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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §6 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der 1. ZM,
2. MM, 3. AM und 4. IM in N, alle vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 23. Februar 1995, Zlen. 110.959/2-III/11/94, 110.959/3-III/11/94, 110.959/4-III/11/94
und 110.959/5-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 23. Februar 1995 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Verlängerung von Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG, BGBl. Nr. 466/1962, idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) abgewiesen.
Begründet wurden die angefochtenen Bescheide damit, daß die bisherige Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführer am 2. Dezember 1994 geendet habe und ihr Antrag auf Verlängerung am 8. November 1994 gestellt worden sei. Gemäß § 6 Abs. 3 AufG seien Anträge auf Verlängerung spätestens vier Wochen vor Ablauf der Geltungsdauer einer Bewilligung zu stellen. Die Beschwerdeführer hätten ihren Verlängerungsantrag daher spätestens am 4. November 1994 stellen müssen. Die erst am 8. November 1994 eingebrachten Anträge seien verspätet. Bei der in § 6 Abs. 3 AufG normierten Frist handle es sich um eine Fallfrist, die der Behörde keinen Ermessensspielraum einräume. Eine Auseinandersetzung mit den Angaben der Beschwerdeführer wäre nur dann zulässig gewesen, wenn sie gleichzeitig mit ihrem Antrag auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 71 AVG gestellt hätten. Auf das Berufungsvorbringen sei - auch im Zusammenhang mit ihren persönlichen Verhältnissen - nicht weiter einzugehen gewesen.
2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit beantragt wird.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der vorliegenden Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde unbestritten, daß die Geltungsdauer der Aufenthaltsbewilligungen der Beschwerdeführer jeweils am 2. Dezember 1994 endete, und die Anträge auf Verlängerung dieser Bewilligungen
am 8. November 1994 gestellt worden seien. Bei dieser Sachlage ist der belangten Behörde angesichts des § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes in der hier maßgeblichen Fassung kein Vorwurf zu machen, wenn sie die Anträge der Beschwerdeführer auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abwies. Die Versäumung der in diesen Gesetzesstellen mit den Worten "jedenfalls spätestens vier Wochen" normierten Frist hat nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Verlust des Anspruches auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zur Folge (vgl. die Erkenntnisse vom 17. November 1994, Zl. 94/18/0748 und vom 17. Mai 1995, Zl. 95/21/0495). Ein dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94, entsprechender Sachverhalt lag angesichts des nach Ausweis der Verwaltungsakten erst seit März 1993 in Österreich bestehenden Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet nicht vor. Vorliegend bewirken auch spezifische private oder familiäre Interessen der Beschwerdeführer die Begründetheit ihrer Anträge nicht. Dies enthebt freilich die Behörde im Falle einer auf § 17 Abs. 1 FrG gestützten Ausweisung der Beschwerdeführer nicht der Verpflichtung, deren private und familiäre Interessen gemäß § 19 FrG zu berücksichtigen.
2. Die Beschwerde wirft der Behörde der ersten Instanz vor, sie habe in der Rechtsmittelbelehrung der von ihr erlassenen Bescheide nicht angeführt, daß den Beschwerdeführern neben der Möglichkeit der Erhebung von Berufungen auch die Geltendmachung von Wiedereinsetzungsgründen gegen die Versäumung der als Fallfrist zu beurteilenden vierwöchigen Frist gemäß § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes möglich sei.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde schon deswegen keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf, weil gegen die Versäumung der in § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes in der hier maßgeblichen Fassung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG angesichts des Wortlautes des § 6 Abs. 3 erster Satz, zweiter Halbsatz AufG ("Anträge sind jedenfalls spätestens vier Wochen vor diesem Zeitpunkt zu stellen"), nicht in Betracht kommt (vgl. dazu auch die oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Die Beschwerde verweist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1994, Zl. 93/01/1117, mit welchem der Verwaltungsgerichtshof offenkundig zum Ausdruck gebracht habe, daß einem ausländischen - in Schubhaft befindlichen - Asylwerber in Unkenntnis der Rechtslage ein Rechtsbeistand zuzuerkennen sei und dessen Nichtgewährung bei Fristversäumung eine Wiedereinsetzung rechtfertige. Eine Übertragung des in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedankens auf den vorliegenden Fall ergebe, daß die Behörde erster Instanz die Beschwerdeführer zu Unrecht nicht über die Möglichkeit der Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages gegen die Versäumung der Frist gemäß § 6 Abs. 3 AufG belehrt habe.
Auch durch dieses Vorbringen wird die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide schon deswegen nicht dargetan, weil gegen die Versäumung der in § 6 Abs. 3 AufG in der hier maßgeblichen Fassung normierten Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt.
4. Die Beschwerde wirft der belangten Behörde weiters vor, daß die Behörde erster Instanz die Erstbeschwerdeführerin anläßlich ihrer Vorsprache am 3. November 1994 darauf hinweisen hätte müssen, daß sie ihre Anträge fristgerecht spätestens am darauffolgenden Tag hätte einreichen müssen.
Auch dieser - offensichtlich auf die Verletzung der Manuduktionspflicht des § 13a AVG abzielende - Beschwerdevorwurf ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil § 13a AVG nur die Hilfestellung in verfahrensrechtlicher Hinsicht betrifft. Selbst wenn er aber berechtigt wäre, hätten die Beschwerdeführer jedenfalls - und unbestrittenermaßen - die in § 6 Abs. 3 AufG normierte Frist versäumt.
5. Die Beschwerde hält die angefochtenen Bescheide schließlich deswegen für rechtswidrig, weil die Beschwerdeführer bereits in ihrer Berufung vorgebracht hätten, daß sie von der Behörde erster Instanz zu Unrecht nicht darauf aufmerksam gemacht worden seien, daß ihre Anträge fristgerecht spätestens am 4. November 1994 zu stellen seien. Dieses Vorbringen habe die belangte Behörde zu Unrecht nicht als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist gemäß § 6 Abs. 3 AufG gewertet.
Auch zu diesem Vorbringen ist die Beschwerde darauf zu verweisen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist des § 6 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes in der hier maßgeblichen Fassung nicht in Betracht kommt (vgl. die oben genannte Rechtsprechung). Auch wenn das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu qualifizieren gewesen wäre, wurden die Beschwerdeführer deswegen durch die angefochtenen Bescheide jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt, weil diese Anträge nur zurückgewiesen hätten werden können. Im Hinblick auf das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 23. Oktober 1986, VwSlg. 12.275/A, durfte die belangte Behörde jedenfalls unabhängig von anhängigen Wiedereinsetzungsanträgen, sogleich aufgrund der Aktenlage entscheiden.
6. Inwieweit den Beschwerdeführern im Falle der Bezeichnung ihrer Anträge nicht als "Verlängerungsantrag", sondern als "Neuantrag" im Sinne des § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG eine Bewilligung zu erteilen gewesen wäre (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0390), war vorliegend nicht zu beurteilen.
7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210522.X00Im RIS seit
11.07.2001