Norm
BDG 1979 §44, 43 Abs1Schlagworte
Soldat, DienstpflichtsverletzungText
Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 22.09.2022 in Anwesenheit des Beamten, des
Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen
Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist schuldig;
er hat am
1. 24.07.2019 seinen damaligen Mitarbeiter OWm A.A. mit dem Heereskraftfahrzeug BH 67.451 in N.N. eine Heckklappe des privaten VW-Polo transportieren lassen und
2. 23.04.2020 den Grundwehrdiener A.A. für private Arbeiten verwendet und
ihm den Befehl erteilt, zwei untere Querlenker für Privatfahrzeuge abzuschleifen, eine Rostgrundierung aufzutragen und gelb zu lackieren und
3. weitere private Arbeiten in seinem Verantwortungsbereich im Zeitraum 23.06. – 30.06.2020 den Grundwehrdienern A.A. und A.A. befohlen, indem er das private Motorrad des OWm A.A. für eine § 57a KFG-Begutachtung (Blinker und Kennzeichenhalterung austauschen, Außenspiegel montieren) vorbereiten ließ.
Dadurch hat er schuldhaft in den Spruchpunkten 1 bis 3 gegen die Bestimmung des § 44 Abs 1 Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979), wonach „der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen hat“ in Verbindung mit dem Erlass Verlautbarungsblatt I Nr. 3/2018 der Privatarbeiten aller Art während der Dienstzeit, insbesondere in heereseigenen Werkstätten oder mit heereseigenem Werkzeug verbietet und in Bezug auf die Verwendung von Präsenzdienern (GWD) im Spruchpunkt 2 und 3 gegen die Bestimmung des § 43 Abs 1 BDG 1979, wonach „der Beamte verpflichtet ist, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen“, verstoßen und Pflichtverletzungen gemäß § 2 Abs. 1 Heeresdisziplinargesetz 2014, BGBl I. Nr. 2 (HDG 2014), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020, begangen.
Über Vzlt A.A. wird gemäß § 51 Z 3 HDG 2014 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe von € 1.500,-- (eintausendfünfhundert Euro) verhängt. Gemäß § 38 Abs. 1 HDG 2014 hat Vzlt A.A. dem Bund einen Kostenbeitrag in der Höhe von € 150, -- (einhundertfünfzig Euro) zu leisten. Gemäß § 77 Abs. 4 HDG 2014 wird die Abstattung der Geldstrafe in 15 Monatsraten zu je € 100, -- (einhundert Euro) verfügt.
B E G R Ü N D U N G
Zur Person:
1. Vzlt A.A. versieht seinen Dienst als Kommandant des N.N. und Werkmeister in der N.N.
Sein Dienstort ist der N.N. in N.N. Er bringt € 2.986,30 brutto ins Verdienen (ohne fallweise Nebengebühren - MU/FG 3/GehStu 15).
2. Er steht in einem unbefristeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und fällt
daher in den Anwendungsbereich des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, (BDG 1979) und des HDG 2014.
3. Er lebt in einer Lebensgemeinschaft und hat Sorgepflichten für 3 Kinder (Studentin 22 Jahre, zwei Schüler:innen 16 und 14 Jahre alt).
4. Er ist Mitglied des Dienststellenausschusses beim Kommando N.N. (DA/N.N.).
Der DA/N.N. hat seine Zustimmung zur disziplinären Würdigung der Handlungen gemäß
§ 28 B-PVG am 22. Juli 2022 erteilt, weil er zum Ergebnis kam, dass diese nicht in Ausübung der Personalvertreterfunktion erfolgten.
