TE Lvwg Erkenntnis 2022/8/29 LVwG-S-2333/001-2022

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Veröffentlicht am 29.08.2022
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Entscheidungsdatum

29.08.2022

Norm

AWG 2002 §80
  1. AWG 2002 § 80 heute
  2. AWG 2002 § 80 gültig ab 21.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 103/2013
  3. AWG 2002 § 80 gültig von 16.02.2011 bis 20.06.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 9/2011
  4. AWG 2002 § 80 gültig von 12.07.2007 bis 15.02.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2007
  5. AWG 2002 § 80 gültig von 01.01.2005 bis 11.07.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 155/2004
  6. AWG 2002 § 80 gültig von 02.11.2002 bis 31.12.2004

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter MMag. Horrer über die Beschwerde des Herrn A gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 11. Juli 2022, Zl. ***, betreffend eine Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG Folge gegeben und dieses Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach aufgehoben.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG eine ordentliche Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (im Folgenden: belangte Behörde) vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dem Vorbringen des Herrn A (im Folgenden: Beschwerdeführer) ergibt sich für das Beschwerdeverfahren im Wesentlichen folgender relevanter Sachverhalt:

Herr B wurde am 10. März 2021, um 08:56 Uhr, im Gemeindegebiet der Stadtgemeinde *** auf der *** bei Strkm ***, in Fahrtrichtung *** mit seinem Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen *** (H) samt dem Sattelanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen *** von Beamten der Autobahnpolizeiinspektion *** einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle unterzogen und stellten diese bei dieser Kontrolle fest, dass Herr B zu diesem Zeitpunkt eine grenzüberschreitende Verbringung eines Abfalles der grünen Liste in Form von 15.830 kg Kunststoffabfällen von Österreich nach Tschechien durchführte, die von der C AG veranlasst wurde. Bei der Kontrolle des Anhang VII-Formulars der EG-Verbringungs-VO wurde von den Kontrollbeamten festgestellt, dass unter Punkt 5b) 2) der weitere Transportunternehmer nicht angegeben war, weshalb kein den Vorschriften der EG-Verbringungs-VO entsprechendes Anhang VII-Formular mitgeführt wurde, weshalb diese diesbezüglich bei der belangten Behörde eine Anzeige erstattet haben.

In der Folge forderte die belangte Behörde die C AG, ***, *** auf, den verantwortlichen Beauftragten bekannt zu geben und teilte die C AG in ihrer Antwort vom 25. Oktober 2021 mit, dass der Beschwerdeführer, p.A. C AG, ***, *** der verantwortliche Beauftragte ist.

In der Folge erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer sodann die Strafverfügung vom 17. Dezember 2021, Zl. ***, in welchem sie ihm dieselbe Verwaltungsübertretung anlastete und über ihn dieselbe Verwaltungsstrafe verhängte wie im angefochtenen Straferkenntnis.

Aufgrund seines rechtzeitig erhobenen Einspruches gegen diese Strafverfügung erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer sodann das Straferkenntnis vom 11. Juli 2022, Zl. ***, in welchem sie ihm folgende Verwaltungsübertretung anlastete und über ihn folgende Verwaltungsstrafe verhängte:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:   10.03.2021, 08:56 Uhr

Ort:    Gemeindegebiet *** auf der Autobahn *** nächst Strkm. *** Richtung: ***

Fahrzeug: ***; ***, Sattelanhänger, Sattelzugfahrzeug

Tatbeschreibung:

Sie haben es als gemäß § 9 Abs 1 VStG Verantwortlicher des Unternehmens C AG, mit Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass dieses als die der Gerichtsbarkeit des Versandstaates unterliegende Person, die die Verbringung veranlasste, bei der Verbringung von 15.830 kg Kunststoffabfällen, einem in der Grünen Abfallliste angeführten Abfall, grenzüberschreitend aus Österreich nach Tschechien entgegen Art 18 EG-VerbringungsV nicht sichergestellt hat, dass die erforderliche Angabe, nämlich die Bezeichnung des weiteren Transportunternehmers (Punkt 5b) 2) auf dem nach dem Muster des Anhanges VII der EG-VerbringungsV mitzuführendem Informationsblatt, mitgeführt wurden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 79 Abs 3 Z 13a Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG), BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 71/2019 iVm Art 18 EG-VerbringungsV, ( VO (EG) Nr 1013/2006)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Gemäß § 79 Abs 3 Z 13a AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002 idF BGBl I Nr 71/2019, eine Geldstrafe von € 100,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro      € 10,00

