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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann-Preschnofsky, in der Rechtssache der Revision des Z A in P, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 2022, W212 2244354-1/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte erstmals im Jahr 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Der diesen Antrag abweisende Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 6. Juni 2017 wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2019 bestätigt.
2 Am 15. Juni 2019 heiratete der Revisionswerber in Österreich seine im Bundesgebiet asylberechtigte Freundin nach traditionellem Ritus.
3 Nach Einreise in Frankreich (von Österreich über Deutschland) stellte der Revisionswerber dort am 8. Juli 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
4 In Folge der Geburt seiner in Österreich (nunmehr) asylberechtigten Tochter am 2. Mai 2021 reiste der Revisionswerber wieder in das Bundesgebiet ein und stellte neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005.
5 Mit Bescheid vom 30. Juni 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 - ohne in die Sache einzutreten - als unzulässig zurück, stellte die Zuständigkeit Frankreichs gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-Verordnung fest, ordnete die Außerlandesbringung des Revisionswerbers gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 an und stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Frankreich fest.
6 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 25. August 2021 als unbegründet ab. Die Erhebung einer Revision erklärte es nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
7 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 18. März 2022, E 3776/2021-8, ablehnte und sie über Antrag des Revisionswerbers mit Beschluss vom 11. Juli 2022, E 3776/2021-11, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Judikatur zur Prüfung der Zuständigkeit nach der Dublin III-Verordnung abgewichen, indem es eine Zuständigkeit nach Art. 16, 17 und 18 Dublin III-Verordnung geprüft habe und die vorrangigen Zuständigkeitskriterien nach Art. 7 bis 15 Dublin III-Verordnung übergangen habe. Insbesondere verweist der Revisionswerber auf die Achtung des Kindeswohls und des Familienlebens.
12 Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt einem der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Dabei reicht es nicht aus, bloß Rechtssätze zu verschiedenen Erkenntnissen wiederzugeben oder Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl zu nennen, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen (vgl. etwa VwGH 10.9.2019, Ra 2019/14/0258, mwN).
13 Diesen Vorgaben wird mit der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung der gegenständlichen Revision, die pauschal ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, nicht entsprochen.
14 Das Bundesverwaltungsgericht kam mit näherer Begründung zu dem Schluss, dass es für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Frankreich keine Anhaltspunkte gäbe und keine Bedenken an der Annahme der Zuständigkeit Frankreichs bestünden. Auch aus Art. 16 und Art. 17 Abs. 2 ergebe sich keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages, weshalb die Beschwerde des Revisionswerbers abzuweisen sei. Im Rahmen seiner beweiswürdigenden Überlegungen legte es dar, dass sich die Feststellungen zum Konsultationsverfahren aus dem Schriftwechsel der österreichischen und französischen Behörden ergebe. Die Ausführungen zum Familienleben würden sich aus seinen Angaben im Rahmen seiner Einvernahme in Zusammenschau mit dem Verwaltungsakt ergeben.
15 Diesen beweiswürdigenden Überlegungen tritt die Revision nicht entgegen und sie vermag diese Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts auch sonst nicht zu erschüttern. Daher ist von den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen auszugehen, die in ihrer Gesamtheit die rechtliche Beurteilung der Zuständigkeit Frankreichs zur Prüfung des Antrages des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zu tragen vermögen (vgl. VwGH 12.6.2019, Ra 2017/19/0206; auch im Hinblick auf die Ausführungen zu dem Urteil des EuGH vom 2. April 2019, C-582/17 und C-583/17, in Bezug auf die Prüfung der Zuständigkeit in einem Fall des Art. 18 Abs. 1 lit. b bis d der Dublin III-Verordnung). Der Revisionswerber erstattet in der Zulässigkeitsbegründung der Revision auch kein Vorbringen dazu, aus welchen Gründen die von ihm in den Raum gestellten (sonstigen) Zuständigkeitskriterien der Dublin III-Verordnung fallbezogen erfüllt sein sollten.
16 Wenn der Revisionswerber weiters die im Rahmen der Prüfung der Notwendigkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-Verordnung vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK anspricht und lediglich ausführt, das Bundesverwaltungsgericht habe Art. 8 EMRK dabei nicht ausreichend berücksichtigt, ohne konkret aufzuzeigen, welche Umstände das Bundesverwaltungsgericht anders gewichten oder zusätzlich berücksichtigten hätte müssen, wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan (vgl. zum diesbezüglich anzulegenden Maßstab VwGH 28.7.2022, Ra 2022/20/0187, mwN).
17 Schließlich wendet der Revisionswerber ein, das Bundesverwaltungsgericht habe die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Familienzusammenführungsrichtlinie betreffend das Recht eines Drittstaatsangehörigen auf Familienzusammenführung missachtet, indem es eine richtlinienkonforme Interpretation von § 5 AsylG 2005 unterlassen habe.
18 Dazu ist festzuhalten, dass die vom Revisionswerber ins Treffen geführten Entscheidungen, von denen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts abweichen würde, nicht § 5 AsylG 2005, sondern andere Bestimmungen, teils solche des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, betreffen. Die Ausführungen des Revisionswerbers, die lediglich aus einer Aneinanderreihung von Rechtssätzen, ohne Bezugnahme auf den konkreten Fall, bestehen, lassen Aussagen, warum diese hier im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung eines Dublin-Verfahrens fallbezogen anwendbar sein sollten, vermissen, weshalb auch mit diesem Vorbringen die Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt wird.
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 4. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022200269.L00Im RIS seit
31.10.2022Zuletzt aktualisiert am
31.10.2022