Zum Verfahrensgang und Sachverhalt:
5. Der Disziplinarvorgesetzte hat am 19. April 2021 das Disziplinarverfahren gegen Vzlt A.A.
eingeleitet und begründete die Einleitung wie folgt:
„Herr Vizeleutnant A.A. steht im Verdacht, sich im Rahmen des Dienstes durch die Bestellung und Verbuchung von Ersatzteilen, die nicht für die durch ihn „LOGIS-mäßig“ zugeordneten Kraftfahrzeuge geeignet sind, selbst oder einen Dritten bereichert zu haben. Diese Vorkommnisse dürften zum einen im Falle des hydraulischen Oberlenkers im Juli/2020 und zum anderen im Zusammenhang mit einem Blinker- Relais im März/2020 stattgefunden haben. Die Bestellung und Abholung wurde in beiden Fällen in N.N. bei der Firma N.N. getätigt. Im Zuge der Zeugen-Einvernahmen wurde in weiterer Folge nicht nur materieller, sondern auch arbeitsleistungsbezogener Missbrauch zu Protokoll gegeben. Am 24.07.2019 war der damalige Mitarbeiter OWm A.A. mit dem Heeresfahrzeug BH 67.451 in N.N. In diesem Zusammenhang besteht der Verdacht, dass der Zweck der Fahrt kein dienstlicher war, sondern, dass A.A. während der Dienstzeit für A.A. eine Heckklappe für einen VW-N.N, welche im Anschluss daran in A.A. Privat-KFZ verladen wurde, abzuholen hatte.
Weitere private Tätigkeiten und Arbeiten im Führungs- und Verantwortungsbereich des A.A. sollen durch ihn selbst und durch ihm anvertraute Soldaten (N.N. und mehrere GWD) fallweise ausgeführt worden sein. Dazu zählen unter anderem das Abschleifen und Lackieren privater Querlenker (Beilage 43) durch GWD des N.N. für A.A. sowie Arbeiten an den Motorrädern von A.A. und dem A.A. durch A.A. und GWD des N.N.
Ein weiterer mutmaßlicher Vorfall im Rahmen der AIRPOWER-Flugshow 2019 wurde im Zuge der Ermittlungen deutlich und mehrheitlich bestätigt, nämlich, dass A.A. und auch dessen damaliger Mitarbeiter A.A. koordiniert oder auch einzeln vorgehend den GWD-Rekruten deren Akkreditierungen (Zutrittskarten in den militärischen, nicht öffentlichen Bereich) für einige Stunden abnahmen – vermutlich für private Zwecke. A.A. und auch A.A. hatten bei der AIRPOWER Besuch durch Angehörige. Teilweise im Zusammenhang mit oben genannten Vorwürfen gibt es Hinweise auf weitere Entwendungen bzw. Diebstahl durch A.A. Im Rahmen der AIRPOWER hatten GWD des N.N. den Auftrag, eine Restmülltonne mitzunehmen und zu reinigen; für die weitere Verwendung derselben ist eine private Nutzung nicht auszuschließen. Das bereits genannte Blinker-Relais, leere Ölgebinde/Fässer, ca. 70 Liter Hydrauliköl und ca. 60 Liter Dieselkraftstoff fallen auch in den Verdacht einer privaten Weiterverwendung durch Vzlt A.A.
Als verletzte Pflichten wurden die §§ 43 Abs 1 und 2 sowie 44 Abs 1 BDG 1979 in Verbindung
mit dem Verlautbarungsblatt I Nr. 3/2018 angegeben, wonach Privatarbeiten aller Art während der Dienstzeit, insbesondere in heereseigenen Werkstätten oder mit heereseigenem Werkzeug verboten sind. Dies sei auch in der Werkstättenordnung des kleinen Verbandes angeordnet. Der Disziplinaranzeige wurden 64 Beilagen angefügt.
6. Die Disziplinaranzeige wurde am 19. April 2021 erstattet und langte am selben Tag bei der
Bundesdisziplinarbehörde (BDB) ein, wo sie aufgrund der am 09. Dezember 2020 erlassenen
Geschäftseinteilung für das Jahr 2021 dem Senat 45 zur weiteren Bearbeitung zuzuweisen war.