Gesamtbetrag:         € 110,00.“

Nach Darstellung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes und der angewendeten Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass feststeht, dass die C AG die Verbringung des verfahrensgegenständlichen Abfalles der grünen Liste grenzüberschreitend von Österreich nach Tschechien veranlasst hat, wobei 15.830 kg Kunststoffabfälle verbracht wurden. Auf dem mitzuführenden Informationsblatt war die Bezeichnung des weiteren Transportunternehmers nicht angeführt. Ebenso steht fest, dass der Beschwerdeführer der nach § 9 VStG Verantwortliche der C AG ist. Nicht festgestellt werden kann, ob sich die D GmbH eines weiteren Subunternehmers bediente und ob dies dem zivilrechtlichen Vertrag zwischen der C AG und der D GmbH widerspricht. Da im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Autobahnpolizeiinspektion *** die erforderlichen Angaben nicht vorgewiesen werden konnten, ist der objektive Tatbestand erfüllt. Ein Durchschlagen der zivilrechtlichen Regelungen in das Verwaltungsrecht wird verneint, somit waren die vertraglichen Gegebenheiten seitens der Behörde nicht zu prüfen.

Hinsichtlich des Verschuldens verwies die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG und nahm sie beim Beschwerdeführer ein fahrlässiges Handeln an; ein Entlastungsbeweis ist ihm nicht gelungen.

Bei der Strafbemessung ging sie von einem durchschnittlichen Monatsnettoeinkommen von € 2.500,00, keinem nennenswerten Eigentum und von keinen Sorgepflichten aus; mildernd berücksichtigte sie seine Unbescholtenheit, erschwerend nichts.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde behauptete der Beschwerdeführer im Wesentlichen, dass die C AG für die verfahrensgegenständliche Verbringung die D GmbH mit dem Transport beauftragt hat; wird ein Dritter beauftragt, so haftet er nur für Auswahl- und Überwachungsverschulden.

Da im gegenständlichen Fall ein Fachunternehmen mit dem verfahrensgegenständlichen Transport beauftragt wurde, scheidet ein Auswahlverschulden aus, da es bei der langjährigen Zusammenarbeit mit der D GmbH bisher zu keinen Rechtsverletzungen gekommen ist. Im gegenständlichen Fall hat die D GmbH entgegen der vertraglichen Vereinbarung und ohne sein Wissen einen weiteren Subunternehmer, nämlich die E, mit dem Transport beauftragt.

Da er im Unternehmen auch ein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet hat, kommt ihm auch kein Überwachungsverschulden zu.

Des Weiteren behauptete er, dass im gegenständlichen Fall gemäß § 80 Abs. 1 AWG 2002 der Tatort nicht der Ort der Anhaltung, sondern der Sitz der C GmbH ist, sodass die belangte Behörde zur Erlassung des verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisses unzuständig ist.

Ebenso enthält das angefochtene Straferkenntnis eine falsche Tatzeit, da die Bestimmung des § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 iVm Art. 18 der EG-Verbringungs-VO auf das „Veranlassen“ abstellt. Diese Veranlassung hätte aber schon vor Beginn der verfahrensgegenständlichen Verbringung stattfinden müssen, weshalb es daher ausgeschlossen ist, dass er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung zur angegebenen Tatzeit (während der Kontrolle) bzw. am angegebenen Tatort (auf der Autobahn ***) begangen hat, sodass als Tatzeit spätestens der Zeitpunkt kurz vor dem Beginn des Transportes heranzuziehen wäre.

Weiters behauptete der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde auch die Präzisierung der Abfallart bzw. der verfahrensgegenständlichen Kunststoffabfälle in rechtswidriger Weise unterlassen hat, da diese nicht festgestellt hat, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen verbrachten Abfällen um solche im Sinne des Art. 3 Abs. 2 und 4 EG-Verbringungs-VO gehandelt hat, da nur diese dem Art. 18 der EG-Verbringungs-VO unterliegen, sodass § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 iVm Art. 18 der EG-Verbringungs-VO nur bei bestimmten Abfällen einschlägig ist.

