TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/20 94/03/0277

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Veröffentlicht am 20.03.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §13 Abs1;
GBefG 1952 §1 Abs3 idF 1982/630;
GewO 1973 §26 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §26 idF 1993/029;
GewO 1973 §27 idF 1993/029;
GewO 1973 §28 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §28 idF 1993/029;
GewO 1973 §346 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §346 Abs2 idF 1993/029;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des F J in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 10. März 1994, Zl. 410.068/1-I/9/94, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der an den Landeshauptmann von Kärnten gerichteten Eingabe vom 4. Februar 1987 beantragte der Beschwerdeführer die Nachsicht von der "Güterbeförderungskonzessionsprüfung (Güternahverkehr)".

Mit Bescheid vom 15. Mai 1987 sprach der Landeshauptmann von Kärnten aus, daß dem Nachsichtsansuchen keine Folge gegeben werde und daß gemäß § 28 Abs. 1 in Verbindung mit § 346 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 die Nachsicht von der gemäß § 5a Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 63/1953 in der Fassung BGBl. Nr. 630/1982, vorgeschriebenen Konzessionsprüfung als Voraussetzung für die Erbringung des Befähigungsnachweises gemäß § 5 Abs. 1 leg. cit. für die Erteilung einer Konzession zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Nahverkehr verweigert werde. Es lägen weder Gründe des Alters noch Gründe der mangelnden Gesundheit noch sonstige wichtige in der Person des Nachsichtswerbers gelegene Gründe vor, aufgrund derer die Erbringung des Befähigungsnachweises nicht zuzumuten wäre. Es lägen auch keine örtlichen Verhältnisse, die für die Erteilung der Nachsicht sprechen würden, vor, weil in dem für die Erteilung einer Nahverkehrskonzession maßgeblichen Umkreis von 20 km genügend Unternehmen etabliert seien, die jederzeit in der Lage wären, alle Transportaufträge reibungslos durchzuführen.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, gemäß § 1 Abs. 3 Güterbeförderungsgesetz gelte, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen treffe, die GewO 1973. Zufolge § 28 Abs. 1 Z. 1 und 2 GewO 1973 sei die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn außer der Erfüllung bestimmter im gegenständlichen Fall nicht relevanter Voraussetzungen gegen den Antragsteller keine Ausschlußgründe gemäß § 13 GewO 1973 vorlägen. Gemäß § 13 Abs. 1 leg. cit. sei von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sei, wenn die Verurteilung weder getilgt sei noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliege. Die belangte Behörde gehe von folgendem Sachverhalt aus:

"Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. September 1980, Zl. 7 EVr 1990/80, HV 229/80, in Rechskraft erwachsen am 28. April 1981, Vollzugsdatum: 28. April 1981, wurde F. J. gemäß §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit: drei Jahre, verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. Oktober 1983, Zl. 7 EVr 1355/83, HV 166/83, rechtskräftig mit 28. März 1984, Vollzugsdatum:

18. Dezember 1985, wurde über den Berufungswerber gemäß §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB, sowie § 114 ASVG eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten ausgesprochen.

Letztlich wurde F. J. mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 15. Juni 1989, Zl. 10 EVr 2145/88, HV 180/88, in Rechtskraft erwachsen am 23. Februar 1990, Vollzugsdatum:

23. Februar 1990, gemäß § 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten bedingt, Probezeit:

drei Jahre, verurteilt."

Entsprechend den Bestimmungen des Tilgungsgesetzes sei davon auszugehen, daß sämtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Zeitpunkt noch nicht getilgt seien und auch nicht der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterlägen. Da sohin ein Gewerbeausschlußgrund im Sinn des § 13 Abs. 1 GewO 1973 vorliege und ein solcher zufolge § 28 leg. cit. der Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis ex lege entgegenstehe, müsse dem Anbringen des Beschwerdeführers der Erfolg versagt bleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht, "wonach ein Ausschlußgrund nach § 13 GewO nur angenommen werden darf, wenn nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist" bzw. im Recht, "eine Nachsicht von einem Ausschluß zu erhalten, wenn nach Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist", verletzt. Der Beschwerdeführer bringt hiezu vor, der Bescheid des Landeshauptmannes habe mehrere im Grunde des § 28 Abs. 1 GewO 1973 relevante Gründe herangezogen, nicht jedoch einen Ausschließungsgrund im Sinn des § 13 Abs. 1 GewO 1973. Der angefochtene Bescheid der belangten Behörde gehe weder auf die vom Landeshauptmann herangezogenen Ablehnungsgründe noch auf das hiezu erstattete Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers ein, sondern stütze sich ausschließlich darauf, daß eine Strafregisterauskunft ergeben habe, es lägen drei ungetilgte strafgerichtliche Verurteilungen vor, die einen Ausschließungsgrund im Sinne des § 13 GewO 1973 darstellten. Es dürfe nicht übersehen werden, daß strafrechtliche Verurteilungen nach der im Zeitpunkt der Entscheidung des Landeshauptmannes geltenden Rechtslage nur dann eine Ausschließung nach sich gezogen hätten, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten gewesen wäre. Durch die Novellierung der GewO 1973 sei vor Ergehen des angefochtenen Bescheides die Rechtslage geändert worden. Allerdings sei auch § 26 GewO 1973 novelliert worden; nach dieser Bestimmung habe nunmehr die Behörde im Falle eines Ausschlusses gemäß § 13 GewO 1973 von diesem Ausschluß eine Nachsicht zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten sei. Die Behörde habe bei Vorliegen der Voraussetzungen die Nachsicht zu erteilen. Die belangte Behörde hätte daher im Rahmen des Berufungsverfahrens von Amts wegen die Frage prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für eine Nachsicht gemäß § 26 GewO 1973 vorgelegen seien. Darüber hinaus liege eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, weil dem Beschwerdeführer anläßlich der Beischaffung der Strafregisterbescheinigung die Möglichkeit, eine Nachsicht gemäß § 26 GewO 1973 zu beantragen, hätte eingeräumt werden müssen.