7. Der Sachverhalt der Disziplinaranzeige wurde der Staatsanwaltschaft N.N. zur Kenntnis
gebracht. Am 08. September 2021 erfolgte mit GZ 8 St 105/21a-1 die Verfahrenseinstellung
wegen § 34 MilStG (Missbrauch der Dienststellung, §§ 153 (Untreue), 127 (Diebstahl) und 302 (Amtsmissbrauch) StGB, weil die Abnahme der Akkreditierungen im Zusammenhang mit der Airpower 2019 keinen Einfluss auf andere vorgeworfenen Straftaten habe, beim Blinkerrelais eine Fehlbuchung im LOGIS-System nicht auszuschließen und beim Oberlenker tätige Reue im Sinne des § 167 StGB gegeben sei. Ebenso am 08. September 2021 beantragte die StA N.N. die Durchführung einer Hauptverhandlung vor dem Landes- als Schöffengericht N.N. wegen der im Spruch angeführten Anschuldigungspunkte und brachte die Anklageschrift mit oa. GZ ein.
8. Aufgrund der unter Ziffer 7 angeführten Anklageschrift stellte das Landesgericht N.N. das
Strafverfahren wider dem Disziplinarbeschuldigten nach Zahlung des Geldbetrages von € 5.000 und Übernahme der strafrechtlichen Verantwortung (§ 302 Abs 1 StGB - Amtsmissbrauch) für den anklagegegenständlichen Sachverhalt am 12. April 2022 ein (GZ 11 Hv 86/21g).
9. Die Bundesdisziplinarbehörde (BDB), Senat 45, erließ mit Bescheid vom 25. Juli 2022 den
Einleitungsbeschluss, der am 29. Juli 2022 über die rechtsfreundliche Vertretung zugestellt
wurde und in Rechtskraft erwuchs. Gleichzeitig wurde die mündliche Verhandlung für den
22.09.2022 ausgeschrieben und die Ladungen den Parteien und dem Zeugen ordnungsgemäß zugestellt. Zuvor war ein am 21. Juni 2022 ergangener Einleitungsbeschluss mit Beschwerdevorentscheidung vom 25. Juli 2022 behoben worden, weil der Disziplinarbeschuldigte zu Recht über seine rechtsfreundliche Vertretung monierte, dass eine Zustimmung gemäß § 28 B-PVG des Dienststellenausschusses fehlen würde (siehe oben Ziffer 4.)
Als Ergebnis des Beweisverfahrens der mündlichen Verhandlung am 22. September 2022, bei der Vzlt A.A. als Beschuldigter ein umfassendes und reumütiges Geständnis zeigte und die im Akt aufliegenden Unterlagen zur Verlesung gebrachten wurden und der Zeuge Oberst A.A. über seine bisherigen dienstlichen Leistungen und die Zukunftsprognose aussagte, ist für die BDB, Senat 45, der im Spruch angeführte Sachverhalt erwiesen.
10. Vzlt A.A. bekannte sich zu Beginn der mündlichen Verhandlung vollinhaltlich zum vorgeworfenen Verhalten des Einleitungsbeschlusses schuldig. Er beteuerte glaubhaft, dass es ihm sehr leidtue und ein derartiges inakzeptables Verhalten nicht mehr vorkommen würde. Er habe aus Dummheit, Unwissenheit und Stress gehandelt, wollte den Dienstgeber nicht schädigen, sondern seine Kameraden und im Falle der Heckklappe seine Tochter unterstützen. Aufgrund des strafgerichtlichen Verfahrens sei ihm nunmehr klar, dass er Untergebene nicht für private Arbeiten heranziehen darf. Die Erlasslage sei ihm bekannt gewesen, die auch in der Werkstättenordnung verlautbart sei. Er wäre fälschlich davon ausgegangen, dass eine Bitte an Grundwehrdienst leistende Präsenzdiener (GWD) ihm bei den Privatarbeiten zu helfen, kein Befehl sei. In Zukunft wird er alle Befehle treu befolgen. Zu Beginn des Jahres 2021 sei er von seinem Arbeitsplatz abgezogen worden und würde im Bereich der S4-Gruppe dienstlich in Verwendung stehen und für die „Ausphasung“ der N.N. eingesetzt werden. Auf die Frage der Senatsmitglieder antwortete er, dass ihm 5-7 GWD als Mechanikergehilfen zugeteilt waren und er von ihnen nur positive Rückmeldungen erhielt. Aufgrund des Personalmangels an MechUO im Werkstättenbereich hätte er mit der Werkstätte des N.N. zusammengearbeitet, habe jedoch deshalb unter Stress gelitten.
