrag auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gestellt zu haben. Ein Erstantrag im Sinn des § 6 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz AufG ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 95/21/0795) hat in diesem Falle der Fremde sich nicht nur im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland aufzuhalten, sondern auch weiterhin ab diesem Zeitpunkt bis zur Erledigung seines Antrages. Im Beschwerdefall ist unstrittig, daß diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Abweisung des Antrages ist daher nicht rechtswidrig. Ebenso ist die Abweisung des Antrages nicht rechtswidrig, wenn er als Verlängerungsantrag angesehen wird: Unstrittig ist, daß die dafür maßgebliche Frist des § 6 Abs. 3 AufG versäumt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Frist des § 6 Abs. 3 erster Satz, zweiter Halbsatz AufG (i.d.F. vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) um eine materiell-rechtliche Frist, deren Nichteinhaltung zum Untergang des Anspruches des Fremden auf Verlängerung der Bewilligung führt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 95/21/0718). Vorliegend kommt auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 3 AufG nicht zum Tragen, wonach eine Fristversäumnis nach einem "jahre- bzw. jahrzehntelangen" rechtmäßigen Aufenthalt im Lichte des Art. 8 MRK nicht zum Untergang des Anspruches auf Verlängerung einer Bewilligung führen darf (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94), weil sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst etwa zweieinhalb Jahre im Bundesgebiet aufhielt und auch keine spezifischen privaten oder familiären Interessen für die Begründetheit des Antrages ersichtlich sind.
Die Beschwerde erweist sich daher jedenfalls als unbegründet, was gemäß § 42 Abs. 1 VwGG zu ihrer Abweisung führen mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210603.X00Im RIS seit
11.07.2001