TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/20 94/03/0113

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Veröffentlicht am 20.03.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §2 Abs2;
VStG §27 Abs1;
VStG §51 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 30. März 1994, Zl. UVS-7/16/1-1994, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Geschäftsführer und zwar zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. als Zulassungsbesitzerin unterlassen, auf schriftliches Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 26. Juni 1991, zugestellt am 2. Juli 1991, binnen zwei Wochen nach Zustellung, sohin bis längstens 16. Juli 1991 Auskunft darüber zu erteilen, wer das nach dem Kennzeichen bestimmte Kraftfahrzeug am 15. April 1991 um 17.22 Uhr in Wald am Schoberpaß an einer näher bezeichneten Örtlichkeit gelenkt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 VStG in Verbindung mit § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG 1967 eine Geldstrafe von S 8.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde erklärte in ihrer Gegenschrift vom 1. August 1994, daß der Verfahrensakt bei der Behörde erster Instanz (Bundespolizeidirektion Salzburg) nicht auffindbar sei und deshalb nicht vorgelegt werden könne. Es werde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde führte zur Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus, daß sich aus dem Verwaltungsakt keinerlei Hinweis dafür ergebe, der "Beschuldigtenvertreter" (so das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Berufung) habe selbst die Lenkerauskunft der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 16. Juli 1991 fristgerecht erteilt. Es sei "eigenartig", daß erst im Berufungsverfahren die Fotokopie eines Konzeptes der Auskunftserteilung an die Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 16. Juli 1991 vorgelegt worden sei. Der von der Rechtsanwaltskanzlei angebrachte Ausgangsstempel mit dem Datum 16. Juli 1991 sei noch kein Beweis dafür, daß das Schriftstück tatsächlich aufgegeben worden sei. Tatsache sei, daß eine Lenkerauskunft der Bezirkshauptmannschaft Leoben nicht zugekommen sei, sodaß die Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 als erwiesen anzunehmen sei.

Gemäß § 51 Abs. 1 VStG - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 620/1995 - steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz ergibt sich, daß darin ausdrücklich als anfragende Behörde die Bezirkshauptmannschaft Leoben ("... auf schriftliches Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 26.6.1991, zugestellt am 2.7.1991, ...") genannt war, welche nicht im Bereich der belangten Behörde (Unabhängiger Verwaltungssenat des Landes Salzburg) gelegen ist.

Die belangte Behörde hat im Ergebnis ihre Zuständigkeit bejaht und ist offensichtlich von der bisher vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Auffassung ausgegangen, wonach Tatort für die Übertretung nach § 103 Abs. 2 Satz 2 KFG 1967 der Wohnort des Beschwerdeführers bzw. der Zulassungsort des Kraftfahrzeuges sei, jedenfalls aber NICHT der Ort, an dem die anfragende Behörde ihren Sitz hat.

Von dieser Rechtsauffassung ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156, abgegangen und hat die Auffassung vertreten, Erfüllungsort der sich aus § 103 Abs. 2 KFG 1967 ergebenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung sei der Ort, an dem die geschuldete Handlung vorzunehmen sei, somit der Sitz der anfragenden Behörde. Dieser sei auch der Tatort der Unterlassung der Erteilung einer richtigen und rechtzeitigen Auskunft. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen.

Auch im vorliegenden Fall hatte die Strafbehörde erster Instanz im Spruch ihres Erkenntnisses ausdrücklich die anfragende Behörde, nämlich die Bezirkshauptmannschaft Leoben, genannt. Daraus folgt jedoch entgegen der Auffassung der belangten Behörde nach § 51 Abs. 1 VStG (in der vorhin genannten Fassung), daß die belangte Behörde für die Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Straferkenntnis nicht zuständig war.

Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines weiteren Eingehens auf das Beschwerdevorbringen bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994030113.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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