11. Der A.A. attestierte dem Beschuldigten eine gute Dienstleistung. Der Senatsvorsitzende verlas die positive Dienstbeurteilung des Einheitskommandanten, der Herr Verteidiger brachte die sehr gute Beurteilung durch den derzeitigen Vorgesetzten (N.N.) in die Verhandlung ein, die ebenso verlesen wurde. Durch die Tathandlungen sei das Betriebsklima negativ beeinflusst worden und der Vertrauensverlust habe dazu geführt, dass er Vzlt A.A. im Bereich der N.N. Gruppe (Versorgungsführung) dienstlich verwende. Auf die Frage des Herrn Verteidigers, warum er seines Mandanten erst ca. sechs Monate nach den Ereignissen von der Werkstättenleitung abzog, erwiderte der Kdt N.N., dass er erst die Vorerhebungen abwartete und erst aufgrund des belastenden MP-Berichtes die Maßnahme setzte.
12. In den Schlussworten führte der Herr Disziplinaranwalt beim BMLV (DiszAnw) aus, dass
der Disziplinarbeschuldigte durch seine Tathandlungen vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe. Der Sachverhalt sei ausreichend geklärt und die rechtliche Beurteilung, wie im Einleitungsbeschluss ausgeführt, vorzunehmen. Die Gehorsamspflicht sei eine tragende Säule des Dienstbetriebes, die Schwere der Tat im oberen Bereich anzusiedeln. Wer GWD zu privaten Arbeiten verwende, der verstoße zudem gegen die Treuepflicht nach § 43 Abs 1 BDG 1979. Aus generalpräventiven Gründen wäre eine strenge Bestrafung geboten, weil dem „selektiven“ Gehorsam durch Bedienstete entgegengetreten werden müsse. Die spezialpräventiven Aspekte würden ob der sehr guten Zukunftsprognose und des einsichtigen Verhaltens in den Hintergrund treten. Nach Darstellung der Milderungsgründe (Unbescholtenheit, reumütiges und einsichtiges Geständnis, positive Zukunftsprognose, sehr gute dienstliche Beurteilungen) und den Erschwerungsgründen der mehrfachen einschlägigen Pflichtverletzung sowie der negativen Vorbildwirkung forderte er eine Geldstrafe in der Höhe von 50% der Bemessungsgrundlage, also € 1.500.- als schuld- und tat- und schuldangemessene Bestrafung.
13. Der Herr Verteidiger führte in seinem Plädoyer aus, dass er grundsätzlich die Beurteilung
des Herrn DiszAnw im Hinblick auf die objektive und subjektive Tatseite teile und bedankte sich bei ihm für die faire Beurteilung des Disziplinarfalles, wenn er auch nicht in allen Punkten die Strafzumessung betreffend zustimmen könne. Die Erschwerungsgründe seien wie vom Herrn DiszAnw geschildert. Bei den Milderungsgründen wären in Ergänzung noch der bisherige ordentliche Lebenswandel zu berücksichtigen, weil Vzlt A.A. über 30 Dienstjahre treu gedient habe. Er habe sich ob dem Personalmangel in einer Stresssituation befunden und sich zu den Taten hinreißen lassen. Er habe keine niederen Beweggründe gehabt, sondern wollte die Kameraden unterstützen. Das Abziehen von seinem Arbeitsplatz und Verwendung im Kommando sei bereits eine Bestrafung, die lange Verfahrensdauer eine zusätzliche psychische Belastung. Er hätte eine Diversion (Zahlung von € 5.000.-) erhalten, weil es sich um einmalige Verfehlungen handelte und er ein äußerst guter Unteroffizier sei. Die Öffentlichkeit habe keine Kenntnis von den Malversationen gehabt. Da keine spezialpräventiven Gründe vorliegen würden, könnte der Senat mit einer Geldbuße das Auslangen finden.