Weiters behauptete der Beschwerdeführer, dass im gegenständlichen Fall gar keine grenzüberschreitende Verbringung von Österreich nach Tschechien stattgefunden hat, was sich bereits in denklogischer Weise aus der Anhaltung in Fahrtrichtung *** ergibt. Allenfalls könnte im verfahrensgegenständlichen Transport ein Versuch der Verbringung nach Tschechien gesehen werden, wobei dieser gemäß § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 iVm § 80 Abs. 1 AWG 2002 nicht strafbar ist.

Des Weiteren behauptete der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde auch nicht erhoben hat, welches Unternehmen den verfahrensgegenständlichen Transport durchgeführt hat und ob das Anhang VII-Formular der EG-Verbringungs-VO überhaupt falsch ausgefüllt wurde, zumal sich aus der verfahrenseinleitenden Anzeige lediglich ergibt, dass der Sattelanhänger auf die F GmbH zugelassen war. Hinsichtlich des Sattelzugfahrzeuges konnte der Zulassungsbesitzer nicht erhoben werden, sodass sich daher aus den Erhebungen und der Begründung im Straferkenntnis nicht ergibt, welches Unternehmen den Transport durchgeführt hat und ob das Anhang VII-Formular der EG-Verbringungs-VO überhaupt falsch ausgefüllt wurde.

Schließlich beantragte der Beschwerdeführer u.a. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses.

Das Landesverwaltungsgericht hält zu diesem Sachverhalt rechtlich folgendes fest:

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 42 VwGVG darf aufgrund einer vom Beschuldigten oder aufgrund einer zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde in einem Erkenntnis oder in einer Beschwerdevorentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid gemäß § 27 VwGVG auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

In seinem Verfahren hat das Verwaltungsgericht - soweit sich nicht aus dem VwGVG anderes ergibt - die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, in Verwaltungsstrafsachen jene des VStG mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§§ 17, 38 VwGVG).

Gemäß § 9 Abs. 2 VStG 1991 sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom (14. Juni 2006) über die Verbringung von Abfällen unterliegt die beabsichtigte Verbringung von Abfällen im Sinne des Artikels 3 Absätze 2 und 4 folgenden Verfahrensvorschriften:

a)  Damit die Verbringung solcher Abfälle besser verfolgt werden kann, hat die der Gerichtsbarkeit des Versandstaats unterliegende Person, die die Verbringung veranlasst, sicherzustellen, dass das in Anhang VII enthaltene Dokument mitgeführt wird.

b)  Das in Anhang VII enthaltene Dokument ist von der Person, die die Verbringung veranlasst, vor Durchführung derselben und von der Verwertungsanlage oder dem Labor und dem Empfänger bei der Übergabe der betreffenden Abfälle zu unterzeichnen.

Nach Abs. 2 dieses Artikels muss der in Anhang VII genannte Vertrag über die Verwertung der Abfälle zwischen der Person, die die Verbringung veranlasst, und dem Empfänger bei Beginn der Verbringung wirksam sein und für den Fall, dass die Verbringung oder Verwertung der Abfälle nicht in der vorgesehenen Weise abgeschlossen werden kann oder dass sie als illegale Verbringung durchgeführt wurde, für die Person, die die Verbringung veranlasst, oder, falls diese zur Durchführung der Verbringung oder der Verwertung der Abfälle nicht in der Lage ist (z. B. bei Insolvenz), für den Empfänger die Verpflichtung enthalten,

a)  die Abfälle zurückzunehmen oder deren Verwertung auf andere Weise sicherzustellen und

b)  erforderlichenfalls in der Zwischenzeit für deren Lagerung zu sorgen.

Der betreffenden zuständigen Behörde ist auf Ersuchen von der Person, die die Verbringung veranlasst, oder vom Empfänger eine Kopie dieses Vertrages zu übermitteln.

Nach Abs. 3 dieses Artikels können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Kontrolle, Durchsetzung, Planung und statistischen Erhebung nach nationalem Recht die in Absatz 1 genannten Informationen über Verbringungen anfordern, die von diesem Artikel erfasst werden.

Nach Abs. 4 dieses Artikels sind die in Absatz 1 genannten Informationen vertraulich zu behandeln, sofern dies nach Gemeinschafts- und nationalem Recht erforderlich ist.

Gemäß § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 400 € zu bestrafen ist, wer entgegen § 15 Abs. 9 oder § 69 Abs. 10 oder entgegen Art. 18 der EG-VerbringungsV nicht sichergestellt hat, dass die erforderlichen Angaben mitgeführt, vorgewiesen oder übermittelt werden.

