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19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. November 1994, Zl. 103.467/3-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 13 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 AufG i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer am 6. Juni 1991 wegen § 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m.
§ 14b Abs. 1 Z. 1 "FrG" (richtig: Fremdenpolizeigesetz), wegen
§ 22 Abs. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 40 Abs. 1 Paßgesetz 1969 und
gemäß § 53 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 367 Z. 17 Gewerbeordnung 1973 sowie am 8. März 1993 nach § 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 14b Abs. 1 Z. 1 "FrG" (richtig: Fremdenpolizeigesetz) rechtskräftig bestraft worden sei. Weiters stehe fest, daß sich der Beschwerdeführer seit 23. April 1994 ohne entsprechende Bewilligung, somit unerlaubt, in Österreich aufhalte. Daraus ergebe sich, daß der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, sich den österreichischen Rechtsvorschriften anzupassen; sein weiterer Aufenthalt in Österreich bedeute eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Es liege daher ein Sichtvermerksversagungsgrund vor und sei die beantragte Bewilligung gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 AufG i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG zu versagen. Auf die weiteren Einwendungen - auch im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers - sei angesichts dieses Sachverhaltes nicht mehr einzugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen, meint aber, es handle sich dabei um äußerst geringfügige Verwaltungsübertretungen, die mit seiner damaligen Situation - Unkenntnis der deutschen Sprache sowie der österreichischen Rechtslage, Kulturschock etc. - leicht erklärbar seien. Er habe die über ihn verhängten Strafen fristgerecht bezahlt.
Entgegen dieser Beschwerdemeinung und mit der belangten Behörde ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß das sich in den Gesetzesverstößen manifestierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers durchaus die Annahme rechtfertigt, daß sein Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde, zumal bereits der zweimalige Verstoß gegen das Fremdenpolizeigesetz diese Annahme in Ansehung der öffentlichen Ordnung (konkret: des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen) rechtfertigt.
Ungeachtet dessen ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Der Beschwerdeführer verweist darauf, daß er sozial integriert und berufstätig sei und in Österreich Familie mit zwei Kindern habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar in der Weise, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (siehe etwa das Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 95/21/0186). Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht nachgekommen, obwohl ihr nach Ausweis der Akten (Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 4. Juli 1994) die nunmehr auch in der Beschwerde geltend gemachten familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers bekannt waren.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung an Stempelgebühren lediglich S 270,-- (zwei Beschwerdeausfertigungen S 240,--, eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides S 30,--) zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210086.X00Im RIS seit
02.05.2001