Gemäß § 1 Abs. 3 Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 63/1952 in der Fassung BGBl. Nr. 630/1982, gilt für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, die GewO 1973. Gemäß § 5a Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz ist die Befähigung durch Zeugnisse über eine mindestens vierjährige fachliche Tätigkeit in dem jeweils angestrebten Gewerbe selbst oder in einem dem Gewerbe fachlich nahestehenden Berufszweig sowie über eine erfolgreich abgelegte Prüfung vor einer Kommission nachzuweisen.

§ 18 Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993 lautet:

"Am Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993 anhängige Verfahren sind nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 126/1993, geltenden Rechtslage zu Ende zu führen."

Der von einer - monokratischen - Verwaltungsbehörde gemäß § 58 Abs. 2 AVG gefaßte Spruch eines Bescheides hat der im Zeitpunkt seiner Erlassung bestehenden Rechtslage zu entsprechen. Welche Rechtslage für die Entscheidung maßgeblich ist, ist dem materiellen Recht zu entnehmen. Soweit keine Übergangsbestimmungen bestehen, hat im allgemeinen auch die Rechtsmittelbehörde das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides geltende Recht - auch im Falle einer Änderung einer Rechtslage während des Berufungsverfahrens - anzuwenden (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 94/04/0151).

Gemäß Art. IV Abs. 1 der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, trat dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 1993 - soweit in den hier nicht in Betracht kommenden Fällen der Abs. 2 bis 7 nichts anderes bestimmt ist - in Kraft, ohne daß das Gesetz für anhängige Verwaltungsverfahren eine besondere Übergangsregelung vorsieht.

Gemäß § 13 Abs. 1 Gew0 1973 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist, noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des TilgG 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt. Dies gilt auch dann, wenn mit dem angeführten Ausschlußgrund vergleichbare Tatbestände im Ausland verwirklicht wurden.

Gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 darf die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nur erteilt werden, wenn keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen.

Mit dem Beschwerdevorbringen wird die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht dargetan.

Vorweg sei bemerkt, daß der angefochtene Bescheid am 14. März 1994 und sohin vor Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 222/1994 (24. März 1994) erlassen worden ist. Die Zuständigkeit der belangten Behörde war daher gegeben (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zl. 94/03/0283).

Die Beschwerde zieht die von der belangten Behörde festgestellten strafgerichtlichen Verurteilungen nicht in Zweifel, sie bestreitet auch nicht, daß diese Verurteilungen weder getilgt sind noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister gemäß § 6 TilgG unterliegen. Da solcherart die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Ausschlußgrundes nach § 13 Abs. 1 GewO 1973 gegeben sind, steht dies nach dem klaren Wortlaut des § 28 Abs. 1 GewO 1973 der Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis entgegen.

Es bildet keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit dem im Zuge des Verwaltungsverfahrens vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen zu den übrigen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 GewO 1973 nicht weiter auseinandergesetzt hat.

Eine Nachsicht des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1973 ist zwar im § 26 Abs. 1 leg. cit. vorgesehen, eine derartige Nachsichtserteilung bedürfte jedoch eines darauf ausgerichteten Antrages. Die Nachsicht von den Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 26 bis 28 GewO 1973) ist, wie sich insbesondere aus § 346 Abs. 2 GewO 1973 ergibt, ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1975, Zl. 1781/74). An dieser Rechtslage hat auch die Gewerberechtsnovelle 1992 nichts geändert. Daß aber etwa ein Nachsichtsansuchen im Grunde des § 28 GewO 1973 auch (bereits) ein solches im Grunde des § 26 GewO 1973 in sich schließen würde, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, zumal § 346 Abs. 1 GewO 1973 hinsichtlich bestimmter Gewerbe eine unterschiedliche Zuständigkeit für Nachsichten nach § 26 GewO 1973 einerseits und solche nach § 28 leg. cit. andererseits vorsieht. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Fall einen Antrag auf Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung nicht gestellt. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer - die Strafregisterauskunft ist ihm im Verwaltungsverfahren vorgehalten worden - zur Stellung eines solchen Antrages nach § 26 Abs. 1 GewO 1973 aufgefordert hätte werden müssen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994030277.X00

Im RIS seit

06.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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