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Auswertung in Arbeit!Norm
Auswertung in Arbeit!Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der W GmbH & Co KG in S, vertreten durch Mag. Herbert Nigl, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2022, Zl. W104 2256547-1/4E, betreffend Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. September 2019 wurde der Revisionswerberin auf ihren Antrag hin eine Investitionsbeihilfe in der Höhe von insgesamt € 505.994,25 für zuvor bescheidmäßig genehmigte Investitionsmaßnahmen (Anschaffung von Maischeflutern, Kerzenfilter, Flaschenfüllanlage und Etikettiermaschine) gewährt. Bei den geförderten Maischeflutern handelt es sich um insgesamt 30 Behälter mit einem Volumen zwischen 15.000 und 60.000 l (insgesamt 761.000 l) zur Gärung von Rotweinmaische („Rotweingärtanks“), die nach Anhang IV Z 1 der Verordnung der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus zur Durchführung von Marktordnungsmaßnahmen im Weinbereich, BGBl. II Nr. 205/2018 (Stammfassung, im Folgenden: VO MMW), unter dem Titel „Technologien zur Rotweinverarbeitung“ durch Ersatz von 30 % der Nettokosten gefördert wurden.
2 Im Zuge einer Kontrolle des Betriebs der Revisionswerberin durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus am 29. März 2021 wurde festgestellt, dass die geförderten vier „großen“ Gärtanks zu je 60.000 l nicht im Rotweingärkeller, sondern am Freigelände aufgestellt, sowie bislang nicht an ein Kühlsystem angeschlossen und daher nicht zur Rotweinmaischegärung verwendet wurden. Eine Kontrolle durch die Bundeskellereiinspektion und den Technischen Prüfdienst der Agrarmarkt Austria (AMA) am 19. November 2021 ergab, dass sich darin ausschließlich Weißwein (Grüner Veltliner) befunden hat.
3 Mit Bescheid vom 9. März 2022 änderte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 12. September 2019 gestützt auf § 19 Abs. 2 und 6 Markordnungsgesetz 2021 insofern ab, als eine Beihilfe für die genehmigten Investitionsmaßnahmen in der Höhe von lediglich € 478.994,25 - nämlich ohne die Förderung der vier Rotweingärtanks zu je 60.000 l - gewährt und der Revisionswerberin die Zahlung des daraus resultierenden Rückforderungsbetrags von € 27.000 samt Zinsen aufgetragen wurde.
4 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Verwaltungsgericht, die mit Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde vom 19. Mai 2022 als unbegründet abgewiesen wurde. Die Revisionswerberin stellte daraufhin einen Vorlageantrag.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab, bestätigte die Berufungsvorentscheidung und erklärte eine Revision gegen diese Entscheidung für nicht zulässig.
6 Begründend führte es dazu im Wesentlichen aus, dass die fraglichen Rotweingärtanks zwar die technischen Spezifikationen nach Anhang IV Z 1 lit. a VO MMV erfüllten, jedoch zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Herstellung von Rotwein verwendet worden seien. Die Förderfähigkeit setze jedoch auch die widmungsgemäße Verwendung der Tanks (hier: zur Gärung von Rotweinmaische) voraus. Auch wenn die Revisionswerberin vorbringe, die Tanks „in Zukunft“ für die Rotweinherstellung zu benötigen, so ergebe sich aus den Feststellungen, dass diese Tanks nach den eigenen Kalkulationen der Revisionswerberin bis zum Ende der fünfjährigen Behaltefrist nach § 24 Abs. 3 VO MMW am 12. September 2024 dafür nicht benötigt würden. Die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung habe unterbleiben können, weil in der Beschwerde keine nicht bereits im angefochtenen Bescheid berücksichtigten, neuen Tatsachen vorgebracht worden und die zu klärenden Rechtsfragen nicht von besonderer Komplexität gewesen seien.
7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, das Verwaltungsgericht sei mit dem Absehen von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht nur dann ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Die Akten lassen dann im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, für die eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. VwGH 16.10.2019, Ra 2019/07/0095, mwN). Hingegen liegen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung vor, wenn in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet wurde und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Ein bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts kann außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 17.10.2019, Ra 2016/08/0010, mwN).
Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC stehen einem Entfall der Verhandlung nicht entgegen, wenn es ausschließlich um rechtliche oder sehr technische Fragen geht oder wenn das Vorbringen des Revisionswerbers angesichts der Beweislage und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich macht. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung kann auch in Fällen gerechtfertigt sein, in welchen lediglich Rechtsfragen beschränkter Natur oder von keiner besonderen Komplexität aufgeworfen werden (vgl. erneut VwGH 17.10.2019, Ra 2016/08/0010, mwN).