14. Der Disziplinarbeschuldigte betonte nochmals, dass ihm die Sache leidtue und er nicht
noch einmal in so eine Situation kommen werde. Er übernehme die volle Verantwortung für
sein Handeln und gelobte Besserung. Abschließend schloss er sich ich den Ausführungen seines Verteidigers an und ersuchte um eine milde Bestrafung.
15. Der Senatsvorsitzende befragt am Ende der mündlichen Verhandlung die Parteien, ob die
Aufnahme des Schallträgers wiedergegeben werden soll. Auf das Abspielen der Aufzeichnung wird verzichtet. Auf die Verlesung der Verhandlungsschrift und Ausfolgung des Protokolls wird von den Parteien verzichtet.
Der Disziplinarsenat hat erwogen:
Rechtliche Grundlagen in Bezug auf die Dienstpflichtverletzungen:
16. § 43 Abs. 1 BDG 1979 (Allgemeine Dienstpflichten; Treuepflicht):
„Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden
Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen,“
17. § 44 Abs. 1 BDG 1979 (Gehorsamspflicht):
„Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. “
Zur rechtlichen Würdigung:
Beweiswürdigung (Feststellungen):
18. Das Disziplinarrecht erfüllt eine Ordnungsfunktion. Es soll einer durch ein Dienstvergehen verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnen, die Sauberkeit und die Leistungsfähigkeit des österreichischen Beamtentums zu erhalten und sein Ansehen zu wahren. (VwGH 14. 1. 1980 SlgNF 10.007 A).
19. Der Erlass vom 18. Dezember 2017, GZ S93105/19-MFW, betreffend Verhaltensnormen
für Soldatinnen und Soldaten, kundgemacht im Verlautbarungsblatt I Nr. 3, Jahrgang 2018,
normiert in Ziffer II (Regeln für das Verhalten im Einzelnen, Punkt 6. Privatarbeiten) ein striktes Verbot von Privatarbeiten aller Art während der Dienstzeit, insbesondere in heereseigenen Werkstätten oder mit heereseigenem Werkzeug. Dieser Erlass ist unstrittig eine Weisung im rechtlichen Sinn und findet sich auch in der Werkstättenordnung des Verbandes.
20. Gemäß § 43 Abs 1 BDG ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter
Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit
den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln aus eigenem zu erfüllen. Er darf also während der
Ausübung seines Dienstes keine strafbaren Handlungen begehen (VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) und muss die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu, gewissenhaft, engagiert). Dazu gehört es selbstredend auch, dass er die geltende Rechtsordnung und insbesondere die für seinen Arbeitsplatz maßgeblichen Bestimmungen und Vollzugsvorschriften strikt beachtet. Ein Dienstnehmer, der untergebene GWD für Privatarbeiten einsetzt, der verletzt seine Dienstpflicht.
Zum Grad des Verschuldens:
21. Der Disziplinarbeschuldigte hat in allen Spruchpunkten vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen, weil er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, die in §§ 43 Abs 1 und 44 Abs 1 BDG 1979 normierten Dienstpflichten zu verletzen.
Ein rechtmäßiges Alternativverhalten, nämlich die Einhaltung der Dienstpflichten, wäre ihm
zumutbar gewesen. Das Vorbringen, er habe aus einer Stresssituation heraus gehandelt, wird als Schutzbehauptung zurückgewiesen. Denn hätte der Disziplinarbeschuldigte treu seine HKfz und nicht private Autos repariert, wäre auch die Belastung nicht so hoch gewesen.
Zur Strafbemessung:
22. Die Strafe war vom erkennenden Senat im Sinne der nachstehenden Erwägungen gemäß
§ 6 HDG 2014 nach Maßgabe der im Strafgesetzbuch festgelegten Gründe zu bemessen (§§ 32-35 StGB). Nach gewissenhafter Abwägung aller für bzw. wider den Beschuldigten sprechenden Umstände gelangte der erkennende Senat in der Frage der zu verhängenden Strafart und Strafhöhe angesichts der im Folgenden darzulegenden Überlegungen zu dem im Spruch ersichtlichen Ergebnis.