Gemäß § 80 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002 gilt in den Fällen des § 79 Abs. 1 Z 15a oder 15b, § 79 Abs. 2 Z 18, 19, 22 oder 26 und § 79 Abs. 3 Z 13, 13a, 14, 15, 16 oder 17 als Tatort der Sitz oder die Hauptniederlassung des Unternehmens; sofern kein Sitz oder keine Hauptniederlassung des Unternehmens im Inland gegeben ist, die Zweigniederlassung des Unternehmens; im Fall mehrerer Zweigniederlassungen die früheste Zweigniederlassung; sofern keine Niederlassung im Inland gegeben ist, der Ort der Anhaltung; sofern keine Anhaltung im örtlichen Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes erfolgt, der Ort des Grenzübertritts.

Für das erkennende Gericht ergeben sich aufgrund des unbedenklichen Inhaltes des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafaktes und dem Vorbringen des Beschwerdeführers für das gegenständliche Gerichtsverfahren im Wesentlichen folgende Feststellungen und rechtliche Beurteilungen:

Aufgrund des Inhaltes des von der belangten Behörde erlassenen und nunmehr vom Beschwerdeführer angefochtenen Straferkenntnisses steht unbestritten fest, dass sie den Beschwerdeführer als gemäß § 9 Abs. 1 VStG Verantwortlichen des Unternehmens C AG deswegen bestraft hat, weil er zu verantworten hat, dass dieses als die der Gerichtsbarkeit des Versandstaates unterliegende Unternehmen veranlasst hat, 15.830 kg Kunststoffabfälle, einem in der Grünen Abfallliste angeführten Abfall, am 10. März 2021 grenzüberschreitend aus Österreich nach Tschechien zu verbringen, wobei er bei dieser Verbringung entgegen Art. 18 der EG-Verbringungs-VO nicht sichergestellt hat, dass die erforderliche Angabe, nämlich die Bezeichnung des weiteren Transportunternehmers gemäß Punkt 5b) 2) auf dem Anhang VII-Formular der EG-Verbringungs-VO nicht mitgeführt wurde, wodurch er die Rechtsvorschriften des § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 iVm Art. 18 EG-Verbringungs-VO verletzt hat.

Als Tatzeit hat sie den Kotrollzeitpunkt am 10. März 2021, um 08:56 Uhr, und als Tatort den Ort der Anhaltung im Gemeindegebiet der Stadtgemeinde ***, auf der Autobahn ***, nächst Strkm. ***, in Fahrtrichtung ***, angegeben.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer gemäß § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 ebenso unbestritten eine Geldstrafe von € 100,00, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden.

Von der belangten Behörde wurde im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als Tatort für das Nichtmitführen eines korrekt ausgefüllten Anhang VII-Formulars der EG-Verbringungs-VO der Ort der Anhaltung im Gemeindegebiet der Stadtgemeinde ***, auf der Autobahn ***, nächst Strkm. ***, in Fahrtrichtung ***, herangezogen und hat sie von diesem Ort der Anhaltung offensichtlich gemäß § 27 VStG ihre örtliche Zuständigkeit abgeleitet und das verfahrensgegenständliche angefochtene Straferkenntnis erlassen.

Wie aus dem zweiten Satz der zuvor wörtlich zitierten Bestimmung des § 80 Abs. 1 AWG 2002 hervorgeht, bestimmt diese, dass bei einer Übertretung der Bestimmung des § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 als Tatort der Sitz oder die Hauptniederlassung des Unternehmens gilt. Der Tatort der dem Beschwerdeführer verfahrensgegenständlichen angelasteten Verwaltungsübertretung ist daher im gegenständlichen Fall nicht der Ort der Anhaltung, sondern vielmehr der Sitz der C GmbH, welcher ohne Zweifel im Inland liegt.