10 Bereits im behördlichen Verfahren hatte die Revisionswerberin vorgebracht, dass Investitionen im gegenständlichen Ausmaß nicht bloß für die nächsten drei Jahre, sondern weit im Voraus geplant werden müssten, beabsichtigt sei, den Betrieb wie schon in den vergangenen Jahren massiv zu erweitern, und der Betrieb für Großbestellungen gerüstet sein müsse. Daraufhin wurde die Revisionswerberin aufgefordert, Unterlagen zum Nachweis konkreter Pläne bzw. konkreter Kalkulationen über die erwarteten bzw. zu erwartenden Verarbeitungsmengen vorzulegen. In der Folge hat die Revisionswerberin der belangten Behörde ihre Planzahlen über erwartete Verarbeitungsmengen an Rotwein in Liter für die Jahre 2021 bis 2034 mitgeteilt.
11 Die belangte Behörde hat sich in ihrem Bescheid unter Darlegung konkreter Berechnungen darauf gestützt, dass der Revisionswerberin seit dem Jahr 2009 die Anschaffung von Maischegärtanks mit einem Gesamtvolumen von 1.001.000 l (einschließlich der nunmehr gegenständlichen mit einem Gesamtvolumen von 240.000 l) gefördert worden sei. Die von der Bundeskellereiinspektion und dem Technischen Prüfdienst der AMA festgestellten zur Verarbeitung zur Verfügung stehenden Rotweinmaischemengen für die Jahre 2020 und 2021 erforderten jedoch Tankkapazitäten von lediglich rund 390.000 l. Nach ihrer eigenen Kalkulation erwarte die Revisionswerberin im Jahr 2024 (in dem die Behaltepflicht für die nunmehr geförderten Tanks ende) Verarbeitungsmengen von 616.664,62 l. Daraus ergebe sich, dass eine Steigerung der Verarbeitungsmengen in dem einem Tankvolumen von 1.001.000 l entsprechenden Ausmaß erst nach Ablauf des Zeitraums der Behaltepflicht und erst nach dem Ende der aktuellen Förderperiode 2023 zu erwarten wäre.
12 Das Verwaltungsgericht hat die von der Revisionswerberin angegebenen erwarteten Verarbeitungsmengen für 2021 bis 2034 im Erkenntnis ausdrücklich festgestellt und ist auf dieser Grundlage wie die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen, dass die Revisionswerberin zumindest bis zum Ende der Behaltefrist im Jahr 2024 mit einem Tankvolumen von 761.000 l (also ohne die verfahrensgegenständlichen vier Tanks) das Auslagen finden werde.
13 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revisionswerberin nicht auf, dass ihr Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfordert hätte:
Das allgemein gehaltene Beschwerdevorbringen, wonach der Ausbau des Rotweinsegments eine längere Vorlaufzeit benötige, eine vorausschauende Planung erforderlich sei, die Revisionswerberein bereits verschiedene Handelsketten beliefere bzw. an weiteren Ausschreibungsverfahren teilnehme und die Entwicklung des Unternehmens erwarten lasse, dass die Investition geeignet sei, für eine optimale Verbesserung seiner Gesamtleistung zu sorgen, steht dem von der Behörde und dem Verwaltungsgericht als entscheidend (und auf Basis von konkreten Angaben der Revisionswerberin zu ihrer eigenen Mengenplanung) festgestellten fehlenden Bedarf bis zum Ende der Behaltefrist nicht entgegen.
Auch der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass die gegenständlichen Tanks einen wesentlich höheren Preis als Weißweintanks hätten, sodass deren Anschaffung zur Lagerung von Weißwein (betriebswirtschaftlich) keinen Sinn machte, betrifft nicht den entscheidungswesentlichen Sachverhalt. Im Übrigen hat bereits das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass Lagertanks erst seit der Novelle der VO MMW mit BGBl. II Nr. 304/2020 (und damit im Antragsjahr 2018 noch nicht) gefördert werden können bzw. konnten.
Zum Beschwerdevorbringen, die „Förderrichtlinien“ würden nicht genau festlegen, ab welchem Zeitpunkt die geförderten Tanks für die Rotweinverarbeitung zu verwenden seien, hat das Verwaltungsgericht den Wortlaut des damit angesprochenen und von der Revisionswerberin zitierten Merkblatts der AMA festgestellt. Es ist aber in der rechtlichen Begründung übereinstimmend mit der belangten Behörde zum Ergebnis gekommen, dass das Erfordernis einer widmungsgemäßen (dem ausdrücklichen Förderziel „Herstellung von Rotwein“ entsprechenden) Verwendung innerhalb der Behaltefrist aus den rechtlichen Vorgaben abzuleiten sei.
Dass eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes erforderlich gewesen wäre, ergibt sich auch nicht aus den in der Beschwerde gestellten, nicht weiter begründeten Beweisanträgen auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und Durchführung eines Ortsaugenscheins, weil in der Beschwerde nicht konkret dargelegt wurde, welcher entscheidungserhebliche Sachverhalt damit unter Beweis gestellt werden soll.
14 Die Revision vermag in ihrer Zulässigkeitsbegründung somit nicht darzustellen, dass das Verwaltungsgericht mit dem Absehen von der mündlichen Verhandlung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, sodass sie keine Rechtsfragen aufwirft, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
15 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 4. Oktober 2022
Schlagworte
Auswertung in Arbeit!European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022070160.L00Im RIS seit
27.10.2022Zuletzt aktualisiert am
27.10.2022