TE Vwgh Erkenntnis 1996/3/20 95/03/0331

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Veröffentlicht am 20.03.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §15 Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des L in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 12. September 1995, Zl. 17/113-3/1995, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 25. April 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 27. September 1994 um 18.15 Uhr auf der A 12, zwischen Weer und Vomp, Richtung Kufstein, einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw gelenkt und hiebei entgegen der Bestimmung des § 15 Abs. 1 StVO 1960 mehrere Fahrzeuge rechts überholt, sodaß der Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkws sein Fahrzeug stark habe abbremsen müssen. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 1.500,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 1995 wurde die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dahin modifiziert, daß er zu lauten habe wie folgt:

"Der Beschuldigte L hat am 27.09.1994 um 18.15 Uhr, auf der Inntalautobahn A 12, zwischen Weer und Vomp, in Richtung

Kufstein fahrend, mit dem Pkw, Kennzeichen ... den Pkw,

Kennzeichen ... rechts überholt."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ergebe sich, daß der Lenker des überholten Fahrzeuges zu einem starken Bremsmanöver genötigt worden sei und eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Tatbestandsverwirklichung des § 105 StGB in Frage komme, ist zu entgegnen, daß kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, der Vorsatz des Beschwerdeführers sei dahin gerichtet gewesen, den Lenker des überholten Fahrzeuges zu einem Abbremsen zu nötigen.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde das Verhalten des Beschwerdeführers nicht als "zulässiges Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten" qualifiziert habe, und die Erwägungen der belangten Behörde darüber, daß sie den Aussagen der Zeugen K und Freund mehr Glauben schenkte als den Ausführungen des Beschwerdeführers, in Zweifel zieht, ist ihm zu entgegnen, daß er damit inhaltlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis des verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) hat sich jedoch die diesbezügliche Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes nur auf die Vollständigkeit des ermittelten Sachverhaltes und die Schlüssigkeit der Beweiswürdigung zu erstrecken. Stichhältige Argumente dafür, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde in diesem Sinn mangelhaft wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat ihre Argumente zur Beweiswürdigung schlüssig und vollständig dargestellt, weshalb das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers für seinen Standpunkt nichts gewinnen läßt.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei der Tatort der als erwiesen angenommenen Übertretung nicht hinreichend bestimmt, kommt keine Berechtigung zu:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1989, Zl. 89/18/0113, 0114, uva.) wird der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er im Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z. 1 VStG genügt oder nicht, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen läßt. Hiebei darf das Erfordernis der Konkretisierung des Tatortes nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist in Verbindung mit der Tatzeitangabe zu sehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1991, Zl. 91/03/0111, uva.). Diesen Anforderungen wird der eingangs zitierte Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde gerecht. Eine punktförmige Angabe des Tatortes kommt beim gegenständlichen Überholvorgang schon begrifflich nicht in Betracht. Aus dem Akteninhalt ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt, daß der Beschwerdeführer das im Spruch bestimmt bezeichnete Fahrzeug zur angegebenen Zeit (eine Minute) mehrmals überholt hätte, sodaß im vorliegenden Fall die Gefahr einer Doppelbestrafung bei Zusammenschau von Tatort und Tatzeit nicht gegeben ist.

Darüberhinaus hat der Beschwerdeführer mit den Berufungsausführungen erkennen lassen, daß ihm genau bekannt war, welcher Vorfall ihm zur Last gelegt wurde, zumal er selbst zu diesem konkreten Tatgeschehen Vorbringen erstattet und Beweismittel angeboten hat. Daß er nicht in der Lage gewesen wäre, Verteidigungsmittel anzubieten, trifft somit nicht zu.

Auch die Höhe der verhängten Strafe begegnet keinen Bedenken:

Der Beschwerdeführer vermeint, daß die belangte Behörde die Strafe erheblich herabsetzen hätte müssen, weil sie entgegen der Auffassung der Erstbehörde, die noch von einem Überholen mehrerer Fahrzeuge ausgegangen sei, nur als erwiesen ansah, daß der Beschwerdeführer ein Fahrzeug rechts überholt habe. Dem ist jedoch zu erwidern, daß der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie den Unrechtsgehalt der Übertretung als schwerwiegend hervorhob sowie weiters im Hinblick auf die Schuldform von "zumindest bedingtem Vorsatz" ausging. Sie begründete derart in nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise, aus welchen Erwägungen sie die von der Erstbehörde verhängte Strafe - von S 1.500,-- - (dennoch) im Verhältnis zum Schuldgehalt und zum Unrechtsgehalt der Tat als angemessen gehalten hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995030331.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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