Die Bestimmung des § 79 Abs. 3 Z. 13a AWG 2002 wurde mit BGBl. I Nr. 9/2011 statuiert und wurde dementsprechend gleichzeitig auch die Bestimmung des § 80 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002 entsprechend abgeändert, wobei in den ErlRV 1005 BlgNR XXIV. GP, S. 30 hiezu festgehalten wurde, dass durch die Teilung des Straftatbestandes in § 79 Abs. 3 Z. 13 und Z. 13a AWG 2002 klargestellt wird, dass bei einer grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen der Grünen Liste nicht nur der Transporteur, sondern auch die Person, die die Verbringung veranlasst hat, für das nicht zur Verfügung stellen der erforderlichen Angaben bestraft werden kann, wobei zur Erleichterung des Vollzugs die Zuständigkeit der Strafbehörde analog zur im AWG 2002 enthaltenen Tatortbestimmung (§ 80 Abs. 1) auch für Formalvergehen bei der Verbringung Anwendung findet.

Da im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren unbestritten ist, dass die C GmbH im Bezirk Mistelbach keinen Sitz und auch keine Niederlassung hat, war die belangte Behörde gemäß § 80 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002 somit zur Erlassung ihres verfahrensgegenständlichen angefochtenen Straferkenntnisses örtlich unzuständig, sodass sie durch ihr angefochtenes Straferkenntnis auf Verfassungsebene das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (vgl. u.a. VfSlg. 4730, sowie VfSlg. 5685) und auf einfach gesetzlicher Ebene das Recht auf die Einhaltung der Zuständigkeitsordnung (vgl. u.a. VwGH vom 25. September 1989, Zlen. 88/10/0030, 0090, sowie VwGH vom 20. September 2012, Zl. 2011/07/0149) und dadurch den Beschwerdeführer in seinen diesbezüglichen Rechten verletzt hat, weshalb der Beschwerde des Beschwerdeführers Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis vom erkennenden Gericht aufzuheben war. Dass die belangte Behörde außerhalb des in § 80 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002 normierten Zuständigkeitsbereiches, und demnach als unzuständige Behörde, eingeschritten ist und das angefochtene Straferkenntnis erlassen hat, belastet ihre behördliche Erledigung mit einem durch das erkennende Gericht nicht sanierbaren Rechtsmangel.

Da die belangte Behörde zur Erlassung ihres angefochtenen Straferkenntnisses unzuständig war, war dieses vom erkennenden Gericht somit spruchgemäß aufzuheben (vgl. u.a. VwGH vom 28. Jänner 2016, Zl. Ra 2015/07/0140), ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war und ohne eine inhaltliche Entscheidung zu treffen, zumal das erkennende Gericht in dem Fall, in dem eine unzuständige Behörde entschieden hat, diese Unzuständigkeit wahrzunehmen und lediglich diese Entscheidung zu beheben hat; eine anstelle dessen erfolgte Entscheidung des Gerichtes in der Sache würde diese mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belasten (vgl. u.a. VwGH vom 10. Juni 2015, Zl. Ra 2015/11/0005, sowie VwSlg. 19.289 A/2016, sowie VwGH vom 21. November 2019, Zl. Ra 2018/10/0050, sowie VwGH vom 29. Oktober 2020, Zl. Ra 2018/11/0129).

Der wegen Unzuständigkeit der Strafbehörde ausgesprochenen ersatzlosen Aufhebung eines Straferkenntnisses kommt somit nicht die Wirkung der Einstellung des Strafverfahrens zu (vgl. auch Nikolaus Raschauer, in Raschauer/Wessely [Hrsg], Kommentar zum Verwaltungsstrafgesetz, § 27 VStG2, Rz 4, mit Hinweis auf VwGH vom 8. Oktober 1992, Zl. 92/18/0391).

Gemäß § 44 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle entfällt die Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass das mit Beschwerde angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchpunkt 2.:

Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es vorliegend bloß die Tatsache zu klären galt, ob die belangte Behörde für die Bestrafung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat örtlich zuständig war, wobei die Beweiswürdigung auf jenen Grundsätzen aufbaut, wie sie in Lehre und Rechtsprechung anerkannt sind, und erfolgte auch die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der einheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Die Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, eine solche Rechtsprechung fehlt auch nicht und werden die zu lösenden Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch einheitlich beantwortet; die zu lösenden Rechtsfragen sind somit durch die bisherige Rechtsprechung und der eindeutigen Gesetzeslage (§ 80 Abs. 1 zweiter Satz AWG 2002) klargestellt.

Darüber hinaus betrifft die durchgeführte rechtliche Beurteilung lediglich den gegenständlichen Fall.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Tatort; Behörde; Zuständigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.S.2333.001.2022

Zuletzt aktualisiert am

27.10.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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