Grundlage für die Strafbemessung war die im Beweisverfahren zweifelsfrei erwiesene Schuld des Disziplinarbeschuldigten durch vorsätzliche Tatbegehungen. Seine Dispositions- und Diskretionsfähigkeit stehen für den Senat wie oben ausgeführt außer Zweifel.
Die objektive Schwere der Pflichtverletzung ist im oberen Bereich einzustufen. Dies deshalb, weil der Befehl und die korrespondierende Gehorsamspflicht zur tragenden Säule des Dienstbetriebes im öffentlichen Dient, insbesondere im Bundesheer, gehören. Ihr kommt zentrale Bedeutung für eine erfolgreiche Auftragserfüllung zu. Ein Kommandant hat zudem durch Vorbild zu führen. Da der Befolgung von Weisungen ein nicht bloß geringer Stellenwert zukommt (VwGH 26.06.2012, 2011/09/0032), kann auch deren Missachtung nicht als Bagatelldelikt abgetan werden.
Ebenso kommt der Treuepflicht zentrale Bedeutung zu. Unteroffiziere haben die GWD zum
Zwecke einer erfolgreichen Landesverteidigung auszubilden und für dienstliche Aufgaben einzusetzen. Aus Gründen der Generalprävention ist eine strenge Bestrafung geboten, da allen Soldaten vor Augen zu führen ist, dass ein derartiges Verhalten vom Dienstgeber weder akzeptiert, schon gar nicht geduldet wird. Spezialpräventive Gründe treten ob der ehrlich gemeinten Distanzierung von der Tat und der einsichtigen Verantwortung in den Hintergrund.
Straferschwerend wurde gewertet:
??mehrere Dienstpflichtverletzungen
??negative Vorbildwirkung als Zugskommandant (Vorgesetzter)
Strafmildernd wurde gewertet:
??sein reumütiges und umfassendes Tatsachengeständnis
??sein einsichtiges Verhalten und Distanzierung vom schädigenden Verhalten
??Unbescholtenheit und bisheriger ordentlicher Lebenswandel
??sein Auftreten vor dem Disziplinarsenat
??seine bisherige Dienstleistung und positive Zukunftsprognose durch Kdt N.N.
??lange Verfahrensdauer
Die Bemessungsgrundlage von € 2.986,30 errechnet sich aus dem Grundbezug (€ 2.775,2), der Truppendienstzulage (€ 61,1) und der Funktionszulage (€ 150.-) des Disziplinarbeschuldigten im Monat September 2022 ohne Sonderzahlungen. Die ausgesprochene Geldstrafe in der Höhe von ca. 50 Prozent der Bemessungsgrundlage nach § 52 Abs. 3 HDG 2014 wurde vom Senat daher als tat- und schuldangemessen festgelegt, nicht zuletzt deshalb, weil die Milderungsgründe klar überwiegen und er ein ansonsten bisher ein guter Unteroffizier war. Sie entspricht der Forderung des Herrn Disziplinaranwaltes. Ein amtswegiger Ausspruch über die Ratenzahlung war aufgrund der Sorgepflichten geboten. Die Zahlung eines Geldbetrages bei Diversion und strafrechtlicher Verurteilung darf mangels Deckung im Gesetz nicht strafmildernd gewertet werden (siehe § 34 Abs. 1 Z 19 StGB und RZ, Teil 2, S8 mit Verweis auf VwGH2013/09/0179 vom 19.03.14 und 2011/09/0210 vom 26.06.12). Dass die Öffentlichkeit keine Kenntnis erlangte, wurde nicht als Milderungsgrund gesehen, den Ausführungen des Herrn Verteidigers wurde in diesem Punkt nicht gefolgt.
Vzlt A.A. möge die milde Bestrafung als Vertrauensvorschuss sehen, weil ihm der Senat seine Läuterung glaubt, er ein sehr guter Unteroffizier ist und er in Zukunft derartige Dienstpflichtverletzungen unterlassen wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
28.10.2022