TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/20 96/21/0063

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Veröffentlicht am 20.03.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §56;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des D in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 22. Dezember 1995, Zl. Fr-5775/1/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 22. Dezember 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und 7 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein bis 9. November 2005 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei Fremder und wiederholt durch inländische Gerichte rechtskräftig verurteilt worden, und zwar mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18. Mai 1993 wegen §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 130, 229 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten (bedingt nachgesehen auf drei Jahre), mit Urteil desselben Gerichtes vom 15. März 1994 wegen der §§ 142 Z. 1, 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2, 129 Z. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten (davon 12 Monate bedingt nachgesehen auf drei Jahre) und schließlich mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 2. Februar 1995 wegen der §§ 127, 130, 229 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (bedingt nachgesehen auf drei Jahre). Demnach lägen beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG vor und sei die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt. Des weiteren sei der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht gesichert, weshalb auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle zwar einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers dar, jedoch sei es angesichts der aufgezeigten Verurteilungen dringend geboten, dem Beschwerdeführer zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK angeführten Ziele (Aufrechterhaltung der Ordnung und Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen) die Aufenthaltsberechtigung zu entziehen. Da es sich beim Beschwerdeführer um einen "unbelehrbaren Rechtsbrecher" handle, der eine feststehende Neigung zur wiederholten Begehung von schweren strafbaren Handlungen aufweise, führe die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zum Ergebnis, daß die nachteiligen Folgen bei Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Beeinträchtigungen für die Lebenssituation des Beschwerdeführers überwögen.

Auch § 20 Abs. 2 FrG stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen, weil die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 vor der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits wegen der Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht Salzburg vom 18. Mai 1993 wegen der §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, 130, 229 Z. 1 StGB nicht gegeben gewesen seien. Die Verurteilung wegen dieser Vorsatzdelikte, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckten, zeige auf, daß der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle und keine Gewähr für eine bejahende Einstellung zur Republik Österreich böte. Da der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum nicht gesichert gewesen sei, hätte auch die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer tritt der - zutreffenden - Auffassung der belangten Behörde, daß die angeführten Verurteilungen den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllen, die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 leg. cit. dringend geboten sei, nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht konkret gegen die von der belangten Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung. Er hält allerdings die Annahme der belangten Behörde, es sei auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt, für rechtswidrig, weil die belangte Behörde dazu keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen habe. Die Hauptargumentation der Beschwerde gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes besteht darin, daß die belangte Behörde § 20 Abs. 2 FrG unrichtig angewendet habe. Entgegen der Auffassung im angefochtenen Bescheid erfülle der - in Österreich geborene und seither hier aufhältige - Beschwerdeführer die Voraussetzungen zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Gemäß § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz hätte dem Beschwerdeführer die Staatsbürgerschaft lediglich dann nicht verliehen werden dürfen, wenn dieser durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden wäre, wobei als weitere Voraussetzung zu prüfen gewesen sei, ob der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers hinreichend gesichert sei oder er sich allenfalls ohne sein Verschulden in einer finanziellen Notlage befinde. Da die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB durch das Landesgericht Salzburg vom 15. März 1994 unter Heranziehung des § 5 Z. 4 JGG erfolgt sei - der Beschwerdeführer sei damals Jugendlicher gewesen -, habe die sonst bei Erwachsenen bestehende Obergrenze der Strafdrohung von bis zu zehn Jahren im Falle des Beschwerdeführers lediglich bis zu fünf Jahren betragen. Damit sei die Grenze des § 20 Abs. 2 FrG nicht überschritten worden. Hinsichtlich der Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG habe die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen angestellt, weshalb der Bescheid auch infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben sei.

§ 20 Abs. 2 FrG hat folgenden Wortlaut:

"Ein Aufenthaltsverbot darf außerdem nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre auf § 18 Abs. 2 Z. 1 zu gründen, weil der Fremde wegen einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verurteilt worden ist."

Ob der Fremde im Falle der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG wegen einer mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung verurteilt worden ist, ist demnach eine erst nach Bejahung der Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 zu stellende Frage. Unabdingbare Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 ist nach § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit., auf den die belangte Behörde erkennbar Bezug genommen hat, die Tatsache, daß der Fremde nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob diese Verleihungsvoraussetzung gegeben ist, ist nach hg.

Rechtsprechung jener der Rechtskraft der vorletzten der rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0533, und vom 17. November 1994, Zl. 93/18/0271, sowie insbesondere das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0372). Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die Auffassung der belangten Behörde nicht rechtswidrig, daß § 20 Abs. 2 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe, weil beim Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 bereits aufgrund seiner Verurteilung vom 18. Mai 1993 nicht erfüllt war, da der Beschwerdeführer danach nicht Gewähr dafür bot, daß er keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle, und ein Aufenthaltsverbot auch allein im Hinblick auf das seiner zweiten Verurteilung zugrundeliegende Fehlverhalten erlassen werden durfte.

Damit bedarf es keines weiteren Eingehens auf das weitere Vorbringen im Zusammenhang mit § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996210063.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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